1.) Du vergisst, dass wir über das Jahr 14 n.Chr. (das Todesjahr des Augustus) sprechen.
Eigentlich sprechen wir über den Zeitraum der Varusschlacht bis zu Caecina. Wo ich das vergessen haben soll ist mir ein Rätsel und eine Begründung für deine Behauptung wäre ebenfalls angebracht.
2.) Du ignorierst, dass Tacitus die Gründe für die Meuterei nennt:
allgemein schlechte Dienstbedingungen, verlängerte Dienstzeiten der Veteranen und zu geringer Sold.
Ich ignoriere das nicht, ich habe aber auch den genauen Wortlaut Tacitus' bereits zitiert, in dem er mehrfach, eindeutig, nicht leugnenbar benennt, dass die Soldaten sich gegen Tiberius erhoben. Tacitus schreibt übrigens auch, wie ich ebenfalls zitierte, dass es den Soldaten auch um die Hoffnung ging, sich im kommenden Aufstand zu bereichern.
Andersherum reitest du auf den erschlagenen centuriones rum, sagst aber nie dass "cedo alteram" als Beispiel aufgeführt wird. Dass dieser nicht als Beispiel der "niedergemachten, allgemeinen Obrigkeit" getötet wurde, sondern weil er ein grausamer Tyrann gegen seine Soldaten war. Das andere centurionen später sogar verurteilt werden als Mittäter an der Meuterei bleibt da außen vor.
Du kannst es drehen wie du willst, wenn du Tacitus anführst musst du zu auch anerkennen, dass er, genau wie Cassius Dio, nahezu wörtlich sagen, dass die Soldaten sich beim Wechsel gegen den neuen Kaiser erhoben.
Das die Umstände die sie so weit gebracht haben unter Augustus entstanden sind hat nie einer bestritten, es ist ja auch unbestreitbar. rotzdem revoltierten die Soldaten eben NICHT gegen Augustus oder dessen Verwandten Germanicus.
Du bezichtigst die Kalkrieser der geistigen Trägheit, aber dass hier ein Argument gegen die Varusschlacht als problematisch anzusehen ist, das versuchst du mit den immer gleichen, längst widerlegten Worten zu entkräften.
Dann beantworte doch bitte die folgende Frage: wenn es in dem Aufstand wahllos gegen die Obrigkeit ging oder gezielt gegen Augustus, warum wissen wir dann von so vielen Ausnahmen und warum sind die Münzen derart selektiv zerkratzt?
Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass unzufriedene Legionäre (ob angetrunken oder nicht) ihre Wut an den Münzen des Augustus ausließen. Und zwar nach Bekanntwerden seines Todes. Kaum ein Legionär hätte den Mut gehabt, das Bildnis des Kaisers zu dessen Lebzeiten zu verunstalten.
Also haben sie sich nicht getraut gegen Augustus zu revoltieren, aber die Herrschaft des Tiberius trauen sie sich anzutasten indem sie die Symbole staatlicher Gewalt angreifen? Sie wenden sich also gegen Tiberius? Einverstanden. So steht es bei Tacitus.
Was nicht bei Tacitus steht, ist Wut auf Augustus. Das die Soldaten ihre Umstände Augustus
persönlich anheim legen und noch dazu nicht auf Tiberius übertragen (den sie als Feldherren und direkten verantwortlichen kannten) ist eine Behauptung deinerseits.
Eck sieht das anders. In dem hier bereits zitierten Aufsatz zur Rekrutierung neuer Soldaten für bestehende Truppen sagt er deutlich, dass diese Angelegenheiten (Rekrutierung, Entlassung usw.) in den Händen des jeweiligen Kommandeurs lagen. Bestrafung war bekannterweise Aufgabe der Tribunen (wird übrigens auch deutlich wenn am Ende der Meuterei die Soldaten die Chance erhalten ihre Rädelsführer zu verurteilen, diese werden von Tribunen vorgeführt und diese geben die Urteilsfindung dann an die Soldaten ab, außer bei den centuriones). Die unmittelbare Befehlsgewalt lag in den Händen der centuriones, und, wie oben bereits erwähnt, diese bekamen dann wohl auch die Wut ab oder eben nicht.
Kurzum, die Quellen zeichnen ein Bild eines zwar durch den Wechsel der Kaiser animierten Aufstandes, der durchaus brutale und ausufernde Züge bekam, im Großen und Ganzen aber halbwegs offensichtlich zielgerichtet und vielleicht sogar geführt ablief. Man fiel eben nicht über jeden Legaten her (schlechthin DIE Vertreter des Augustus vor Ort), metzelte nicht jeden Tribun nieder, die primipilares scheinen ebenfalls nicht auf der "to do" Liste gestanden zu haben und selbst Verwandte des Augustus, die man nach deiner Darstellung ja nun ungeahndet meucheln könnte, rührt man nicht an, im Gegenteil. Aber auch sie sind verantwortlich für die Zustände.
Also wesentlich differenzierter, als du wahrhaben möchtest, gehen die Soldaten vor.
Und nur zur Betonung, das soll nicht heißen, dass die besagten Mißstände keine Rolle gespielt hätten. Ohne diese wäre es wohl kaum zum Aufstand GEGEN TIBERIUS gekommen. Und auch dass diese Mißstände aus der Zeit des Augustus herübergeschleppt wurden steht zweifelsfrei fest.
Das aber die Soldaten sich nur an den Münzen, die zudem auf einem
potentiellen Schlachtfeld des Jahres 9 n.Chr. gefunden wurden, Luft machten, sonst aber nichts "typisch augusteiisches" angerührt haben spricht eher gegen einen Blick der Soldaten auf Augustus, genauso, wie es auch die Quelle
n berichten...
Ich frage Dich, wann, wenn nicht im Zuge der Meuterei 14 n.Chr., die Münzen des Augustus zerkratzt wurden?
Ich hatte dir dazu bereits vor einigen Postings eine Frage gestellt. Wenn du mir meine beantwortest, ziehe ich stante pede nach.
Die Frage lautete: Warum soll der Mangel an einer Erklärung für diese Münzen bzw. deren Zustand und Fundort eine andere, eigentlich problematische Erklärung wahrscheinlich machen, die ebenfalls die Hälfte der Fragen (etwa der Verteilung) offen läßt?
Und weil ich ohnehin poste:
Ich habe mir die Diskussion nochmal durchgelesen, und muss das hier dann jetzt auch mal richtig stellen:
Wieso unterstellst du mir, ich hätte alle Legionäre als Analphabeten, aus der untersten Schicht kommend und besoffen dargestellt?!
Ich habe mehrmals wiederholt, dass ich dies nicht für die Regel halte!
Du hast geschrieben:
Kann mir nicht vorstellen, dass die meisten lesen konnten. Bedenke aus welche sozialen Schichten die Legionäre kamen und dass es keine Schulpflicht gab!
sowie:
Ich kann mir (weiterhin) gut vorstellen, dass
a. nicht alle (vielleicht auch nur wenige) das Konterfei auf den Münzen unterscheiden konnten
Deine Relativierungen lauteten:
Ich behaupte ja nicht, dass die Legionäre generell nicht in der Lage waren das Portrai zu identifizieren.
und
Jetzt nicht wieder falsch verstehen: ich behaupte nicht, dass alle Soldaten dazu nicht in der Lage waren.
und
Wenn es selbst eingefleischten Numismatikern nicht auf Anhieb gelingt ein Portrai auf einer römischen Münze zu benennen, so werden doch noch Zweifen geäußert werden dürfen, dass es so einige Legionäre auch nicht konnten!
Und auch noch einmal:
Ich behaupte nicht, dass es in der Mehrzahl so war
Deine Darstellung des Soldaten als "aus unteren Schichten" stammend hast du nicht widerrufen.
Beim Thema Alphabetisierung hast du zwar ein "überzeugt" von dir gegeben, aber weiter insistiert, dass die Soldaten, oder der andere Teil von "vielleicht auch nur wenige" das Bild nicht erkennen, ergo auch die Schrift nicht lesen konnten.
Und zum Thema der Alkoholisierung habe ich ja bereits etwas geschrieben.
Das ist eines der Probleme in unserer Diskussion. Nicht nur, dass du zwar das eine sagst, den Kontext dann aber doch wieder zum anderen schlägst, sondern dass du dir auch selbst widersprichst.