Geschlechterrollen in der Steinzeit

Ein Gegenbeispiel habe ich aus der Keltenzeit (Eisenzeit). In einem Hügelgrab in Mitterkirchen/Oberösterreich wurde eine hochstehende weibliche Person bestattet, die Leiche wurde auf eine Prunkwagen gesetzt, daneben wurde eine andere weibliche Person (eine Sklavin) lebendig begraben - sie war an Armen und Beinen gefesselt.
Meiner Meinung nach gibt es also doch eher Hinweise auf ein Patriarchat.
gruss decordoba

Was wäre denn deiner Meinung nach ein Hinweis auf ein Matriarchat?
Tun Frauen sowas nicht oder hätte das ein männlicher Sklave sein müssen?
 
Die Männer aus Eulau hatten sich also ihre Frauen aus einiger Entfernung "geholt", ob sie freiwillig mitgegangen sind, entzieht sich unserer Kenntnis. Es war also damals üblich, dass sich die Männer Frauen von außerhalb "nahmen". Das zeugt von einer dominanten Stellung der Männer in der damaligen Gesellschaft.

Das zeugt nicht unbedingt von einer dominanten Stellung der Männer, sondern doch eher für exogame "Heiratsregeln".

In einem Hügelgrab in Mitterkirchen/Oberösterreich wurde eine hochstehende weibliche Person bestattet, die Leiche wurde auf eine Prunkwagen gesetzt, daneben wurde eine andere weibliche Person (eine Sklavin) lebendig begraben - sie war an Armen und Beinen gefesselt.

Zu der gefesselten Person habe ich nichts gefunden, eine Quelle wäre nützlich.

Aus http://www.keltologie.org/archiv/skripten/1EinfEZnh.pdf:
19.Mitterkirchen
Liegt ca. 50km östlich von Linz. Wurde durch Grundbesitzer 1980 beim Pflügen entdeckt.
Bestattungen: Körperbestattung in quadratischen Holzkammergräbern, tlw. eingeschachtet, oder nur
auf den Boden aufgesetzt mit Hügelaufwurf.
Leichen liegen in Ost-West-Orientierung. Kleiner Geschirrsatz nahe der Bestattung, Tierknochen mit
Eisenmesser meist in der NW-Ecke der Kammer.
Hügel II: tief eingeschachtete Hauptkammer, doppelwandig verschallt, ca. 16m² Innenraum, der von
Ringgraben umgeben ist > alt beraubt.
Der bestattete Mann war in primärer Lage wohl auf oder unter einem Wagen bestattet, der Großteil
der Gefäßbeigaben wurde zertreten und verworfen. Über die Grabkammer verstreut lagen reiche
Bruchstücke zertrümmerter Wagenräder, Wagenkasten und Teile einer zerbrochenen Schwertklinge.
Hügel X: 2 Grabkammern, in einer davon Skelett einer jungen Frau in Hockerstellung > dieser Befund
ist eher einer Ritualhandlung zuzuordnen. Sie war auf einem Prunkwagen beigesetzt, dessen Räder
abmontiert waren und an der Südl. Kammerwand aufgestellt/hängt wurden. Diese Grab gehört in Ha C
Darin befanden sich Reste eines umfangreichen Geschirrsatzes, 1 Spinnwirtel und Tierknochen,
daneben ein kleines Eisenmesser und ein „Schlachtmesser“, sowie Trachtbestandteile aus Bronze (1
Bernsteinhalskette, 2 Brillen-Fibeln, Verschlusshaken, Schaukelringe).
In der 2. Grabkammer lagen parallel nebeneinander ausgerichtet die Skelette einer ca. 30jährigen
Frau, sowie eines ca. 18jährigen Mädchens. Auch hier finden sich Trachtbestandteile
(Bernsteinketten, Bronzeringe, Brillenfibel, Schaukelringe).
Die ärmlich ausgestatteten Gräber sind in Mitterkirchen in der Minderzahl, daher schliesst man auf
eine gut situierte Herrschaftssippe.
im Marchland - Westhallstattkreis
3 Tumuli mit Resten von Wagenbeigaben bzw. Schirrungen
ursprünglich ca. 50 eingeebnete Grabhügel; insgesamt noch 76 unverbrannt Beigesetzte
nachweisbar, die in unterschiedlich stark eingetieften, breitrechteckigen Grabkammern lagen. Einige
Grabkammern innerhalb von gut erhaltenen Kreisgräben. reiche Grabausstattungen;
Wagengrab von Mitterkirchen: in der Grabaufschüttung befand sich eine Frau in stark gehockter Lage.
In der Grabkammer war eine Frau auf einem Wagenkasten bestattet. Teile einer Jochschirrung,
Gefäße (Herkunft eines Drillingsgefäß und eines Gefäßpaares aus dem Osthallstattkreis); Kleidungsund
Trachreste der Frau zeigen Wohlstan, aber keiner hervorragende Stellung; Grabkomplex datiert
ins 7.Jh.v.Chr.
 
Ein Gegenbeispiel habe ich aus der Keltenzeit (Eisenzeit). In einem Hügelgrab in Mitterkirchen/Oberösterreich wurde eine hochstehende weibliche Person bestattet, die Leiche wurde auf eine Prunkwagen gesetzt, daneben wurde eine andere weibliche Person (eine Sklavin) lebendig begraben - sie war an Armen und Beinen gefesselt.

Meiner Meinung nach gibt es also doch eher Hinweise auf ein Patriarchat.

Über Matriarchat und Patriarchat können wir hier endlos diskutieren und es gibt einige Vertreterinnen der Frauenbewegung, die von der Existenz historischer Matriarchate überzeugt sind. In diesem Zusammenhang werden gerne die neolithischen Bauernkulturen als Prototypen für Matriarchate genannt, weil dort angeblich - vor allem zu Beginn des Neolithikums - noch Frauen das Korn säten, ernteten und somit einen wesentlichen Teil zur Existenzsicherung beitrugen. Erst als der schwer zu handhabende Pflug erfunden wurde - so die Argumentation - wurden Frauen zunehmend auf das Haus beschränkt und als dann ab der Bronzezeit ein feudaler Kriegeradel entstand, war es mit dem - angeblichen - Matriarchat vorbei.

Das alles ist freilich Glaubenssache und nicht beweisbar und auch das Argument, man würde in den Bauernkulturen der Jungsteinzeit nur Frauenstatuetten finden, zieht nicht. Wer in 8000 Jahren unsere abendländische Kultur ausgräbt und die Fülle schöner Marienfiguren betrachtet, müsste ebenfalls darauf schließen, dass Frankreich und Deutschland Matriarchate waren! :D

Dass alle uns bekannten antiken Kulturen patriarchalisch ausgerichtet waren, ist eine Tatsache. Unabhängig davon aber gibt es Länder, wo Frauen eine besonders geachtete oder sogar bevorzugte gesellschaftliche Stellung hatten. Das gilt z.B., für die Etrusker, die Minoer und vielleicht auch die Kelten, denen manche eine Matrilinearität nachsagen. Also keine Frauenherrschaft, sondern die Tatsache, dass das Erbrecht über die mütterliche Erblinie verlief.
 
Ich möchte an dieser Stelle einmal etwas einwerfen, was ich vor kurzem in einem Internetartikel gelesen habe (bitte nicht schlagen, ich weiß nicht mehr wo!):

Es gibt eine Pinguinart, deren Weibchen sich quasi "prostituieren" - um Nistmaterial zu sammeln, welches sie sich dann mit ihrem EIGENTLICHEN Partner teilen. Das funktioniert so: ein beliebiges Männchen schleppt ein paar Kiesel fürs Nest an und das Weibchen lässt sich behüpfen. Dann bringt sie die Kiesel nach Hause und kann die Hütte ausbauen.

Von daher finde ich die Idee mit den wechselnden Männern im weiblichen Lager gar nicht soooo weit hergeholt.
Obwohl ich glaube, dass wir auch heute noch in Strukturen leben, die damals schon vorhanden waren - weitesgehende Gleichberechtigung, mit wenigen Ausnahmen und Härtefällen.

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass hier so argumentiert wird, als wären unsere frühen Vorfahren mehr oder minder Tiere gewesen, die sich rudimentär verständigt haben, wer für welches Futter zu sorgen hat.

Ich meinerseits denke, dass auch zu der Zeit schon Gefühle wie Liebe, Spaß am Sex und Ähnliches durchaus das Verhalten der einzelnen Individuen beeinflusst haben. Das sind nämlich keine Erfindungen des modernen Menschen, sondern bereits seit Abertausenden von Jahren funktionierende (!!!!!!) Schemata.

Ich denke, es hat sehr wohl das eine oder andere Männe gegeben, das gesagt hat: du bleibst daheim und passt schön auf den Nachwuchs auf und ich hol was zu futtern. Mit Sicherheit hats aber auch den Typ Macho gegeben, der Frau zum Sammeln schickte und sich selber in den Schatten legte und sichs gut gehen ließ.

Allein die Tatsache, dass es noch heute solche "Typen" Mensch gibt, beweist, dass diese Schemata auch früher schon funktioniert haben - sonst hätte die Evolution sie auf dem langen Weg bis zu uns ausgemerzt. Man macht sich keine Vorstellungen davon, wie viel unseres Verhaltens auf genetisch angeborenen Mustern beruht, nicht alles ist Erziehung, sonst hätte es im Mittelalter nur Ärsche und Machos gegeben...oder? Und die Minnesänger hätten nie existiert, weil sich Gefühlsduselei schon vor tausenden von Jahren als ineffektiv erwiesen und schnell wieder wegevolutioniert hätte (z.B. weil die übermäßig balzenden Männchen alle vom Säbelzahntiger gefressen worden wären).

Man sollte vielleicht generell nicht pauschalisieren, weder in die eine, noch in die andere Richtung...
 
Hingegen war der Beginn der Bronzezeit gekennzeichnet von gewalttätigen R1b-Männern, bei denen die Frauen nichts zu lachen hatten. Einen Beweis kann ich nicht liefern, aber es gibt Hinweise, dass die neolithische Kultur der Bandkeramiker gewaltsam beendet wurde. (Massaker von Schletz).

Was hat das denn mit einander zu tun, die Bandkeramische Kultur markiert nicht das Ende des Neol. sondern nur das Ende des ersten Abschnittes des Neol., die Bronzezeit fängt runde 2000 Jahre später an.

Ich wollte damit andeuten, dass es bei den Kelten ranghohe Frauen gegeben hat (Priesterin,.... ?), was man als Hinweis auf ein Matriarchat auslegen könnte.

Wie schon dargelegt ist der Beigabenreichtum und die Komposition der Grablage nicht unbedingt ein Hinweis auf eine hohe Stellung, das ist eine Möglichkeit solche Befunde zu deuten.
Außerdem gibt es aus dem Bereich der Hallstatt- und Frühlaténekultur eine recht hohe Menge von solchen Gräbern (VIX. Waldalgeshein, Reinheim uvm.)

Dieter hat hat hier eine sehr gute Idee dazu vorgelegt:
Also keine Frauenherrschaft, sondern die Tatsache, dass das Erbrecht über die mütterliche Erblinie verlief.

Das nennt man matrilinear und für solche Erbfolgen gibt es eine Menge an Bsp. die z.T. bis in die heutige Zeit reichen.
 
Ich wundere mich wieder mal ein wenig über den Verlauf dieses Themas.

Ich komme, wie manch andere/r wohl auch, nicht um den Verdacht herum, dass hier eher ein kleiner Geschlechterkrieg stattfindet, als ein Versuch, Fakten zu sammeln und zu interpretieren, die Hinweise auf eine soziale Differenzierung in der „Steinzeit“ geben können.

Erst mal ist mir völlig unklar, über welchen Abschnitt der „Steinzeit“ und vor allem, in welchem Gebiet eigentlich diskutiert wird.
Zweitens ist mir völlig unklar, welche Methodik eigentlich genutzt wird.

Was die Gegend und Zeit angeht. Wenn wir davon ausgehen, dass wir vom Verhalten des homo sapiens sapiens reden, muss uns klar sein, dass die Steinzeit eben nicht im Paläolithikum Europas beginnt, sondern knapp 110.000-140.000 Jahre früher in Afrika. Es wäre schon einmal eine eigenartige Annahme, dass eine geschlechtspezifische Rollenverteilung nicht schon zu dieser Zeit stattfand, sondern sich erst nach dem Auszug aus Afrika festmachte.
Der Eurozentrische Blick ist m.E. eher ein Indiz dafür, dass diese Fragestellung und die Argumente, die verwendet werden, sich letztlich auf Überlegungen, Annahmen und Argumentationsketten stützen, die ihre Wurzeln letztlich in der Diskussion zur modernen Frauenrolle im 19. Jahrhundert finden.
Der Punkt hierbei ist natürlich, dass die moderne (Westliche) Gesellschaft des 20/21. Jahrhunderts in ihrem Streben nach Demokratie keine Begründungen für eine Rollenverteilung braucht, die entweder auf völlig beiläufigen biologischen Argumenten oder gar auf etwaige oder tatsächliche Anforderungen einer Sammler/innen und Jäger/innenkultur basieren.
Das ganze hat heute vor allem etwas mit einem modernen Menschenbild zu tun, und eben nicht damit, wer wann in welchem Alter einen Speer weiter werfen oder gar einen Pflug bedienen kann.

Eine prä/historische Begründung für eine demokratische Gesellschaftsstruktur ist nicht nur nicht notwendig, sondern einfach auch nicht zu liefern.
Erstens wäre die Methode des Analogschlusses „Steinzeit“ auf ethnologische Beobachtungen grundsätzlich schon sehr zweifelhaft. Zweitens sind ethnologische Nachrichten bei genauer Betrachtung und entsprechender Quellenkritik höchst angreifbar. Drittens liefern diese Beobachtungen eine so große Spannbreite an menschlichem Verhalten, dass ein eineindeutiger Schluss gar nicht möglich wäre.

Zur Diskussion zur etwaigen Existenz eines Matriarchats.
Hier habe ich erstmal wieder den Verdacht, dass die ersten öffentlichen Überlegungen und Veröffentlichungen auch wieder aus einer Zeit stammen, die erstens gerade die Vorgeschichte extrem romantisierte, zum anderen eben fast verzweifelt nach einem Vorbild suchte, um die Forderungen nach Demokratisierung der Gesellschaft zu untermauern.

Wie gehe ich normalerweise mit einer Theorie um ?
Was man/frau jedenfalls nicht tun sollte, währe eine zusätzliche Theorie X ins Feld zu führen, um die Theorie Y zu belegen oder gar zu beweisen.
Es geht m.E. z.B. gar nicht darum, die zahllosen Frauendarstellungen in deren zahllosen Zusammenhängen damit zu erklären, dass damals ein Matriarchat herrschte (das ist jetzt kein Wortspiel...), sondern es geht vielmehr darum, ob ich zur Erklärung der Existenz und evtl. Zweckwidmung dieser Darstellungen die Theorie „Matriarchat“ bemühen muss.
Und dass muss ich nicht. Die ganze beobachtbare Bandbreite menschlichen Verhaltens und menschlicher Psychologie genügt völlig, diese Erscheinungen zu erklären.

Kurz: wir haben einfach keine Belege oder gar Beweise für die eine oder andere Rollenverteilung in 99% der menschlichen Geschichte. Die Forderung nach einem Patriarchat ist genauso wenig zu belegen, wie die nach einem Matriarchat. Oder die Vorstellung der Egalität. Wir kennen einfach keine Hinweise auf Werte und Bewertungen von den verschieden Rollen dieser Menschen. Das erste Auftauchen der Kunst um 40.000 muss jedoch schon mit Werten und Vorstellungen verknüpft sein und zeigt keinesfalls irgendeinen Urzustand.
Sämtliche anderen Überlegungen (von den Frauenfigurinen, über die Mammutjagd zum Führen eines Pfluges) bleiben reine Spekulationen und Interpretationen.
Und für eine moderne Diskussion und berechtigten Forderungen sind diese Argumente genauso nötig, wie eine Begründung der modernen Demokratie mit der Demokratie von Atlantis....

Nix für ungut.
Thomas
 
Jungsteinzeit - Bronzezeit

Was hat das denn mit einander zu tun, die Bandkeramische Kultur markiert nicht das Ende des Neol. sondern nur das Ende des ersten Abschnittes des Neol., die Bronzezeit fängt runde 2000 Jahre später an.

Die Bronzezeit bzw. die Kupferzeit hat regional unterschiedlich begonnen, im Mittelmeergebiet eben früher als bei uns.

So hatte der Eismann "Ötzi" vor 5.300 Jahren schon ein Beil mit Kupfer. Das hätte bis zu seinem Fund auch niemand für möglich gehalten.

Die R1b Männer stammen ursprünglich aus Anatolien - das wurde erst heuer von der Frau Balaresque, Universität Leicester nachgewiesen - da könnten sie schon etwas modernere Technik mitgebracht haben. Der Zeitpunkt (die Dauer) dieser Invasion ist noch umstritten.

gruss decordoba
 
Decordoba....

Erstens sind Kupferbeile aus der Jungsteinzeit schon sehr lange bekannt, zweitens fängt die Bronzezeit natürlich woanders etwas früher an, aber das ändert nichts an dem Einwurf, dass die Linienbandkeramik (mitteleuropäisch) nix, aber auch gar nix mit der mitteleuropäischen BZ zu tun hat.....

Thomas
 
Die Bronzezeit bzw. die Kupferzeit hat regional unterschiedlich begonnen, im Mittelmeergebiet eben früher als bei uns.

So hatte der Eismann "Ötzi" vor 5.300 Jahren schon ein Beil mit Kupfer. Das hätte bis zu seinem Fund auch niemand für möglich gehalten.

Das die Bronzezeit regional einen unterschiedlichen Beginn hat, ist klar.

Das "Ötzi" ein Kupferbeil bei sich trug, ist auch nicht wirklich außergewöhnlich,
wir befinden uns in der sog. "Kupferzeit", selbst der Artikel von Wiki macht dies kenntlich.

Einen Beweis kann ich nicht liefern, aber es gibt Hinweise, dass die neolithische Kultur der Bandkeramiker gewaltsam beendet wurde. (Massaker von Schletz).
Das es zum Ende des BK (Bandkeramik) zu Auseinandersetzungen gekommen ist, muss man nicht zwangsläufig auf "gewalttätige" R1B-Männer zurückführen.
Die Erklärung dafür ist wahrscheinlich viel einfacher und naheliegender:
  • Während der BK ist eine Zunahme der besiedelten Flächen, insb. der Lößgebiete zu beobachten.
  • Zum Ende der BK waren die ackerbaulich sehr guten Böden und Areale relativ intensiv besiedelt, so das kaum Raum für weitere Siedlungen vorhanden war, auch die Bevölkerungsdichte und -anzahl ist angestiegen.
  • Dieses Ausgangslage ist somit das Substrat aus dem sich fast immer, bis heute z.T., Auseinandersetzungen speisen
  • Daraus kann man ableiten, dass vermutlich es zu Landstreitigkeiten kam, die dann im Extremen zu solchen Auseinandersetzungen führten.
 
Kurz: wir haben einfach keine Belege oder gar Beweise für die eine oder andere Rollenverteilung in 99% der menschlichen Geschichte.
Das stimmt so nicht. Wir haben keine direkten historischen Belege zu dieser Frage. Davon abgesehen steht aber eine Fülle höchst brauchbaren Materials und Methoden zur Beurteilung der Frage zur Verfügung.
 
IDie Forderung nach einem Patriarchat ist genauso wenig zu belegen, wie die nach einem Matriarchat.

Wenn im mittelalterlichen Deutschland Frauen der so genannten Geschlechtsvormundschaft unterstanden, sie sich vor Gericht nicht selbst vertreten durfte, bis zur Verheiratung der Mann die Vormundschaft ausübte und hernach der Ehemann, wenn Frauen kein eigenes Geschäft betreiben konnten, wenn Frauen also keine volle Rechts- und Handlungsfähigkeit besaßen ... so muss man wohl von einer patriarchalisch ausgerichteten Gesellschaft sprechen!
 
Wenn im mittelalterlichen Deutschland Frauen der so genannten Geschlechtsvormundschaft unterstanden, sie sich vor Gericht nicht selbst vertreten durfte, bis zur Verheiratung der Mann die Vormundschaft ausübte und hernach der Ehemann, wenn Frauen kein eigenes Geschäft betreiben konnten, wenn Frauen also keine volle Rechts- und Handlungsfähigkeit besaßen ... so muss man wohl doch einer patriarchalisch ausgerichteten Gesellschaft sprechen!

Dem kann man nur zustimmen, wir versuchen doch aber hier Geschlechterrollen in der Steinzeit mit einigen Ausgriffen in andere Zeiten näher zu kommen...., von daher ist der Hinweis auf das Mittelalter gut, bringt uns aber auch nicht weiter.
Das im Mittelalter die Frauen einen solchen Status haben, verwundert überhaupt nicht, sondern lässt sich doch recht zwanglos auf das im Christentum verankert Bild der Frau zurückführen.

Davon abgesehen steht aber eine Fülle höchst brauchbaren Materials und Methoden zur Beurteilung der Frage zur Verfügung.
Dann sei doch bitte so lieb und nenne ein paar davon, sonst ist das irgendwie so nebulös.
 
Dem kann man nur zustimmen, wir versuchen doch aber hier Geschlechterrollen in der Steinzeit mit einigen Ausgriffen in andere Zeiten näher zu kommen...., von daher ist der Hinweis auf das Mittelalter gut, bringt uns aber auch nicht weiter.

Der bringt uns viellicht etwas weiter, da die Situation der Frau in der Antike ebenfalls so schlecht war, dass man auch dort von patriarchalisch ausgerichteten Gesellschaften sprechen muss. Und ich kann mir kaum denken, dass es zuvor, während der Bronze- und Eisenzeit, sehr viel anders um Frauen und ihre Rechte bestellt war. Eine derartige Gleichstellung, wie wir sie gegenwärtig in Europa haben, hat es während der gesamtenFrauengeschichte nicht gegeben. (Allerdings denken einige hundert Millionen Muslime etwas anders darüber)

Und nicht überall war das Christentum der böse Bube, denn wie wir wissen, war die Frau im antiken Griechenland auf Haus und Kinder beschränkt und hatte eingeschränkte Rechte, ohne dass das Christentum am Horizont gestanden hätte. Man kann also vermuten, dass auch die neolithischen Gesellschaften patriarchalisch ausgerichtet waren - wissen allerdings kann man es nicht! Bekanntlich haben Frauen in bäuerlichen Gesellschaften stets einen besseren Stand gehabt, was daran lag, dass sie kräftig zur Existenzsicherung auf dem Hof und auf den Feld beitragen mussten. Das verbesserte ihre Lage gegenüber dem Mann.

Unabhängig davon war die gesellschaftliche Stellung der Frau in verschiedenen Kulturen auch unterschiedlich. Bei den Etruskern und Minoern hatte sie, wenn man den Gemälden, Grablegen und sonstigen Überlieferungen Glauben schenken will, eine sehr gute gesellschaftliche Position. Es gibt römische Berichte, die die etruskische Frau als "leichtfertig" hinstellen, was uns beweist, dass sie eine in unserem heutigen Sinn freiere Stellung gegenüber dem Mann hatte.

Das Zitat mit den "brauchbaren Materials" stammt übrigens nicht von mir!
 
Zuletzt bearbeitet:
Dann sei doch bitte so lieb und nenne ein paar davon, sonst ist das irgendwie so nebulös.
Steht schon alles im Thread. Die Ethnologie liefert beispielsweise gewaltige Argumentationshilfen. Man darf sie nur nicht historisch lesen, sondern muss die Bereiche abschöpfen, die systemische Aussagen treffen: wenn Lebensbedingungen A und B, dann ist die Gesellschaft matrinlinear, wenn Lebensbedingungen C und D, dann ist Gesellschaft egalitär, mit Arbeitsteilung xy. Solche Aussagen gibt es zuhauf. Um sie zu sehen, muss man die Geschichts-Brille abnehmen, was in diesem Forum aus verständlichen Gründen ein Problem darstellen könnte.

Weitere Hinweise kommen aus der Biologie, Psychologie und anderen Bereichen. Man muss nur behutsam damit umgehen und schauen, was davon generalisierbar ist und mit welchem Grund man von einer Generalisierbarkeit ausgehen kann. Dass immer auch vieles verdreht wird ("bei Löwen jagen aber die Weibchen, also waren die Steinzeitfrauen auch hauptzuständig für die Jagd"), ist schade, widerlegt aber nicht den Nutzen eines sinnvollen Umgangs mit den Informationen.

Und damit sind wir auch schon bei den Methoden. Der totale Killer ist eine politische Einstellung, an die alle Theorien angepasst werden. Die Geschlechterrollendebatte ist genau davon massivst betroffen - die Gründe dafür sind übrigens mit der Geschichtsbrille schön zu sehen. Wenn Erkenntnis der Politik untergeordnet ist, gibt es keine Erkenntnis mehr. Solche Erkenntniskiller aufzuzeigen, dürfte eigentlich ein Steckenpferd der Geschichte sein, ist das Phänomen doch wohlbekannt und dutzendfach historisch dokumentiert. Wenn man das macht, können wir schon mal eine menge Theorien ausmachen, die wir gleich getrost in den Mülleimer werfen können, weil wir sehen, dass sie politisch motiviert sind und weil wir aus der Geschichte wissen, dass das in allen Fällen falsche Theorien waren und für den aktuellen Fall nichts anderes zu erwarten ist. Das Problem ist halt nur, dass man das im Nachhinein und bei anderen gut erkennt, auf sich selbst bezogen aber größte Schwierigkeiten hat - auch das ist eine Erkenntnis, die der Geschichte nicht fremd sein sollte.

Und nachdem der große methodische Killer genannt ist, möchte ich auch meinen Favoriten in positiver Hinsicht nennen: die Systemik. Es geht darum, sich nicht auf das konkrete Beispiel zu versteifen, sondern in der Masse der Beispiele eine gemeinsame Regel zu erkennen. Hat man sie gefunden, ist auch noch keine hundertprozentige Sicherheit gegeben, weil immer sehr viele Faktoren zusammen wirken. Aber die Anzahl plausibler Möglichkeiten ist dadurch schon mal sehr stark eingegrenzt. Wir können nicht sagen, ob Frauen in Europa vor 30.000 Jahren an der Großwildjagd beteiligt waren, z. B. als Treiberinnen. Wir können aber sagen, dass sie - wenn überhaupt - mit größter Wahrscheinlichkeit höchstens als Treiberinnen fungiert haben, und nicht etwa an vorderster Front mit den Männern agierten. Und wir können mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, dass die Geschlechterverteilung schon gar nicht umgekehrt war unter diesen Bedingungen.

Das alles anzunehmen treibt einige Feministinnen auf die Palme, weil sie sich dummerweise darauf eingelassen haben, eine (prä-)historische Begründung für ihre Bewegung zurechtzuinterpretieren. Das haben sie gar nicht nötig. Die Lebensbedingungen heute sind gänzlich andere als in der Steinzeit. Die heutigen Geschlechterrollen sind durch heutige Umstände zu begründen. Und wenn die verlangen, dass Frauen arbeiten und Männer die Kinder aufziehen, dann machen wir das eben. Um das zu legitimieren, brauchen wir keine fantasievollen Geschichtsdeutungen.
 
Wenn die Frau nach der Anstrengung einer Schwangerschaft und Stillzeit und vor der Anstrengung der nächsten Schwangerschaft noch eben schnell die für die Jagd notwendigen Fähigkeiten auftrainieren muss, wäre das hochgradig bescheuert für alle.

Die klassische Arbeitsteilung der Geschlechter war bis vor kurzem äußerst effizient. Allein deswegen muss man annehmen, dass es sie in genau dieser Form seit Ewigkeiten gegeben hat. Effizienz ist eines der wirksamsten Leitfäden von selbstorganisierenden Systemen.

Das ist der Kernpunkt nicht nur der paläolithischen, sondern auch der neolithischen Kulturen. Ob das Feministinnen nun gern lesen oder nicht: In der rauen Wirklichkeit der Altsteinzeit waren Frauen aufgrund der Schwangerschaft und Kinderaufzucht und aufgrund ihres schwächeren Körperbaus mehr an Höhle und Herd gefesselt, als die Männer einer altsteinzeitlichen Horde, die unter harten Bedingungen über mehrere Tage dem Wild nachspürten.

Dennoch ist schon hier zu sagen, dass es verschiedenen Schätzungen aus dem Bereich der Völkerkunde gibt. Sie besagen, dass auch bei spezialisierten Jägerstämmen der Lebensunterhalt nur etwa zu einem Drittel durch die Beute am Fleisch erbracht wird. Wichtiger, wenn auch weniger spektakulär, ist das, was an Beeren, Nüssen, Pflanzensamen, Pilzen, Wurzelknollen und ähnlichen Vegetabilien gesammelt und geerntet wird, und zwar vorwiegend von Frauen. Dazu kommen der Fischfang und das Fallenstellen im Hibblick auf Kleintiere, ebenfalls oft von Frauen und größeren Kindern ausgeführt.

Die Mär vom jagenden Mannsbild, das die Familie unter größten Gefahren ernährt, bekommt damit einige Kratzer. Es stimmt so nicht, auch wenn Geschichten von gefahrvoller Jagd am nächtlichen Lagerfeuer natürlich spektakulärer waren, als das Sammeln der Frauen und Kinder.

Das ölonomische Übergewicht der Männer besteht also auch bei Jägervölkern vielfach nur optisch und es wird auch sehr häufig rituell ausagiert. Die Höhlenkunst der Eiszeit mit den großartigen Malereien und Gravierungen von Wildpferd und Wildrind, Mammut und Wollnashorn und all den anderen Tieren der eiszeitlichen Fauna gehört zusammen mit den unscheinbaren abstrakten Symbolzeichen mit großer Wahrscheinlichkeit der männlichen Welt des Jägers an. Die Reliefs und Bildwerke der Frauen zählen hingegen zu einet anderen Geisteswelt - zu jener des Tageslichbereichs, des Lagerplatzes, wo Wildfrüchte gesammelt, Kinder geboren und ernährt werden, wo die Frau das Feuer bewahrt und die Quellen hütet.

So waren also hinsichtlich der Existenzsicherung die Frauen genauso wichtig wie die Männer und es bestand eine Arbeitsteilung. Im Neolithikum, der Jungsteinzeit, verschob sich das noch eher zu Gunsten der Frauen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass nicht Männer, sondern Frauen entdeckten, dass man aus dem Samen von Getreidepflanzen neue Pflanzen ziehen konnte, und die ersten kleinen Kornfelder wurden vermutlich von Frauen bestellt und von ihnen mit Feuersteinklingen abgeerntet. Das war der erste Schritt zur Sesshaftigkeit und zum Abkoppeln vom nomadischen Leben, das Frauen mit großer Wahrscheinlichkeit einleiteten.

Eigentlich müssten wir ihnen Kränze flechten! :respekt:
 
Zitat Beral:
„Das stimmt so nicht. Wir haben keine direkten historischen Belege zu dieser Frage. Davon abgesehen steht aber eine Fülle höchst brauchbaren Materials und Methoden zur Beurteilung der Frage zur Verfügung.“

Vielleicht bin ich missverstanden worden. Die 99% beziehen sich auf die bisher erkannte Gesamtzeit des Homo sapiens sapiens, z.Zt wohl um 200.000 Jahre. Und geschichtliche Überlieferungen, also die einzigen, die uns einigermaßen auch über Wertmaßstäbe berichten, haben wir gerade mal, großzügig gerechnet, seit 4000 Jahren.
Der Kunstausdruck der Zeit von 38.000-12.000 bezieht sich sicher schon auf einen bestimmten Wertkanon, der aber wohl auch nur für diese Zeit gewertet werden kann
Das Europäische Neolithikum basiert auf völlig anderen Voraussetzungen. Hier arbeiten beide Geschlechter sicher genauso hart, aber wir wissen wieder nichts über Besitzverhältnisse, die den Status ja massiv beeinflussen.

Ich will den Threat um Gottes Willen ja nicht abwürgen, sondern nur noch mal darauf hinweisen, auf welchem Spielfeld wir uns da bewegen. Die Nachrichten der (Stein) Zeit über diese Wertmaßstäbe sind praktisch null und Analogschlüsse leiden hier besonders unter der Auswahl der Analogien. Ethnologie hilft nicht. Einfach aus der simplen Überlegung heraus, dass sehr wohl nicht nur graduell unterschiedliche Einstellungen zum Geschlechterverhältnis praktisch durchgängig gleichzeitig beobachtbar sind.

Thomas
 
das Volk der Mosu in China

Das Europäische Neolithikum basiert auf völlig anderen Voraussetzungen. Hier arbeiten beide Geschlechter sicher genauso hart, aber wir wissen wieder nichts über Besitzverhältnisse, die den Status ja massiv beeinflussen.

Thomas

Genau so ist es - über die Prähistorische Zeit besitzen wir keine Dokumente, höchstens Legenden aus der mündlichen Überlieferung, die zu einem späteren Zeitpunkt aufgeschrieben worden sind.

Aus den archäologischen Befunden lasen sich viele Interpretationen ableiten. Die Hypothese des einen ist für den anderen blanker Unsinn.

Aber es gibt auch heute noch so etwas wie ein Matriarchat, bzw. abgeschwächt eine Matrilinearität.

Das Volk der Mosu in Südwest-China ist so organisiert. Es gibt dort die Besuchsehe, das hat bis vor wenigen Jahrzehnten noch so funktioniert. Leider sind heute Teile des Volkes verkommen. Durch den Sextourismus kamen viele "Besucher" und haben den Mosu außer Geschenken auch noch Aids und andere übertragbare Krankheiten mitgebracht. :cry:

hier der Link dazu: Mosuo ? Wikipedia

Die Promiskuität ist in vielen Fällen nicht die sexuelle Befreiung, sondern sie führt oft zu Krankeit und Tod, wie man im südlichen Afrika sieht.

gruss decordoba
 
Aber es gibt auch heute noch so etwas wie ein Matriarchat, bzw. abgeschwächt eine Matrilinearität.
Ich möchte die Begriffe noch mal deutlich machen:
1.Matriarchat st eine gynozentrische Gesellschaftsstruktur, in der je nach verwendeter Definition entweder Frauen die Macht innehaben oder die frauenzentriert ist, die Gesellschaftsordnung also um die Frauen herum organisiert ist.
2.Matrilinearität ist ein System, das die verwandtschaftlichen Verhältnisse und die sonstigen Rechtsverhältnisse, etwa in Bezug auf das Erbrecht, über die Abstammung von der Mutter bildet. Wenn ein Mann eine Frau heiratet, wird das in diesem System auch als ein Beitritt zur Familie der Frau betrachtet

Quelle jeweils Wiki.

Beide Begriffe sind zu unterscheiden, z.B. kann es in einem Patriarchat das Erbrecht auch matrilinear sein.
Die Promiskuität ist in vielen Fällen nicht die sexuelle Befreiung, sondern sie führt oft zu Krankeit und Tod, wie man im südlichen Afrika sieht.
Das beschreibt die heutige Situation, die durch AIDS so entstanden ist und hat mit unserer Diskussion nichts zu tun.

wenn Lebensbedingungen A und B, dann ist die Gesellschaft matrinlinear, wenn Lebensbedingungen C und D, dann ist Gesellschaft egalitär, mit Arbeitsteilung xy. Solche Aussagen gibt es zuhauf. Um sie zu sehen, muss man die Geschichts-Brille abnehmen, was in diesem Forum aus verständlichen Gründen ein Problem darstellen könnte.
Du kannst aber nicht einfach von einer heutigen Ethnie auf prähistorische Kulturen schließen, der Rückgriff auf die Lebensbedingungen (-> Kulturökologie) ermöglicht trotzdem keinen systematischen Vergleich.
Schon alleine die Quellenlage ist einfach zu unterschiedlich, während die Ethnologen in der Hauptsache Teile der lebendigen Kultur untersuchen, und nur sehr selten sich um die Interpretation der materiellen Kultur bemühen, ist es bei den Archäologen aufgrund des Quellenmaterials so, das nur die begrabene Kultur untersuchen können.
Ich sehe dort keine wirklichen Überschneidungen die es uns ermöglichen würden, anhand von indigenen Kulturen der heutigen Zeit, Erklärungsmuster auf prähistorische Kulturen zu übertragen.
Ethnoarchäologie bleibt schwierig, meiner Meinung nach.
Ethnoarchäologie kann uns aber von zu engen Denkmustern befreien und uns (Archäologen) dabei helfen unseren eignen Standpunkt, der sich aus der uns umgebenden Kultur uvm. ergibt, zu relativieren.
Ein schönes Bsp. ist die Diskussion von Eggert und Krauße zu dem Problem der "Fürstengräber & Fürstensitze".


Zum Einstieg: M. K. H. Eggert, Vergangenheit in der Gegenwart? Überlegungen zum interpretatorischen Potential der Ethnoarchäologie. Ethnogr.-Arch. Zeitschr. 34, 1993, 144-150.
 
Zuletzt bearbeitet:
Du kannst aber nicht einfach von einer heutigen Ethnie auf prähistorische Kulturen schließen, der Rückgriff auf die Lebensbedingungen (-> Kulturökologie) ermöglicht trotzdem keinen systematischen Vergleich.
Das ist auch nicht einfach. Aber es ist mit Abstand die beste Möglichkeit, die wir haben. Und so schlecht ist sie wirklich nicht. Natürlich kann man zu jeder Methode ohne direkten Beweis sagen, dass sie nicht gut genug ist - der Gütemaßstab der Belege ist ja willkürlich von uns definiert. Wenn uns aber schon der systemische Vergleich nicht gut genug ist, können wir alle anderen gebräuchlichen Formen der Belege ohnehin als Sondermüll auf die Deponie werfen (etwa: Naja, es gibt doch keinen sicheren Beweis, dass es kein Matriarchat gegeben hat, oder? Also nehmen wir doch mal an, dass es ein Matriarchat gab.).

Wenn wir schon mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten, dann nehmen wir doch am besten das Wahrscheinlichste an, und nicht das Gewünschte.

Die ethnologischen Befunde sind auch gar nicht so zerfasert, wie hier oft unterstellt wird. Nur weil es unter 100 Kulturen ein paar gibt, die ordentlich aus dem Rahmen springen, heißt es noch lange nicht, dass wir es mit einer kulturellen Willkürlichkeit zu tun haben. In aller Regel findet man sogar für die ungewöhnlichen Kulturbeispiele systemische Ursachen, so dass das Gesamtbild davon überhaupt nicht gestört wird.
 
Die Großwildjagd kann sogar weniger Energie erfordern, weil man stundenlang nichts anderes tut, als auf der Lauer zu liegen. Aber dann gibt es Belastungsspitzen, die zwar kurz sind, aber sehr heftig ausfallen können. Das sind dann Schnelligkeits- und Kraftbelastungen. Genau deswegen sind Schwangere für die Großwildjagd ungeeignet. Auch ein Säugling auf dem Rücken erschwert den Einsatz eben dieser Belastungsspitzen.

Ich denke dieses Zitat zeigt schon die ganze Problematik.

Hier sind eigentlich in jedem Satz Annahmen die wir benutzen weil wir es letztlich nicht besser wissen.

Z.B. wissen wir letztlich nicht wie die Grosswildjagd tatsächlich ablief. Lag man dort wirklich stundenlang auf der Lauer? Das ist durchaus möglich, aber eigentlich in erster Linie Spekulation. Wir haben keine echten Hinweise darauf das es so gewesen ist.

Genauso ist es denkbar (und wurde ja durchaus ebenso schon als Theorie genannt) das man die Tiere in einen Sumpf oder ähnlich tückisches Gelände trieb. Zwischen beiden Jagdmethoden bestehen jedoch fundamentale Unterschiede, beide benötigen vollkommen andere Herangehensweisen.

Und natürlich ist auch unklar welche konkreten Vorteile Schelligkeit und Kraft brachten. Hey...es ist genauso denkbar das Erfahrung oder die Fähigkeit seine Umgebung im Blick zu behalten der entscheidende Faktor waren. Oder schlichte Masse nach dem Motto: "Zwei Speere und drei Fackeln sind besser als 1 Speer und eine Fackel."

Ich denke das die Spekulationen um Fähigkeiten von Mann und Frau uns nicht wirklich weiterbringen - es ist vollkommen klar das beide ihre Stärken haben und ihre Schwächen. Aber ohne die konkreten Jagdmethoden zu kennen ist schwer einzuschätzen welche davon eigentlich denn nun nützlich waren und welche nicht. (Mal davon abgesehen dass wir nicht einmal wissen ob unsere heutigen Fähigkeiten den damaligen überhaupt entsprechen. Heute sind Jungs oft gut in Mathe und bei abstrakten Problemlösungen. Ob sie das vor 20000 Jahren auch schon waren? Denkbar, aber es könnte genausogut anders sein. Nichts spricht dafür oder dagegen.)

Und natürlich ist ähnlich unklar ob man denn Steinzeitbabys auch während des Angriffs auf das Mammut auf dem Rücken tragen musste. Gabs soziale Mittel diese Problematik zu lösen (Oma/Opa)? Und haben Steinzeitbabys geschrien wenn sie allein gelassen wurden, z.B. im hohem Gras versteckt? Wir können es nicht sagen, und in Wahrheit ist bereits die Idee das Frauen von ihren Kindern bei der Jagd behindert wurden auf Vorstellungen beruhend von denen wir nicht wissen inwieweit sie zutreffen.
 
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