Obwohl das Argument immer wieder schon vorgebracht wurde, möchte ich es noch einmal wiedergeben, weil es meines Erachtens wenig Spielraum für die Beantwortung der Frage nach der Historizizät Jesu offen lässt:
Wie so oft in den historischen Wissenschaften kann man
abduktiv schließen, was natürlich keine 100%ig sichere Urteile zulässt. (So eine Sicherheit ist überhaupt nur deduktiv zu gewinnen, was streng genommen nur in der Mathematik konsequent gemacht wird, und die spricht gar nicht über die physische Welt.)
Wir stehen nun also vor der bekannten Tatsache, dass in den 50er Jahren Briefe entstehen, die über einen Wanderprediger berichten, der sich für den Messias gehalten hat und etwa 20 Jahre zuvor in Jerusalem hingerichtet wurde. Gerade diese Hinrichtung am Kreuz hat eine zentrale Bedeutung in diesen Briefen. Der Inhalt der Briefe lässt außerdem schließen, dass die Adressaten, die sich im östlichen Mittelmeerraum befinden, schon eine ganze Weile an die Bedeutung dieser Person glauben.
Nun welcher Umstand könnte diese Tatsache gut erklären?
1) Es gab wirklich eine Person, die gepredigt hat, sich für den Messias gehalten hat und hingerichtet wurde. Dieser Mann hat wirklich eine beachtliche Anhängerschaft besessen. Diese haben die Umstände des Todes ihres Meisters, die zunächst wohl sehr enttäuschend empfunden wurden, theologisch gedeutet und in von ihnen gegründeten Gemeinden von dieser Person erzählt. Diese haben dann ebenfalls ihre theologischen Deutungen an dieser Geschichte angestellt, was diese belehrenden Briefe notwendig gemacht hat.
2)Es gab diese Person nicht. Spätestens Ende der 30er Jahre begannen in Palästina enige Leute von einer von ihnen erfundenen Person zu erzählen. Gerade im Zentrum der angeblichen Geschehnisse beginnen beträchtliche Mengen an Menschen diese Geschichten für glaubhaft zu halten, obwohl diese Geschehnisse angeblich nur 10 Jahre vorher stattgefunden haben sollen. Noch mehr Anhänger finden sich, die im östlichen Mittelmeerraum missionieren. Allerdings deuten einige Gemeinden diese Geschichte nicht gemäß ihrer Erfindung, was die belehrenden Briefe notwendig macht.
Recht viel mehr kann man dazu nicht sagen und jeder möge nach Belieben aussuchen, ob Hypothese 1 oder 2 besser die Tatsache der Existenz der Briefe zu erklären vermag.