@ Cliomara
Es wäre für uns Mitdiskutanten hilfreich, wenn Du direkte Antworten auf jeweilige Beiträge den Originatoren zuordnen könntest. Mit der Polemik fühle ich mich durchaus angesprochen - auch wenn ich meinen Beitrag durchaus nicht als solche gemeint habe, aber dazu später. Bei den übrigen Aussagen (die man schon fast als Vorwürfe auffassen könnte) wird die zielgerichtete Stelungnahme ein Ratespiel.
[Enters the ghost: Metadiskussion:]
Ich habe den Eindruck, Du fühlst Dich falsch verstanden. Ich habe in der Tat Dein Eingangsposting so gelesen, dass Du eine "Kriminalisierung" der namentlich genannten Personen nicht für angebracht hälst. Allerdings sollte der Eingangspost doch eine Diskussion anstoßen, oder? Hier wurden eingangs vier Fakten genannt werden, die alle "im Sinne der (einer) Anklage" sind. Die einzige Frage lautet:
Ist aber nun eine neue Einordnung und Bewertung des 20. Juli erforderlich?
Du lässt im Anschluss durchblicken, dass Du diese Frage verneinen würdest. In Ordnung. Damit ist die Diskussion mit dem Eingangspost beendet. Es sei denn, es findet sich jemand, der sagt: "Oh, um Himmels willen, die wollten ja gar nicht die Bundesrepublik Deutschland gründen, so wie wir sie kennen, sondern eine Militärdiktatur, einen Kaiser, eine Räterepublik, eine konstitionelle Monarchie, eine präsidiale Demokrate nach US-Vorbild oder was weiß ich. Also sind sie gar nicht so gut, wie das MGFA stets behauptet, sondern haben Blut und Dreck an den Fingern und sind damit böse. Verdammt sie!!!"
Der Grund für meine Entgegnung war also, die im Eingangspost auftauchende mögliche Munition für solche *hüstel* gleich mal zu entschärfen. Wir hatten schon mal eine Buchbesprechung, die knapp zusammengefasst argumentierte: Der Beweis, dass G.W. Bush schon immer böse war ist dadurch erbracht, dass ich herausgefunden habe, dass Opa Bush Anteile an einer Firma hielt, die in der Zwischenkriegszeit im Reich Geschäfte machte, mit Firmen, die später Waffen bauten. Damit war die Bush-Familie dann auch unmittelbar in den Nationalsozialismus verstrickt." Krude, gell?
Also: Erleichtere uns allen bitte das Leben, sag bzw. frage klar, was Du diskutieren willst und sei einstweilen (bittebittebitte) nicht so dünnhäutig. Die meisten hier wollen nichts Böses und selbst der Neddy ist nur hin und wieder eine Ausnahme.:devil:
[Ende Metadiskussion.]
Zurück zum Topic, zur "Polemik" und weit hergeholten Beispielen: Der "Polemik" ersten Teil habe ich gerade versucht zu erläutern. Der Polemik zweiter Teil: Ein großer Teil der Verführungskraft von dem Adolf seiner Bewegung lag darin, dass er den nach militärischer Niederlage, verlorenem Krieg nebst erheblicher Gebietsabtretung unter Mißachtung der 14 Punkte Wilsons, Versailler Diktat, innerer Unruhen, Weltwirtschaftskrise, Rheinlandbesetzung sich zutiefst ungerecht behandelt fühlenden Deutschen (ja, hier schere ich bewusst vereinfachend über einen Kamm!) Wirtschaftswachstum, politische Bedeutung, Ruhm und Ehre und Rache brachte. Dass viele das - zumindest Anfangs - großartig fanden: wen wundert's. Ja, es gab von Anfang an genügend Menschen, die gegen die Bewegung waren und den ganzen Mist von Anfang an durchschaut haben. Aber - meine These - bei weitem nicht so viele, wie es nach dem Krieg behauptet haben und noch viel mehr, die sich - aus wohlverstandenem Eigeninteresse (von Desinteresse über was juckt's mich/bin zu faul bis zu "am Leben bleiben!") nicht offen gegen das Regime gestellt haben. Und es gab viele, die haben sich einfach nicht interessiert: so lange es mir besser / nicht schlechter / nicht wesentlich schlechter geht, arrangiere ich mich mit den Umständen. Es gab ja auch einen schleichenden Prozess: Adolf Nazi ist ja nicht eines Tages mit SS, SD, Gestapo, Parteibonzen und KZs vom Himmel gefallen, sondern es hat durchaus eine schleichende Eskalation des Ausmaßes der Verbrechen stattgefunden. Jedenfalls: nicht alle Menschen waren und sind moralisch einwandfreie Helden mit politischer Weitsicht. Das - und damit zu den "weit hergeholten" Beispielen - ist genauso wie mit den negativen Folgen, die unser Wirtschaftssystem in der Welt anrichtet, vor dem wir alle (nun ja, die meisten oder die Mehrzahl, Neddy mit eingerechnet) hübsch fein die Augen verschließen, so lange wir unterm Strich gefühlt davon profitieren. Und wir sind heutezutage potentiell besser informiert als ein Landbwohner aus einem mit dem meinem vergleichbaren Dörflein vor 70-80 Jahren.
Letztes Beispiel, ehe ich die Klappe halte: Neddys Opa war Handwerker und (m. W.) nicht im aktiven Widerstand. Warum auch? Mer lebt halt. Neddys Opa wurde eines Tages eingezogen, zum Sanitäter ausgebildet und ging mit seiner Einheit an die Ostfront. Ab hier war er dann in den Partisanenaufstand und dessen Bekämpfung verstrickt, weil er zu einer der beteiligten Partien gehört. Vielleicht hat er Kameraden zusammengeflickt, die später wieder auf die Jagd gingen, wer weiß. Ein Rädchen im Getriebe. Unzweifelhaft! Mit Sicherheit wußte er auch, was da abgeht. Er dürfte genug gesehen und gehört haben. Und m. W. brachte auch das ihn nicht dazu, aktiv Widerstand zu leisten. "Sie oder wir" und der Feind (die Partisanen) ist heimtückisch, gnadenlos und grausam. Mitgefangen, mitgehangen: eines Tages ging Neddys Opa anläßlich einer "großzügigen Frontbegradigung" verloren. Der Regimentskommandeur schrieb Neddys Oma (sinngemäß): "Wenn er Glück hatte, ist er in einem Sumpf ums Leben gekommen. Wenn nicht - sie wissen ja, wie die Partisanen mit denen umgehen, die ihnen in die Hände fallen."
Was jetzt kommt, ist auch nicht so polemisch, wie es sich vielleicht anhören mag. Nach der Eingangs skizzierten Argumentation kann man Neddys Opa als böse bezeichnen, denn seine politischen Überzeugungen standen mit Sicherheit nicht im Sinne unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung (wieder: woher auch), er sorgte durch seine Tätigkeit als Sani dafür, dass die Wehrmacht ein klein wenig besser kämpfen konnte, damit unterstützte er unmittelbar die Partisanenbekämpfung, die sich ja 'nicht immer' ans Kriegsrecht hielt und damit war er zutiefst in die Machenschaften der Nationalsozialisten verstrickt. Und jetzt kommt's (und wird jetzt wirklich etwas polemisch, ich geb's zu): Selbst wenn er irgendwann, bevor er im Partisanenkochtopf verschwand, in den aktiven Widerstand eingetreten wäre, hätte er seine Verstrickung - und da ist das im Eingangsbeitrag suggerierte moralische Urteil wieder drin - nie nie nie wieder gut machen können.
Und mit dieser Argumentation hätten wir nachgewiesen, dass jeder sich schuldig macht, der von mehr oder weniger rechtswidrigen, kriminellen oder mörderischen Handlungen irgendwo in der Welt weiß oder gar davon profitiert. Und diese Schuld geht nicht mehr ab, auch wenn man sich eines Tages gegen solche Vorgänge stellt. Da wünsche ich uns allen einen guten Nachtschlaf!!
(Ich merke gerade, dass es wieder mit mir durchgegangen ist, weswegen ich betonen möchte, dass in diesem, wie in meinen übrigen Beiträgen KEIN persönlicher Angriff beabsichtigt ist.)