Hätte man den Untergang Westroms noch abwenden können?

Bourbone

Gesperrt
Ich weiss nicht ob dieses Thema in irgend einer Form schon im Forum vorhanden ist habe leider nichts dazu gefunden.
Jeder der mich kennt weiss,dass meine Schwerpunkte im 16,17 und 18 Jahrhundert liegen jedoch habe ich mich wieder einmal mit den alten Rom befasst was den Anstoss für mein Interesse an der Geschichte war.
Nun bin ich zufällig auf die WIKI Seite von Westrom gekommen und habe mich da darüber infomiert.
Das Westreich bestand nur 81 Jahre,und da mir das etwas kurz vorkommt habe ich mich mal über die Gründe des Zerfalls infomiert.
Und da kam folgendes heraus:
1.Die Barbarisierung der Armee und Politik
2.Völkerwanderung
3.Ständig wechselnde und schwache Kaiser
4.Schlechte geographische Lage (wegen Rohstoffen)

1,2 und 4 waren 395 unvermeidbar,hätte man trotzdem das Westreich erhalten können was wäre nötig gewesen,wie würde Europa heute aussehen oder war es wirklich zum Untergang bestimmt?
 
Wäre es zu diesem Zeitpunkt nicht zerfallen, dann später... .

Man sieht am Reich Alexanders des Großen oder Attilas, dass ein Reich mit seinem Steuermann zerfällt wenn es nicht klar strukturiert und vor alledem gefestigt sind.
Ich denke die Festigung des Reiches war eines seiner Hauptprobleme (wie du mit Punkt 3 ja selbst erkannt hast).

Aber "was wäre wenn [...]"-Fragen sind immer sehr theoretisch, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt und Theorien dazu schon vom Grundgedanken her unrealistisch... weil es eben nicht passiert ist.
 
Das Römische Reich ist jedoch nicht mit den Reich Attilas und Alexanders zu vergleichen.
Es wurde nicht von einen Feldherrn erschaffen der ein riesiges Gebiet erobert und keinen oder einen schwachen Erben hinterlässt der das Reich nicht halten kann.
Rom hat eine Geschichte von 500 Jahren in dem es sich immer wieder wandelte und mit Europa verschmolz.
Und auch nach der Teilung 395 gab es noch einen festen Senat,Kaiser und Spiele.
Kaiser Konstantin der auch schon mit der Babarisirung in Kontakt war konnte auch das Reich einen und es in seinen System belassen.
Deshalb hat deine Argumentation keine Richtigkeit.
Rom ist ja auch nicht mit den Tod Caesars untergegangen.:)
 
Ich weiss nicht ob dieses Thema in irgend einer Form schon im Forum vorhanden ist habe leider nichts dazu gefunden.
Jeder der mich kennt weiss,dass meine Schwerpunkte im 16,17 und 18 Jahrhundert liegen jedoch habe ich mich wieder einmal mit den alten Rom befasst was den Anstoss für mein Interesse an der Geschichte war.
Nun bin ich zufällig auf die WIKI Seite von Westrom gekommen und habe mich da darüber infomiert.
Das Westreich bestand nur 81 Jahre,und da mir das etwas kurz vorkommt habe ich mich mal über die Gründe des Zerfalls infomiert.
Und da kam folgendes heraus:
1.Die Barbarisierung der Armee und Politik
2.Völkerwanderung
3.Ständig wechselnde und schwache Kaiser
4.Schlechte geographische Lage (wegen Rohstoffen)

1,2 und 4 waren 395 unvermeidbar,hätte man trotzdem das Westreich erhalten können was wäre nötig gewesen,wie würde Europa heute aussehen oder war es wirklich zum Untergang bestimmt?


Die "Aufteilung" von 395 war nur eine administrative Aufgliederung "eines" Staates. Die Absetzung des letzten Kaisers Romulus Augustulus im Jahre 476 bedeutete nicht das Ende des Römischen Reiches. Der Kaiser regierte weiterhin von Konstantinopel das Römische Reich. Im römischen Selbstverständnis bestand dieses auch bis zum Jahre 1453 fort.

Die Völkerwanderung ist natürlich ein nicht unwesentlicher Punkt. Zum einen wurden ab dem 3. Jhrdt. die an Germanien angrenzenden Provinzen, aber auch Gallien und Nordspanien von Germaneneinfällen betroffen. Zum anderen wurden später Germanenstämme Verbündete der Römer (Föderaten) und bekamen innerhalb des Römischen Reiches Gebiete zur Verwaltung. Hier sollte man von einer Umwandlung des Römischen Reiches sprechen.
 
Ich weiss nicht ob dieses Thema in irgend einer Form schon im Forum vorhanden ist habe leider nichts dazu gefunden.
Jeder der mich kennt weiss,dass meine Schwerpunkte im 16,17 und 18 Jahrhundert liegen jedoch habe ich mich wieder einmal mit den alten Rom befasst was den Anstoss für mein Interesse an der Geschichte war.
Nun bin ich zufällig auf die WIKI Seite von Westrom gekommen und habe mich da darüber infomiert.
Das Westreich bestand nur 81 Jahre,und da mir das etwas kurz vorkommt habe ich mich mal über die Gründe des Zerfalls infomiert.
Und da kam folgendes heraus:
1.Die Barbarisierung der Armee und Politik
2.Völkerwanderung
3.Ständig wechselnde und schwache Kaiser
4.Schlechte geographische Lage (wegen Rohstoffen)

1,2 und 4 waren 395 unvermeidbar,hätte man trotzdem das Westreich erhalten können was wäre nötig gewesen,wie würde Europa heute aussehen oder war es wirklich zum Untergang bestimmt?

Du sprichst einige Punkte an, die Beachtung verdienen. Ostrom, als Neugründung Konstantins mit einer Regierungsverwaltung, die sich am römischen Vorbild orientierte. Als verkehrstechnisch, strategisch und wirtschaftlich ausgesprochen günstig gelegene neue Metropole mit christlicher Universalreligion bot Konstantinopel ausgesprochen günstige Vorraussetzungen für einen Neuanfang, während der Westen, administrativ benachteiligt war, denn es befand sich die alte Metropole Rom seit langem im Verfall, die einwohnerzahl sank, und es hatte Italien seine priveligierte Vormachtstellung wirtschaftlich bereits in der Kaiserzeit an Provinzen wie Gallien, Cyrenaica und Hispania abgetreten.

Von den humanitären Kaisern stammte Antoninus aus Gallien, Trajan, Hadrian und Marc Aurel aus Spanien, und es waren illyrische Kaiser, die das Imperium erneuerten. Die Verkehrswege trafen nicht mehr in Rom zusammen, doch es konnte bis in die Neuzeit keine einzige Stadt im Westen an Bedeutung mit Rom konkurrieren, am allerwenigsten jedenfalls mit der ungeheuren ideologischen bedeutung mit "Roma aeterna".

Als ideologische Größe ist Rom im Grunde genommen bis heute nicht untergegangen. Die römisch- deutschen Kaiser/ Könige, die Zaren beriefen sich auf Rom wie die Amerikanische und Französische Revolution und Napoleon. In diesen Spuren wandelte selbst Mussolini mit seiner Via Imperiale und es residiert noch heute ein absoluter Monarch als Oberhaupt der Römisch Katholischen Kirche mit dem Titel eines Pontifex Maximus.
 
Natürlich ist Rom heute ein Begriff den man mit viel Ehrfurcht benutzt,jedoch war meine Frage ob der Untergang Roms verhindert hätte werden können.
Und wen ja wie?
 
Die Desintegration des Römischen Reiches setzt meines Erachtens nach Theodosius (379–95) ein. Er war der letzte Kaiser, der die Zügel des gesamten Reichs in seiner Hand hielt, obgleich seine Alleinherrschaft kaum ein Jahr gedauert hatte. Auf seinen Tod fogte der Prozess des Niedergangs, der nie wieder rückgängig gemacht werden konnte. Insofern steht Theodosius "der Große" an einer ganz anderen Stelle der Entwicklung als Diokletian und Konstantin.

Die von Theodosius hinterlassene Dynastie regierte im Westen bis 455, im Osten bis 450. Die Herrscher dieser Zeit erwiesen sich als politisch unfähig: Honorius (395–423) und Valentinian III. (423–455) im Westen sowie Arcadius (395–408) und Theodosius II. (408–450) im Osten zählten als politische Potenzen überhaupt nicht, sondern waren Nullen. Zudem gelangten sie alle als Kinder und Jugendliche zur Regierung. Zeitlebens kamen sie kaum über die Gemächer ihres Palastes, geschweige denn über ihre Resiedenzstadt hinaus, also über Ravenna im Westen und Konstantinopel im Osten.

Ganz fern lag ihnen der Gedanke, an die Spitze eines Heeres zu treten, und das zu einer Zeit, als der Feind nicht mehr an der Grenze stand, sondern sein Lager mitten auf dem Reichsboden aufgeschlagen hatte.– Dieser unfähigen Familie war das Geschick des Römischen Reichs in der kritischsten Phase anvertraut, die es jemals erlebt hatte.

Zu dieser politischen Unfähigkeit – ja Lähmung – an der Staatsspitze kamen die verheerenden ökonischen Daten hinzu. Die Reichsbewohner sahen sich einer unerträglichen Steuerlast gegenüber, was besonders die Landpächter, die Kolonen, traf. Zwar hatte sie der Staat durch Gesetze an die Scholle gefesselt, doch flüchteten immer mehr Menschen, sodass um 400 weite Landstriche verödet waren.

Nimmt man das alles zusammen, so standen Wirtschaft und Gesellschaft am Rande Zusammenbruchs, oder befanden sich bereits mitten darin. Die finanzielle Situation des Reichs wurde immer hoffnungsloser und die Staatsflucht äußerte sich in einer völligen politischen Apathie der Bevölkerung.

Es ist daher kaum verwunderlich, dass die Germanenreiche auf römischem Boden – Burgunder, Ostgoten, Westgoten, Wandalen usw. – den Sturz beschleunugten, da Widerstandskräfte kaum noch vorhanden waren. Die Absetzung des letzten (west)römischen Kaisers durch Odoaker im Jahr 476 markiert eigentlich nur noch das unspektakuläre Ende eines langjährigen Prozesses.
 
Das Westreich bestand nur 81 Jahre,und da mir das etwas kurz vorkommt habe ich mich mal über die Gründe des Zerfalls infomiert.
Und da kam folgendes heraus:
1.Die Barbarisierung der Armee und Politik
2.Völkerwanderung
3.Ständig wechselnde und schwache Kaiser
4.Schlechte geographische Lage (wegen Rohstoffen)

1,2 und 4 waren 395 unvermeidbar,hätte man trotzdem das Westreich erhalten können was wäre nötig gewesen,wie würde Europa heute aussehen oder war es wirklich zum Untergang bestimmt?





Was Du hier nennst, sind eher Ursachen. Die Gründe liegen viel tiefer, und setzen zeitlich schon ab dem 3. Jahrhundert ein:
  1. Fehlende Expansion: Traditionelle Grundlage des römischen "Erfolgs" war konstante Expansion, und nachfolgende Umverteilung aus den neueroberten Gebieten an "Rom" (einschließlich seiner Legionnäre). Je größer "Rom" im Verhältnis zu den neueroberten Gebieten wurde, desto problemarischer wurde dieser Ansatz. Spätestens als die Expansion nach Trajan zum Erliegen kam, wurde ein neues "Finanzierungsmodell" erforderlich, das aber letztendlich nie erfolgreich konzipiert und umgesetzt wurde.
  2. Wirtschaftsstrukturelle Defizite: Das römische Reich hatte traditionell ein strukturelles Handelsbilanzdefizit mit dem Osten (Seidenstraße, Weihrauchstraße etc.), das regelmäßig in Edelmetallen finanziert werden musste. Ab etwa Ende des 2. Jahrhunderts ging zudem die Edelmetallförderung im Reich zurück. In Folge beider Faktoren kam es zu einer stetigen Münzeverschlechterung.
    Die archäologische Fundsituation läßt einen römischen Handelsbilanzüberschuss mit dem nichtrömischen Mittel- und Osteuropa vermuten. Dieser wurde allerdings weitgehend nicht in Edelmetallen, sondern durch Leistungserbringung (Stellung von Legionären) finanziert. Insofern könnte die "Barbarisierung" der Armee wirtschaftspolitisch durchaus Sinn gemacht haben, ja u.U. sogar wirtschaftspolitisch begründet gewesen sein.
  3. "Urban bias": Der innenpolitische Schwerpunkt lag auf der Pazifizierung revolutionärer Potentiale, insbesondere der Armee ("Soldatenkaiser") und der städtischen Unterschichten. Das Motto "Brot und Spiele" schlug sich spätestens ab dem 3. Jahrhundert nieder in der Einführung von Preiskontrollen für Grundnahrungsmittel ("Brot"), und der Fokussierung öffentlicher Investitionen auf städtische Repräsentationsbauten ("Spiele").
  4. Entmonetarisierung ländlicher Räume: Da die festgesetzten Preise für Grundnahrungsmittel vielfach nicht kostendeckend waren, und sich die Münzqualität steitig verschlechterte, wurden viele lämdliche Räume aus der Markt- in die Subsistenzproduktion abgedrängt. Dies betraf v.a. getreideproduzierende Räume außerhalb des unmittelbaren Versorgungsgebiets größerer Städte. Für einige mediterrane Nahrungsmittel, z.B. Wein oder Olivenöl, scheinen die Preise allerdings durchaus auskömmlich gewesen zu sein, so dass diese Produkte auch weiterhin aus den Provinzen nach Rom verhandelt wurden.
    Mit der Verdrängung der Marktproduktion einher ging die Herausbildung frühfeudaler Strukturen (Leibeigenschaft, Fronarbeit), vermutlich zur Sicherung der Armeeversorgung. http://de.wikipedia.org/wiki/Kolonat_(Recht)
  5. Steuerpolitik: Um die Finanzierung des Militärs sicherzustellen und so Militärputschen ("Soldatenkaiser") vorzubeugen, wurde im Laufe des 4. Jahrhunderts das Steuerwesen mehrfach reformiert. Schwerpunkte waren Straffung und Erhöhung der Grundsteuern, und Abschaffung der Finanzautonomie der "civitates" (Landgemeinden), jedoch nicht der "coloniae" (gößere Städte). M.a.W: Der Hauptteil der Finanzierungslast wurde dem ökonomisch sowieso schon geschwächten ländlichen Raum zugewiesen. Es erscheint mir diskutierenswert, ob der Untergang Westroms nicht durch stärkere Ausrichtung der Besteuerung auf städtische Oberschichten (z.B. Verbrauchssteuern auf Luxusgüter, Einkommens-/Gewerbesteuer, Zölle auf asiatische Importwaren) hätte vermieden werden können.
  6. Theodosius "Kulturrevolution": Die Durchsetzung des Christentums scheint mit beispielloser Radikalität erfolgt zu sein, und ging mit weitreichender Zerstörung lokaler und kultureller Identität und Infrastruktur einher (z.B..Abschaffung der olympischen Spiele). U.a. scheint der Großteil der Bibliotheken einchließlich des dort dokumentierten technischen Wissens zerstört worden zu sein. Während für die vor-theodosianische Zeit von einem Buchbestand von etwa 1 Million Titel ausgegangen wird, konnte der zur Rettung der antiken Literatur angetretene römische Adlige Cassiodor Mitte des 5. Jahrhunderts gerade mal knapp über hundert Titel in seine Bibliothek aufnehmen. Vgl. hierzu (absolut lesenswert!) Bücherverluste in der Spätantike ? Wikipedia
  7. Ost-West-Konflikt von 392-395: In engem zeitlichen Zusammenhang zu Theodosius "Kulturrevolution", teilweise auch als Reaktion auf diese, kam es zum Krieg zwischen Ostrom unter Theodosius und Westrom unter dem Ursupator Eugenius. Die Schlacht vom Frigidus gilt allgemein als eine der blutigsten Schlachten der Antike, und schwächte Roms Miltärmacht ganz erheblich Schlacht am Frigidus ? Wikipedia .
    In der Folge verlagerte Ost-Rom den Großteil der verbliebenen Truppen auf das eigene Territorium. Hierbei spielten vermutlich sowohl außenpolitische (Goteneinfall / Hunnenbedrohung an der Donau) als auch innenpolitische (Schwächung des weströmischen Widerstands gegen die Christianisierung) Gründe eine Rolle. Faktisch bedeutete diese Verlagerung u.a. die (militärische) Aufgabe Britanniens und weitgehenden Truppenabzug von der Rheingrenze, was die Völkerwanderung erheblich erleichterte.
    Erst nach dem Sieg am Frigidus konnte die Christianisierung auch im Westen durchgeführt werden. Es steht zu vermuten, dass hier sehr viel radikaler als im Osten vorgegangen wurde. Das Christentum war im Osten traditionell viel weiter verbreitet als im Westen, so dass man sich dort vermutlich ein "sensibleres" Vorgehen erlauben konnte, ansässige Christengemeinden vielleicht auch die eine oder andere "heidnische" Institution von lokaler Bedeutung schützten, während im Westen das Christentum wohl weitgehend mit "Feuer und Schwert" durchgesetzt wurde. Dies könnte z.B. erklären, warum die Konstantinopeler Bibliothek oder einzelne griechische Philosophenschulen die theodosianische "Kulturrevolution" überlebten, während in der Stadt Rom offenbar sämtliche Bibliotheken untergingen.
  8. Christliche Steuerprivilegien: Ein wesentliches Mittel der Zwangs-Christianisierung war die Steuerfreiheit sämtlicher kirchlicher Würdenträger. Dies führte dazu, dass viele wohlhabende Bürger Kirchenämter anstrebten (hier dürften daneben auch kulturelle Gründe eine Rolle gespielt haben - Priesterämter hatten traditionell hohes Sozialprestige). Im Endeffekt schwand die Steuerbasis weiter, und die Steuerlast fiel noch stärker auf ländliche Räume. Dies setzte dann letztendlich einen Teufelskreis in Gang: Weniger Geld zur Unterhaltung von Truppen -> Verlust weiterer Gebiete an die Germanen -> Weniger Geld zur Unterhaltung von Truppen u.s.w. Kein Wunder, dass die (weströmischen) Kaiser immer schwächer wurden..
Sehen wir das ganze mal andersrum: Was hält denn der "gemeine" linksrheinische Germane oder Gallier so um 400 - 450 vom römischen Reich:
  • Die lokale Selbstverwaltung und Finanzautonomie ist weitgehend abgeschafft, mit entsprechenden Folgen für Erstellung / Erhaltung von Infrastruktur,
  • Der Kaiser ist weit (Ostrom), und vermutlich nach der Zerstörung lokaler "heidnischer" Traditionen und Institutionen nicht sonderlich beliebt,
  • Das technische Wissen, Stolz und Symbol Roms (Straßenbau, Architektur, Wasserversorgung) ist weitgehend untergangen, und zwar durch Rom selbst, nicht durch die Barbaren,
  • Steuern sind hoch, aber Sicherheit gegen Barbareneinfälle ist nicht gewährleistet,
  • Landwirtschaftliche Märkte sind weitgehend zusammengebrochen, Lebensmittelhandel ins römische Zentrum ist durch die Preiskontrollen unattraktiv, der Geldwert sinkt ständig.
Und jetzt kommt irgendein Franken-/Goten-/Vandalenfürst. Ist zwar ein Barbare, aber die kennt man ja auch schon länger aus der Armee, und kulturell ist der bestimmt nicht fremder als ein aus Syrien an Rhein/ Rhone versetzter Präfekt. Dieser Barbarenfürst schafft wieder Sicherheit und Ordnung, akzeptiert lokale Traditionen und römisches Recht, läßt die Steuern in der Region, hat vielleicht sogar mit Preiskontrollen nichts am Hut und stärkt die lokale Selbstverwaltung. Wo ist das Problem ?
Und Konstantinopel ist immer noch weit ..
 
Man könnte also sagen das Rom an seiner eigenen Größe zerfallen ist.
Am Ende hat der Osten nur für den Westen bezahlt.
Und als der Osten wegfiel konnte der arme Wesen nicht mehr überleben.
Danke!
 
Was Du hier nennst, sind eher Ursachen. Die Gründe liegen viel tiefer, und setzen zeitlich schon ab dem 3. Jahrhundert ein:
  1. Fehlende Expansion: Traditionelle Grundlage des römischen "Erfolgs" war konstante Expansion, und nachfolgende Umverteilung aus den neueroberten Gebieten an "Rom" (einschließlich seiner Legionnäre). Je größer "Rom" im Verhältnis zu den neueroberten Gebieten wurde, desto problemarischer wurde dieser Ansatz. Spätestens als die Expansion nach Trajan zum Erliegen kam, wurde ein neues "Finanzierungsmodell" erforderlich, das aber letztendlich nie erfolgreich konzipiert und umgesetzt wurde.
  2. Wirtschaftsstrukturelle Defizite: Das römische Reich hatte traditionell ein strukturelles Handelsbilanzdefizit mit dem Osten (Seidenstraße, Weihrauchstraße etc.), das regelmäßig in Edelmetallen finanziert werden musste. Ab etwa Ende des 2. Jahrhunderts ging zudem die Edelmetallförderung im Reich zurück. In Folge beider Faktoren kam es zu einer stetigen Münzeverschlechterung.
    Die archäologische Fundsituation läßt einen römischen Handelsbilanzüberschuss mit dem nichtrömischen Mittel- und Osteuropa vermuten. Dieser wurde allerdings weitgehend nicht in Edelmetallen, sondern durch Leistungserbringung (Stellung von Legionären) finanziert. Insofern könnte die "Barbarisierung" der Armee wirtschaftspolitisch durchaus Sinn gemacht haben, ja u.U. sogar wirtschaftspolitisch begründet gewesen sein.
  3. "Urban bias": Der innenpolitische Schwerpunkt lag auf der Pazifizierung revolutionärer Potentiale, insbesondere der Armee ("Soldatenkaiser") und der städtischen Unterschichten. Das Motto "Brot und Spiele" schlug sich spätestens ab dem 3. Jahrhundert nieder in der Einführung von Preiskontrollen für Grundnahrungsmittel ("Brot"), und der Fokussierung öffentlicher Investitionen auf städtische Repräsentationsbauten ("Spiele").
  4. Entmonetarisierung ländlicher Räume: Da die festgesetzten Preise für Grundnahrungsmittel vielfach nicht kostendeckend waren, und sich die Münzqualität steitig verschlechterte, wurden viele lämdliche Räume aus der Markt- in die Subsistenzproduktion abgedrängt. Dies betraf v.a. getreideproduzierende Räume außerhalb des unmittelbaren Versorgungsgebiets größerer Städte. Für einige mediterrane Nahrungsmittel, z.B. Wein oder Olivenöl, scheinen die Preise allerdings durchaus auskömmlich gewesen zu sein, so dass diese Produkte auch weiterhin aus den Provinzen nach Rom verhandelt wurden.
    Mit der Verdrängung der Marktproduktion einher ging die Herausbildung frühfeudaler Strukturen (Leibeigenschaft, Fronarbeit), vermutlich zur Sicherung der Armeeversorgung. http://de.wikipedia.org/wiki/Kolonat_(Recht)
  5. Steuerpolitik: Um die Finanzierung des Militärs sicherzustellen und so Militärputschen ("Soldatenkaiser") vorzubeugen, wurde im Laufe des 4. Jahrhunderts das Steuerwesen mehrfach reformiert. Schwerpunkte waren Straffung und Erhöhung der Grundsteuern, und Abschaffung der Finanzautonomie der "civitates" (Landgemeinden), jedoch nicht der "coloniae" (gößere Städte). M.a.W: Der Hauptteil der Finanzierungslast wurde dem ökonomisch sowieso schon geschwächten ländlichen Raum zugewiesen. Es erscheint mir diskutierenswert, ob der Untergang Westroms nicht durch stärkere Ausrichtung der Besteuerung auf städtische Oberschichten (z.B. Verbrauchssteuern auf Luxusgüter, Einkommens-/Gewerbesteuer, Zölle auf asiatische Importwaren) hätte vermieden werden können.
  6. Theodosius "Kulturrevolution": Die Durchsetzung des Christentums scheint mit beispielloser Radikalität erfolgt zu sein, und ging mit weitreichender Zerstörung lokaler und kultureller Identität und Infrastruktur einher (z.B..Abschaffung der olympischen Spiele). U.a. scheint der Großteil der Bibliotheken einchließlich des dort dokumentierten technischen Wissens zerstört worden zu sein. Während für die vor-theodosianische Zeit von einem Buchbestand von etwa 1 Million Titel ausgegangen wird, konnte der zur Rettung der antiken Literatur angetretene römische Adlige Cassiodor Mitte des 5. Jahrhunderts gerade mal knapp über hundert Titel in seine Bibliothek aufnehmen. Vgl. hierzu (absolut lesenswert!) Bücherverluste in der Spätantike ? Wikipedia
  7. Ost-West-Konflikt von 392-395: In engem zeitlichen Zusammenhang zu Theodosius "Kulturrevolution", teilweise auch als Reaktion auf diese, kam es zum Krieg zwischen Ostrom unter Theodosius und Westrom unter dem Ursupator Eugenius. Die Schlacht vom Frigidus gilt allgemein als eine der blutigsten Schlachten der Antike, und schwächte Roms Miltärmacht ganz erheblich Schlacht am Frigidus ? Wikipedia .
    In der Folge verlagerte Ost-Rom den Großteil der verbliebenen Truppen auf das eigene Territorium. Hierbei spielten vermutlich sowohl außenpolitische (Goteneinfall / Hunnenbedrohung an der Donau) als auch innenpolitische (Schwächung des weströmischen Widerstands gegen die Christianisierung) Gründe eine Rolle. Faktisch bedeutete diese Verlagerung u.a. die (militärische) Aufgabe Britanniens und weitgehenden Truppenabzug von der Rheingrenze, was die Völkerwanderung erheblich erleichterte.
    Erst nach dem Sieg am Frigidus konnte die Christianisierung auch im Westen durchgeführt werden. Es steht zu vermuten, dass hier sehr viel radikaler als im Osten vorgegangen wurde. Das Christentum war im Osten traditionell viel weiter verbreitet als im Westen, so dass man sich dort vermutlich ein "sensibleres" Vorgehen erlauben konnte, ansässige Christengemeinden vielleicht auch die eine oder andere "heidnische" Institution von lokaler Bedeutung schützten, während im Westen das Christentum wohl weitgehend mit "Feuer und Schwert" durchgesetzt wurde. Dies könnte z.B. erklären, warum die Konstantinopeler Bibliothek oder einzelne griechische Philosophenschulen die theodosianische "Kulturrevolution" überlebten, während in der Stadt Rom offenbar sämtliche Bibliotheken untergingen.
  8. Christliche Steuerprivilegien: Ein wesentliches Mittel der Zwangs-Christianisierung war die Steuerfreiheit sämtlicher kirchlicher Würdenträger. Dies führte dazu, dass viele wohlhabende Bürger Kirchenämter anstrebten (hier dürften daneben auch kulturelle Gründe eine Rolle gespielt haben - Priesterämter hatten traditionell hohes Sozialprestige). Im Endeffekt schwand die Steuerbasis weiter, und die Steuerlast fiel noch stärker auf ländliche Räume. Dies setzte dann letztendlich einen Teufelskreis in Gang: Weniger Geld zur Unterhaltung von Truppen -> Verlust weiterer Gebiete an die Germanen -> Weniger Geld zur Unterhaltung von Truppen u.s.w. Kein Wunder, dass die (weströmischen) Kaiser immer schwächer wurden..
Sehen wir das ganze mal andersrum: Was hält denn der "gemeine" linksrheinische Germane oder Gallier so um 400 - 450 vom römischen Reich:
  • Die lokale Selbstverwaltung und Finanzautonomie ist weitgehend abgeschafft, mit entsprechenden Folgen für Erstellung / Erhaltung von Infrastruktur,
  • Der Kaiser ist weit (Ostrom), und vermutlich nach der Zerstörung lokaler "heidnischer" Traditionen und Institutionen nicht sonderlich beliebt,
  • Das technische Wissen, Stolz und Symbol Roms (Straßenbau, Architektur, Wasserversorgung) ist weitgehend untergangen, und zwar durch Rom selbst, nicht durch die Barbaren,
  • Steuern sind hoch, aber Sicherheit gegen Barbareneinfälle ist nicht gewährleistet,
  • Landwirtschaftliche Märkte sind weitgehend zusammengebrochen, Lebensmittelhandel ins römische Zentrum ist durch die Preiskontrollen unattraktiv, der Geldwert sinkt ständig.
Und jetzt kommt irgendein Franken-/Goten-/Vandalenfürst. Ist zwar ein Barbare, aber die kennt man ja auch schon länger aus der Armee, und kulturell ist der bestimmt nicht fremder als ein aus Syrien an Rhein/ Rhone versetzter Präfekt. Dieser Barbarenfürst schafft wieder Sicherheit und Ordnung, akzeptiert lokale Traditionen und römisches Recht, läßt die Steuern in der Region, hat vielleicht sogar mit Preiskontrollen nichts am Hut und stärkt die lokale Selbstverwaltung. Wo ist das Problem ?
Und Konstantinopel ist immer noch weit ..


Wir "alten Säcke" haben es ja als Zeitzeugen teilweise selbst miterlebt, wie das Imperium der Sowjetunion und ihrer Satelliten unterging, schlicht und einfach weil das Ganze ihnen schlicht zu teuer wurde. Ganz ähnliche Gedanken äußerte ja auch Augustinus, der durchaus den bewaffneten Kampf für das Reich befürwortete, auf seine alten Tage erleben musste, wie die Vandalen Hippo Regius eroberten und der die Weltreiche mit Räuberbanden vergleicht. Ein kleineres sei das kleinere Übel und wofür muss ein Organismus Größe haben, wenn er an der eigenen Größe krank wird.

Alle Imperien haben ähnlich wie ein Individuum ihre Ihnen zugemessene Zeit, ihren Aufstieg und Niedergang. Das Ende des Imperiums fällt einigermaßen mit dem Ende der Antike zusammen. Es gab eines Tages keine Olympischen Spiele, keine platonische Akademie mehr, es übernahm das Christentum die Rolle eines Testamentsvollstreckers Roms, und veränderte die Welt auch Rom hat sich oft gewandelt. Dass Rom Coriolonus war nicht das von Cicero und Caesar. Dass Rom der Antonine hatte ein anderes gesicht, als das republikanische, ganz zu reden von dem Konstantins oder Justinians.

Es ist die Frage, war das Weströmische Reich ein dahin dämmerndes Gebilde, das nicht sterben konnte oder war es eine ideologische Größe, eine historische Legitimation samt universalem Herrschaftsanspruch, das gar nicht sterben durfte.

Arnold Toynbee spricht im Zusammenhang mit dem Byzantinischen Reich davon, dass es an seiner Erstarrung krankte, weil es einen fiktiven historischen Zustand sozusagen mumifizieren wollte. Im Westen tat Karl der Große fast das Gleiche wie kaiser Leo, indem er ein Heiliges Römisches Reich gründete, das von einem Franken regiert wurde, ähnlich wie zur Zeit Philippus Arabs von einem Orientalen.
Vielleicht war es die Integrationsfähigkeit Roms, dass es noch heute fasziniert. Es faszinierte selbst das bankrotte, entvölkerte, defunkte Rom noch seine Eroberer. Es wollten die Barbaren ja nicht die Stadt oder den orbis terrarum zerstören, sondern ein Teil davon werden.
 
Man könnte also sagen das Rom an seiner eigenen Größe zerfallen ist.
Am Ende hat der Osten nur für den Westen bezahlt.
Und als der Osten wegfiel konnte der arme Wesen nicht mehr überleben.
Danke!

Nein! Das römische Reich ist daran zerfallen, dass es immer nur Vehikel zur Bereicherung der (groß-)städtischen Oberschicht war, der das 'platte Land' egal war. Und irgendwann war dann dem 'platten Land' Rom egal.

Reich war ursprünglich eigentlich der Westen - die wichtigsten Minen lagen in Iberien (Silber), Britannien (Zinn) und in den Alpen. Leider ging die dortige Ausbeute nach ein paar Jahrhunderten in den Keller. Griechenland aber hatte seine Erzvorräte schon um die Zeitenwende ziemlich aufgebraucht.

Nachdem der Osten (Theodosius) den Westen dann militärisch, kulturell und technologisch plattgemacht hattte, wollte der Westen lieber ohne den Osten weiter leben, notfalls auch unter 'barbarischer' Führung. Sonst wäre der Widerstand gegen Justinians Rückeroberung nicht so massiv ausgefallen, wie er insbesondere in Italien war.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Römer haben sich,also nicht um ihr erobertes Land gekümmert sondern es nur ausgebeutet?
Kein Wunder das sich das Volk lieber Kleinfürsten unterwerfen,als einen fernen Kaiser in Rom.
 
Die Römer haben sich,also nicht um ihr erobertes Land gekümmert sondern es nur ausgebeutet?
Kein Wunder das sich das Volk lieber Kleinfürsten unterwerfen,als einen fernen Kaiser in Rom.

Na ja, als es noch genug zu verteilen gab (also Expansion und Bergbau noch gut liefen), ist schon auch was im eroberten Land angekommen. Da hatten die Legionäre ja auch noch richtiges Silber in der Tasche. Aber danach ..
 
Zuletzt bearbeitet:
So ich habe mich mal etwas reingelesen und ich bin zu den Schluss gekommen,dass der Osten nach der Teilung immer reicher wurde und der Osten immer ärmer da der Osten Seide und Gewürze zu bieten hatte und der Westen Felle als dan noch Afrika vom Westen abfiel hatte das Westreich kaum noch Einnahmen.
 
Die Provinzen profitierten allerdings auch durchaus von den Römern. Sie erhielten eine gute Infrastruktur, wie Straßen ,Wasserleitungen ,Bäder etc. und viele eroberte Völker, die zuvor noch in recht primitiver Verhältnissen lebten, machten dadurch einen enormen Zivilisationssprung.
 
Natürlich haben die Römer ihre Provinzen auch positiv geprägt jedoch haben sie für ihren Luxus hohe Abgaben verlangt,übrigens haben reiche Römer die in den Provinzen einen Gutshof haben besonders von den Luxus zu profitiert.
 
So ich habe mich mal etwas reingelesen und ich bin zu den Schluss gekommen,dass der Osten nach der Teilung immer reicher wurde und der Osten immer ärmer da der Osten Seide und Gewürze zu bieten hatte und der Westen Felle als dan noch Afrika vom Westen abfiel hatte das Westreich kaum noch Einnahmen.

Da verwechselst Du etwas. Seide und Gewürze wurden nicht in Ostrom produziert, sondern vom römischen Reich aus China/ Indien / Indonesien importiert (wie auch Weihrauch aus Jemen / Äthiopien, Lapis Lazuli aus Afghanistan etc.). Rom hatte ausser Fellen und Sklaven kaum etwas zu bieten, was die Lieferländer bzw. die persischen / arabischen Zwischenhändler interessierte. So kam es zu einem struktuirellen Handelsbilanzdefizit und konstantem Edelmetallabfluß.

Wenn wir von "Reichtum" sprechen, sollten wir zwischen Bevölkerung und Staatshaushalt unterscheiden. Natürlich litt der weströmische Haushalt unter jedem Verlust einer Provinz. Die Eroberung der Provinz Africa (heutiges Tunesien) durch die Vandalen war diesbezüglich besonders bitter, aber auch schon die Verluste Galliens und Iberiens (Silberminen!) hinterliessen ihre Spuren im Haushalt. Dies führte dazu, dass Westrom immer weniger Legionen unterhalten konnte und in zunehmendem Maß auf "Bundesgenossen", d.h. angesiedelte Germanen, zurückgreifen musste (die dann natürlich, als Belohnung für ihre Militärdienste, steuerbefreit wurden).

Dessenungeachtet war die Oberschicht in der Stadt Rom zumindest bis zu den Plünderungen der Goten extrem reich, und auch Africa scheint unter den Vandalen nicht unbedingt verarmt zu sein (eher im Gegenteil - ich vermute, dass so ziemlich die erste Maßnahme der Vandalen die Festsetzung kostendeckender Preise für Getreidelieferungen an Rom war.)

Warum es um den oströmischen Haushalt im 5. Jahrhundert besser bestellt war als um den weströmischen, ist nicht ganz klar. Ein Faktor ist sicher der langwährende Frieden mit den Sassaniden im Osten, so dass die Belastung durch Militärausgaben in Grenzen blieb. Auch hat es Ostrom ja relativ gut geschafft, eindringende Germanen (Goten, Langobarden) nach Westen 'durchzuleiten'. Die generell stärkere Verstädterung im Osten könnte mehr Marktproduktion gefördert haben, so dass die Steuerlast als weniger drückend empfunden wurde. Schließlich dürfte Ostrom auch wirtschaftlich vom Frieden mit den Sassaniden profitiert haben - wöhrend im Westen also überregionale Märkte zerfielen, bildeten sich neue im Osten.
 
Was Du hier nennst, sind eher Ursachen. Die Gründe liegen viel tiefer, und setzen zeitlich schon ab dem 3. Jahrhundert ein:

Du beschreibt eine Reihe interessanter Ereignisse, und verbindest sie mit Thesen zur römischen Wirtschaftsgeschichte, insgesamt ein geschlossenes Bild. Mich würde einmal die verwendete Literatur dazu interessieren.

Das Bild würde ich nicht einheitlich als Niedergang nach der Krise des 3. Jahrhunderts beschreiben; immerhin setzte - unterschiedlich in den Regionen in der Ausprägung - eine Erholung ein, die auch die Geldwirtschaft umfasste. Dafür hat es Gründe gegeben, und dafür muss die "Substanz" zunächst ausreichend gewesen sein.

Damit ist das entscheidende Stichwort angesprochen: Mit der Frage Wirkung oder Folgen der Invasionen ist es ebenfalls schwierig: ein Teil des Niederganges wird den Verheerungen zuzurechnen sein, die auch wirtschaftlich geordnete Regionen des Imperiums betrafen (so zB Spanien, wo - am Rande bemerkt - die ältere These Rostovtzeffs zur Erschöpfung der Bergwerke nicht unumstritten ist). Neben der Schwächung der Wirtschaft brachten die Einfälle wiederum erhöhten Geldbedarf mit sich: ein Teufelskreis. Ursache und Wirkung ist hier doch schwer zu trennen. Andererseits fanden sich auch in den nicht betroffenen Provinzen typische Krisenmomente, was aber auch auf den Warenaustausch zurückzuführen sein kann. Stadtfluchten wie abwechslende Landfluchten sind jedenfalls ein Indiz dafür, dass wechselnd nach erträglichen Lebensbedingungen gesucht wurde, und sich das System in Unordnung befand.

Über die Besteuerung gerade im weströmischen Bereich bestehen mE erhebliche Unsicherheiten. Hier würde mich ein erhärtender Literatur-Hinweis auf die Städte und die Christen-Thematik interessieren. Ebenso umstritten sind die älteren Schilderungen zu den Ausmaßen der Inflation.

Für das insgesamt uneinheitliche Bild beziehe ich mich auf die Darstellungen bei DeMartino.

P.S. die These vom "Zuschusssystem" würde ich auch nur mit ganz spitzen Fingern anfassen. Es gibt dazu keine verläßlichen Gesamtrechnungen, nicht einmal rudimentäre Vorstellungen.
 
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