Du bist ja nun nicht der erste, der mit dem Bergiff peinlich in Bezug auf Umbenennungen operiert. Aber was genau ist denn an solchen Ortsumbenennungen peinlich? Dass man zu lange damit gewartet hat? (Sorry, konnte ich mir nicht verkneifen.)
Peinlich - soweit dieses Wort hier überhaupt passen sollte - wäre es in meinen Augen, da mit solchen Umbenennungen gezeigt wird, dass "unsere" Sichtweise die (evtl.) einzig richtige ist und die Leute, die die Orte oder Straßen damals benannt haben offenbar Deppen waren (ich drücke das jetzt mal absichtlich etwas übertrieben aus).
Nun fordern wir/die Historiker ja sonst auch immer gebetsmühlenartig, dass man geschichtliche Ereignisse und Zusammenhänge nicht unbedingt nur nach dem eigenen Wertesystem beurteilen darf, sondern aus ihrer Zeit heraus. Die ursprünglichen Benennungen sind also selbst historische Zeugnisse, die man meiner Meinung nach grundsätzlich so akzeptieren sollte wie sie sind. Grundsätzlich bedeutet in diesem Zusammenhang allerdings, dass dies nicht für besonders krasse Fälle gilt (z. B. "Adolf-Hitler-Straße" "Carl-Peters-Weg" oder was man sich da sonst noch so vorstellen kann). In welchen Fällen dieses Maß an "Krassheit" erreicht ist, darüber lässt sich natürlich trefflich streiten.
"Peinlich" wird es halt dann, wenn Straßennamen in immer kürzeren Abständen geändert werden müssten, weil sich auch das Wertesystem - zumindest gefühlt - immer rasanter verändert. Wer heute die Meinungsführerschaft oder auch die Lufthoheit über den Stammtischen :devil: hat, kann morgen schon der größte Trottel sein.
Aber zurück zum Tirpitz. Natürlich war der ein Nationalist von einer Sorte, wie sie heutzutage hier nicht gerne gesehen sind, um es mal vorsichtig auszudrücken. Aber er war auch ein Kind seiner Zeit, in der Nationalismus nicht nur in Deutschland en vogue war und in der es z. B. als wissenschaftlich "erwiesen" galt, dass "der Neger" gegenüber dem "Weißen" minderwertig war. Frankreich war darüber hinaus der Erbfeind und England war sowieso immer gegen Deutschland. Da könnte man noch viele andere "Tatsachen" anbringen, die im Deutschen Reich als in weiten Kreisen geteilte Ansichten angesehen werden können.
Ich bin nun kein Tirpitz-Experte, aber wenn man die Umbenennung des Hafens prüfen sollte, dann müsste man sich halt ansehen, inwieweit Tirpitz in einem nationalistischen Umfeld noch nationalistischer war als die anderen und welche Äußerungen er so getätigt hat bzw. welche Forderungen er aufgestellt hat.
Viele Grüße
Bernd