JetLeechan
Aktives Mitglied
Liebes Forum,
eine brisante Frage zu den Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts brennt mir schon seit geraumer Zeit unter den Fingernägeln, bisher habe ich sie nicht gestellt, doch nach einiger Auseinandersetzung mit dem Thema möchte ich sie nun doch diskutieren.
Die Dämonisierung von Diktatoren ist allgegenwärtig, insbesondere Hitler wird des öfteren als größtes Monster aller Zeiten angesehen und ein ganzes Heer von Wissenschaftlern und Laien hat sich daran gemacht die Person Hitler in seiner Bösartigkeit zu erforschen. Dabei wird ihm von schlechten Zähnen über Homosexualität bis hin zur extremen Liebe zu seiner Hündin alles mögliche unterstellt.
Bei der Auseinandersetzung mit Hitler fällt mir oft auf, dass rechts wie links diese Dämonisierung gleichermaßen betrieben wird. Während es linken meist um die Diffamierung des Dritten Reichs, Nationalsozialismus oder Faschismus geht, wollen Rechte das "Deutsche Reich" frei von Schuld sehen und behaupten, Hitler sei haupt-verantwortlich und der sei ja eigentlich gar kein Deutscher oder "nur ein fehlgeleiteter Irrer". Auch in der breiten Bevölkerung scheint das "Hitlertum" als das uneingeschränkt Böse und in den historischen Instituten dieses Landes kann das Abweichen von einem bestimmten Hitlerbild zur Isolation des betreffenden Lehrenden oder Studenten führen.
Nun frage ich mich aber, war Hitler nicht eigentlich auch "nur" ein Mensch? Ein armer, gefährlicher Irrer mit massiven Minderwertigkeitskomplexen die sich abwechselten mit Größenwahn, aber letztlich nicht doch nur ein Mensch? Hat Hitler jemals persönlich jemanden umgebracht? Hat Hitler jemals einen "Holocaust-Befehl" gegeben? Ich wurde bisher nicht fündig.
Wie Hitler "tickte" lässt sich anhand seiner Schriebe und seiner Biographie gut nachvollziehen, ein sympathischer Mensch war er sicherlich nicht. Aber ist er wirklich das Monster als das er dargestellt wird? Wie sieht es mit Stalin aus? Seinerseits liegen Befehle zur Massenvernichtung bestimmter Personengruppen zwar vor, aber hat er auch persönlich Menschen getötet oder verletzt? Wie sieht es mit Mao usw. aus?
Meinem Gefühl nach dient die Dämonisierung Hitlers und anderer Diktatoren zweier Ziele.
Zum Einen ist sie ein Mittel allen Hass zu bündeln und sich selbst und seine Ahnen von jeglicher Verantwortung frei zu sprechen. Die Deutschen wussten nichts vom Holocaust, die Gasanlagen-Bauer wussten nichts von den Vernichtungsplänen, der Rüstungsindustrie wusste nichts von Massenerschießungen, aber selbst wenn, es war doch gefährlich nicht "mitzumachen", Hitler, das Monster, ist Schuld. Niemand wusste von den Massentötungen des NKDW, Hungersnöte in der Ukraine und im sonstigen Westen des Reiches, Deportation und Zwangsarbeit für ungeliebte Ethnien oder politische Gegner, das war alles Stalin, das Monster.
Doch ohne Mitarbeit, Einverständnis und "Motivation" anderer Beteiligter wären doch niemals solche Verbrechen zustande gekommen. Wer hat abgedrückt? Wer hat den Schalter umgelegt? Wer hat seine Unterschrift unter die Befehle gesetzt? Wer hat verraten, verfolgt und ausgehorcht? Nur Hitler und Stalin? Nur ihre engsten Vertrauten? Nur Nazis und Stalinisten? Nein, viele haben ihren Beitrag geleistet.
Und das setzt meine zweite Erklärung an. Man würde gerne den Menschen vom Monster trennen. Je böser der Diktator desto besser können wir unser Menschenbild vom "normalen, irgendwie nicht perfekten aber dennoch guten Menschen" aufrecht erhalten. Aber so einfach ist es nicht. Es waren "Normalos", die abdrückten, Hebel umlegten, Unterschriften erstellten und ihre Nachbarn, Mitarbeiter und Bekannten aushorchten, verfolgten und verrieten. Auch die Dämonisierung eines "deutschen Volkes" oder "des Kommunisten" sehe ich vor dem Hintergrund das "eigene Volk", die eigene Ethnie und Weltanschauung rein zu halten. Ohne weitreichende Kollaboration in den besetzten Gebieten wäre kein solch umfassender Völkermord möglich gewesen. Genauso wenig wie Massaker an Polen, Massenvernichtung von Ukrainern oder Deportation in der Sowjetunion.
Mein Fazit daraus ist, das Böse schlummert in jedem Einzelnen und das einzige Mittel dagegen ist die ständige Aufklärung und Auseinandersetzung. Hitler, Stalin und ihre Kader als das Böse schlechthin darzustellen ist meines Erachtens kontraproduktiv.
Wie dem auch sei. Meine Frage ist, seht ihr das anders oder ähnlich? Wie "böse" waren die "schlimmsten Verbrecher aller Zeiten" konkret?
Falls das der Moderation zu sehr politisch und/oder psychologisch werden sollte möchte ich zumindest der Frage nachgegangen wissen, welche Taten konkret genannten Diktatoren angelastet werden können. Ich möchte anmerken das ich mich keinen politischen Lagern zugehörig fühle und vollkommen offen bin für "Input". Meine einzige Prämisse ist sozusagen der Verdacht, dass "Böse" ein allgegenwärtiges Phänomen ist das uns ALLE betrifft.
Viele Dank und viele Grüße
JetLeechan
eine brisante Frage zu den Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts brennt mir schon seit geraumer Zeit unter den Fingernägeln, bisher habe ich sie nicht gestellt, doch nach einiger Auseinandersetzung mit dem Thema möchte ich sie nun doch diskutieren.
Die Dämonisierung von Diktatoren ist allgegenwärtig, insbesondere Hitler wird des öfteren als größtes Monster aller Zeiten angesehen und ein ganzes Heer von Wissenschaftlern und Laien hat sich daran gemacht die Person Hitler in seiner Bösartigkeit zu erforschen. Dabei wird ihm von schlechten Zähnen über Homosexualität bis hin zur extremen Liebe zu seiner Hündin alles mögliche unterstellt.
Bei der Auseinandersetzung mit Hitler fällt mir oft auf, dass rechts wie links diese Dämonisierung gleichermaßen betrieben wird. Während es linken meist um die Diffamierung des Dritten Reichs, Nationalsozialismus oder Faschismus geht, wollen Rechte das "Deutsche Reich" frei von Schuld sehen und behaupten, Hitler sei haupt-verantwortlich und der sei ja eigentlich gar kein Deutscher oder "nur ein fehlgeleiteter Irrer". Auch in der breiten Bevölkerung scheint das "Hitlertum" als das uneingeschränkt Böse und in den historischen Instituten dieses Landes kann das Abweichen von einem bestimmten Hitlerbild zur Isolation des betreffenden Lehrenden oder Studenten führen.
Nun frage ich mich aber, war Hitler nicht eigentlich auch "nur" ein Mensch? Ein armer, gefährlicher Irrer mit massiven Minderwertigkeitskomplexen die sich abwechselten mit Größenwahn, aber letztlich nicht doch nur ein Mensch? Hat Hitler jemals persönlich jemanden umgebracht? Hat Hitler jemals einen "Holocaust-Befehl" gegeben? Ich wurde bisher nicht fündig.
Wie Hitler "tickte" lässt sich anhand seiner Schriebe und seiner Biographie gut nachvollziehen, ein sympathischer Mensch war er sicherlich nicht. Aber ist er wirklich das Monster als das er dargestellt wird? Wie sieht es mit Stalin aus? Seinerseits liegen Befehle zur Massenvernichtung bestimmter Personengruppen zwar vor, aber hat er auch persönlich Menschen getötet oder verletzt? Wie sieht es mit Mao usw. aus?
Meinem Gefühl nach dient die Dämonisierung Hitlers und anderer Diktatoren zweier Ziele.
Zum Einen ist sie ein Mittel allen Hass zu bündeln und sich selbst und seine Ahnen von jeglicher Verantwortung frei zu sprechen. Die Deutschen wussten nichts vom Holocaust, die Gasanlagen-Bauer wussten nichts von den Vernichtungsplänen, der Rüstungsindustrie wusste nichts von Massenerschießungen, aber selbst wenn, es war doch gefährlich nicht "mitzumachen", Hitler, das Monster, ist Schuld. Niemand wusste von den Massentötungen des NKDW, Hungersnöte in der Ukraine und im sonstigen Westen des Reiches, Deportation und Zwangsarbeit für ungeliebte Ethnien oder politische Gegner, das war alles Stalin, das Monster.
Doch ohne Mitarbeit, Einverständnis und "Motivation" anderer Beteiligter wären doch niemals solche Verbrechen zustande gekommen. Wer hat abgedrückt? Wer hat den Schalter umgelegt? Wer hat seine Unterschrift unter die Befehle gesetzt? Wer hat verraten, verfolgt und ausgehorcht? Nur Hitler und Stalin? Nur ihre engsten Vertrauten? Nur Nazis und Stalinisten? Nein, viele haben ihren Beitrag geleistet.
Und das setzt meine zweite Erklärung an. Man würde gerne den Menschen vom Monster trennen. Je böser der Diktator desto besser können wir unser Menschenbild vom "normalen, irgendwie nicht perfekten aber dennoch guten Menschen" aufrecht erhalten. Aber so einfach ist es nicht. Es waren "Normalos", die abdrückten, Hebel umlegten, Unterschriften erstellten und ihre Nachbarn, Mitarbeiter und Bekannten aushorchten, verfolgten und verrieten. Auch die Dämonisierung eines "deutschen Volkes" oder "des Kommunisten" sehe ich vor dem Hintergrund das "eigene Volk", die eigene Ethnie und Weltanschauung rein zu halten. Ohne weitreichende Kollaboration in den besetzten Gebieten wäre kein solch umfassender Völkermord möglich gewesen. Genauso wenig wie Massaker an Polen, Massenvernichtung von Ukrainern oder Deportation in der Sowjetunion.
Mein Fazit daraus ist, das Böse schlummert in jedem Einzelnen und das einzige Mittel dagegen ist die ständige Aufklärung und Auseinandersetzung. Hitler, Stalin und ihre Kader als das Böse schlechthin darzustellen ist meines Erachtens kontraproduktiv.
Wie dem auch sei. Meine Frage ist, seht ihr das anders oder ähnlich? Wie "böse" waren die "schlimmsten Verbrecher aller Zeiten" konkret?
Falls das der Moderation zu sehr politisch und/oder psychologisch werden sollte möchte ich zumindest der Frage nachgegangen wissen, welche Taten konkret genannten Diktatoren angelastet werden können. Ich möchte anmerken das ich mich keinen politischen Lagern zugehörig fühle und vollkommen offen bin für "Input". Meine einzige Prämisse ist sozusagen der Verdacht, dass "Böse" ein allgegenwärtiges Phänomen ist das uns ALLE betrifft.
Viele Dank und viele Grüße
JetLeechan