Der Schiffskatalog des zweiten Gesangs der Ilias: Authentisch?

Ich will mal ein Vergleichsbeispiel aus dem Mittelalter nehmen, den Cid-Epos, der Cid ist eine historische Figur *~1040 +1099, knapp 100 Jahre später gibt es den Cid-Epos (sicher 1208, debattiert, ob älter; einige halten aufgrund einer Formulierung im Poema de Almería* von 1147 das Jahr 1147 als terminus ante quem, also Zeitpunkt, vor dem der Cid-Epos entstanden sein muss.)
Der historische Cid hatte sicher zwei Töcher und vermutlich auch einen Sohn (das ist ungesichert, es gibt eine Art Todesmeldung eines gewissen Diego Ruiz, der möglicherweise der Sohn des Cid (Ruy Díaz) war: Das Problem ist dabei, dass weder der Name Diego noch der Name Ruy/Rodrigo selten war und daher auch die patronymischen Ableitungen nicht selten waren).
Der Cid des Epos hat zwei Töchter, nämlich Elvira und Sol (die historischen Namen dagegen María und Cristina). Im Zweiten der drei Cantares (Gesänge), dem Cantar de Bodas (Hochzeitsgesang), gelingt es den intriganten Condes de Carrión (Grafen von Carrión) König Alfons zu überreden, den Cid davon zu überzeugen, ihnen seine Töchter zur Frau zu geben. Der Cid willigt ungern (dies aber verschweigend) ein. Die Condes de Carrión begleiten ihn also nach Valencia, haben dort die Gelegenheit, ihren Mut zu beweisen - was sie nicht können, was dem Cid aber verschwiegen wird, man möchte ihm nicht zumuten, Feiglinge als Schwiegersöhne zu haben. Irgendwann - im dritten Cantar - kehren die Condes, inzwischen verheiratet mit den Töchtern des Cid, nach Hause zurück. Bei der Abreise werden sie reich beschenkt. Obwohl diese Episode gänzlich unhistorisch ist, ist sie interessanterweise so ausgestaltet, dass wir heute per Google Maps ihrer Reiseroute folgen können, bis zu dem Ort, wo die Condes der Gefolgschaft die Anweisung geben, weiterzureiten, sie wollten mit den Ehefrauen eine Rast einlegen bis zu dem Punkt, wo sie ihre Frauen vergewaltigen und misshandeln und zum Sterben zurücklassen. Letztlich ist es das Glück der Frauen, dass Avengalbon, der im Epos als moro latinado also als ein des Spanischen mächtiger Araber bezeichnet wird, ein Gespräch zwischen den Brüdern mitbekommt und ahnt, dass die beiden Frauen über kurz oder lang Probleme bekommen werden. Er rettet ihnen das Leben.

Valençia = Valencia
Santa Maria d'Alvarrazin = Santa María de Albarracín
Molina = Molina de Aragón
los montes | los que dizen de Luzon = Luzón
Arbuxuelo = Arbujuelo
Überquerung des Salon = Jalón
Anssarera = ????
links liegen lassen von Atienza (a ssiniestro dexan Atienza) = Atienza
Sierra de Miedes/Montes Claros = Miedes de Antienza
links liegen lassen von Griza (a ssiniestro dexan Griza) = Tiermes
Rechter Hand San Esteban (a diestro dexan a Sant Estevan) = Santibáñez de Ayllón
hinein in den Eichenwald von Corpes (entrados son los ifantes | al robredo de Corpes)

Marschroute der Condes de Carrión mit den Töchtern des Cid von Valencia zum Robredo de Corpes auf Google Maps.

Obwohl wir also hier vor einer fiktiven mittelalterlichen Erzählung stehen, können wir den Weg, den die Figuren hier genommen haben, in der Realität nachwandern!



*Um einen Querverweis zum Thema zu schlagen: Mio Cid und Alvar Háñez werden mit Helden aus dem Trojakreis verglichen, allerdings nicht nach Homer sondern nach Ovid.
 
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Hallo es ist ein riesen Unterschied Trier und London mit den antiken Mittelemeerraum, diese Sage entstand unmittelbar nach diesen Krieg und nicht auf einmal von total Fremden Kulturen nach tausenden von Jahren sie ziehen einiges ins lächerliche. Man kann behaupten dass der Schiffskatalog Homers aus Quellen der Städte die sich im Krieg beteiligten entstanden ist. Es kann nicht sein das Ägypter und hethiter in dieser Zeit Schlachten und Friedensverträge, Machtverhältnisse etc auch schriftlich festhalten und sonst keiner
"Unmittelbar" ist arg relativ. Zwischen dem Trojanischen Krieg und der Entstehung der Ilias lagen mindestens vierhundert Jahre.

Und was Deinen bedingungslosen Glauben an die Existenz von schriftlichen Fixierungen anbelangt: Wenn in den "Dunklen Jahrhunderten" Griechenlands so viel schriftlich fixiert worden wäre, dann doch sicherlich auch Königslisten, wie es z. B. auch in Ägypten der Fall war. Aber dennoch waren die antiken Historiker nicht einmal in der Lage, eine zuverlässige Liste der spartanischen Könige für die Zeit vor dem 7. Jhdt. zu erstellen. (Z. B. soll Lykurgos, der Gesetzgeber, über dessen Datierung übrigens schon in der Antike nicht einmal ansatzweise Einigkeit bestand, nach manchen Autoren selbst König aus dem Haus der Eurypontiden gewesen sein, nach anderen nicht. Manche erwähnen einen Agiadenkönig Menelaos, andere nicht.)

die Mykener hatten schließlich auch eine Schrift
Ja, die hatten sie, und zwar Linear B. Allerdings kam es mit dem Untergang der mykenischen Kultur außer Gebrauch, und im 9. Jhdt. kam dann das griechische Alphabet auf.
Also selbst wenn Homer nach Mykene gereist wäre und im dortigen Palastarchiv den originalen von Agamemnon handsignierten Schiffskatalog und das von ihm persönlich diktierte Kriegstagebuch gefunden hätte, hätte er diese Dokumente nicht entziffern können - und das mal unabhängig von der Frage, ob er das altertümliche mykenische Griechisch überhaupt noch verstanden hätte.
Um es allgemeiner zu formulieren: Auch falls die Griechen des 8. Jhdts. v. Chr. noch Zugriff auf mykenische Dokumente, z. B. ein Verzeichnis der damals existierenden Städte, hatten, konnten sie damit nichts mehr anfangen.
 
@Ravenik

es ist nicht arg relativ, mit unmittelbar meine ich sofort nach diesen Ereigniss, so blieb dieser Krieg im gedächtniss der Menschen, 400 Jahre später wurde er einfach auch schriftlich festgehalten. Vielleicht ist er auch auf der mykenischen Schrift, die sogenannte Linear B Schrift auch erhalten, wo wollen Sie das wissen? Ja die Lage der antiken Historiker, wie peinlich die doch waren... Es hat immer verschiedene Versionen zu vergangenen Ereignissen gegeben, auch heutzutage kommt es vor, das liegt an den Einzelnen Menschen die Wahrheit rauszufiltern und zusammen zu puzzeln manchmal.
Wenn im 8. Jahrhundert keiner unter den Griechen was mit der alten Schrift anfangen konnte lassen wir mal so liegen, es kann sein, vielleicht aber auch nicht. Homer brauchte nichts zu entziffern, die Geschichte kam von professionellen Poeten durch die Jahrhunderte, auch die Schlacht der Ägypter und Hethiter wurde von den Ägyptern poetisch schriftlich festgehalten, mit Göttern übermenschlichen Kräften, den Pharao als großen Heros etc. obwohl dass heutzutage als eine Schlacht angesehen wird die stattgefunden hat und ich frage wieso dann nicht der Krieg um Troja der fast 100 Jahre später stattfand?
-Was die Dorer angeht ja es stimmt die werden bei Homer erwähnt, das konnte passen mit der Theorie mancher Historiker die die Dorer als immer einheimisch ansahen.
-Wenn der Trojanische Krieg um 1184 v.Chr. stattfand dann ist es mit den eisernen Waffen doch gut möglich gewesen.

@hjwien

Das zeigt dass die Überlieferung durch die Rapsodiesänger seit dieses Ereigniss stattfand ununterbrochen bis zu den Zeiten Homers gewesen ist. Aber das war nicht so dass da jede Stadt reinkam die nichts mit den Krieg zu tun hatte nur weil ein Rapsodiesänger den einheimischen König schmeicheln wollte. Mir fällt spontan Dodona ein das im 8. Jahrhundert und vorher in den dunklen Jahrhunderten keine verbindenungen zum übrigen Griechenland hatte und auch sonst keine große Rolle spielte, oder auch andere Städte die einfahc keine große Rolle spielten in den Folgejahren nach den Troja Krieg und auch in Homers Zeiten nicht und trozdem im Schiffskatalog zu finden sind.
Das ist aber was anderes, Pergamon steht trozdem nicht im Schiffskatalog mit drin.Wir reden hier von Ilias und der geometrischen Zeit bzw der mykenischen Zeit.Die Menschne hatten auch in der Antike Herkunfts und Geschichts Kenntnisse. Das war auf keine Fall so dass jede Stadt sich reinschreiben ließ, auf keine Fall zu groß ist die Anzahl der Städte die in geometrischer und vorgeometrischer Zeit unbedeutend waren die im Schiffskatalog stehen. Wieso steht nicht Smyrna im Schiffskatalog oder Milet etc.? Städte Ioniens die in vor geometrischer und geometrischer Zeit eine massive Rolle spielten. Es steht nichtmal die heimat des Homers drin. Es sind nur Städte zu finden die auch wirklich in der Zeit existierten und da viele dieser Poleis oder Regionen in Homers Zeiten keine wichtige Rolle spielten schließe ich das aus dass der Schiffskatalog nach Schmeichel oder politischen Kriterien erstellt wurde und behaupte er hat sein Kern in einer historischen Tatsache.
 
Ilias ist Literatur, eine Literatur die historische Ereignisse beschreibt mit vielen nicht logischen bzw. übermenschlichen Elementen wie damals die Literatur gewesen ist bei allen Völkern, siehe zum Beispiel die ägyptische Überlieferung 100 Jahre vor das mutmaßliche Datum des trojanischen Krieges einer Schlacht gegen die Hethiter.
Ich respektiere eure Meinung und lass mir persönlich Freiraum das auch als Wahrheit anzunehmen aber das macht dann irgendwo doch nicht Sinn bei mir wenn ich eure Meinung aufs Wort adoptiere und mein Zweifel nachgehe und suche. Es ist gut möglich das die Wahrheit irgendwo dazwischen liegt.
 
Zuletzt bearbeitet:
@hjwien

Das zeigt dass die Überlieferung durch die Rapsodiesänger seit dieses Ereigniss stattfand ununterbrochen bis zu den Zeiten Homers gewesen ist.

Nein, es zeigt nur, daß die Rhapsoden im 8 Jh. sich des Themas annahmen. Ob es solche aber im 11 oder 10. Jh. gab, wissen wir doch gar nicht.



Aber das war nicht so dass da jede Stadt reinkam die nichts mit den Krieg zu tun hatte nur weil ein Rapsodiesänger den einheimischen König schmeicheln wollte. Mir fällt spontan Dodona ein das im 8. Jahrhundert und vorher in den dunklen Jahrhunderten keine verbindenungen zum übrigen Griechenland hatte und auch sonst keine große Rolle spielte, oder auch andere Städte die einfahc keine große Rolle spielten in den Folgejahren nach den Troja Krieg und auch in Homers Zeiten nicht und trozdem im Schiffskatalog zu finden sind.

Das ist ja das Problematische an den dunklen Jahrhunderten. Hätten wir überall eine reiche Fundsituation und nur in Dodona nicht, könnte man sagen, der Kontakt war nicht da. Aber so ist das schwerlich festzustellen. Wie will man denn festlegen, was "eine große Rolle" war in den dark ages.

Das ist aber was anderes, Pergamon steht trozdem nicht im Schiffskatalog mit drin.

Wie auch, wir hören das erste Mal etwas von Pergamon im 4. Jh.

Wir reden hier von Ilias und der geometrischen Zeit bzw der mykenischen Zeit.Die Menschne hatten auch in der Antike Herkunfts und Geschichts Kenntnisse. Das war auf keine Fall so dass jede Stadt sich reinschreiben ließ, auf keine Fall zu groß ist die Anzahl der Städte die in geometrischer und vorgeometrischer Zeit unbedeutend waren die im Schiffskatalog stehen.

Siehe oben. Die Bedeutung der Städte ist ein schwieriges Thema. Für die Leute, die da wohnten, werden sie bedeutend genug gewesen sein.

Wieso steht nicht Smyrna im Schiffskatalog oder Milet etc.? Städte Ioniens die in vor geometrischer und geometrischer Zeit eine massive Rolle spielten. Es steht nichtmal die heimat des Homers drin.

Weil die Kleinasiaten im Troerkatalog aufgeführt sind, Milet 2, 868. Das mit der Heimat Homers ist tragisch, weil wir ja deswegen bis heute nicht wissen, wo er herkommt.


Es sind nur Städte zu finden die auch wirklich in der Zeit existierten und da viele dieser Poleis oder Regionen in Homers Zeiten keine wichtige Rolle spielten schließe ich das aus dass der Schiffskatalog nach Schmeichel oder politischen Kriterien erstellt wurde und behaupte er hat sein Kern in einer historischen Tatsache.

Und wo ist Theben?
 
@hjwien wir wissen das auf jeden Fall Rapsoden vor den 8. Jahrhundert existierten und die Geschehenisse und die Erinnerung rund um den trojanischen Krieg auf diese Weisse bis diesen Zeitpunkt überlebt haben.
-Im Fall Dodona wissen wir dass es auch in den Zeiten Homers und auch vorher kein Kontakt zum übrigen Griechenland hatte, der Kontakt abgebrochen war seit der mykenischen Zeit, also ist es nicht gültig dass es durch politischen Einfluss oder durch Schmeichelei im Schiffskatalog erwähnt wird sowie auch andere Städte die in der mykenischen Zeit stark waren aber in der Zeit Homers und unmittelbar vorher im Vergelich zu anderen Städten die nicht im Schiffskatalog erwähnt werden eine kleine Nummer.
- Pergamon existierte aber immer vorher als eine Ortschaft. Wenn es wirklich um Schmeichelei etc ging konnten die ein Auge zu drücken und es so einfach wäre. Wobei laut ein Mythos Telephos im trojanischen Krieg nicht teilnahm und Pergamon gegründet hat, wenn der Mythos erst im 4. Jahrhundert entstanden ist dann ist es natürlich sehr verdächtigt , aber wenn die Sage schon lange bevor existierte als Pergamon noch eine kleine phrygische oder lydische Ortschaft gewesen ist dann ist es was anderes.
-Wie wären sie bedeutend genug gewesen sein wenn manche von diesen Städten in der geometrischen Zeit nicht existierten und eine gute Zahl von den im Vergleich zu anderen Städten der Zeit die nicht im Katalog erwähnt werden eher unwichtig politisch etc. gewesen sind.
-Das Städte wie Theben nicht dabei sind zeigt doch das der Schiffskatalog nicht unter Schmeichel und politischen Einflüssen entstanden ist, versuch ich doch die ganze Zeit zu erklären. Eine Stadt die sehr einflussreich in mykenischer und auch der Zeit Homers gewesen ist aber nicht erwähnt wird. Obwohl laut der Überlieferung der König von theben Thresandros Agamemnon und die Mykener unterstützte, nachdem die aber anstatt in der Troas in Mysien landeten und Thresandros durch Telephos der in Mysien der Zeit lebte getötet wurde. Vergil und Hyginus die Jahrhunderte später lebten erzählen die Geschichte anders und meinen Thresandros der König von theben sei im Doureios Ippos (trojanisches Pferd) drin gewesen, aber die lass ich mal aussen stehen den die haben eher in der Spätantike gelebt.
 
wir wissen das auf jeden Fall Rapsoden vor den 8. Jahrhundert existierten und die Geschehenisse und die Erinnerung rund um den trojanischen Krieg auf diese Weisse bis diesen Zeitpunkt überlebt haben.
Und woher weißt Du das?

Homer brauchte nichts zu entziffern, die Geschichte kam von professionellen Poeten durch die Jahrhunderte
Und Du glaubst ernsthaft, dass der Schiffskatalog mindestens vierhundert Jahre lang fehlerfrei mündlich weitergegeben wurde?
 
Ich weiß es nicht, aber nach Joachim Latacz steht Homer am Ende einer langen Tradition mündlicher Sangesdichtung, die sich aufgrund sprachlicher Kriterien in der Ilias bis in die mykenische Zeit zurückverfolgen lassen. Gleiches gilt für die Troia-Geschichte, die ebenfalls deutlich älter als Homer sein soll. Einzelne Verse sollen dabei auf einen sprachlichen Ursprung im 15. Jh. v. Chr. zurückgehen.
Und die Wiedergabe von Versen soll über das Versmaß des Hexameter auch über lange Zeiträume möglich gewesen sein.

Die Argumente von Latacz über den Schiffskatalog fasse ich im Laufe des Tages mal zusammen (war gewünscht worden).
 
@Ravenik

siehe tela

ausserdem war auch in unserer Zeit bekannt dass es Rapsoden gab die nicht nur den Zeitraum der Ilias von Homer wiedergeben konnten sondern den ganzen Troja Krieg wenn ich mich nicht irre, vor und nach Homer.
Ja mit den Hexameter und den Reimen ist es gut möglich, es gibt auch heutzutage genug Poesie oder Volkslieder die über Geschehenisse bis ins frühe Mittelalter berichten und durch ähnliche Methoden unverändert geblieben sind.
 
Nehmen wir mal, die ganze Sage sei insgesamt reine Fiktion.

Dann haben wir einige Probleme geloest, stehen aber vor neuen:

1. ) Warum deckt der Schiffkatalog nur den mykenischen Kulturbereich ab, nicht aber den zeitgenoessischen zur Zeit Homers ?
2.) Warum werden Gegenstaende benannt, die zur Zeit Homers weitgehend ausser Mode gekommen sind ( z.B. Eberzahnhelm, Streitwagen) ?
3.) Warum weisst das Versmass auf ein Digammen hin, welches zur Zeit Homers nicht mehr gesprochen wurde ?
4.) Warum werden Ortsnamen genannt von Orten weche zur Zeit Homers nicht mehr besiedelt waren ?

Die Liste liesse sich vermutlich noch verlaengern.

Die Anwort kann nur lauten, dass Homer hier bewusst archaeisiert hat, was von Kritikern ja auch gerne vorgebracht wird.
Eine Archaeisierung macht aber nur Sinn wenn Homer und seine Zeitgenossen zumindest noch eine rudimentaere Vorstellung von der Vozeit hatten.
Und aus welchen Quellen koennen sich diese Vorstellungen gespeist haben ?
Da die Schriftlichkeit verloren gegegangen war, bleibt eigentlich nur der in Liedern tradierte (Helden-) Mythos.
Und hier schliesst sich dann der Kreis.

Natuerlich hat Homer kein "Geschichtsbuch" als Vorlage gehabt: er musste, ebenso wie seine Nachfahren, aus dem schoepfen, was vorhanden war: Dem Heldemmythos.

Und in wie weit ist dieser dann authentisch ?
Ich meine, dass die Spatenforschung und Philologie bewiesen haben, dass Kontext der Dichtung zur mykenischen Welt stimmig passt.

Und in diesem Zusammenhang kann man den Schiffkatalog auch als authentisch betrachten. Als historisches Dokument, da gebe ich meinen Misdiskutanten recht, taugt er weniger.
 
In welche Zeit "datierst" du denn die Ilias? Das ist auch so eine Frage... also sind die dort genannten Städte in die Zeit des Trojanischen Krieges einzuordnen oder eher das, was Homer sich so dachte, der immerhin "ein bisschen" später gelebt haben dürfte, wo die Situation ja ganz anders war. Es kann natürlich auch sein, dass die Städte, die dort genannt sind, mündlich überliefert wurden durch Legenden, Erzählungen und was weiß ich...

Jedenfalls ist es schwierig, zu prüfen, ob es die Städte wirklich gab, weil nicht ganz klar ist, WANN es die gegeben haben soll.

Dass Homer archaisiert hat, ist auch eine Theorie, klar. Aber wie sehr? Es gibt ja auch Meinungen, dass er "nur" ca. 100 Jahre zurückgeht, "ein bisschen" auf alt macht aber nicht wirklich direkt bis 1200 v.Chr. zurückgreift... Das Problem ist ja auch, dass wir nicht wissen, wie weit die "mündliche Überlieferung" eigentlich zurückreicht und ob sie auf irgendwas handfestem basiert oder ob die sich einfach nur Märchen erzählt haben, salopp ausgedrückt. Archäologische Funde weisen ja z.B. darauf hin, dass es ne Zeitlang keine Hochkultur gab, die Menschen nicht lesen oder schreiben konnten usw... also was die da so "mündlich überliefern", kann man schlecht nachprüfen oder zeitlich festmachen/in Relation setzen...

Es liegt quasi im Dunkeln, bis die Phönizier ihre Schrift gebracht haben und man es mal wieder aufschreiben konnte. Die ersten Schriftzeugnisse mit der neuen Schrift sind irgendwelche Alphabete oder Inschriften wie: "Dieser Becher gehört XY" oder so Sachen, die ausdrücken "Juhu, ich kann schreiben!" ;), also heute würde man wahrscheinlich sagen: Grundschulniveau. (Quelle für das mit der Schrift: R. Osborne, Greece in the Making, 1200-479)
 
In welche Zeit "datierst" du denn die Ilias? Dass Homer archaisiert hat, ist auch eine Theorie, klar. Aber wie sehr? Es gibt ja auch Meinungen, dass er "nur" ca. 100 Jahre zurückgeht, "ein bisschen" auf alt macht aber nicht wirklich direkt bis 1200 v.Chr. zurückgreift... Das Problem ist ja auch, dass wir nicht wissen, wie weit die "mündliche Überlieferung" eigentlich zurückreicht und ob sie auf irgendwas handfestem basiert oder ob die sich einfach nur Märchen erzählt haben, salopp ausgedrückt. Archäologische Funde weisen ja z.B. darauf hin, dass es ne Zeitlang keine Hochkultur gab, die Menschen nicht lesen oder schreiben konnten usw... also was die da so "mündlich überliefern", kann man schlecht nachprüfen oder zeitlich festmachen/in Relation setzen...

Quelle für das mit der Schrift: R. Osborne, Greece in the Making, 1200-479)

Die von Homer beschriebene Welt ist aber doch eine Hochkultur !

Beschrieben werden Palaeste, Koenige und Fuerste, kostbare Gegenstaende, Kunstwerke, usw.

Eben diese Dinge lassen sich archaeologisch in den Jahrhunderten nach Ende der Mykenischen Bluetephase (Anfang der 12. Jahrhundert's) nicht mehr greifen. (Vielleicht mit Aussnahme Euboeas ab Anfang des 10. Jahrhunderts, spielt aber bei Homer keine herausragende Rolle).

Manche der Siedlungen gibt es gar nicht mehr ( z.B. Pylos).

Die Einteilung der Griechen in Ionier, Aetoler und Dorer, fuer die spaeteren Griechen so wichtig, kommt ueberhaupt nicht vor, dafuer gibt es Danaeer und Achaeer (Uebrigens als Synonym- offensichtlich war auch Homer sich nicht mehr ueber die Bedeutung im klaren).

Auf die Aenfaenge der griechischen Kolonisation wird kein Bezug genommen.

Das mit Homer nichts "sicher" bewiesen werden kann, ist sicher richtig.
Ich halte eine Zuordnung des Mythos zur mykenischen Welt aber immer noch fuer die plausibelste Hypothese.
 
aber nach Joachim Latacz steht Homer am Ende einer langen Tradition mündlicher Sangesdichtung
Davon kann man ausgehen ...

die sich aufgrund sprachlicher Kriterien in der Ilias bis in die mykenische Zeit zurückverfolgen lassen.
... aber diese Behauptung halte ich für sehr gewagt. Unsere Kenntnis des mykenischen Griechischs ist ohnehin begrenzt, da hauptsächlich Inventarlisten und Verwaltungsakte erhalten sind, aber nicht längere literarische Texte. Außerdem darf man nicht vergessen, dass Homer im ionischen Dialekt schrieb, der dem mykenischen Griechisch sprachlich noch mehr ähnelte als andere griechische Dialekte.

Gleiches gilt für die Troia-Geschichte, die ebenfalls deutlich älter als Homer sein soll.
Dass Homer sie selbst erfunden hätte, nimmt auch niemand an.

Einzelne Verse sollen dabei auf einen sprachlichen Ursprung im 15. Jh. v. Chr. zurückgehen.
Was noch vor dem Trojanischen Krieg gewesen wäre.

Und die Wiedergabe von Versen soll über das Versmaß des Hexameter auch über lange Zeiträume möglich gewesen sein.
Dem stimme ich grundsätzlich zu. Es ist ja auch in Homers Werken so, dass er mehrmals ganze Stellen wiederholt, indem z. B. der A dem B sagt, was er dem C ausrichten soll, und der B sagt dem C das später dann wortwörtlich. Die Hexameter-Bindung war vermutlich tatsächlich hilfreich beim Behalten längerer Texte.
Aber der Schiffskatalog? Wenn er eine Wiedergabe eines Verzeichnisses aus mykenischer Zeit wäre, würde das ja bedeuten, dass bereits in mykenischer Zeit jemand eine profane Liste in Versform gegossen hat, um sie so mündlich weitergeben zu können. Wieso sollte jemand so etwas machen? Das erscheint mir nicht gerade plausibel, zumal die Mykener doch gar nicht wussten, dass ihre Schrift später einmal aussterben würde und ferne Nachfahren somit auf mündliche Überlieferungen angewiesen sein würden.
Außerdem gibt es meines Wissens keinen Beweis, dass der Hexameter in mykenischer Zeit schon existierte. Der älteste erhaltene Hexameter befindet sich meines Wissens auf dem Nestorbecher aus dem 8. Jhdt., also aus der Zeit, als ohnehin schon Homers Werke entstanden.

Ja mit den Hexameter und den Reimen ist es gut möglich, es gibt auch heutzutage genug Poesie oder Volkslieder die über Geschehenisse bis ins frühe Mittelalter berichten und durch ähnliche Methoden unverändert geblieben sind.
Und an diesen Beispielen sieht man, dass diese Dichtungen mit den ihnen zugrundeliegenden historischen Ereignissen nur wenig gemein haben.

Nehmen wir mal, die ganze Sage sei insgesamt reine Fiktion.
Das behauptet doch auch fast niemand, ich jedenfalls nicht. Aber es gibt doch auch noch etwas zwischen "Die Ilias ist ein unverfälschter Tatsachenbericht und der Schiffskatalog unverändert aus Agamemnons Archiv übernommen." und "Die Ilias ist ein reines Märchen." Dass Troja in der späten Bronzezeit von Griechen erobert wurde, dürfte der Wahrheit entsprechen, aber Motive, Teilnehmer, Dauer und Größe des Feldzugs sind spekulativ.

Warum deckt der Schiffkatalog nur den mykenischen Kulturbereich ab, nicht aber den zeitgenoessischen zur Zeit Homers ?
Weil man sich darüber im Klaren war, dass die Westküste Kleinasiens erst in der Zeit nach dem Trojanischen Krieg kolonisiert wurde.

Warum weisst das Versmass auf ein Digammen hin, welches zur Zeit Homers nicht mehr gesprochen wurde ?
Woher weißt Du, dass es nicht mehr gesprochen wurde? Da wir auch nicht Homers Originalmanuskript haben, können wir nicht einmal wissen, ob er es nicht auch noch geschrieben hat und es erst in späteren Abschriften weggelassen wurde, als es außer Gebrauch gekommen war.
Da die Kolonisation Süditaliens erst etwa zu Homers Zeit einsetzte und das Digamma damals im Alphabet der Griechen Süditaliens noch vorhanden gewesen sein muss (sonst hätten es nicht andere Völker Italiens, z. B. die Latiner, die ihr Alphabet von den Griechen Süditaliens übernahmen, übernehmen können), nehme ich an, dass auch Homer es noch verwendet hat.

Warum werden Ortsnamen genannt von Orten weche zur Zeit Homers nicht mehr besiedelt waren ?
Woher willst Du wissen, dass es all die in klassischer Zeit nicht mehr genannten Orte überhaupt jemals gab oder aber dass es sie in klassischer Zeit nicht mehr gab? (Eine Nichtnennung bedeutet schließlich nicht zwangsläufig Nichtexistenz.)

Warum werden Gegenstaende benannt, die zur Zeit Homers weitgehend ausser Mode gekommen sind ( z.B. Eberzahnhelm, Streitwagen) ? [...]
Die Anwort kann nur lauten, dass Homer hier bewusst archaeisiert hat, was von Kritikern ja auch gerne vorgebracht wird.
Dass er das versucht hat, ist doch auch naheliegend, wenn er über ein weit zurückliegendes Ereignis berichtete.

Ich meine, dass die Spatenforschung und Philologie bewiesen haben, dass Kontext der Dichtung zur mykenischen Welt stimmig passt.
Aber nicht hundertprozentig. Auf die Dorer und den Eisengebrauch habe ich schon hingewiesen. Mir fallen aber noch weitere Punkte ein, z. B. dass Homer den Adel recht selbstbewusst schildert. Ob er das zu mykenischer Zeit auch schon war oder ob Homer da nicht doch eher seine Zeit (die Ablösung der Monarchien durch Aristokratien) im Kopf hatte? Die Volksversammlung hingegen ist bei ihm ein reiner Applaudierverein - also genau so, wie auch der Adel zu Homers Zeit (also sein Publikum) das Volk haben wollte.
Und noch etwas ist nicht stimmig: Homer schildert die Trojaner im Wesentlichen wie Griechen, was sie aber nicht waren. Den Mykenern, die Troja eroberten, ist doch bestimmt aufgefallen, dass ihre Gegner ungriechisch waren. Wenn sich also bis zu Homers Zeiten ein Originalbericht weitgehend original erhielt, warum werden dann die Trojaner so falsch geschildert?

Manche der Siedlungen gibt es gar nicht mehr ( z.B. Pylos).
In klassischer Zeit gab es Pylos sehr wohl noch, auch wenn es unbedeutend war. Ebenso können auch andere im Schiffskatalog genannte Orte später zur Bedeutungslosigkeit verkommen sein.

Die Einteilung der Griechen in Ionier, Aetoler und Dorer, fuer die spaeteren Griechen so wichtig, kommt ueberhaupt nicht vor, dafuer gibt es Danaeer und Achaeer (Uebrigens als Synonym- offensichtlich war auch Homer sich nicht mehr ueber die Bedeutung im klaren).
Die Dorer und Aitoler erwähnt er sehr wohl.

Auf die Aenfaenge der griechischen Kolonisation wird kein Bezug genommen.
Außer dass er im Schiffskatalog auch die erst später von Dorern gegründeten Städte auf Rhodos erwähnt, ebenso Kos.
 
... aber diese Behauptung halte ich für sehr gewagt. Unsere Kenntnis des mykenischen Griechischs ist ohnehin begrenzt, da hauptsächlich Inventarlisten und Verwaltungsakte erhalten sind, aber nicht längere literarische Texte. Außerdem darf man nicht vergessen, dass Homer im ionischen Dialekt schrieb, der dem mykenischen Griechisch sprachlich noch mehr ähnelte als andere griechische Dialekte.

Ich schätze aber mal, dass Latacz besser Griechisch kann als wir beide.




Aber der Schiffskatalog? Wenn er eine Wiedergabe eines Verzeichnisses aus mykenischer Zeit wäre, würde das ja bedeuten, dass bereits in mykenischer Zeit jemand eine profane Liste in Versform gegossen hat, um sie so mündlich weitergeben zu können. Wieso sollte jemand so etwas machen? Das erscheint mir nicht gerade plausibel, zumal die Mykener doch gar nicht wussten, dass ihre Schrift später einmal aussterben würde und ferne Nachfahren somit auf mündliche Überlieferungen angewiesen sein würden.

So soll es auch nicht gewesen sein. Der Schiffskatalog ist nach Latacz Teil einer kriegerischen Dichtung aus mykenischer Zeit. Für ihn natürlich vor dem Hintergrund eines realen Hintergrundes des Troianischen Krieges.
Außerdem gibt es meines Wissens keinen Beweis, dass der Hexameter in mykenischer Zeit schon existierte. Der älteste erhaltene Hexameter befindet sich meines Wissens auf dem Nestorbecher aus dem 8. Jhdt., also aus der Zeit, als ohnehin schon Homers Werke entstanden.

Der älteste erhaltene könnte es schon sein. Aber Latacz sollen falsche Hexameter Homers in der Sprachform des Griechischen in mykenischer Zeit plötzlich richtig werden, was er als Indiz für die Entstehung der entsprechenden Verse in mykenischer Zeit nimmt.
 
Woher willst Du wissen, dass es all die in klassischer Zeit nicht mehr genannten Orte überhaupt jemals gab oder aber dass es sie in klassischer Zeit nicht mehr gab? (Eine Nichtnennung bedeutet schließlich nicht zwangsläufig Nichtexistenz.)
Es gibt wohl für eine ganze Reihe von Orten Nachrichten aus antiken Texten wie Strabon, aus denen hervorgeht, dass man diese Orte nicht mehr kannte. Dagegen belegen Linear B Tafeln, dass manche dieser Orte, die anscheindend nicht mehr bekannt waren, in mykenischer Zeit existierten - und das dort, wo sie im Schiffskatalog auch sein sollen.
 
Ich meine, dass die Spatenforschung und Philologie bewiesen haben, dass Kontext der Dichtung zur mykenischen Welt stimmig passt.
Das ist aber durchaus umstritten. Es gibt auch Forscher, die meinen, dass es nicht mehr als Reminiszenzen sind, die in mykenische Zeit verweisen, während Dinge wie Gesellschaftsstruktur z.B. überhaupt nicht in diese Zeit passen.
 
Ich schätze aber mal, dass Latacz besser Griechisch kann als wir beide.
Zugegeben.
Aber das ändert nichts daran, dass unsere Kenntnisse des Mykenischen nur ungenügend sind. Es sind nicht einmal alle Zeichen entziffert, außerdem war man nicht in der Lage, mit dieser Schrift, die in erster Linie eine Silbenschrift war, einen Konsonanten zu schreiben, wenn auf ihn kein Vokal mehr folgte, weswegen (im geschriebenen Mykenisch) alle Wörter mit einem Vokal enden, was gesprochen nicht unbedingt so gewesen sein muss. (Beispiel: Das mykenische Wort für König soll "wanax" gelautet haben. Geschrieben wurde es aber "wanaka". Dass es "wanax" gesprochen worden sei, leitet man daraus ab, dass es im späteren Griechisch "anax" lautete.) Auch die Aussprache einzelner Zeichen steht nicht ganz fest.
Wir wissen also gar nicht exakt, wie das Mykenische klang. Auf Grundlage dieser mangelnden Sprachkenntnisse mykenische Verse rekonstruieren zu wollen halte ich schon für etwas gewagt.

So soll es auch nicht gewesen sein. Der Schiffskatalog ist nach Latacz Teil einer kriegerischen Dichtung aus mykenischer Zeit. Für ihn natürlich vor dem Hintergrund eines realen Hintergrundes des Troianischen Krieges.
Wenn der Schiffskatalog so authentisch sein soll, wie erklären sich dann die Fehler? Warum werden die erst von den Dorern gegründeten rhodischen Städte Lindos, Ialysos und Kamiros genannt? Warum wird Milet nicht auf griechischer Seite genannt, sondern im Troerkatalog erwähnt, obwohl es dem archäologischen Befund zufolge eine mykenische Stadt war? Warum fehlt Larissa?
Seltsam finde ich auch, dass Athen allein 50 Schiffe entsendet, obwohl es in mykenischer Zeit noch nicht sonderlich bedeutend gewesen sein dürfte und ihm obendrein im Schiffskatalog auch keine anderen Orte zugewiesen werden.
Und warum wird unter den Städten des Diomedes Argos an erster Stelle vor Tiryns genannt? Zur Zeit Homers war Argos bereits bedeutender als Tiryns, aber zur Zeit der Mykener scheint Tiryns klar bedeutender gewesen zu sein.
Etwas merkwürdig finde ich auch, dass Messene im Schiffskatalog bereits unter spartanischer Herrschaft steht. (Interessanterweise wurde es etwa um die Zeit der Entstehung der Ilias von Sparta unterworfen.) Hingegen gibt es archäologische Hinweise, dass Messene in mykenischer Zeit in Wahrheit unter der Herrschaft von Pylos gestanden sein könnte. Generell ist das Gebiet von Pylos im Schiffskatalog etwas klein bemessen, wenn man bedenkt, dass es 90 Schiffe stellt und in mykenischer Zeit zu den bedeutendsten Staaten gehörte.
 
Deine Einwände zum mykenischen Griechisch kann ich nicht beurteilen, weil ich eben nicht sonderlich gut griechisch kann und meine Kenntnisse des mykenischen gleich null sind.

Soweit ich es in Erinnerung habe, macht Latacz das z.B. am Wort chrysourgos fest, dass in einem Vers der Ilias zu einem falschen Hexameter wird. Mykenisch dagegen soll das Wort chrysoworgos gelautet haben - aufgrund der Entschlüsselung von Linear B. Und damit würde der homerische Hexameter metrisch richtig werden.

Wie sich die Fehler im Schiffskatalog erklären, ist natürlich eine spannende Frage. Wären spätere Einfügungen/Veränderungen eine Möglichkeit?
Milet war doch nur zeitweise mykenisch. Und vielleicht nicht zu der Zeit, als der Katalog entstand - wenn er denn in dieser Zeit entstanden ist.

Deine Einwände sind auf jeden Fall interessant, was eine Zuweisung des Katalogs in mykenische Zeit angeht.

Aber die in ab homerischer Zeit anscheind unbekannten Orte, die mykenische sind und im Katalog enthalten sind, wären auch nicht so einfach zu erklären, wenn man den Katalog in homerische Zeit setzen will.

Vielleicht ist die Antwort auf die Entstehung des Katalogs nicht: Entweder mykenisch oder homerisch, sondern ein sowohl als auch?
 
Soweit ich es in Erinnerung habe, macht Latacz das z.B. am Wort chrysourgos fest, dass in einem Vers der Ilias zu einem falschen Hexameter wird. Mykenisch dagegen soll das Wort chrysoworgos gelautet haben - aufgrund der Entschlüsselung von Linear B. Und damit würde der homerische Hexameter metrisch richtig werden.
Dafür muss man aber nicht das Mykenische bemühen. Näherliegender ist meiner Meinung nach die Annahme, dass χρυσουργός, das aus den Wortstämmen für "Gold" und "Arbeit" zusammengesetzt ist, entweder noch zu Homers Zeit mit Digamma geschrieben oder gesprochen wurde (also etwa "chrysowergos") oder aber zumindest bei "chryso" und "ergos" das o und das nachfolgende e von ihm noch getrennt gesprochen wurden und erst später im Sprachgebrauch und den Handschriften zu ou verschmolzen. Somit wäre erst nach Homer durch die Veränderung der Sprache eine Silbe verlorengegangen und die Metrik im Eimer gewesen.

Deine Einwände sind auf jeden Fall interessant, was eine Zuweisung des Katalogs in mykenische Zeit angeht.
Ergänzen möchte ich noch, dass generell merkwürdig ist, dass Lakedaimon im Schiffskatalog bereits als griechische Regionalmacht auftritt und den Großteil des südlichen Peloponnes kontrolliert - wie es zu Homers Zeiten der Fall war. Amyklai, in mykenischer Zeit eine bedeutende Stadt, kommt im Schiffskatalog unter den Städten von Menelaos nur unter "ferner liefen", was eher seiner Bedeutung zu Homers Zeit entspricht, wo es tatsächlich bereits unter spartanischer Herrschaft stand, ebenso wie die anderen gelisteten Städte.

Wie sich die Fehler im Schiffskatalog erklären, ist natürlich eine spannende Frage. Wären spätere Einfügungen/Veränderungen eine Möglichkeit?
Dieser Verdacht wird vor allem hinsichtlich der Rolle Athens immer wieder geäußert, dass also möglicherweise der athenische Tyrann Peisistratos, der möglicherweise die Ilias redigieren ließ, die Bedeutung Athens im Schiffskatalog vergrößern ließ. Grundsätzlich glaube ich aber nicht, dass in der Ilias, wie sie seit dem Hellenismus überliefert wurde, größere Manipulationen enthalten sind, zumal die Alexandriner Philologen den Text sehr kritisch und durchaus modernen Methoden entsprechend analysierten und reinigten und die noch heute gebräuchliche Fassung erstellten. Außerdem würde die Annahme späterer Einfügungen der Annahme, dass der Schiffskatalog bereits in mykenischer Zeit verfasst wurde und sich seine Verse aufs Mykenische zurückführen lassen, natürlich diametral widersprechen.

Aber die in ab homerischer Zeit anscheind unbekannten Orte, die mykenische sind und im Katalog enthalten sind, wären auch nicht so einfach zu erklären, wenn man den Katalog in homerische Zeit setzen will.
Es stellt sich natürlich die Frage, wie zuverlässig denn die Identifizierungen von im Schiffskatalog genannten Orten mit mykenischen Orten (deren Namen man überhaupt nicht oder nur in mykenischer Form kennt) überhaupt sind. Manchen Gelehrten reichen schließlich schon vage sprachliche Ähnlichkeiten für Identifizierungen, insbesondere wenn sie etwas Bestimmtes beweisen wollen. (Die Gleichsetzung des hethitischen Wilusa mit Ilios ist auch keineswegs unumstritten.)
Mich macht Deine Aussage "Dagegen belegen Linear B Tafeln, dass manche dieser Orte, die anscheindend nicht mehr bekannt waren, in mykenischer Zeit existierten - und das dort, wo sie im Schiffskatalog auch sein sollen." auch vom geographischen Aspekt her stutzig. Ein Geographiehandbuch ist aus mykenischer Zeit nicht erhalten. Wenn einzelne Orte in mykenischen Verwaltungsakten und Korrespondenzen erwähnt werden, wird normalerweise vermutlich nicht so exakt angegeben sein, wo sie lagen. (Umgekehrt ist bei manchen durch Ausgrabungen bekannten, einst offenbar ziemlich bedeutenden mykenischen Orten nicht bekannt, wie sie einst hießen. Ein Beispiel wäre das böotische "Gla", wobei die Benennung moderner Natur ist. Es mag mit einem der im Schiffskatalog erwähnten böotischen Orte identisch sein - oder auch nicht.) Ich bezweifle daher, dass eine exakte Lokalisierung wirklich immer möglich ist. Ich will Latacz nichts unterstellen, könnte mir aber vorstellen, dass er, wenn er den Namen eines mykenischen Orts liest, nachschaut, ob er so ähnlich klingt wie ein im Schiffskatalog erwähnter Ort, ihn dann mit diesem gleichsetzt und so den mykenischen Ort lokalisiert. Erläutert Latacz denn seine Arbeitsweise?

Vielleicht ist die Antwort auf die Entstehung des Katalogs nicht: Entweder mykenisch oder homerisch, sondern ein sowohl als auch?
Das dürfte hinkommen. Frei erfunden wird der Schiffskatalog nicht sein, Homer (oder einer seiner Vorgänger) wird wohl einfach zusammengekramt haben, was noch an Überlieferungen über die Zustände zur Zeit des Trojanischen Krieges vorhanden war, und Lücken notgedrungen mit den Zuständen seiner Zeit oder vermuteten früheren Zuständen gefüllt haben, eventuell unter besonderer Berücksichtigung der Adligen und Städte, bei bzw. in denen er gastierte.
Das könnte auch erklären, wieso es in der Antike mehrere voneinander abweichende Schiffskataloge gab: In der Entstehungsphase der Sage entstanden vielleicht verschiedene Kataloge, die durch den Kontakt verschiedener Dichter zueinander allmählich harmonisiert wurden. Homer nahm einen davon auf, während andere anderweitig überlebten. Ich halte es z. B. für möglich, dass auch die nicht erhaltene "Kypria", die die Ereignisse vor der Ilias behandelte, einen eigenen Schiffskatalog enthielt.
 
"Wir wissen also gar nicht exakt, wie das Mykenische klang. Auf Grundlage dieser mangelnden Sprachkenntnisse mykenische Verse rekonstruieren zu wollen halte ich schon für etwas gewagt."

- Vielleicht ist die Linear B Schrift noch nicht vollständig entziffert aber von den späteren Dialekten die den mykenischen sehr nahe gewesen sind wissen wir genug um solche Entschlüsse zu ziehen, das ionische ist nicht der Dialekt der dem mykenischen am nahesten stand, arkadisch war zum Beispiel einer der Dialekte oder äolisch.


"Wenn der Schiffskatalog so authentisch sein soll, wie erklären sich dann die Fehler? Warum werden die erst von den Dorern gegründeten rhodischen Städte Lindos, Ialysos und Kamiros genannt?"

-Weil die Städte auch in mykenischer Zeit als mykenische Ortschaften existierten.

"Warum wird Milet nicht auf griechischer Seite genannt, sondern im Troerkatalog erwähnt, obwohl es dem archäologischen Befund zufolge eine mykenische Stadt war? Warum fehlt Larissa?"

Weil Milet halt sich auf der Trojanische Seite geschlagen hat, Milet existierte auch in minoischer Zeit unter minoischen Einfluss wenn auch mit der Eroberung Kretas durch die Mykener auch Milet früher oder später übernommen wurde ist es keine Garantie dass die sich mit den vereinten Mykenern geschlagen haben. Sie erwähnen auch irgendwo wieso die Trojaner als Griechen dargestellt werden bzw wieso die sich verstehen. Laut dem Mythos wurde Troja von Dardanos aus Arkadien gegründet und wie wir aus Zypern wissen wo Arkader als erste Griechen drüber siedelten war dass arkadisch den mykenischen griechisch sehr nahe, im Prinzip eine Sprache. Das ist vielleicht eine Erklärung. Das Milet auf Trojas Seite ist, ist für mich mehr ein Indiz dass sich der Schiffskatalog nicht fälschen liess durch Schmeichel oder politischen Einfluss. Wieso musste Larissa präsent sein? Was zeigt das Fehlen von Larissa, einse Stadt die durch die ganze Antike, also in vorhistorischer Zeit bis unserer Zeit ununterbrochen existierte und mehr oder weniger eine wichtige Rolle in der Umgebung gespielt hat?
Dass keine anderen Städte aus Attika erwähnt werden ist schon bemerkenswert. Obwohl Athen mehr oder weniger immer die führende Rolle in Attika spielte.
Messene steht nicht unter spartanischer Herrschaft, Lakdämonia hiess das Gebiet schon in mykenischer Zeit, schon seit den mythischen Zeiten war das so, Menelaos selbst seine Abstammung war aus Mykene er wurde König von Sparta war er Elena heiratete die Tochter des Königs von Sparta Tyndareos nachdem seine Söhne die Dioskuren gestorben sind. Das Menelaos diese Truppen aus diesen Städte einführt zeigt nichts von einer spartanischer Herrschaft über Messene in dieser Zeit. Ausserdem hat der 1. Messenische Krieg bisschen später als Homers Ilias stattgefunden. Immerhin schickt Pylos 90 Schiffe und Lakedämonia 60.
"Aber nicht hundertprozentig. Auf die Dorer und den Eisengebrauch habe ich schon hingewiesen."
-Es ist immer noch nicht sicher ob die Dorer wirklich als ein getrennter Stamm in der Bronzezeit in Griechenland ankamen oder ob die schon in der mykenischen Zeit einheimisch waren. Das mit den Eisen Gebrauch konnte möglich sein wenn der Krieg wie manche behaupten um 1184 v. Chr. stattfand, schließlich wissen wir dass die Hethiter 100 Jahre zuvor auch Eisenwaffe verwendeten und so lange kann in einer Welt wo es Handelsrouten gibt die Verbreitung neuer nützlicher Technologien nicht dauern.
 
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