Attila, der Hunne

Ich darf bei dieser Gelegenheit noch einmal auf die Überlegungen zweier seriöser Wissenschaftler hinweisen, ....

Und in genügend Threads hier - auch in diesem - bist auch du selbst über ebenso "seriöse" Wissenschaftler gestolpert, die das Gegenteil annehmen.
Warum wiederholst du also gebetsmühlenhaft diese Zitate?
Außer Haarmann - der kein Turkologe ist - benutzt auch niemand Begriffe wie "mit Sicherheit".

Dekumatlands Aussage, dass zu wenig Quellenmaterial vorliegt, ist uneingeschränkt zuzustimmen.
 
Haarmann - der kein Turkologe ist

István Bóna im Übrigen auch nicht. Der war Archäologe. Wir hatten das im Übrigen schon mal, ich hatte schon da darauf hingewiesen:

Eskam (alttürkisch: Großer Pfarrer), Atakam (alttürkisch: Vater-Pfarrer).
Die Übersetzung der Namen scheint mir doch z.T. etwas seltsam zu sein, insbesondere die beiden letzten. Schamane passt wohl besser.

Man muss wohl akzeptieren, dass eine ganze Reihe der Namen der hunnischen Oberschicht türkischen Ursprungs ist, was tatsächlich die Wahrscheinlichkeit, dass die Hunnen in ihrem Kern ein Turkvolk waren, signifikant erhöht. Aber: Es sind nur Eigennamen.
Wenn man nach Spanien schaut: Dort sind nach wie vor germanische Namen völlig normal, wohingegen wir eher hebräisch-aramäische, griechische und lateinische oder US-amerikanische Namen verwenden und germanische Namen i.d.R. eher altertümlich wirken. In Südamerika verwendet man mehrheitlich spanische Namen, regional auch indianische, in der spanischsprachigen Karibik aber wächst eine Generation von Nelsons, Nelsens, Yonnis, Yonsons etc. heran, Jugendliche tragen hier sehr häufig pseudo-US-amerikanische Namen als Vornamen. Und, um den Kreis zum Thema zu schließen: In Ungarn sind die Namen Attila und Ildikó heute recht beliebt. Nichtsdestotrotz würde niemand die Spanier für Germanen halten, uns für ein hebräisch-aramäisch-gräko-latein-amerikanisches Mischvolk oder die hispanophonen Kariben für anglophon. Die Gleichung Namenmaterial = sprl. Herkunft funktioniert eben nicht. Sie ist nur ein Wahrscheinlichkeitsmarker.
 
Was nun die Auflösung des Namens Mundzuk angeht, so weist Mommsen auf folgendes hin: Im Griechischen ist er durch Priskos als Μουνδίουχος (Mundíochos) belegt. Außerdem sind bei Jordanes, der die Form Mundzuco anbietet schriftliche Eigenheiten zu beobachten: "Mundzucus barbare scriptum est, ut Scandza pro Scandia, Burgundzones pro Burgundionibus." (Mommsen, MGH AA 5, p. 152)
Übersetzt: "Mundzucus ist eine barbarisierte Schreibung, wie Scandza für Scandia und Burgundzones für Burgundionibus." Angesichts der Schreibung des Augenzeugen Priskos ist das eine nicht zu vernachlässigende Beobachtung.
 
Man muss wohl akzeptieren, dass eine ganze Reihe der Namen der hunnischen Oberschicht türkischen Ursprungs ist, was tatsächlich die Wahrscheinlichkeit, dass die Hunnen in ihrem Kern ein Turkvolk waren, signifikant erhöht. Aber: Es sind nur Eigennamen.

Wissen wir das sicher?
Was wir wissen ist, dass die überlieferten Eigennamen in etlichen Versionen vorliegen, was als verschiedene Fassungen der verschiedenen Untertanen gedeutet wird. Dabei gibt es auch türkisch klingende Namen, richtig. Das heißt aber nicht, dass "die Hunnen" ein Turkvolk gewesen wären. Mit gleichem Recht könnte man sie als gotisches Volk bezeichnen.
Es zweifelt wohl niemand daran, dass die Hunnen-Konföderation neben germanischen, iranischen und uralischen Völkern auch Turkvölker umfasste. Die Frage ist, ob uns das auf der Suche nach einer Herkunft weiterbringt.
Es ist zweifelhaft, ob jemals ein "rein" hunnischer Kern existiert hat, und wie weit eine Suche danach sinnvoll ist.
 
Man muss wohl akzeptieren, dass eine ganze Reihe der Namen der hunnischen Oberschicht türkischen Ursprungs ist, was tatsächlich die Wahrscheinlichkeit, dass die Hunnen in ihrem Kern ein Turkvolk waren, signifikant erhöht. Aber: Es sind nur Eigennamen.
nicht dass ich falsch verstanden werde: ich finde die verschiedenen Deutungen der sprachlichen Einordnung des spärlichen hunnischen Sprachmaterials allesamt interessant und diskutierenswert, denn sie versuchen ja zur Herkunft der Hunnen beizutragen.
Und die Überlegungen zu den Namen sind plausibel - wobei aber zweierlei nicht übersehen werden darf: erstens hatten damals Eigennamen oft genug eine sehr besondere Bedeutung (man denke an die alliterierenden Namen germanischer Warlorddynastien) und zweitens ist es bei den spätantiken Steppenvölkerkonföderationen (Hunnen, Awaren, Protobulgaren) nicht so einfach, zwischen Eigenname und Titel zu unterscheiden.

Meiner Ansicht nach ist die Frage nach der sprachlichen Einordnung des "hunnischen" zu trennen von der Frage nach der sprachlichen Herkunft des "Namens" oder "Titels" Attila. Bzgl. "Attila" benötigt die Erklärung aus dem gotischen die wenigsten Verbiegungen, Verschreibungen etc. - das macht sie neben histor. Überlegungen (verreiterte Goten als treue Vasallen, gotisch als eine der drei/vier Verkehrssprachen der hunnischen Konföderation) zur wahrscheinlichsten.

gotisch also sprach man im Herrschaftsbereich Attilas; dieser selber hat keine ihm untergebenen Goten abmurksen lassen, weil ihn der gotische Ehrentitel "Väterchen" beleidigt hätte; obendrein überliefern die griech. und lat. Namen just dieses wahrscheinlich gotische "Attila" und keinen anderen Namen.

nun könnte man sich überlegen, dass gotisch Attila vielleicht eine lediglich gotisierte Variante / Schreibweise für den eigentlichen hunnischen Namen sein könnte (etwas schräger Vergleich: so wie uns der franz. Name Chopin evtl. an Schoppen lautlich erinnern könnte, dann wäre Schoppen eine deutsche leicht verballhornte Variante von Chopin -- ist nicht von der Hand zu weisen, denn wer kennt den deutschen Dichter Genrich Gäine? nun, alle Russen kennen den - wir nennen ihn Heinrich Heine :)) --- aber: warum sollten die griech. (byz.) und röm. Quellen ausgerechnet einen gotischen Namen überliefern? die Diplomaten Ost- und Westroms sollten nur über gotische Vermittlung mit dem Hunnenherrscher zu tun gehabt haben? das ist unwahrscheinlich. Und hätten sie den Eigennamen des Hunnenherrschers gekannt, dann hätten sie ihn sicher latinisiert bzw. gräzisiert geschrieben und nicht gotisiert. All das macht meiner Ansicht nach "Attila" als Ehrenname / Ehrentitel sprachl. gotischer Herkunft am wahrscheinlichsten. Man hatte ihn als "Attila" anzusprechen, und offenbar störte niemanden diese Bezeichnung. Eine hunnisch/alttürk. Variante als Vorlage für die gotische Form lässt sich offnebar nicht nachweisen, sondern bleibt spekulativ (u.a. auch weil hunnisches Vergleichsmaterial fehlt)
 
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Wissen wir das sicher?
Was wir wissen ist, dass die überlieferten Eigennamen in etlichen Versionen vorliegen, was als verschiedene Fassungen der verschiedenen Untertanen gedeutet wird. Dabei gibt es auch türkisch klingende Namen, richtig. Das heißt aber nicht, dass "die Hunnen" ein Turkvolk gewesen wären. Mit gleichem Recht könnte man sie als gotisches Volk bezeichnen.
Es zweifelt wohl niemand daran, dass die Hunnen-Konföderation neben germanischen, iranischen und uralischen Völkern auch Turkvölker umfasste. Die Frage ist, ob uns das auf der Suche nach einer Herkunft weiterbringt.
Es ist zweifelhaft, ob jemals ein "rein" hunnischer Kern existiert hat, und wie weit eine Suche danach sinnvoll ist.

Ich verstehe deinen Widerspruch nicht so recht. Ich sprach vom Kern, von den Leuten, die irgendwann nördlich des Schwarzen Meeres vom Osten her kommend die Goten bedrängten, was schließlich dazu führte, dass die Ostgoten (und andere germanische und wohl auch sarmatische Völker) integriert wurden wohingegen andere (wie die Westgoten) sich ins römische Reich flüchteten. Desweiteren sprach ich von Wahrscheinlichkeiten und nicht Sicherheiten und habe im Ggt. sogar anhand von Beispielen darauf aufmerksam gemacht, dass das Namenmaterial als alleinige Stütze für die Einordnung der hunnischen Sprache eine unbefriedigende Datenbasis liefert.

Und die Überlegungen zu den Namen sind plausibel - wobei aber zweierlei nicht übersehen werden darf: erstens hatten damals Eigennamen oft genug eine sehr besondere Bedeutung (man denke an die alliterierenden Namen germanischer Warlorddynastien) und zweitens ist es bei den spätantiken Steppenvölkerkonföderationen (Hunnen, Awaren, Protobulgaren) nicht so einfach, zwischen Eigenname und Titel zu unterscheiden.

Wobei nicht ganz plausibel ist, warum die Titel sich mit dem Herrscherwechsel geändert haben sollten.

Meiner Ansicht nach ist die Frage nach der sprachlichen Einordnung des "hunnischen" zu trennen von der Frage nach der sprachlichen Herkunft des "Namens" oder "Titels" Attila. Bzgl. "Attila" benötigt die Erklärung aus dem gotischen die wenigsten Verbiegungen, Verschreibungen etc. - das macht sie neben histor. Überlegungen (verreiterte Goten als treue Vasallen, gotisch als eine der drei/vier Verkehrssprachen der hunnischen Konföderation) zur wahrscheinlichsten.

Ich hatte explizit nicht über den Namen Attila gesprochen. Da gilt nach wie vor:

Positiv belegt ist die gotische Form Atta für Vater und das gotische Diminutivsuffix -ila (Wulfila, Totila, Badila). [...] zumal wir historisch überliefert haben, dass Gotisch im hunnischen Großverband [...] neben Latein und dem eigentlichen Hunnischen eine der linguae francae war.
Sowohl durch die linguistische gotische Überlieferung als auch durch die lateinische und griechische historische Überlieferung ist daher die gotische Namenserkärung linguistisch sehr viel näher liegend, als eine türkische, die morphologisch, so wie uns der Name vorliegt, einfach nicht passend ist. Hätte der Name eine türkische Form gehabt, wäre er nämlich als Namenssuffix eine lateinische oder griechische Endung, explizit ein grammatisches Morphem mit dem eindeutigen Marker maskuline Person zu erwarten. Also *Etilus/*Etilos.
Heißt das jetzt, dass der Name unbedingt gotischer bzw. ostgermanischer Herkunft gewesen sein muss? Nein. Aber es ist äußerst wahrscheinlich und alle bisher geäußerten Alternativen sind eher unwahrscheinlich.

Ich halte nicht viel von faulen Kompromissen, aber es ist imho auch durchaus möglich, dass - aufgrund des Gleichklangs vom gotischen und hunnischen atta/ata (vorausgesetzt Hunnisch ist wirklich ein alttürkischer Dialekt), dass der Name gewissermaßen ein hunnisch-gotischer Hybrid ist. Notwendig ist das freilich nicht, der Name lässt sich, wie schon viele Male festgehalten, zwanglos aus dem Gotischen aber nur sehr gewunden aus dem Türkischen herleiten.
 
Verstehe die Logik nicht ganz hinter dem Wunsch, Überlegungen zum Namen Attila von der Frage der Herkunft der hunnischen Sprache trennen zu wollen, insbesondere da letztere sich gerade auf Namen stützt. Als wollte man die Herkunft eines heruntergefallenen Apfels erkunden, gleichzeitig aber den Blick auf den Apfelbaum verbieten, wodurch nur der nahestehende Birnbaum in Frage käme.

Nehmen wir aber an, der Apfelbaum sei überwuchert von Gestrüpp, sodass er kaum sichtbar ist. Wäre das Grund genug zu sagen, “Vergiss den Apfelbaum als Urspung der Frucht, denn wir wissen zu wenig darüber!”?


Wobei nicht ganz plausibel ist, warum die Titel sich mit dem Herrscherwechsel geändert haben sollten.
Gutes Argument! Und genau deshalb wären in meinen Augen die überlieferte Bezeichnungen des Dom/Wolga-Gebietes (durch Konstantinos VII, Menander) nach wie vor mögliche Indizien für den Ursprung des Namens. Zu bedenken sei auch, dass auch bei uns z.B. nicht alle Bewohner von Brunnen auch “Brunner” hießen. Und übrigens ist auch mein eigener Familienname ein alter Ortsname, den aber heute kaum eine Handvoll Familien tragen.

Ein anderer Hinweis könnte die Schreibweise des Namens im Türkischen sein, meist als “Atila” oder “Atilla” geschrieben, und auf ungarisch ebenso ausgesprochen (wobei die ungarische Schreibweise eindeutig aus dem Westen übernommen worden ist). Zudem heißt der Mann auf kasachisch “Adil” und “Edil”, sodass die zwei “t” im Deutschen vielleicht auf ein phonetisches Missverständnis beruhen können - erklärbar etwa durch die Assoziation mit “attikos”, “attiki”...

Trotzdem, nicht von der Hand zu weisen ist die Koexistenz von gewissen germanischen Völkern mit den Hunnen, wobei ethnische Unterschiede derart riesig waren, dass eine wirkliche Amalgamation der Rassen fraglich ist, was Skelettfunde zu belegen scheinen. Eine kulturelle Beeinflussung fand aber sicherlich statt, belegt etwa durch die gleichen Techniken der Schädelumformung (wobei auch hier: die Anzahl der Funde spricht eigentlich nur für die Beeinflussung durch die Hunnen).
 
Ich verstehe deinen Widerspruch nicht so recht. Ich sprach vom Kern, von den Leuten, die irgendwann nördlich des Schwarzen Meeres vom Osten her kommend die Goten bedrängten,

Das habe ich schon verstanden. Man kann aber davon ausgehen, dass der hunnische "Staubsauger" nicht erst an der gotischen Grenze ins Rollen kam, schon vorher haben die Hunnen alles aufgesogen, was ihnen in die Quere kam.
Genau deshalb sagen türkisch klingende Namen nicht viel aus, die findet man nun einmal in Zentralasien. Ob die jeweils türkischen Namensversionen der hunnischen Führung näher stand als etwa die gotischen, wissen wir nicht.
 
Was wir wissen ist, dass die überlieferten Eigennamen in etlichen Versionen vorliegen, was als verschiedene Fassungen der verschiedenen Untertanen gedeutet wird. Dabei gibt es auch türkisch klingende Namen, richtig. Das heißt aber nicht, dass "die Hunnen" ein Turkvolk gewesen wären.

Wenn die hunnische Elite Namen alttürkischer Herkunft trägt, so ist zumindest die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie Türken und nicht Chinesen waren.

Ich halte nicht viel von faulen Kompromissen, aber es ist imho auch durchaus möglich, dass - aufgrund des Gleichklangs vom gotischen und hunnischen atta/ata (vorausgesetzt Hunnisch ist wirklich ein alttürkischer Dialekt), dass der Name gewissermaßen ein hunnisch-gotischer Hybrid ist. Notwendig ist das freilich nicht, der Name lässt sich, wie schon viele Male festgehalten, zwanglos aus dem Gotischen aber nur sehr gewunden aus dem Türkischen herleiten.

Das ist eine vernünftige Argumentation. Neben der gotischen Attila-Hypothese sollte man die alttürkische Herkunftsversion nicht ausschließen.
 
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Wenn die hunnische Elite Namen alttürkischer Herkunft trägt, so ist zumindest die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie Türken und nicht Chinesen waren.

:nono:

Genau diese alttürkische Herkunft lässt sich eben nicht belegen.
Wir haben keine Selbstbezeichnungen irgend eines Hunnen überliefert.
Alles, was wir kennen, sind Fremdbezeichnungen. In wie weit sie dem "Original" entsprechen, wissen wir nicht.
 
Verstehe die Logik nicht ganz hinter dem Wunsch, Überlegungen zum Namen Attila von der Frage der Herkunft der hunnischen Sprache trennen zu wollen, insbesondere da letztere sich gerade auf Namen stützt. Als wollte man die Herkunft eines heruntergefallenen Apfels erkunden, gleichzeitig aber den Blick auf den Apfelbaum verbieten, wodurch nur der nahestehende Birnbaum in Frage käme.

Um bei deiner Metapher zu bleiben: Wir haben längst festgestellt, dass da eine Birne unter die Äpfel gerollt ist, weil die Frucht ein paar Eigenschaften hat, die bei Birnen vorkommen aber bei Äpfeln auszuschließen sind.
Um es mal an einem anderen Beispiel zu erläutern: Arminius und sein Bruder Flavus sind nur mit lateinischen Namen überliefert, wobei Arminius etwas rätselhaft ist, Flavus aber blond bedeutet. Macht das die beiden Cherusker jetzt herkunftsmäßig zu Römern?

Gutes Argument! Und genau deshalb wären in meinen Augen die überlieferte Bezeichnungen des Dom/Wolga-Gebietes (durch Konstantinos VII, Menander) nach wie vor mögliche Indizien für den Ursprung des Namens. Zu bedenken sei auch, dass auch bei uns z.B. nicht alle Bewohner von Brunnen auch “Brunner” hießen. Und übrigens ist auch mein eigener Familienname ein alter Ortsname, den aber heute kaum eine Handvoll Familien tragen.
Eben, Familiennamen. Familiennamen sind aber erst im ausgehenden Mittelalter entstanden, gerade um verschiedene Leute gleichen Taufnamens voneinander zu unterscheiden und haben sich erst allmählich verfestigt. Abgesehen davon werden Familiennamen die von Herkunftsnamen abstammen, morphologisch verändert.


Ein anderer Hinweis könnte die Schreibweise des Namens im Türkischen sein, meist als “Atila” oder “Atilla” geschrieben, und auf ungarisch ebenso ausgesprochen (wobei die ungarische Schreibweise eindeutig aus dem Westen übernommen worden ist). Zudem heißt der Mann auf kasachisch “Adil” und “Edil”, sodass die zwei “t” im Deutschen vielleicht auf ein phonetisches Missverständnis beruhen können
Wie oft soll das eigentlich noch wiederholt werden, dass das Deutsche für die Fragestellung keinerlei Relevanz hat, die Argumentation nicht vom Deutschen herrührt? Wie oft soll noch wiederholt werden, dass der Name griechisch und lateinisch, u.a. von einem direkten Augenzeugen, der als Diplomat längere Zeit in Attilas Lager war, nämlich Priskos, in dieser Form überliefert ist?
Wenn die Kasachen glauben in dem Namen einen Еділ zu erkennen, dann wird es sich um eine Volksetymologie handeln, so wie hierzulande viele Leute fälschlicherweise einen Zusammenhang von Sintflut zur Sünde (*Sündflut) sehen.
 
Verstehe die Logik nicht ganz hinter dem Wunsch, Überlegungen zum Namen Attila von der Frage der Herkunft der hunnischen Sprache trennen zu wollen, insbesondere da letztere sich gerade auf Namen stützt.
das logische Problem lässt sich doch einfach auflösen: griech. und lat. Quellen überliefern einen Namen (?) oder eher Ehrentitel, der sich problemlos als gotischer Herkunft erklären lässt; ihn alttürkisch zu erklären, macht große Mühe; ihn hunnisch zu erklären ist bislang unmöglich... und eine spätantike alttürkische oder hunnische oder ungarische :winke: Quelle haben wir nicht
...das sagt über den Menschen "Attila" erstmal nichts, wie auch so mancher Papstname die Herkunft des jeweiligen Papstes nicht erklärt ;) z.B. jener, der Johannel Paul II genannt wurde (wüssten wir seinen Vor- und Nachnamen nicht, so kämen wir auf keine polnische Herkunft (horribile dictu: sein Vorname ist etymologisch ja gar nicht polnisch... oh oh...))

Ein anderer Hinweis könnte die Schreibweise des Namens im Türkischen sein, meist als “Atila” oder “Atilla” geschrieben, und auf ungarisch ebenso ausgesprochen (wobei die ungarische Schreibweise eindeutig aus dem Westen übernommen worden ist). Zudem heißt der Mann auf kasachisch “Adil” und “Edil”, sodass die zwei “t” im Deutschen vielleicht auf ein phonetisches Missverständnis beruhen können - erklärbar etwa durch die Assoziation mit “attikos”, “attiki”...
...wie schrieben ihn die Lateiner? ...machten die spätantiken Lateiner deutsche Schreibfehler? ;)

Trotzdem, nicht von der Hand zu weisen ist die Koexistenz von gewissen germanischen Völkern mit den Hunnen, wobei ethnische Unterschiede derart riesig waren, dass eine wirkliche Amalgamation der Rassen fraglich ist, was Skelettfunde zu belegen scheinen. Eine kulturelle Beeinflussung fand aber sicherlich statt, belegt etwa durch die gleichen Techniken der Schädelumformung (wobei auch hier: die Anzahl der Funde spricht eigentlich nur für die Beeinflussung durch die Hunnen).
...Völker, Rassen... ich weiß nicht, ob das sehr glücklich formuliert ist.

aber zu den Schädeldeformationen: hat man eigentlich mal einen solchen Schädel in einer Grablege mit gotischer oder gepidischer Tracht gefunden? und wenn ja, wo und wie datiert?
 
aber zu den Schädeldeformationen: hat man eigentlich mal einen solchen Schädel in einer Grablege mit gotischer oder gepidischer Tracht gefunden? und wenn ja, wo und wie datiert?

Für deformierte Schädel ist Boiorix hier im Forum der Experte. Ich weiß nur, dass man in Frankreich ziemliche viele deformierte Schädel gefunden hat, die man Goten, Alanen und anderen völkerwanderungszeitlichen Völkern zuordnet. Trachten, die sich insbesondere in Fibeln archäologisch noch ausdrücken, ist man inzwischen vorsichtig geworden, festen Völkern zuzuordnen. Man kann allenfalls feststellen woher eine Mode kommt, aber nicht, ob der damit bestattete Träger dieselbe Herkunft hatte.
 
Eben, Familiennamen. Familiennamen sind aber erst im ausgehenden Mittelalter entstanden, gerade um verschiedene Leute gleichen Taufnamens voneinander zu unterscheiden und haben sich erst allmählich verfestigt. Abgesehen davon werden Familiennamen die von Herkunftsnamen abstammen, morphologisch verändert.
Ja ok, mit dem “Familiennamen” ist mir ein kleiner Faux-pas passiert... doch andererseits.... gab es denn hunnische Taufnamen? Es gab aber Namen, und um so einen geht es hier.


Wie oft soll das eigentlich noch wiederholt werden, dass das Deutsche für die Fragestellung keinerlei Relevanz hat, die Argumentation nicht vom Deutschen herrührt? Wie oft soll noch wiederholt werden, dass der Name griechisch und lateinisch, u.a. von einem direkten Augenzeugen, der als Diplomat längere Zeit in Attilas Lager war, nämlich Priskos, in dieser Form überliefert ist?
Und wie deutlich muss noch darauf hingewiesen werden ;) , dass Priscus halt auch kein Hunne war, und 0,0 Ahnung von der Betonung der hunnischen Sprache hatte.


aber zu den Schädeldeformationen: hat man eigentlich mal einen solchen Schädel in einer Grablege mit gotischer oder gepidischer Tracht gefunden? und wenn ja, wo und wie datiert?
Trägt zwar nicht viel zur Sache hier bei, aber E. Fóthi berichtet spürbar fundiert in ihren “Conclusions” über Schädelfunde in Ungarn (bezweifle aber, dass noch die Tracht dran war, oder dass die Schädel sorgfältig angeschrieben waren):
http://www2.sci.u-szeged.hu/ABS/Acta%20HP/44-87.pdf


edit: die Adresse will nicht funktionieren >> hoffentlich diese aber (340K PDF)
 
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Ich weiß nur, dass man in Frankreich ziemliche viele deformierte Schädel gefunden hat, die man Goten, Alanen und anderen völkerwanderungszeitlichen Völkern zuordnet.
in gepidischem, thüringischem und burgundischem Gebiet hat man auch solche völkerwanderungszeitlichen deformierten Schädel gefunden (nicht auffallend viele, aber immerhin doch ein paar) - ob diese "Sitte" von der thüringischen, gepidischen, burgundischen, alanischen, gotischen Oberschicht übernommen wurde oder nicht, dürfte vermutlich im dunklen bleiben

Trachten, die sich insbesondere in Fibeln archäologisch noch ausdrücken, ist man inzwischen vorsichtig geworden, festen Völkern zuzuordnen. Man kann allenfalls feststellen woher eine Mode kommt, aber nicht, ob der damit bestattete Träger dieselbe Herkunft hatte.
gewiß, das tragen einer auffallenden, Zugehörigkeit demonstrierenden Tracht sagt streng genommen nichts über die ethnische Herkunft des Tägers / der Trägerin, aber es sagt, wohin er / sie sich zugehörig zeigen wollte ((oder musste))
zeitweilig war das tragen "germanischer Tracht" (Pelze, lange Haare usw.) im weströmischen Reich verpönt, sogar verboten - das weist ein wenig darauf hin, dass solche "Moden" gelegentlich recht politisch wahrgenommen wurden. (mokierte sich nicht Ausonius zu einer Zeit, da die weströmische Pracht und Herrlichkeit schon perdu war, über die Trachten und Sitten der burgundischen Soldateska?)
-----da fällt mir ein, dass Hunnenherrscher Attilas "Tracht" als auffallend schlicht beschrieben wurde (berühmt ist der Holzbecher, aus dem er anstelle aus güldenen Pokalen trank)-----
(((nicht dass ich wegen OT Schelte kriege)))
natürlich kann man keine streng voneinander verschiedenen bzw. unterscheidbaren gepidischen, ostgotischen, westgotischen, burgundischen usw usw Trachten vorweisen und anhand von diesen die jeweiligen Gruppen streng unterscheiden - aber interessant ist die Auswertung eines gepidisch-awarischen Friedhofs, an welcher man ablesen kann, dass die Awaren die Gepiden dominierten (hab ich mal in einem archäolog. Aufsatz gelesen) --- also ein paar Indizien liefern gehäufte Grablegen mit Tracht / Beigaben durchaus (ist eigentlich Bierbrauer bzgl. der Goten noch aktuell?)

...sagen wir so: ein wenig ist es mit den Fibeln / Trachten / Grabbeigaben so wie mit den Namen: wer eine gotische Adlerfibel trug musste deswegen nicht gotischer Herkunft sein, wer lateinisch Flavus genannt wurde musste deswegen nicht einer stadtrömischen alten Senatorenfamilie entstammen :D (((der RGA Sonderband über Fibeln steht bei mir im Regal, ich hab ihn sogar mal mit Interesse gelesen))) ;)
 
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das logische Problem lässt sich doch einfach auflösen: griech. und lat. Quellen überliefern einen Namen (?) oder eher Ehrentitel, der sich problemlos als gotischer Herkunft erklären lässt; ihn alttürkisch zu erklären, macht große Mühe;

Warum sollte das große Mühe machen?

Goten bzw. Germanen könnten ebenso gut aus alttürkisch ata = Vater den Ehrennamen Attila geformt haben, zudem die alttürkische Form mit dem gotischen atta = Vater nahezu identisch ist.

In einer anderen Publikation finde ich diese Deutung zur Herkunft des Namens "Attila": " ... wohl nach dem türkischen Atil - Itil, der Bezeichnung für die Wolga." http://www.zentralasienforschung.de/Hunnen.PDF
 
ob diese "Sitte" von der thüringischen, gepidischen, burgundischen, alanischen, gotischen Oberschicht übernommen wurde oder nicht, dürfte vermutlich im dunklen bleiben
v.a. wenn man darüber nicht lesen mag.

Im zuvor geposteten Artikel beschreibt die Anthropologin die körperliche Eigenheiten der Rassen (ohne auf einen kritischen Blick auf die Schwierigkeiten der eindeutigen Identifikation {z.B. der Gepiden} zu verzichten). Demnach ist der Unterschied zwischen mongolisch anmutenden und “nördlichen” Rassen riesig, d.h. nicht zu übersehen. Durch den prozentualen Anteil der Schädelumformungen unter den gefundenen Schädeln ließe sich anscheinend auch die Richtung der Beeinflussung ablesen.



Was mir aber bez. des angeblich gotischen Namens keine Ruhe lässt: Nehmen wir also an, der Name “Attila” ist gotischen Ursprungs. Wie soll man sich den Vorgang der Beeinflussung vorstellen, wann und wo soll die Übernahme des Namens stattgefunden haben? Was wären mögliche, präzise Szenarien?
 
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