Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Also, die späteren Geschichtsschreiber wie cassius dio sind doch so detailreich, die schreiben, als wären sie dabei gewesen. Das erinnert mich schwer an Konsalik oder manche Romanschreiber, die über das 18.Jahrhndert schreiben. Ganz kritisch gesehen, Tacitus könnte man da auch einreihen. Es handelt sich doch bei allen um Geschichtenerzähler und nicht um Geschichtserzähler. Wir glauben zu wissen, dank dieser Leute, das es ein Kriegsgeschehen um Varus gab, wir vermuten, wohl zu recht, ein Kampfgeschehen zwischen Römern und Germanen in Kalkriese. Ob das aber so stimmt? Denn auch Tacitus ist ja 80 Jahre später. Varus kann genauso gut auf dem Hof des Arminius an Grippe gestorben sein und der hat die Gunst/Ungunst der Stunde genutzt, seinen Freund enthauptet, Marbod gebeten, eine Friedensbotschaft dem Kaiser zu senden , obwohl der Freund verschieden war und der hat was anderes erzählen lassen. Auch jedes andere Szenario ist möglich.
 
Also, die späteren Geschichtsschreiber wie cassius dio sind doch so detailreich, die schreiben, als wären sie dabei gewesen. Das erinnert mich schwer an Konsalik oder manche Romanschreiber, die über das 18.Jahrhndert schreiben. Ganz kritisch gesehen, Tacitus könnte man da auch einreihen. Es handelt sich doch bei allen um Geschichtenerzähler und nicht um Geschichtserzähler. Wir glauben zu wissen, dank dieser Leute, das es ein Kriegsgeschehen um Varus gab, wir vermuten, wohl zu recht, ein Kampfgeschehen zwischen Römern und Germanen in Kalkriese. Ob das aber so stimmt? Denn auch Tacitus ist ja 80 Jahre später. Varus kann genauso gut auf dem Hof des Arminius an Grippe gestorben sein und der hat die Gunst/Ungunst der Stunde genutzt, seinen Freund enthauptet, Marbod gebeten, eine Friedensbotschaft dem Kaiser zu senden , obwohl der Freund verschieden war und der hat was anderes erzählen lassen. Auch jedes andere Szenario ist möglich.
Es gibt ja nicht nur die späteren Geschichtsschreiber, sondern auch die Zeitgenossen. Davon abgesehen noch die vielen Autoren, die sich nur indirekt auf die Varusschlacht beziehen. Fundamentalkritik an der Historiographie, so wie du sie ausübst, heißt einen Teil der Quellen (und nicht nur schriftliche bzw. historiographische [Münzen {und damit sind nicht einmal die berühmt-berüchtigten kontergestempelten gemeint}, Statuen, philosophische Traktate, einen Kenotaph, Gedichte]) unberücksichtigt zu lassen und das Kind mit dem Bade auszuschütten.
 
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direkte Berichte von Zeitgenossen ???

Aber ich würde sicherlich nicht in Abrede stellen,daß es kriegerische Aktionen zwischen Römern und Germanen unter der Beteiligung von Varus und Arminius gab.
Nur bei den überlieferten ,nicht sehr zeitnahen Berichten darüber habe ich ,aus den genannten Gründen, so meine Zweifel, daß dort nur ein Ereignis und nicht ein Konglomerat diverser Germanenschlachten beschrieben wird.
Münzfunden,zumindest solchen in bescheidenerem Umfang messe ich keine so große Bedeutung bei .Die konnen unter allen möglichen Umständen an die jeweiligen Fundorte gekommen sein.Bei größeren Mengen Schleuderbleie ,Pfeilspitzen und Waffen sähe die Sache schon anders aus.
 
Velleius Paterculus? Strabo? Ovid? Manilius? Bei Velleius Paterculus gehen viele sogar davon aus, dass dieser Arminius persönlich kannte. Ich sehe das nur bedingt so, das hängt davon ab, wie die Passage "militiae nostrae prioris comes" zu verstehen ist.
 
Naja, einen Teil nicht zu berücksichtigen, um Licht ins dunkel zu bringen , haben andere schon versucht. Hat nichts gebracht.
Ich wollte mit meinem Post oben nur um ergebnisoffene Abgleiche Funde- schriftliche Überlieferng bitten.
Das meiste ist nun mal als "populärxxxe Literatur" einzuordnen.
Das heißt nicht, das da nicht die Tatsachen richtig dargestellt würden. Was ist aber dazu gedichtet, was ist weggelassen?
Wir haben das Thema jetzt auf 144 Seiten beleuchtet, kein Konsens. Als Ingenieur, der einen Fehler sucht/ einen Beweis sucht (das muß so sein, das schreiben alle), weiß ich, das da dann ev. zwischendurch ein Stecker gezogen wurde, die Spannungsversorgung abgeschaltet wurde, n Fenster geöffnet oder sonst ein ganz banales Ereignis eingetreten ist.Oder eine Prämisse falsch. 60 Versuche, die allgemein anerkannte Formel passt nicht. Konnte auch nicht, der die Formel erstellt hatte, hatte einen anderen Ziehdüsenlieferanten und die angegebenen Winkel unterschieden sich von den tatsächlichen gewaltig. 12° sind eben keine 8° oder 16°. 12 stand auf allen.

Da passte dann auch die 60 Jahre alte Formel , die neueren Ergebnisse, mit 5 Seiten Ableitungen passten nicht. Allen herrlichen , genauen Kleinkram, den man sowieso nicht messen konnte in der geforderten Genauigkeit, zusammengestrichen , weil konstant, in einer Konstante zusammen gefaßt, war das ganze nur noch ne halbe Seite. Die Konstante in 2 ! Versuchen ermittelt, am dritten neuen geprüft, und auch diese Formel passte im Rahmen der Meßgenauigkeit auf alle anderen , vorhergehenden Versuche.

Ein scheinbar kleiner Fehler, überbewertet, und schon passt nix mehr.

Sowas ähnliches könnte auch hier der Grund sein
 
Da bringen aber auch keine faulen Kompromisse etwas, die etwa versuchen, die Varusschlacht als literarische Fiktion darzustellen.


Um zum eigentlichen Threadthema zurückzufinden: Es bleibt dabei: Bei allen Zweifeln die bei Kalkriese als Ort oder Teilort der Varusschalcht bestehen - und die ich auch punktuell durchaus habe - es gibt zu Kalkriese als Ort der Schlacht bisher keine echte Alternative. Umgekehrt lässt sich die Fundregion Kalkriese auch nicht mit anderen Schlachten glaubwürdig in Zusammenhang bringen.
 
So sehe ich das auch, bei Kalkriese bleiben die wenigsten Zweifel. Eine Schlacht zur Zeit der "Statthalterschaft" hat stattgefunden, das sagen die Funde, das sagt die literarische Überlieferung, davon spricht ein Grabstein. Von einer anderen Schlacht der Größenordnung Kalkriese als der Varusschlacht ist nichts überliefert, direkt vorher und direkt nach der Varusschlacht wäre eine Schlacht dieser da gefundenen Größenordnung allein logistisch schlecht möglich. Wo ist also der Fehler im Ansatz, der die Zweifel ausräumt?
 
So sehe ich das auch, bei Kalkriese bleiben die wenigsten Zweifel. Eine Schlacht zur Zeit der "Statthalterschaft" hat stattgefunden, das sagen die Funde, das sagt die literarische Überlieferung, davon spricht ein Grabstein. Von einer anderen Schlacht der Größenordnung Kalkriese als der Varusschlacht ist nichts überliefert, direkt vorher und direkt nach der Varusschlacht wäre eine Schlacht dieser da gefundenen Größenordnung allein logistisch schlecht möglich. Wo ist also der Fehler im Ansatz, der die Zweifel ausräumt?

Wieso überhaupt Fehler im Ansatz? Geschichte ist Rekonstruktion und diese wird immer nur unzureichend bleiben. Es wäre eine Illusion zu glauben, man könne die historische Wirklichkeit 1:1 rekonstruieren. Das geht nicht. Alle historische Überlieferung ist fragmentarisch.
 
Wie ich vorhin festgestellt habe, ist der neue Varuskurier erschienen:

http://varusforschung.geschichte-multimedial.net/documents/Varus-Kurier_13.pdf

Absolut sensationell neues zur Frage, ob Kalkriese ein Varus- oder Germanicusschlachtfeld :grübel:ist, hat sich natürlich nicht ergeben, aber beim Überfliegen habe ich einige interessante Details zu (Be-)Funden gesehen.


Ich habe mittlerweile den Varus-Kurier ein wenig ausführlicher studiert. Zwei Punkte sind mir als besonders erwähnenswert aufgefallen:

Auf S. 13/ S. 14 werden "Siegelkapseln mit Bildschmuck" und "Litui" erwähnt. Einige der in Kalkriese gefundenen Siegelkapseln sind mit Bildschmuck ausgestattet, was laut dem Artikel außergewöhnlich ist. Einige von ihnen tragen nicht näher zu identifizierende Porträts.

Wenn sich, was bisweilen vermutet wurde, die Porträts Mitgliedern des Kaiserhauses zuordnen lassen, kann man vielleicht die Absender auch in
diesem Kreis suchen. Sicher kann man davon ausgehen, dass diese Siegelkapseln nicht von einfachen Soldaten mitgeführt wurden, sondern zum Umfeld der Heeresleitung gehörten. Auch hier bestätigt sich wieder die Annahme, dass auf dem Oberesch nicht eine einfache Kampfeinheit aufgerieben wurde, sondern dass auch Transportwagen mit wichtigem Inhalt auf der Strecke blieben.


Weiter sind die gefundenen Überreste von 10 Litui, von denen ansonsten nur ein einziges Vergleichsstück bekannt ist. Der Lituus*(http://de.wikipedia.org/wiki/Lituus_(Stab)), ein Krummstab, wurde von Auguren getragen. Der Fund dieser außergewöhnlich großen Anzahl von Litui deutet auf die Anwesenheit von Auguren hin.


Zur Frage, ob diese Funde eher die Waagschale zu Varus oder Germanicus neigen läßt, läßt sich der Artikel nicht aus.




*Übrigens wird dieser Krummstab noch heute in der Katholischen Kirche als Amtsinsignie der Bischöfe benutzt. Laut Wiki wurde der Gebrauch durch Kaiser Konstantin den christlichen Priestern gestattet.
 
Interessant sind die Funde wirklich. Wobei sich das gleich selbst wieder relativiert.

Die in Kalkriese gefundenen Siegelkapseln werden hier defacto von ihrer Bedeutung mit den Papstbullen gleich gesetzt. Man impliziert hier, dass diese von der kaiserlichen Regierung in Rom stammen. Der Fund in Kalkriese wird nun als Beweis gesehen, dass man es bei der römischen Kriegspartei nicht mit einer "einfachen" Truppe zu tun hatte, sondern dass hier der Stab der Provinz-/Heeresleitung zu Grunde gegangen ist. Nun wird jedoch das Bild 5
Varus-Kurier schrieb:
Abb. 5: Inhalt eines Geldbeutels. Die Siegelkapsel unten 2. v. r. (Foto: Chr. Grovermann).
gezeigt, wonach eine Person in seinem Geldbeutel solch eine Siegelkapsel mitführte. Wieso konnte eine Person mit überschaubarem Barvermögen solch ein wichtiges Stück in seinem Geldbeutel mitführen?

Für mich stellt sich die Frage, ob diese Siegelkapsel zu römischer Zeit an dem Dokument verblieb. Oder sollte diese Siegelkapsel nur ein Öffnen durch Unbefugte/Neugierige unterbinden? Wenn letzteres zutrifft, dann war das Siegel nach Erhalt beim Empfänger bedeutungslos geworden. Man schnitt es ab und warf es weg. Wenn nun ein Meldereiter als Hobby diese Teile sammelte? Könnte sein, muss nicht sein. Dann sagt uns das Auffinden in Kalkriese nur, dass dieser Meldereiter bei Kalkriese sein Gepäck verloren hat. Ein Beweis für die Anwesenheit von Varus oder Caecina ist das nicht.

https://de.wikipedia.org/wiki/Bulle_%28Siegel%29

Die Interpretation der aufgefundenen Bleche als Reste von Litui ist - ähem - interessant. Zu Caesars Lebzeiten bestand dieses Gremium aus sechzehn Auguren. Als Varus im Saltus Teutoburgensis sein Leben verlor, war Germanien gerade in der Provinzwerdung. Kriegsereignisse gab es andernorts. Warum war dann rechtsrheinisch mindestens ein Augur unterwegs? Es gab damals mehr als sechzehn Provinzen. Warum sollte gerade Varus von einem Auguren begleitet werden? Und dann führte dieser Augur gleich zehn Litui mit sich? Oder waren zehn Auguren dort unterwegs? Und Paterculus, Tacitus sowie Cassius Dio war deren Anwesenheit keine Erwähnung wert? Vielleicht sollte man den Fund auf alternative Erklärungen hin untersuchen.
:grübel:
 
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Interessant sind die Funde wirklich. Wobei sich das gleich selbst wieder relativiert.

Die in Kalkriese gefundenen Siegelkapseln werden hier defacto von ihrer Bedeutung mit den Papstbullen gleich gesetzt. Man impliziert hier, dass diese von der kaiserlichen Regierung in Rom stammen. Der Fund in Kalkriese wird nun als Beweis gesehen, dass man es bei der römischen Kriegspartei nicht mit einer "einfachen" Truppe zu tun hatte, sondern dass hier der Stab der Provinz-/Heeresleitung zu Grunde gegangen ist. Nun wird jedoch das Bild 5 gezeigt, wonach eine Person in seinem Geldbeutel solch eine Siegelkapsel mitführte. Wieso konnte eine Person mit überschaubarem Barvermögen solch ein wichtiges Stück in seinem Geldbeutel mitführen?

Für mich stellt sich die Frage, ob diese Siegelkapsel zu römischer Zeit an dem Dokument verblieb. Oder sollte diese Siegelkapsel nur ein Öffnen durch Unbefugte/Neugierige unterbinden? Wenn letzteres zutrifft, dann war das Siegel nach Erhalt beim Empfänger bedeutungslos geworden. Man schnitt es ab und warf es weg. Wenn nun ein Meldereiter als Hobby diese Teile sammelte? Könnte sein, muss nicht sein. Dann sagt uns das Auffinden in Kalkriese nur, dass dieser Meldereiter bei Kalkriese sein Gepäck verloren hat. Ein Beweis für die Anwesenheit von Varus oder Caecina ist das nicht.

https://de.wikipedia.org/wiki/Bulle_(Siegel)

Die Interpretation der aufgefundenen Bleche als Reste von Litui ist - ähem - interessant. Zu Caesars Lebzeiten bestand dieses Gremium aus sechzehn Auguren. Als Varus im Saltus Teutoburgensis sein Leben verlor, war Germanien gerade in der Provinzwerdung. Kriegsereignisse gab es andernorts. Warum war dann rechtsrheinisch mindestens ein Augur unterwegs? Es gab damals mehr als sechzehn Provinzen. Warum sollte gerade Varus von einem Auguren begleitet werden? Und dann führte dieser Augur gleich zehn Litui mit sich? Oder waren zehn Auguren dort unterwegs? Und Paterculus, Tacitus sowie Cassius Dio war deren Anwesenheit keine Erwähnung wert? Vielleicht sollte man den Fund auf alternative Erklärungen hin untersuchen.
:grübel:

Germanicus bekleidete 15n Chr ein Priester/Augurenamt. Nach Tacitus, Annalen 1,61,2–3 kritisierte Tiberius aus diesem Grund die Bestattungsaktion. Ich würde aber auch ein generelles Mitführen von Auguren bei Feldzügen in Betracht ziehen. Zum potentiellen Schlachtenausgang wurden ja regelmäßig die Götter befragt und entsprechend geopfert.

Gruss
jchatt
 
Beides sind eigentlich sehr interessante Funde, auch wenn die Interpretationsmöglichkeiten groß sind.

Bei den Siegeln ist es anhand der Fundsituation (Geldbeutel) klar, dass diese nicht mehr an einem Dokument hingen. Trotzdem wird man diese höchstwahrscheinlich nicht bei irgendjemanden finden sondern im Umfeld der Kanzlei eines hohen Offiziers. Dabei kann es jedoch ein ein Fern der eigenen Einheit gemeuchelter Meldereiter sein wie Flavius meinte.

Bezüglich der Litui, stell sich die Frage ob es echte waren oder nur eine Art Dekoration die diese nachstellte. Einen echten Bischofsstab findet man ja auch nur bei einem Bischof in seiner Kathedrale, Nachbildungen davon jedoch in jeder kleinen Parrochialkirche in der Sankt Nikolaus, Apollinarius oder Virgilius verehrt werden. (Das ohne die omnipräsenten Schokonikoläuse zu berücksichtigen).

Auf jeden Fall, ob echte Litui aus dem Gepäck eines Auguren (der vielleicht für jede Toga ein Exemplar in der passenden Farbe dabei hatte), oder eine Art Altardekoration, weder das eine noch das andere wird von einem religiösen bzw. abergläubischen Volk wie den Römern so einfach zurückgelassen und deutet eigentlich auf eine untergegangene Militäreinheit hin.
 
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Bezüglich der Litui, stell sich die Frage ob es echte waren oder nur eine Art Dekoration die diese nachstellte. Einen echten Bischofsstab findet man ja auch nur bei einem Bischof in seiner Kathedrale, Nachbildungen davon jedoch in jeder kleinen Parrochialkirche in der Sankt Nikolaus, Apollinarius oder Virgilius verehrt werden. (Das ohne die omnipräsenten Schokonikoläuse zu berücksichtigen).

Wenn es nur eine Art Dekoration war, hätte man eigentlich in römischen Fundkomplexen mehr Litui finden müssen. Aber laut Varus-Kurier gibt es nur ein einziges Vergleichsstück (aus Vindonissa).


Weiter sind die gefundenen Überreste von 10 Litui, von denen ansonsten nur ein einziges Vergleichsstück bekannt ist. Der Lituus*(http://de.wikipedia.org/wiki/Lituus_(Stab)), ein Krummstab, wurde von Auguren getragen. Der Fund dieser außergewöhnlich großen Anzahl von Litui deutet auf die Anwesenheit von Auguren hin.



*Übrigens wird dieser Krummstab noch heute in der Katholischen Kirche als Amtsinsignie der Bischöfe benutzt. Laut Wiki wurde der Gebrauch durch Kaiser Konstantin den christlichen Priestern gestattet.

Sonst kennen wir den Lituus nur aus antiken Abbildungen.
 
Kann jemand genauereres zum Inhalt dieser Geldbörse sagen, also insbesondere was für Münzen sich darin befanden. Gehe ich recht in der Annahme das darin auch Silbermünzen waren?
 
Hallo salvus,

die Archäologin Georgia Franzius schrieb dazu: „Eine Sonderstellung unter den Funden nimmt das aus einer Siegelkapsel mit figürlicher Darstellung in Relief, 6 Asses, 4 Denaren und einem einfachen Silberniet bestehende Ensemble ein.“
Ferner schreibt sie, dass Siegelkapseln hauptsächlich als Verschluss von Schreibtäfelchen dienten, aber auch, wie ein Fund aus Trier zeigt, Geldbeutel verschließen konnten.
Georgia Franzius: Die römischen Funde und Münzen aus Kalkriese, Ldkr. Osnabrück, Deutschland, der Jahre 1987-1996, S.19
Ich gehöre übrigens zu den wenigen Glücklichen, die an der Erforschung des Varusschlachtfeldes in Kalkiese persönlich teilhaben konnten. Während meiner Semesterferien nahm ich als Grabungshelfer an den Kampagnen 1992, 1993 und 1995 teil. Es war ein ergreifendes Erlebnis, das mir niemand mehr nehmen kann. In diesen Jahren traten bei den Prospektionen und Grabungen sehr viele neue, spektakuläre Funde auf. Ich selbst habe eine römische Glasperle gefunden, die vielleicht einmal zum persönlichen Besitz des Varus gehört hat.
 
Was ist Wahrheit? (Pontius Pilatus)

AVE - Ich bin neu hier, da ich gerade erst für einige Zeit aus dem Geisterreich auf die Erde zurückgekehrt bin. Daher muß ich mich erst eingewöhnen; besonders diese neuartigen Schreib- und Rechentafeln machen mir noch gewisse Schwierigkeiten, beim Mercurius!

:engel:

Und um es gleich zu sagen: Ich glaube nicht an Kalkriese! Soweit ich mich noch erinnern kann nach zweitausend Jahren bin ich nämlich woanders gefallen damals, - und ich habe schließlich unter Varus gedient!

Mein Bruder hat einen Gedenkstein für mich machen lassen, war sicher ziemlich teuer, und da steht völlig richtig: Gefallen im Krieg (bellum) des Varus! Und eben nicht: ...in der Schlacht (clades) des Varus!

Wie ich mit Bedauern feststellen mußte, gibt es immer noch Kriege und Schlachten. Aber ich kann euch dadurch etwas beispielhaft erklären: Woran würdet ihr denken, wenn ihr lesen würdet:

"Gefallen in Napoleons Schlacht!?" Ich vermute: "Hmmm, - wird wohl Waterloo gemeint sein, vielleicht auch Austerlitz oder so?"

Und wie sähe es aus bei: "Gefallen in Napoleons K r i e g!? Ich nehme an, ungefähr so: "Wird wohl der Rußlandfeldzug gemeint sein; oder sonst, naja, irgendwo irgendwann eben, der Napoleon hat ja ziemlich lange in ganz Europa Krieg geführt!"

Das ist schon ein Unterschied, nicht wahr? Auch wenn Varus kein Kaiser, sondern nur Statthalter und General war und nicht in ganz Europa sondern nur in Germanien Krieg führte.

Mein Bruderherz war übrigens auch Soldat, in Vetera, deswegen wurde der Stein ja dort aufgestellt, und nicht bei uns zu Hause in Italia. Er wußte was passiert war, und Latein konnte er auch, er kannte den Unterschied zwischen bellum und clades! Ergo ließ er auf den Stein schreiben, was er wußte: daß Varus nämlich einen Krieg in Germanien geführt hat! Einen Krieg wohlgemerkt, - nicht nur eine einzelne Schlacht!

So ein Krieg dauert immer eine gewisse Zeit, und meistens gibt es dabei mehrere Kämpfe, bzw. Schlachten. Mein Bruder wußte aber nicht, in welcher und wo ich den Tod fand, sonst hätte er gewiß schreiben lassen: in der Schlacht, und höchstwahrscheinlich auch in welcher, bzw. wo die stattfand!

Sagt selber, was ist plausibler: daß ein großes Heer, drei Legionen, 3/5 der gesamten Besatzungsmacht rechts des Rheins, in einem längeren Krieg aufgerieben wird, - oder in einer einzigen Schlacht?

Und noch ein letztes dazu: hätte es tatsächlich nur solch eine einzige "Varusschlacht" gegeben, - dann hätte mein Bruder, wie alle Soldaten in Vetera das natürlich gewußt. Was wiederum erst recht ein Grund gewesen wäre, Schlacht schreiben zu lassen, und nicht Krieg!

Einige werden mich nun hämisch fragen wollen, warum denn dann die römischen Autoren allesamt, wenn auch in unterschiedlichen Versionen von nur einer Schlacht schrieben? Wobei einer, Cassisu Dio - übrigens der Einzige der unmißverständlich die von topoi nur so triefende Gruselgeschichte vom tagelangen Untergang im düsteren Wald kolportierte -, zugleich recht deutlich mit dem Zaunpfahl winkte: daß er nämlich seinen Quellen aus den Senatsarchiven keineswegs traute. Mit anderen Worten, er schrieb, woran er selber nicht wirklich glaubte!

In den üblichen "Textquellen zur Varusschlacht" etc. wird das regelmäßig unterschlagen, und auch der große Mommsen, für den Dio der einzig wahre Jacob war, ja der alle anderen Autoren völlig ignorierte und sogar gehässig schmähte, schwieg darüber vornehm!

Gut, es steht nicht direkt auf derselben Seite, dennoch halte ich es für unseriös, besonders Laien so die Bildung eines eigenen Urteils zu erschweren. Im Prinzip handelt es sich um Manipulation, und unter Wissenschaft verstehe ich etwas anderes!

Aber zurück zum warum. Ich will es euch sagen: dem göttlichen Augustus in Rom paßte etwas nicht an diesem verlorenen Krieg. Von wegen "Ganz Germanien habe ich befriedet!" etc. etc. Er stand quasi als Großmaul da, er der Gott (ein schöner Gott war der)! Und Leute die immer noch innerlich Republikaner waren und sich heimlich drüber ins Fäustchen lachten dürfte es in Rom derer noch viele gegeben haben!

:gathering:

An der Tatsache selbst war nun leider nichts mehr zu verheimlichen, zu Viele wußten davon, Varus war nunmal tot und seine Legionen gab´s auch nicht mehr. Aber wenigstens konnte man das Ganze etwas abmildern. Mit einer Propagandageschichte: Ungunst der Götter, böse germanische Hinterlist, mieses Wetter, matschige Wälder, triefnasse Schilde (Blödsinn, als hätten wir damals bei Regen jedesmal die Schlacht abgeblasen, die Dinger waren aus in heißem Öl getränkten Hartholz, mit Leder bezogen und immer schön eingefettet, die konnte man tagelang ins Wasser legen ohne daß was passierte).

Und natürlich noch ein naiver unfähiger General! Hauptsächlich der war schuld. Augustus konnte schließlich nicht wissen, daß der solch eine Niete sein würde, - bei den Referenzen?

So sieht´s schon besser aus, einfach nur Pech das Ganze! Und, wonach klingt das höchst verdächtig? Na klar, - nach dummer Ausrede natürlich!

Und genau d i e hatten die Hofschreiber im Archiv gefälligst aktenkundig zu machen. Für die Nachwelt, - also auch für euch! Cassius Dio ahnte das auch, als er in den Akten blätterte, siehe oben. Womöglich wußte er es sogar ganz genau. Ich gehe ferner davon aus, daß auch Paterculus, an sich eine ehrliche Soldatenhaut, bereits dazu verdonnert wurde im Sinne des Princeps zu schreiben, wenn ihm seine weitere Karriere und sein Leben lieb waren.

Erlaubt mir zum Schluß noch ein Beispiel aus eurer Zeit, ungefähr jedenfalls, aus dem hoffentlich letzten Krieg der Germanen unter dem letzten Imperator Athaulf Itlerius.

Wenn Jener doch noch irgendwie mit einem blauen Auge aus seinem Krieg herausgekommen wäre; etwa durch einen Sonderfrieden im Westen, Stalinius Legionen gerade noch an der germanischen Grenze gestoppt. Was hätte dann wohl in den Archiven über den verlorenen Rußlandfeldzug gestanden? Die Wahrheit, eine wie schon von Napoleon nicht zu besiegende russische Armee?

Sicher nicht, wohl eher so etwas: Verhängnis, hinterlistige russische Falle, Stalingrad als Wendepunkt, die feigen rumänischen und italischen Auxiliares sind einfach weggelaufen, der unfähige General Paulus, der russische Winter. Sonst hätte der größte Feldherr aller Zeiten natürlich gewonnen! Genau wie Augustus.

:motz:

Ein allerletztes Wort noch zu Kalkriese, ich werde später noch mehr drüber scheiben. Wer immer dort und wann gegeneinander kämpfte, vielleicht sogar Römer gegen Römer, ein Blick auf die Karten mit den eingezeichneten Fundstellen sagt mir als erfahrener römischer Soldat: verloren haben dort die hinter den Erdwällen!

:fechtduell:

Und einmal angenommen, die Bücher des Cassius wären bis heute verschollen und keiner hätte sie gelesen. Dann würden auch die Herrschaften dort ihre Funde gänzlich anders interpretieren, dessen bin ich so sicher wie einst Sokrates seiner Sache vor den Athenern.
 
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