Völkermord Japan

Eugen Rommel

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Hallo, ich wollte fragen, ob mir einer von euch sagen könnte, ob die Kriegsverbrechen der Japaner im Zweiten Weltkrieg allgemein als Völkermord angesehen werden. Immerhin scheinen sich die Japaner ja sehr oft die Chinesen aus den meisten der besetzten Gebieten rausgesucht zu haben, auch in denen, wo do Chinesen in der Minderheit waren.
 
laut Tante Wiki werden die nicht wenigen Massaker des zweiten chinesisch-japanischen Kriegs im englischsprachigen Raum als "Asian Holocaust" bezeichnet

In den Buch von Applebaum über den "Gulag" streicht sie, neben anderen, die Einzigartigkeit der unterschiedlichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder die Kriegsverbrechen heraus.

Gulag: A History of the Soviet Camps - Anne Applebaum - Google Books

Die Tatsache, dass durch die Kriegsführung der Japaner von 1931 bis 1945 viele Opfer zu beklagen sind ist sicherlich richtig, dennoch folgen die Ursachen für diese japanischen Exzesse völlig anderen historischen Linien, wie man am Beispiel Nanking sehr deutlich sehen kann.

Und sind sicherlich nicht als asiatischer Holocaust zu bezeichnen.

So weist Berger beispielsweise (S.131) darauf hin, dass der japanische Imperialismus einem komplexeren Muster folgt wie beispielsweise der Angriff Hitlers auf Polen. Vor diesem auch unter Historikern umstrittenen Hintergrund war es beispielsweise für die Kriegsverbrecher-Prozesse in Japan nach dem Krieg schwierig, ähnlich zu argumentieren wie im Fall der Nürnberger Prozesse.

Dennoch wurden auch in diesem Fall Anklage erhoben ("class A-Angeklagte: ca. 28 Top-Militär und Politiker).

Gleichzeitig wurden als "class C"-Angeklagte (Verbrechen gegen die Menschlichkeit) in Japan und außerhalb Japan ca. 6000 Personen angeklagt (darunter auch "class B"-Angeklagte: Verbrechen gegen die Gesetze der Kriegsführung).

http://books.google.de/books?id=R-cpQ73eVJQC&printsec=frontcover&dq=war+guilt+and+world+politics&hl=de&sa=X&ei=EUymUe7lKYqZhQfK9IAg&ved=0CDUQ6AEwAA#v=onepage&q=war%20guilt%20and%20world%20politics&f=false
 
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Und sind sicherlich nicht als asiatischer Holocaust zu bezeichnen.
erklär´ das denjenigen im angelsächsischen Sprachraum :winke:, die dieses euphemistische Bild verwenden.
z.B.: http://de.wikipedia.org/wiki/Iris_Chang
der Originaltitel ihres Buches lautet The Rape of Nanking - The Forgotten Holocaust of World War II, die deutsche Ausgabe hat den Titel Die Vergewaltigung von Nanking. Das Massaker in der chinesischen Hauptstadt am Vorabend des Zweiten Weltkriegs. Pendo, Zürich 1999, ISBN 3-85842-345-9.


Völkermord/Genozid verjährt nicht: ist Japan eigentlich noch irgendwo auf der Anklagebank? (ich weiß es übrigens nicht) Wenn nicht, dann wäre die Frage, ob es sich um Völkermord gehandelt habe, derzeit international juristisch geklärt (?).
Allein das Ausmaß, die Opferzahlen von 1931-45 ist erschreckend, noch erschreckender sind die ausschweifenden Grausamkeiten wie z.B. beim von dir erwähnten Nanking-Massaker.
 
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ist Japan eigentlich noch irgendwo auf der Anklagebank?

In den chinesischen oder koreanischen medien regelmäßig, ja; ist aber glaube ich nicht das, was Du meinst. :pfeif:

ist Japan eigentlich noch irgendwo auf der Wenn nicht, dann wäre die Frage, ob es sich um Völkermord gehandelt habe, derzeit international juristisch geklärt (?).[/quote]

Wer sollte das noch klären? Die Tokioter Prozesse sind vorbei...

Tokioter Prozesse ? Wikipedia
 
So weist Berger beispielsweise (S.131) darauf hin, dass der japanische Imperialismus einem komplexeren Muster folgt wie beispielsweise der Angriff Hitlers auf Polen. Vor diesem auch unter Historikern umstrittenen Hintergrund war es beispielsweise für die Kriegsverbrecher-Prozesse in Japan nach dem Krieg schwierig, ähnlich zu argumentieren wie im Fall der Nürnberger Prozesse.

Dennoch wurden auch in diesem Fall Anklage erhoben ("class A-Angeklagte: ca. 28 Top-Militär und Politiker).

Ich kenne jetzt Berger nicht, aber den Hinweis auf ein "komplexeres Muster" erscheint mir mit Blick auf die imperialistischen Ziele, den Herrschaftsmethoden als Gewalt in den besetzten Gebieten, und den Ausbeutungsstrategien fraglich.

Allein in Indonesien sollen dem ca. 1,5 Millionen Menschen in 4 Jahren zum Opfer gefallen sein. Die Beispiele Borneo und Phillippinen, Vietnam und Burma sind ebenfalls weniger bekannt als die Vorgänge in China, von Korea ganz zu schweigen. Die Herrschaft trug rassistische Züge, iS. einer japanischen "Herrenrasse", die diese Gebiete rücksichtslos für die Ausbeutung vorsah (Beispiel: das Verhältnis zu Koreanern oder Vietnamesen). Soweit noch Ansätze von "Zurückhaltung" zu verzeichnen waren, geschah dieses regelmäßig unter "taktischen" Aspekten der Besatzungsherrschaft und laufenden Weltkriegsführung.

Ein Vergleich mit den deutschen "Hegemonialzone" in Europa ist interessant. Sicher fehlt dabei die gezielte Vernichtungsstrategie aus einer völkischen Ideologie heraus. Das ist vielleicht der Grund, warum bei dieser Abweichung (auch) nach anderen Begriffen (als Genozid) für die Millionenmorde gesucht wurde, etwa "Demozid", oder sich Umschreibungen finden wie billigende Inkaufnahme von Massensterben durch rücksichtslose ökonomische Ausbeutung.
 
Ein Vergleich mit den deutschen "Hegemonialzone" in Europa ist interessant.

Zu den Ähnlichkeiten und den Unterschieden äußert sich entsprechend Gann (S. 335ff).

http://books.google.de/books?id=1L1...a=X&ei=r5KnUYCfK4jItQaS94HADg&ved=0CDgQ6AEwAA

Die Beschreibung der rassistischen Begründungen der Krieggreuel ist sicherlich richtig, es fehlt diesem Vorgehen jedoch aber auch das systematische Element, die für den Holocaust zentral waren.

Vieles von dem war aus bestimmten Situationen heraus entstanden, teils wohl unkontrolliert (wie Nanking aufgrund von einem nahezu vollständigen Verlust der Kontrolle über die Armee bzw. den einzelnen Soldaten) und auch teilweise dezentral zu verantworten.

Vor diesem Hintergrund taten sich die Ankläger offensichtlich in den Prozessen in Japan sehr schwer entsprechendes belastendes Material zu finden (z.B. Vorbereitung eines Angriffskrieges etc.). Zusätzlich erschwert durch die Ausklammerung den Tenno aus diesen Prozessen, was die Beweisführung für die Ankläger wohl zusätzlich erschwert haben soll.

Im Rahmen der Prozesse waren die Chinesen und die Koreaner als Ankläger ausgeschlossen und so wurden wohl im wesentlichen Kriegsgreuel gegen Europäer verhandelt.

Mit der Konsequenz, dass die japanische Gesellschaft spätestens ab 1948 in der Mehrheit die Verantwortung für diese Kriegsgreul von sich wies, bzw. die "kleine militaristische Clique" belastet wurde.

Und das politische System ab ca. 1950 nahezu sämtliche Urteile "kassierte" und somit eine weitgehende Negierung auch aus dem politischen Umfeld stattfand.

Was sich bis weit in die achtziger Jahre hinzog und im Bereich beispielsweise der offiziellen Geschichtsschreibung in den Schulbüchern niederschlug, in denen Nanking nicht im Verlauf und als Folge einer japanischen Aggression dargestellt wurde.
 
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Ich würde Nanking trotz der Ungeheuerlichkeit des Massakers (zunächst) außer Acht lassen.

Deshalb habe ich auf die Besatzungsregimes verwiesen, an denen sich eben Strukturen am einfachsten feststellen lassen. Diese würde ich sehr wohl als "systematisch" werten. Ein wesentlicher Aspekt dabei war die "Überlegenheit", der Anspruch als asiatische Führungsmacht.

Erst im zweiten kann man dann auf das Selbstverständnis als "Herrenrasse" zurückkommen, der die rücksichtslose Ausbeutung unter Inkaufnahme von Opfer folgte. Von dem Punkt aus kann man auch Erklärungsansätze für riesige Massaker suchen, die über vergleichbare Brutalisierung (sozusagen "kriegsgewöhnlich") hinausgingen.

Die Einschränkungen des Prozesses hast Du beschrieben.
 
1. Ein wesentlicher Aspekt dabei war die "Überlegenheit", der Anspruch als asiatische Führungsmacht.

2. Erst im zweiten kann man dann auf das Selbstverständnis als "Herrenrasse" zurückkommen, der die rücksichtslose Ausbeutung unter Inkaufnahme von Opfer folgte

Zu 1. Im Prinzip verweist der erste Aspekt ja auch eine "Drecksbeziehung", in die neben Japan, seinen asiatischen Nachbarn ja auch die Kolonialmächte einbezogen werden müssen.

Und teilweise definierte sich Japan ja auch als asiatische Macht, die seine asiatischen Nacbarn von dem "Joch" der Kolonialherrschaft befreien wollte.

Eine Rolle, die auf eine gewisse Akzeptanz bei den asiatischen Nachbarn gestoßen ist, allerdings teilweise auch auf Ablehnung wie beispielsweise im Fall Vietnams und der Zusammenarbeit der Befreiungsbewegung während des Krieges mit den Amerikanern.

In diesem Sinne hat Japan in dieser Periode m.E. eine ambivalente Beziehung zu seinen Nachbarn gehabt, die einerseits sicherlich die hegemonilae Führung bedeutete, aber auch den Kampf gegen die Kolonialmächte beinhaltete.

Und diese abweichende Situation in Asien zu Mitteleuropa, und das war auch mit der komplexen Situation gemeint, spielte auch eine Rolle bei den Kriegverbrecherprozessen und beeinflußte auch das Selbstverständnis der Japaner als Angeklagte und das der anklagenden Allierten.

zu 2. Interessant fand ich die Darstellung bei Young (Japan`s Total Empire), die die gesellschaftliche Position der japanischen Siedlern darstellt. In Japan wurden dabei besonders arme japanische Bauern ausgewählt, die über kleinste Anbauflächen verfügten.

In der Mandschurei angekommen wurden sie mit sehr umfangreichem Grundbesitz ausgestattet, genossen erhebliche Privilegien und verkörperten in ihrer gesellschaftlichen und ökonomischen Position unmittelbar die "Herrenrasse".
 
In dem Zusammenhang noch etwas anderes: ich war bereits mehrere Monate in China. Jedes mal ist mir aufgefallen, wie hoch das Bild der Deutschen im Vergleich zu den Japanern hängt. Die meisten Chinesen hassen die Japaner und wünschen ihnen die schlimmsten Sachen. Die Deutschen werden hochgelobt.

Ich konnte dann mit einem chinesischen Studenten während einer 35 h Zugfahrt intensiver darüber reden und versuchte herauszufinden, warum die Deutschen einen so viel besseren Ruf haben als die Japaner, obwohl sie viel schlimmeres angerichtet haben.

Einer der Hauptgründe war, dass die Deutschen bereuen und seit Jahrzehnten ihre Geschichte aufarbeiten. Der chinesische Student nannte in diesem Zusammenhang den Kniefall von Willi Brandt (ich war beeindruckt, dass er das wusste). Die Japaner unternehmen ihrer Meinung nach jedoch nichts, um sich mit ihren Greueltaten auseinanderzusetzen.

Meiner Meinung nach spielt da jedoch noch ein weitaus wichtigerer Grund eine Rolle. Und der ist psychologisch. Die Greueltaten der Japaner hat die Chinesen direkt betroffen, die der Deutschen nicht.
 
Meiner Meinung nach spielt da jedoch noch ein weitaus wichtigerer Grund eine Rolle. Und der ist psychologisch. Die Greueltaten der Japaner hat die Chinesen direkt betroffen, die der Deutschen nicht.
Das ist wohl richtig und noch zu ergänzen. Der Siemens-Repräsentant John Rabe hat während des Massakers von Nanking versucht, die Zivilbevölkerung zu schützen, das ist in China ebenfalls unvergessen.
 
Eine weitere Sache die die Gefühle in China regelmäßig hochkochen lässt sind die Zeremonien an Schreinen die Personen gewidmet sind die hierzulande eindeutig als Kriegsverbrecher gelten würden.

nicht nur so ein paar dummbatzen die einen Hess Gedenkmarsch machen, sondern offizielle Veranstaltungen inklusive Regierungsvertreter.
das hat dann schon ein gewisses Geschmäckle.
 
Ob der letzte Satz korrekt ist?
Eine der Klägerinnen in Südkorea kündigte nach dem Urteil an, den Fall vor den Internationalen Strafgerichtshof zu bringen.
Erstens ist der IStGH nur für Verfahren gegen natürliche Personen zuständig, nicht auch für Verfahren gegen Staaten. Es dürfte eher schwierig sein, heute noch lebende, für die Zwangsprostitution verantwortliche Personen aufzutreiben. Zweitens erstreckt sich die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs nur auf Verbrechen, die nach Inkrafttreten (1.7.2002) seines Statuts (bzw. nach Beitritt eines Staates zum Statut) begangen wurden. Japan ist zwar Vertragspartei, aber nicht im 2. WK. Drittens können keine Privatpersonen Anklage erheben. Ich kann daher keinen Anknüpfungspunkt für ein Verfahren vor dem IStGH erkennen.
 
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Einer der Hauptgründe war, dass die Deutschen bereuen und seit Jahrzehnten ihre Geschichte aufarbeiten. Der chinesische Student nannte in diesem Zusammenhang den Kniefall von Willi Brandt (ich war beeindruckt, dass er das wusste). Die Japaner unternehmen ihrer Meinung nach jedoch nichts, um sich mit ihren Greueltaten auseinanderzusetzen.

Ich bin ein Chinese. Meiner Meinung nach hasse ich die Japaner deshalb noch mehr, weil sie überhaupt keine Reue zeigen, sich dieser Geschichte nie stellen und sich nie öffentlich für diese Gräueltaten entschuldigen. Im Gegenteil, die Japaner versuchen auch, die Geschichte zu verzerren und die Erinnerung ihres eigenen Volkes an diese Geschichte auszulöschen.
 
Ich stimmte dir zu, das Japan noch einiges in Sachen eigener Verbrechen im 2.Weltkrieg aufzuarbeiten hat
Wie ist es mit China? Hat China sich denn für seine Verbrechen gegenüber Tibet entschuldigt?
 
Ich kann die Vorbehalte gegen den japanischen Staates und seine Repräsentanten nachvollziehen, aber bitte nicht pauschal von "den Japanern" sprechen. Auch in Japan gibt es Menschen, die die Vergangenheit ihres Landes bzw den Umgang mit der Vergangenheit sehr kritisch sehen.
 
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