Ob es DIE globale Katastrophe war sei mal dahingestellt, aber es war fraglos eine globale Katastrophe.
Was den Einwand von Klaus angeht, irgendwelche Unterschiede müsse es ja gegeben haben: Natürlich. Wir können aber nicht einmal sagen welche Auswirkungen diese haben.
Nehmen wir mal an (und schon damit spekulieren wir etwas) die oben angesprochene Hirnregion sei beim Neandertaler tatsächlich größer gewesen.
Dann kann dies viele verschiedene Auswirkungen haben. Jede dieser Auswirkungen hat dabei dann auch Effekte, positive wie negative. Oben wurde ja auch angesprochen dass diese Hirnregion auch für z.B. Gesichtserkennung zuständig ist. Ist das also positiv für die Frage der Sozialisation? Möglich. Vielleicht könnte man damit Emotionen besser deuten, Ausdrücke. Moglich ist auch das Gegenteil. Wir wissen zu wenig über das Neandertalergehirn um dies sagen zu können.
Noch viel komplizierter wird dies aber wenn man bedenkt dass körperlich positive oder negative Eigenschaften sich kulturell umkehren können. Eine Schwäche kann dadurch zu einer Stärke werden dass man sie versucht auf anderem Weg auszugleichen. Eine schlechtere visuelle Erfassung könnte bessere andere, ausgleichende kulturelle Eigenschaften bedeuten.
Und all dies macht die Suche nach dem einem körperlichen Unterschied der das Aussterben der Neandertaler "erklärt" so problematisch. Jeder beliebige Unterschied könnte dafür benutzt werden, ob positiv oder negativ.
Ohne die Möglichkeit zur Verifizierung oder auch nur Anhaltspunkte. Es kommen halt öfters mal Artikel, und jeder von ihnen funktioniert nach dem Motto: "wir haben Unterschied X festgestellt - das ist nun der Grund!". Medizin bringt uns dort also nicht weiter.
Die zugrundeliegenden Fachpublikationen sind dabei jeweils deutlich vorsichtiger, aber das generelle Problem bleibt. Wir haben viel zu wenig Informationen über das Leben der Neandertaler und auch der Sapiens zu dieser Zeit um zu sagen wann welche Gruppen ausstarben und wieso. Wir wissen ja nicht einmal welche Gruppen es gab. Denn auch wenn wir von den Unterarten sprechen als seien sie eine große Gruppe und Gemeinschaft: dies waren sie ja nicht, es gab viele verstreute Einzelgruppen, die auch einzeln starben.
Man muss die Betrachtungsweise weg von einem medizinischem und hin zu einem historischem, kulturellem Blickwinkel bringen.
Wir haben es hier schließlich in erster Linie mit migrationsbewegungen zu tun. Selbst wenn man die Grundannahme teilt dass dort direkte Konflikte entstanden - dann sind es Konflikte zwischen bestehenden Gruppen und Einwanderern. Es muss keine körperlichen Unterschiede dafür geben dass dabei Kulturen untergehen, das passierte schließlich auch späteren "Nur-Sapiens".
Die oft gehörte Argumentation "Sie sind ausgestorben, also müssen sie in irgendwas schwächer gewesen sein als wir, und wegen dieser schwäche starben sie aus." ist ein Zirkelschluss.