Moin, Moin,
@Melchior, Silesia, vielen Dank Euch beiden!!
Und es gibt sie doch, zumindest das Fragment einer Quelle [Mod an: Link wurde gelöscht, Mod aus], scheint von einem Zeitzeugen zu stamen. Näheres habe ich nicht entdeckt:
Juni 1933
SS-Oberführer Theodor Eicke übernahm im Juni 1933 das Kommando über das Konzentrationslager Dachau und den SS-Sturmbann “Dachau”, die Wachtruppe “Oberbayern” der Allg. SS, war nach seinem Urteil durchgehend korrupt und demoralisiert, bestand aus 120 Mann. 60 Mann wurden sofort entlassen und durch sorgfältig rektutiertes neues Personal ersetzt. Umbenennung in SS-Wachsturmbann I “Oberbayern”. (Andrew Mollo, Vol.4 Die Totenkopfverbände 1933-45)
Die Anfänge der zukünftigen Totenkopf-Standarte wurden bereits 1933 bei der Bildung der SS-Wachtruppe "Oberbayern" für das Konzentrationslager Dachau. Die Wachtruppe war die erste hauptamtliche SS-Konzentrationslager-Wache aus den Reihen der Allgemeinen SS des SS-Abschnittes Süd. Die für die Bewachung des KL Dachau Anfang 1934 durch Eicke aufgestellte „Wachtruppe Oberbayern“ gehörte zunächst noch der Allgemeinen SS an. Erst mit der Ernennung Eickes zum „Inspekteur der KL und der Totenkopfverbände“ im Juli 1934 wurden letzter organisatorisch aus der Gliederung der Allgemeinen SS herausgelöst. Aus der Wachtruppe Oberbayern ging die SS-Totenkopf-Standarte „Oberbayern“ hervor. (Martin Broszat (Hrsg.) Kommandant in Auschwitz, Autobiographische Aufzeichnungen des Rudolf Höß, Deutsche Taschenbuch Verlag GmbH München, 19.Auflage April 2004, S.79, Anm.1)
10. Juli 1933
Der am 16.September 1913 in Coburg geborene Paul Krauß, zuletzt SS-Hauptsturmführer, berichtete: „ Eines Tages wurden Freiwillige gesucht für eine kasernierte Truppe. Das hieß Soldat werden! Das war´s, was wir junge Männer damals wollten, wenn schon keine Arbeit, dann Soldat. Auch ich begeisterte mich dafür. Wir jungen SS-Männern“, Krauß war bereits vor 1933 aus der Hitlerjugend zur SS übergetreten, „ meldeten uns alle, einige wurden nach Berlin geschickt, dort wurde die (spätere) Leibstandarte aufgestellt.Ich und noch 6 Kameraden aus meiner Heimatstadt wurden nach Dachau befohlen. Mit mehr als hundert Kameraden aus ganz Bayern traf ich am 10.7.1933 im Lager Dachau, später bekannt als Konzentrationslager Dachau, ein.
Erster Eindruck: Deprimierend – eine langgestreckte graue Mauer, irgendwo in ihr ein Eisentor, durch daswir fuhren. Hinter dem Tor Baracken, mit Stacheldraht eingezäunt, ab und zu ein bewaffneter Posten in grünem Drillich. In der glühenden Julihitze flimmerte grell und weiß in den Augen stechend, der helle Kies des Dachauer Bodens. Dachau war während des ersten Weltkrieges ein großes Munitionslager, eine Pulver- und Munitionsfabrik gewesen, wurde von den Siegern von 1918 geschleift und lag jahrelang brach. In einer alten, leeren Fabrikhalle wurden wir Neuankömlinge untergebracht, zu Züen und Gruppen aufgeteilt und erhielten den Namen Sonderausbildung. Ich war Rekrut!
Sonderausbildung deshalb, weil bei dieser Hundertschaft, wie die Einheiten damals genannt wurden, nur militärische Ausbildung betrieben wurde. Während die anderen Einheiten auch den Wachdienst um das KZ, in dem die politischen Gefangenen untergebracht waren, versehen mußten. Später nach der Ausbildung, die ein Vierteljahr dauerte, mußten auch wir diesen Wachdienst versehen – aber um es gleich am Anfang klarzustellen – nicht im KZ. Das war von dem Teil des Lagers, in dem die Hundertschaften untergebracht waren, streng getrennt. Den Dienst im KZ versahen SS-Männer, die zur Kommandantur gehörten, nicht zur Truppe.
Für uns jungen Männer mit unserer Begeisterung für alles Soldatische war die Ausbildung, die wir bekamen, gerade recht, wir wollten gute Soldaten werden. Wir wurden es! Unsere Ausbilder waren alles 12 oder mehr Jahre gediente Dienstgrade der Bayrischen Landespolizei und der Reichswehr. Die Offiziere auch alle alte Soldaten, meistens Teilnehmer am 1.Weltkrieg. Von unseren Ausbildern war jeder ein Spezialist für irgendeine Ausbildungsart, für irgend eine der damals gebräuchlichen Waffen. Und wir Rekruten? Uns war keine Eskalierwand zu hoch, kein Wassergraben zu tief, kein Hindernis zu breit, keine Übung zu schwer, Doch um keine falschen Eindrücke aufkommen zu lassen, muß ich kurz auf Einzelheiten eingehen.
Die Ausbildung gliederte sich in folgende Punkte:
1. Sport und zwar auf allen Gebieten, außer Skilauf, wobei genau so viel Wert auf überdurchschnitt-liche Gemeinschaftsleistungen gelegt wurde, wie auf Rekordleistungen einzelner.
2. Waffenausbildung: Es wurde gründliche Kenntnis und Beherrschung aller zu dieser Zeit gebräuch-lichen Infanteriewaffen geschult. Die Ausbildung an den Waffen fand unter schwierigsten Umstän-den statt, auch bei Dunkelheit.
3. Kampfausbildung wurde für alle Kampfarten eines modernen Krieges nach den Erfahrungen des 1.Weltkrieges trainiert. Die Krönung war die Übung im scharfen Schuß unter möglichst kriegsähnlichen Bedingungen. Die Ausbildung war hart, aber ohne Schleifen und Schikane.Mit dem Menschematerial, das der SS zur Verfügung stand, konnte man auf jedem Gebiet der Schulung Höchstleistungen erzielen. Nur eines lernten wir nicht, wir konnten es auch 1941 noch nicht, das Schanzen. Eingraben, also Stellungsbau, Stellungskrieg. Das mußten wir in den Winterschlachten des Ostens mit viel Blut bezahlen.
Etwas kam noch zur Ausbildung hinzu: die Weltanschauliche, die politische Schulung. Sie wurde vermittelt von Lehrern, die politisch, geschichtlich schulten, uns die Vererbungslehre erklärten und uns über die schlimmen Folgen der Erbkrankheiten aufklärten. Sie lehrten uns auch den Unterschied zwischen dem bolschewistischen Kommunismus und dem Nationalsozialismus; deshalb gab es bei den kasernierten Einheiten der SS keine verschlossenen Spinde. Die Achtung des Eigentums hatte Vor-rang. Es wurde nicht gestohlen.
Von 1934 bis 1939 habe ich selbst Männer der SS ausgebildet und auch später im Krieg geführt. Niemals in dieser langen Zeit habe ich Befehle oder Hinweise erhalten oder selbst solche erteilt,den jungen Menschen etwas zu lehren oder außer dem Soldatenhandwerk etwas beizubringen, was gegen Menschlichkiet, gegen internationales Kriegsrecht, gegen anständige Anschauung oder Moral gerichtet gewesen wäre. Später vorgekommene Untaten, Ausschreitungen und Verbechen haben auf keinen Fall die Ausbildung als Grundlage. Dafür sind ganz andere Ursachen maßgeblich.
Das Lager Dachau: Wie bereits gesagt, eine ehemalige Munitionsfabrik mit einem von einer Mauer umgebenen riesigen Terrain. Mit eigenen Versuchsschießplätzen. Die gesamte Anlage war nach dem 1.Weltkrieg der Schleifung anheimgefallen. Mehr als 10 Jahre war alles brach gelegen...
Zu den Zwecken, denen es nun dienen sollte, war es am Rande des Dachauer Mooses gelegen, von der Amper halb, von der Würm durchflossen, in der Nähe der Großstadt München ideal. Das Lager selbst war in zwei Teile getrennt; der kleinere Teil mit etwa 10 Wohnbaracken (1933) diente als Konzentrationslager. Der größere Teil war Truppenlager. Unsere Unterkünfte waren zerfallene Werkhäuser, leere Maschinenhallen, Ruinen. Aus- und ausgebaut zu dem, was es später war, wurde es von den Gefangenen im Laufe der Jahre.
Nach 12 Wochen Grundausbildung wurden wir Neuen auf die schon bestehenden Einheiten aufgeteilt; ich kam zur ersten.Hundertschaft. Ab nun mußte jeder den üblichen Dienstbetrieb mitmachen, das hieß, neben dem weitergehenden militärischen Drill auch Gefangene bewachen. Auch ich bewachte, wenn meine Einheit Wachdienst hatte, Gefangene, auch bei der Arbeit außerhalb des Lagers. Die Bewachung der Gefangenen paßte uns jungen Leuten gar nicht.
Dazu muß man folgendes Wissen: Zwischen dem KZ und dem Truppenlager war eine scharfe Trennung. Der Bereich des KZ war vom Truppenlager durch einen extra Zaun getrennt. Das KZ durfte von keinem Angehörigen der Truppe betreten werden. Ausnahme: schriftliche Genehmigung! Kontakt mit den Gefangenen war fast unmöglich; dieser ergab sich nur, wenn man außerhalb des Lagers Gefangene bewachen mußte. Aber auch da war immer ein Verantwortlicher von der Kommandantur, der ei-gentlichen KZ-Mannschaft, dabei.
Die Machtbefugnisse waren ebenso scharf getrennt. Auf der einen Seite die KZ-Kommandantur mit ihren Angestellten und der Dienststelle der damaligen bayrischen politischen Polizei – auf der anderen Seite die Truppe mit ihrem Truppenkommandeur. Der Unterschied zwischen Truppenangehörigen und dem eigentlichen KZ-Personal, war, man kann es nicht anders sagen, wie das Verhältnis eines Bayrischen Landespolizeibeamten zu einem Vollzugsbeamten der Justiz. Genau und nicht anders – und dies ist meines Wissens so geblieben, obwohl die Angehörigen der Totenkopfverbände amtlich als Wachmänner geführt wurden.
Die Truppe! Die Truppe setzte sich aus SS-Männern aus ganz Bayern zusammen, aber es waren auch Thüringer und Sachsen darunter. Altersmäßig von 17 bis fast 60 Jahren. Fast alle älteren waren Soldaten des 1.Weltkrieges gewesen und die meisten sogenannte „Alte Kämpfer“, im Sinne der frühen Zugehörigkeit zur NSDAP und ihren Gliederungen, wie SA oder SS. Im eigentlichen Sinne war es ein Revolutionshaufen, aus dem nun eine zuverlässige Truppe gemacht werden sollte, und das im Sinne des politischen Soldaten.
Die Vorgesetzten und Ausbilder wurden von der Bayrischen Landespolizei und der Reichswehr gestellt. Himmler war amals kommissarischer Polizeipräsident von Bayern. Daß man aus einem so zu-ammengewürfelten Haufen nicht im Handumdrehen eine disziplinierte Truppe machen konnte, war klar.
Die Männer, die vor 1933 bei den Kampforganisationen der NSDAP gewesen waren, also die „Alten Kämpfer“, fühlten sich zurückgesetzt, weil sie für sich in Anspruch nahmen, die Revolution gemacht zu haben und deshalb gewisse Vorrechte hätten. Wenn sie auch Kriegsteilnehmer waren und „Alte Kämpfer“, so waren sie doch nicht in der Lage, ohne Hilfe der Polizei und der Reichswehr eine ordentliche Truppe auf die Beine zu stellen. Klar, daß welche sagten: „Gestern hat uns die Polizei noch verprügelt, heute sollen wir auf sie hören, ihre Befehle ausführen, das machen wir nicht mit!“. Trotzdem war es richtig, auf die militärischen Könner von der Polizei und der Reichswehr zurückzugreifen.
Dies führte natürlich zu Reibereien; so kam es im Frühjahr 1934 zu Zwischenfällen, die man im soldatischen Sinne nur als Meuterei bezeichnen kann. Die ältesten unter uns wollten sich nicht von der Polizei ausbilden lassen. Wir Jungen dagegen waren mit der harten soldatischen Ausbildung einverstanden. Der Major der Landespolizei, der als Kommandeur der Truppe für die Ausbildung verantwort-lich war, war bei uns jungen sehr beliebt, bei den älteren verhaßt. So kam es zu jenem Zwischenfall, der als Meuterei angesehen wurde und beinahe zu Erschießungen einiger Kameraden, zu denen auch ich gehörte, geführt hatte. Was war geschehen?
Ein Samstag-Nachmittag, gegen 15.00 Uhr. Die erste Hundertschaft, zu der ich auch gehörte, war kurz vorher von einem 20 km-Marsch eingerückt und hatte befohlene Bettruhe. An jenem Tag war ich Unterführer vom Dienst und kontrollierte, ob auch die Bettruhe eingehalten wurde. Nach meiner Kontrolle stand ich vor der Unterkunft, alles war still und friedlich. Die Unterkunft, wir nannten sie Kaserne, hatte 3 Etagen. Im ersten Stock die 1., im zweiten die 2., im dritten die 3.Hundertschaft. Die 2.hatte Wachdienst, die 3.dienstfrei.
Da stand ich vor dem Eingang und schaute über den Kasernenhof, als der Polizeimajor, unser Kommandeur, im Schrittempo über den Hof im offenen Wagen gefahren kam. Da flog aus dem Fenster des 3.Stockes ein Blumentopf, der den Kommandeur an der Schulter traf und Rufe ertönten wie „Polizistenschwein“ und andere Rufe, die ich nicht verstehen konnte. Das war Beleidigung und tätlicher Angriff auf einen Vorgesetzten. Ich hatte es gesehen und hörte, aber ich konnte nicht sagen, wer es war, denn als ich hinauf schaute, waren von der 3.Hundertschaft viele Köpfe an den Fenstern – aber wer hatte geworfen, wer geschrieen?
Daß dies ein verdienter, guter Offizier, der sein Bestes gab, nicht hinnehmen konnte war klar. Zunächst wurde Ausgangssperre verhängt und niemand durfte die Unterkunft verlassen. Dann mußten die 1.und die 3.Hundertschaft ihre Waffen abgeben; dies wurde von der 2., der wachhabenden Hun-dertschaft durchgeführt, denn diese hatte scharfe Munition. Geschossen wurde nicht.
Am nächsten Tag trat SS-Gruppenführer Eicke in Dachau in Aktion. Die 1.und 3.Hundertschaft muß-ten ohne Waffen antreten und wegen Meuterei sollte jeder 10.Mann erschossen werden, sie lautete der Befehl. Wir standen in einer großen, leeren Halle, die von der noch immer Wache habenden 2. Hundertschaft umstellt war. Dann erfolgte der Befehl: Zu 10 abzählen, der zehnte jeweils 3 Schritte vortreten, ich war einer von den Zehnern. Eicke fragte dann: „Wer hat noch was zu sagen“, der könne es jetzt tun. Da trat ich nochmal einen Schritt vor und sagte „Das war keine Meuterei im militärischen Sinne, daswar Dummheit einzelner“; diese hätten nur noch nicht begriffen, daß die Zeit des Umsturzes vorbei sei und nun Ordnung und Disziplin herrschen müsse. Man solle nicht übersegen, daß wir alle Freiwillige seien und wem Ordnung und Disziplin nicht passe, den könne man ja nach Hause schicken. Wir Jungen jedenfalls seien mit einer richtigen soldatischen Ausbildung einverstanden und hätten nichts gegen unsere Vorgesetzten, woher sie auf kommen mögen.
Daraufhin zog sich Eicke mit den Offizieren und Ausbildern der Polizei und der Reichswehr zurück, um zu beraten. Nach einer halben Stunden jamen sie wieder und Eicke sagte, die Angelegenheit sei erle-digt, die Truppe werde neu gegliedert, die Älteren schicke man nicht nach hause, sie würden zum KZ-Personal versetzt. Aber in Zukunft würden Disziplinlosigkeiten mit aller Strenge bestraft. Der beleidigte Polizeioffizier hatte, bevor Eicke kam, Unterschiriften von Augenzeugen verlangt, um den Vorfall beweisen zu können. Diese Unterschriften wurden vor aller Augen verbrannt. Damit war der Fall erledigt und wir durften unsere Waffen wieder in Empfang nehmen. Obwohl wir von vornherein nicht an Erschießungen geglaubt hatten, waren wir jetzt sehr froh und erleichtert. Der Fall war beigelegt. Von nun an lief die Ausbildun ungestört und wir jungen Männer hatten weniger mit der Bewachung der Häftlinge zu tun; darüber waren wir froh, denn der Wachdienst lag uns gar nicht....“
(Auch ich bin ein Zeuge aus dem Jahrhundert, Paul Krauß, Selbstverlag Coburg, Zweite verbesserte und ergänzte Auflage , Geschrieben im ersten Viertel des Jahres 1983, ergänzt 1991, 75 Seiten, S. 22 – 27)
Gruss,
Bernd