Historizität Jesu von Nazareth

Nun gibt es aber bemerkenswerte Bezüge zwischen der Quelle "Q" und den Paulusbriefen. El Quijote hat darauf schon hingewiesen.
Da würde ich einen Zusammenhang zwischen dem Jesus der Paulusbriefe und dem galiläischen Wanderprediger auch nicht ausschließen.

So sehr bemerkenswert finde ich die Beispiele die Du hier zitierst allerdings nicht. Ich vermute das diese oder sehr ähnliche Verhaltensregeln bei vielen (jüdischen) Sekten aus dieser Zeit gegolten haben könnten. Aber wahrscheinlich sind wiedermal nur die Regeln der christlichen Ursekten bis heute überliefert worden.
Weis vielleicht jemand ob in den Qumran-Schriftrollen etwas in dieser Richtung drinsteht?

Für einen Griechen oder Römer wäre es absurd gewesen, einer verehrten Gottheit eine irdischen Lebenslauf anzuhängen. Warum hätte er bei Jesus eine Ausnahme machen sollen, wenn es da keinen Anhaltspunkt für einen irdischen Lebenslauf gab?
Wenn es darauf keine Antwort gibt, bleibt es absurd.

Die in "Q" überlieferten Sprüche und Taten Jesu bieten m.E. ausreichend Anhaltspunkte für einen irdischen Lebenslauf, auch wenn da keine zeitliche Abfolge seiner Lebenstationen enthalten ist.
 
Aber wahrscheinlich sind wiedermal nur die Regeln der christlichen Ursekten bis heute überliefert worden.
Nein, du nennst ja selbst die Essener ("Weiß vielleicht jemand, ob in den Qumran-Schriftrollen etwas in dieser Richtung drinsteht?" - die Frage ist mit eindeutig ja zu beantworten, die Qumran-Texte befassen sich vorwiegend mit Regeln), hinzu kommen noch Mischna und Midrasch, als die Quellen des rabbinischen Judentums, die in der jüdischen Orthodoxie bis heute von Bedeutung sind, also nicht etwa wiederaufgefunden, die die Qumran-Texte, sondern durchgängig im Gebrauch.

Die in "Q" überlieferten Sprüche und Taten Jesu bieten m.E. ausreichend Anhaltspunkte für einen irdischen Lebenslauf, auch wenn da keine zeitliche Abfolge seiner Lebenstationen enthalten ist.

Jaaaaaa?* :confused:


*Das soll das fragende Senken und Heben meiner Stimme signalisieren, weil ich mir nicht sicher bin a) was du sagen willst und b) weil ich mir sicher bin (und etwas überrascht), dass du darin offenbar keinen Widerspruch zur doherty'schen Gnósis-These zu sehen scheinst.
 
Jaaaaaa?* :confused:


*Das soll das fragende Senken und Heben meiner Stimme signalisieren, weil ich mir nicht sicher bin a) was du sagen willst und b) weil ich mir sicher bin (und etwas überrascht), dass du darin offenbar keinen Widerspruch zur doherty'schen Gnósis-These zu sehen scheinst.

Wenn man sich ein bißchen mit Dohertys These auseinandergesetzt hat dürfte man da eigentlich keinen Widerspruch drin sehen. Aber Du hattest weiter oben ja schon deutlich gemacht das seine Argumentation irrational, also deinem Verstand nicht zugänglich ist. :devil: (Entschuldige bitte, aber diese Replik bot sich grad' so an, da konnte ich nicht widerstehen.)

Jetzt mal im Ernst, das es 2 verschiedene präevangelische (also vor Abfassung der Evangelien) Überlieferungstraditionen gibt, ist ja auch bei vielen Befürwortern der Historizität Jesu weitestgehend Konsens. Auf der einen Seite haben wir die Apostelbriefe und auf der anderen Seite "Q". Inhaltliche Überschneidungen zwischen beiden Überlieferungen sind allenfalls in sehr geringem Maß vorhanden. Ich hoffe bis hierhin sind wir uns einig.

Doherty behauptet nun das die Briefeschreiber Jesus als mythischen Gottessohn betrachtet haben, während die "Q"-Gemeinde Jesus für den menschlichen Begründer ihrer Bewegung hielt. Nach Dohertys Meinung ist aber auch diese Gründergestalt sozusagen rückwirkend interpoliert worden. Also erst entstanden als es niemanden mehr gab, der sich an die Anfänge der Bewegung erinnern konnte, was ich aber wie schon erwähnt für sehr spekulativ halte.

Markus hat dann beide Überlieferungsstränge zusammengeführt, wobei ihm zwar die "Q"-Traditionen zum großen Teil bekannt gewesen sein dürften, die eigentliche Quelle "Q" stand ihm aber bei der Abfassung seines Evangeliums anscheinend nicht zur Verfügung. Ob seine Absicht dabei war eine Art Glaubensroman zu verfassen oder ob er aus welchem Grund auch immer an das geglaubt, was er da zu Papier gebracht hat lässt sich schwer sagen.

Lukas und Matthäus haben später unabhängig voneinander die in "Q" überlieferten Taten und Worte Jesu in Markus' Evangeliumsgeschichte eingebaut, wenn auch meist an unterschiedlichen Stellen.

Johannes hat sich dann noch etwas später seinen eigenen Reim auf diese Geschichte gemacht, und dabei wohl mehr Wert auf seine eigenen theologischen Ansichten als auf Quellentreue gelegt.

So, jetzt hast Du mich doch noch dazu gebracht Dohertys These nochmal in groben Zügen zu skizzieren. :hmpf:

An welcher Stelle siehst also jetzt Widersprüche zu meinem Beitrag von vorhin?
 
So sehr bemerkenswert finde ich die Beispiele die Du hier zitierst allerdings nicht.

Zur Widerlegung dieser Aussage reichen sie schon mal:

Das Schweigen über das Wirken des Menschen Jesus betrifft ja auch die Argumentation der Apostel beim Streitschlichten etc. Es werden nie Worte und Taten von Jesus zur Argumentation herangezogen auch wenn es gut passen würde. Stattdessen werden oft Bibelstellen des AT für diese Zwecke zitiert.

Bei den zwei zitierten Geboten legt Paulus Wert auf die Feststellung, sie stammten von Jesus persönlich.
Nun finden wir beide Gebote tatsächlich auch in Q.
Nicht bei den Qumran-Leuten, nicht bei den Tannaim.
 
Bei den zwei zitierten Geboten legt Paulus Wert auf die Feststellung, sie stammten von Jesus persönlich.

Doherty würde an dieser Stelle wohl einwenden, das Paulus, wenn er vom Herrn spricht, immer Gott meint und nicht Jesus.

Aber mir ist im Augenblick eigentlich nicht nach Streitgespräch zumute.
Ich hab' mir nämlich gerade die letzten Sprüche meines letztjährigen Abreißkalenders angeschaut. Da ich über die Feiertage vereist war bin da erst jetzt dazu gekommen. Vielleicht ist ja einigen hier im Forum Marc-Uwe Kling und seine falsch zugeordneten Zitate schon ein Begriff. Jedenfalls hab' ich da grad' 2 Zitate gelesen die hier zum Thema Jesus passen, und möchte diese dem geneigten Forumleser auch nicht länger vorenthalten.

24.Dez.: "I did not have sexual relations with that woman" (Der Heilige Geist)

25.Dez.: "She says I am the one, but the kid is not my son" (Josef)
=)
 
Doherty würde an dieser Stelle wohl einwenden, das Paulus, wenn er vom Herrn spricht, immer Gott meint und nicht Jesus.

Nicht Jesus?
=)
Damit wäre sogar der Unsinn noch zu toppen, den er zum "Fleisch" schreibt.

Da hätte er aber viel ins Gegenteil umzuinterpretieren, z. B. den Anfang des 1. Korintherbriefs:
Paulus, berufen zum Apostel Christi Jesu durch den Willen Gottes, und Sosthenes, unser Bruder, an die Gemeinde Gottes in Korinth, an die Geheiligten in Christus Jesus, die berufenen Heiligen samt allen, die den Namen unsres Herrn Jesus Christus anrufen an jedem Ort, bei ihnen und bei uns: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus! Ich danke meinem Gott allezeit euretwegen für die Gnade Gottes, die euch gegeben ist in Christus Jesus, dass ihr durch ihn in allen Stücken reich gemacht seid, in aller Lehre und in aller Erkenntnis. Denn die Predigt von Christus ist in euch kräftig geworden, sodass ihr keinen Mangel habt an irgendeiner Gabe und wartet nur auf die Offenbarung unseres Herrn Jesus Christus. Der wird euch auch fest erhalten bis ans Ende, dass ihr untadelig seid am Tag unseres Herrn Jesus Christus. Denn Gott ist treu, durch den ihr berufen seid zur Gemeinschaft seines Sohnes Jesus Christus, unseres Herrn.
 
Ich möchte das Beispiel zur Lehre Jesu zur Ehescheidung aus Sepiolas Beitrag #1370 noch mal aufgreifen:

1. Kor. 7, 10-11:
Den Verheirateten aber gebiete nicht ich, sondern der Herr, dass die Frau sich nicht von ihrem Manne scheiden soll - hat sie sich aber geschieden, soll sie ohne Ehe bleiben oder sich mit ihrem Mann versöhnen - und dass der Mann seine Frau nicht verstoßen soll.

Luk. 16, 18:
Wer sich scheidet von seiner Frau und heiratet eine andere, der bricht die Ehe; und wer die von ihrem Mann Geschiedene heiratet, der bricht auch die Ehe.
Matth. 5, 31-32:
Es ist aber gesagt: Wer seine Frau entlassen will, gebe ihr einen Scheidebrief [siehe Dtn. 24, 1]. Ich aber sage euch: Jeder, der seine Frau entlassen wird, außer aufgrund von Hurerei, macht, daß mit ihr Ehebruch begangen wird; und wer eine Entlassene heiratet, begeht Ehebruch.

Jene Lehre soll unmittelbar von Jesus bzw. dem Kyrios stammen. Darin ist sich Paulus mit Matth. u. Luk. bzw. ihrer Spruchquelle Q einig.

Ich sehe vornehmlich zwei inhaltliche Gemeinsamkeiten zwischen 1. Kor. und Matth./ Luk.:
1.) Die Ehescheidung an sich wird kritisch bzw. negativ gesehen, beinahe ganz abgelehnt.
2.) Die Wiederheirat der Geschiedenen von Dritten ist das eigentliche Problem! Dies ist bei Paulus ausgedrückt mit: „hat sie sich aber geschieden, soll sie ohne Ehe bleiben oder sich mit ihrem Mann versöhnen“; Matth. sagt sinngemäß, dass die auf die Scheidung i. d. Regel folgende zweite Ehe mit einem anderen Ehepartner Ehebruch (also vermutl. ein Bruch der ersten Ehe) ist; Luk. sagt ebenso: „... und heiratet eine andere, der bricht die Ehe“.


Mir scheint, dass diese sich hier ausdrückende Beurteilung der Ehescheidung tatsächlich keine im damals zeitgenössischen Judentum gängige war, sondern vielmehr typisch „jesuanisch“ war. Ob und was die Qumran-Schriften zum Thema Ehescheidung enthalten, und wie die Essener über die Scheidung gelehrt haben, weiß ich leider nicht.
Aber die Mischna des Babylonischen Talmuds bezeugt für das pharisäisch geprägte Judentum der ersten beiden nachchristlichen Jahrhunderte eine ganz andere Einstellung zur Ehescheidung, als wir sie bei Paulus und in den Evangelien finden. Der Traktat Gittin (in Seder Naschim) befasst sich zum ganz überwiegenden Teil ausschließlich mit der Ehescheidung und dem Scheidebrief. Da der Traktat in der Goldschmidt-Ausgabe des Talmuds über 300 Seiten lang ist, habe ich nur die Mischna-Abschnitte überflogen, die jüngere Gemara beiseite gelassen. Es bietet sich mir dann folgendes Bild:

Ehescheidung mittels Scheidebrief war i. d. jüdischen Gesellschaft offensichtlich üblich und akzeptiert, solange sie formal korrekt vonstatten ging. Der gesamte Traktat behandelt beinahe nur die für eine 'juristisch' einwandfreie Scheidung einzuhaltenden Formalitäten. Es werden z. B. Fragen diskutiert, ob eine Scheidung gültig ist, wenn der Scheidebrief zwar tags geschrieben aber nachts unterschrieben wurde, worauf und womit man schreiben darf (Material), wer einen Scheidebrief überbringen darf und wer nicht usw.
Es ist nach der Mischna erlaubt und wird als selbstverständlich angesehen, dass die Geschiedenen sich erneut mit Dritten verheiraten (Einschränkungen gibt es nur für Priester, die ganz bestimmte geschiedene Frauen nicht mehr heiraten dürfen). Gittin X, iii lautet z. B.:
Der wesentliche Text des Scheidebriefes ist: Du bist nun jedermann erlaubt. R. Jehuda sagt, [man schreibe] auch: Dies diene Dir von mir als Trennungsschrift, Entlassungsbrief und Scheidungsurkunde, um zu gehen und jedermann nach Belieben zu heiraten.
Bedenken wegen Ehebruchs im Zuge einer Wiederheirat werden nirgends gehegt, treten noch nicht mal in den Gedankenhorizont der Mischna.

Zwar gehe ich mal davon aus, dass die Festlegung zahlreicher einzuhaltender Formalitäten auch irgendwo den Zweck haben sollte, eine unkontrollierte, willkürliche Ehescheidungs-Praxis einzudämmen. Aber 'moralisch' verworfen oder an sich in Frage gestellt wie in den frühen christl. Schriften wird die Scheidung u. Wiederheirat in der Mischna nirgends.

Die einzige Stelle, wo überhaupt die im weitesten Sinne 'ethische' Frage angesprochen ist, ob bzw. in welchem Fall man sich scheiden lassen darf, finde ich in Gittin IX, x:
Die Schule Schammajs* sagt, man dürfe sich von seiner Frau nur dann scheiden lassen, wenn man an ihr etwas Schändliches gefunden hat, denn es heißt: „denn er fand an ihr etwas S c h ä n d l i c h e s“**. Die Schule Hillels* sagt, selbst wenn sie ihm die Suppe versalzen hat, denn es heißt: „denn er fand an ihr e t w a s Schändliches“. R. Aqiba sagt, selbst wenn er eine andere schöner als sie findet, denn es heißt: „wenn sie keine Gunst in seinen Augen findet“**.
(* Soweit mir bekannt, haben Schammaj u. Hillel übrigens noch im1. Jh. v. Chr. zur Zeit Herodes d. Gr. als Rabbiner gewirkt.| ** Die Zitate stammen aus Dtn. 24, 1.)

Mein Fazit:
Jene Lehre zur Ehescheidung u. Wiederheirat, die 1. Kor. 7, 10f und Matth. 5, 31f/ Luk. 16, 18 auf Jesus selbst zurückführen, widerspricht der sonstigen zeitgenössischen jüdischen Lehre (auf jeden Fall der pharisäischen). Paulus und Q werden jene Lehre Jesu also kaum aus ihrer jüdischen (im Sinne von nicht-christlichen) Umwelt übernommen haben und wohl auch kaum unabhängig voneinander ersonnen haben. Beide kannten diese sich von der sonstigen zeitgenössischen jüd. Lehre zur Ehescheidung stark unterscheidende Lehre als eine Lehre des Kyrios bzw. Jesu (und es spricht m. E. auch nichts dagegen, sie auf den historischen Jesus selbst zurückzuführen.) Jedenfalls liegt es somit nahe, dass Paulus mit Kyrios denselben Jesus meint, den Q und die Evangelisten als menschlichen Prediger und Rabbi durch die jüdischen Lande ziehen lassen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mein Fazit:
Jene Lehre zur Ehescheidung u. Wiederheirat, die 1. Kor. 7, 10f und Matth. 5, 31f/ Luk. 16, 18 auf Jesus selbst zurückführen, widerspricht der sonstigen zeitgenössischen jüdischen Lehre (auf jeden Fall der pharisäischen). Paulus und Q werden jene Lehre Jesu also kaum aus ihrer jüdischen (im Sinne von nicht-christlichen) Umwelt übernommen haben und wohl auch kaum unabhängig voneinander ersonnen haben. Beide kannten diese sich von der sonstigen zeitgenössischen jüd. Lehre zur Ehescheidung stark unterscheidende Lehre als eine Lehre des Kyrios bzw. Jesu (und es spricht m. E. auch nichts dagegen, sie auf den historischen Jesus selbst zurückzuführen.) Jedenfalls liegt es somit nahe, dass Paulus mit Kyrios denselben Jesus meint, den Q und die Evangelisten als menschlichen Prediger und Rabbi durch die jüdischen Lande ziehen lassen.

Vielen Dank für die ausführliche Abhandlung. :respekt: (Hattest Du nicht gesagt Du seist ein Faulpelz.:))

Aber eigentlich hatte ich weniger an das pharisäische Judentum gedacht, sondern eher die vielen kleinen Sekten die es zu dieser Zeit gegeben haben soll gemeint. Außer zu den Essenern gibt es da aber wohl nur sehr wenige Informationen, oder?
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine Überlegung:

Vorausgesetzt Jesus war Pharisäer (was nicht unwahrscheinlich ist), so hat er - in pharisäischer Tradition stehend - Rabbi Schammais Auffassung (die deutlich strenger als die Hillelsche war, und beide waren Pharisäer) zur Ehescheidung aufgenommen und noch weiter verschärft. Denn mit dem "Schändlichen" könnten Untreue, Ehebruch als einzig gültige Rechtfertigung zur Scheidung bei Schammai gemeint sein.
 
Die Sikarier (wobei das sicher nicht ihr jüdischer/hebräischer/aramäischer Name, sondern eine Schmähung war, da das Wort von lat. sicus, 'Dolch', stammt, werden von Josephus als ziemliche Radikalinskis dargestellt. Judas Iskariot war möglicherweise ein solcher Zelot oder Sikarier. Alternativ kann er aber auch ein איש־קריות ʾΚ-qəriyyôt, ein 'Mann aus Qəriyôt' sein, wie Wikipedia schreibt. Meine Hebräischkenntnisse sind jetzt nicht sooo toll, aber ich meine, dass da eine Präposition, am ehesten ein zu kontrahiertes, präfigiertes min fehlen würde:
ʾΚ--qəriyyôt.
Vielleicht kann Ilan da weiterhelfen?
 
Vorausgesetzt Jesus war Pharisäer (was nicht unwahrscheinlich ist), so hat er - in pharisäischer Tradition stehend

Die Behauptung habe ich mal, nicht wirklich überzeugend, bei Hesemann gelesen. Ansonsten wüsset ich niemanden der dafür plädiert* - zumal es im offensichtlichen Widerspruch zu den beständigen Konflikten Jesu mit den Pharisäern in den Evangelien steht. Jesus wirft doch den Pharisäern vor, dass sie mit den Augen und nicht mit dem Herzen sehen und die Schrift zwar im Wortsinn aber nicht menschlich auslegten.


*Das muss aber nicht heißen.
 
Jesus wirft doch den Pharisäern vor, dass sie mit den Augen und nicht mit dem Herzen sehen und die Schrift zwar im Wortsinn aber nicht menschlich auslegten.
welcher Jesus ist das? der reale Wanderprediger oder die spätere Kunstfigur (Messias)? ich frage das deshalb, weil ja die Bibelstellen mit dem Streit mit den Pharisäern quasi Quelle für den realen Jesus sein müssten.
 
Nun gut die Frage ist ob Jesus schon Probleme mit den Pharisäern oder erst seine Anhänger nach seinem Tod. Immerhin scheint die Lehr von Jesus am nächsten mit den Pharisäern stehen. Deutlich näher als die Sadduzäer.

Oder ist es eine dieser Beispiele wo sich Leute nicht mögen weil sie so ähnlich sind.
 
Die Behauptung habe ich mal, nicht wirklich überzeugend, bei Hesemann gelesen. Ansonsten wüsset ich niemanden der dafür plädiert* - zumal es im offensichtlichen Widerspruch zu den beständigen Konflikten Jesu mit den Pharisäern in den Evangelien steht. Jesus wirft doch den Pharisäern vor, dass sie mit den Augen und nicht mit dem Herzen sehen und die Schrift zwar im Wortsinn aber nicht menschlich auslegten.


*Das muss aber nicht heißen.

Die Evangelien wurden verfasst zu einer Zeit, als nach der Zerstörung des Tempels Judentum und Christentum begannen getrennte Wege zu gehen. In Kleinasien konkurrierten Judentum und Christentum als missionierende Religionen. Ich muss in diesem Zusammenhang an Paulus 1. Missionsreise nach Südgalatien, Lykaonien und Pisidien denken, wo Paulus Ärger mit Juden bekommt, die die vornehmen Damen für sich gewinnen konnten.

In den Evangelien wird Jesus doch auch in Häuser von Pharisaern eingeladen, die eher Diskussionspartner als erklärte Gegner wie die Sadduzäer waren. Kranke am Sabbat zu heilen oder Feldfrüchte zu sammeln widersprach auch nicht pharisäischen Traditionen.
 
Vielen Dank für die ausführliche Abhandlung. :respekt: (Hattest Du nicht gesagt Du seist ein Faulpelz.:))

Aber eigentlich hatte ich weniger an das pharisäische Judentum gedacht, sondern eher die vielen kleinen Sekten die es zu dieser Zeit gegeben haben soll gemeint. Außer zu den Essenern gibt es da aber wohl nur sehr wenige Informationen, oder?

Es gibt zumindest das Geschichtswerk des Josephus Flavius, der heidnischen Lesern die Strömungen innerhalb des Judentums nahebringen wollte und über die Essener, Sadduzäer und Pharisäer und ihre lehren berichtet.
 
Die Evangelien wurden verfasst zu einer Zeit, als nach der Zerstörung des Tempels Judentum und Christentum begannen getrennte Wege zu gehen. In Kleinasien konkurrierten Judentum und Christentum als missionierende Religionen. Ich muss in diesem Zusammenhang an Paulus 1. Missionsreise nach Südgalatien, Lykaonien und Pisidien denken, wo Paulus Ärger mit Juden bekommt, die die vornehmen Damen für sich gewinnen konnten.

Da passt aber der Zusammenhang schlecht, denn Paulus' Missionsreisen fanden ja wohl lange vor der Zerstörung des Tempels statt.
 
...zumal es im offensichtlichen Widerspruch zu den beständigen Konflikten Jesu mit den Pharisäern in den Evangelien steht. Jesus wirft doch den Pharisäern vor, dass sie mit den Augen und nicht mit dem Herzen sehen und die Schrift zwar im Wortsinn aber nicht menschlich auslegten.
Ich kann beispielsweise als praktizierender Katholik auch in beständigem Konflikt mit der Lehrmeinung der Kirche stehen, wenn ich etwas verändern möchte.
Die Anrede "Rabbi" spricht vielleicht auch nicht gegen eine Zugehörigkeit zu den Pharisäern. Schließlich ist aus den Pharisäern das rabbinische Judentum hervorgegangen.
 
Mir scheint, dass diese sich hier ausdrückende Beurteilung der Ehescheidung tatsächlich keine im damals zeitgenössischen Judentum gängige war, sondern vielmehr typisch „jesuanisch“ war. Ob und was die Qumran-Schriften zum Thema Ehescheidung enthalten, und wie die Essener über die Scheidung gelehrt haben, weiß ich leider nicht.
...
Es ist nach der Mischna erlaubt und wird als selbstverständlich angesehen, dass die Geschiedenen sich erneut mit Dritten verheiraten (Einschränkungen gibt es nur für Priester, die ganz bestimmte geschiedene Frauen nicht mehr heiraten dürfen). Gittin X, iii lautet z. B.:

Die Qumran-Schriften unterscheiden hier sowohl von der Mischna als auch von der "jesuanischen" Tradition:
Die Ehescheidung ist grundsätzlich erlaubt, die Wiederverheiratung nicht.
 
Jedenfalls liegt es somit nahe, dass Paulus mit Kyrios denselben Jesus meint, den Q und die Evangelisten als menschlichen Prediger und Rabbi durch die jüdischen Lande ziehen lassen.

Apropos duch die Lande ziehen:

Mein zweites Beispiel ist ja keine allgemeine Lebensregel, sondern stammt aus einem Regelwerk für Wandermissionare.

Die spielten sicher nicht in jeder jüdischen Gruppierung eine bedeutende Rolle. Da sehe ich schon eine bemerkenswerte Übereinstimmung zwischen Paulus und den Q-Jüngern.
 
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