De Bello Gallico

Brenn

Mitglied
Hi:winke:,
Ich interessiere mich sehr für die Kelten und frage mich, warum bloß Caesar die Kelten vor allem in Gallien erobern konnten...
Wie konnte er das schaffen, es waren doch soo viele Stämme? Ich habe in Büchern schon etwas darüber gelesen, aber da wurde meine Frage nicht wirklich zufriedenstellend für mich beantwortet. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich noch zu jung bin, um so was zu verstehen=).
Könnt ihr mir helfen?
 
Die vielen Stämme waren sich nicht einig. Jeder Stamm war ein eigener Staat. Daher konnte Cäsar sie gegeneinander ausspielen. Auch nutzte er Notlagen, wie die um sich greifende Herrschaft Ariovists aus, um seine Position zu stärken. Ein ganz wichtiger Punkt war, dass er sich mit einigen Stämmen verbündete, die dann über andere herrschen und sie kontrollieren sollten.

Wenn Du das Spiel Risiko kennst, solltest Du wissen, was ich meine.

Als Vercingetorix es endlich schaffte, einen allgemeinen Aufstand zu organisieren, war es zu spät. Cäsar hatte seine Logistik ausgebaut und konnte sich in Gallien frei bewegen. Die Entscheidung bei Alesia brauchte er als begnadeter Taktiker sowieso nicht zu scheuen.
 
Als ergänzende Antwort fällt mir dazu ein, daß die Römer ja schon den von Kelten im Norden besiedelten Teil des italischen Stiefels bis zu Alpen erobert hatten und bereits Herrschaft auf der iberischen Halbinsel hatten und schließlich auch bereits Südfrankreich um Marseille beherrschten; eine Ausweitung des Machtbereichs lag von daher schon nicht mehr so fern. (Falls ich mich da falsch erinnere, wird mich sicherlich zügig ein User korrigieren, oder es ggf. präzisieren).
 
Zum eines das, muspilli, zum anderen hatte cäsar auch unterstützung mehrerer keltischer und germanischer oder kelto-germanischer civitates und gentes. Cäsar schweigt nur darüber. Als er die helvetier schlug unterstützten ihn mehrere civitates. als er gegen ariovist vorging, unterstützten ihn haeduer und sequaner, als er gegen die belgen vorging, unterstützten ihn remer, haeduer und deren klienten, aber auch treverer etc. Als Caesar völlig ohne vorher dies zu erklären, Truppen im Westen in die Winterlager legt, wird er die Erlaubnis zumindest von Teilen der dortigen civitates bekommen haben.

PS: Notlage wegen Ariovist? Wohl kaum.
 
Vielleicht hatte Cäsar auch einfach nur Feldherrenglück? Wer sich den Ablauf der Schlacht von Alesia anschaut, bei allem Pathos, Übertreibungen und Dramatik,
dann stand trotzdem Cäsars persönliches Schicksal und der bisherige Kriegserfolg auf dem Spiel. Er hatte zu diesem Zeitpunkt fast komplett die gallische Unterstützung verloren, auch wenn nicht alle Stämme aktiv Vercingetorix unterstützten.
Und vielleicht, wie so oft bei Entscheidungsschlachten, entscheidet frei nach Clausewitz einfach darüber im richtigen Moment am richtigen Ort überlegen zu sein und das Richtige zu tun. Was wäre gewesen, wenn Cäsar in Alesia verloren hätte? Die Macht Roms wäre nicht gebrochen gewesen, und das Römische Reich hat es immer verstanden "unermüdlich" - man denke an Hispania - langandauernde Kriege zu führen und letztlich zu seinen Gunsten zu wenden - außer gegen die Parther und in Germanien. Doch wahrscheinlich wäre eine Niederlage Cäsars einigen seiner innenpolitischen Gegner recht gekommen...
 
Feldherrenglück fände ich irgendwie eine ziemlich verharmlosende Erklärung; ich würde eher der These eines "unermüdlichen" Expansionsdrangs Roms und einer strategischen Militarisierung zuneigen. (was ich damit inhaltlich auch immer meine - so als Nichtspezialist, wenn nicht gar Dilettant in Militärgeschichte).
 
Eine - meiner Ansicht nach sehr gut verständliche - Analyse von Cäsars Strategie in Gallien findet sich in Scheuerbrandt, Exercitus. Aufgaben, Organisation und Befehlsstruktur römischer Armeen während der Kaiserzeit. Hier als PDF zu finden.
 
Ist zwar interessant, aber gibt zu Cäsars Gallienfeldzug eher wenig her. Dies liegt nicht zuletzt daran, daß Cäsar seine Leser im Unklaren läßt, wieviel Truppen ihm denn wirklich zur Verfügung stehen.
 
Lieber Muspilli, wir betrachten Geschichte oft vom Ergebnis aus, und da war das römische Militär oft der Sieger. Natürlich hatte er die Unterstützung verschiedener Gentes und Civitates von 57 bis 53 v.Chr. (Beorna) - aber nicht mehr 52 v. Chr.!
Tatsächlich waren die gallischen Stämme zerstritten, in mindestens zwei große Koalitionen geteilt (Riothamus). Doch traf dies nicht mehr 52 v. Chr. zu, selbst die engsten verbündeten Haeduer stellten Truppen für Vercingetorix. Die Gefahr ist, dass Geschichte eine bestimmte Zwangsläufigkeit bekommen kann, weil man begründen will wie es zu diesem Ergebnis gekommen ist. Hätte die Schlacht von Hastings anders ausgehen können, und wie wäre die englische Geschichte dann weiter verlaufen?
Die Schlacht von Alesia stand, wenn man Cäsars geschilderten Schlachtverlauf glauben kann, in einigen Momenten auf Messers Schneide. Rom wäre nicht besiegt gewesen, hätte ähnlich wie nach der Niederlage von Varus eventuell Jahre später neu angegriffen. Vielleicht wäre es Vercingetorix gelungen seine Koalition ähnlich wie Arminius aufrecht zu erhalten, vielleicht wäre sie auch zerfallen. Und eventuell hätte Rom einen längeren Feldzug gebraucht, um Gallien zu besiegen....
 
Davon abgesehen, daß ich eigentlich nicht unbedingt sehe, wie ich vom Ereignis aus die Geschichte betrachte (ich denke sogar, daß ich sie eher von der Struktur zu begreifen versuchen), lieferst du meiner Ansicht nach wenigstens selbst Argumente gegen deine Überlegung des Feldherrenglücks.
 
Ich meine dich nicht persönlich, sondern eine Tendenz, Geschichte in einer Zwangsläufigkeit zu betrachten. Es ist wirklich beeindruckend, dass Rom eine Niederlage wie Cannae ertrug, ohne zu zerbrechen. Nicht nur die Stabilität des Bundesgenossensystems, die Mobilierungsfähigkeit der römischen Kriegsverfassung, die Unbeugsamkeit des Senats waren Faktoren in diesem zuerst politischen Sieg über die militärischen Erfolge Hannibals. Und doch wird es genau nach dieser Niederlage in Cannae einen Moment gegeben haben,in dem Rom nahe war auch politisch zu verlieren. Man könnte daher auch immer fragen, warum hat Cäsar in Gallien nicht verloren? Was wäre wenn seine Versorgung bei der Belagerung von Alesia angegriffen worden wäre? Wenn er sich zurückziehen hätte müssen, hätte er dann nicht politisch von vorne anfangen müssen? Und was wäre Cäsar ohne seine germanischen Reiter gewesen? Wenn aus dem Belagernden ein Belagerter geworden wäre? Cäsar geht mit der Belagerung hohe Risiken ein, die er durch die Befestigungen einzudämmen sucht. Aber auch mit 11 Legionen war es nicht möglich, die ganze Contravallation zu besetzen - bei zwei sich flankierenden gleichzeitigen Angriffen von außen wäre einmal die Umgehung und der Flankenangriff auf den gallischen Angriff sehr erschwert gewesen, und die Abwehr bei gleichzeitigem Angriff von innen gegen die Circumvallation ein absolutes Kunststück gewesen. Der gallische Durchbruch hätte der Schlacht einen ganz anderen Verlauf gegeben...
 
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Biturigos;714667.... Natürlich hatte er die Unterstützung verschiedener Gentes und Civitates von 57 bis 53 v.Chr. (Beorna) - aber nicht mehr 52 v. Chr.! Tatsächlich waren die gallischen Stämme zerstritten schrieb:
Im Jahr 52 stand Cäsar in der Tat eine große Menge an Widerstand entgegen. Im BG 7, 4, 2 werden sie erwähnt, neben den Arvernern, die Senonen, Parisier, Pictonen, Cadurcer, Turonen, Aulercer, Lemovicen, Anden und alle anderen Civitates, die an den Ozean grenzten. Auch die Biturigen folgten. Es folgten durch Vermittlung des Lucterius Nitiobroger und Gabaler. Carnuten und Senonen waren schon 54 problematisch, nachdem Tasgetius, der wohl mit römischer Hilfe 57 an die Macht kam, 54 ermordet worden war. Ähnlich war es bei den Senonen mit Cavarinus. Zwar konnte Cäsar den Aufstand niederschlagen und Acco hinrichten, aber daß er 6 Legionen in Agedincum überwintern ließ zeigt, wie unsicher die Lage war. Mit Drappes und dem Cadurcer Lucterius gab es zudem auch Widerstand nach Alesia. Die Nitiobroger standen unter Teutomatus, die Atrebaten unter Commius. Letztlich folgten dann auch die Häduer.
Bei Vercingetorix Aufstand müssen wir aber sehen, daß er aus Gergovia von seinen eigenen Leuten vertrieben wurde und erst wieder mit Gewalt dort die Herrschaft erlangen konnte.
Die Lingonen blieben treu, die leucer werden nicht als Aufständische erwähnt. Boier kämpften gegen Vercingetorix, die Remer blieben dem Aufstand fern, auch keine Treverer unterstützten Vercingetorix. Dort hatte Cäsar kurz zuvor Cingetorix zur macht verholfen. Das verhalten der Aremoriker ist unklar, Essuvier und Namneten nicht explizit als Aufrührer erwähnt, doch könnten sie unter den an den Ozean angrenzenden Civitates zusammengefaßt sein. Doch zum Aufgebot vor Alesia sollten die Aremoriker lediglich 10,000 Mann stellen. Auch die Picten sind zweifelhaft, da Duratius immer treu geblieben gewesen sein soll. Von den 10000 geforderten Bellovakern kamen angeblich nur 2000. Allobroger und Helvier blieben auch fern.
Sicherlich wichtig für die Einschätzung der Größe des Aufstandes ist das Entsatzheer vor Alesia. Ungefähr 258,000 Mann sollen es gewesen sein. Delbrück ging von um die 50,000 Mann aus. Und interessanter Weise, setzten die Gallier auch selbst nur 60,000 von diesen 258.000 ein.
Das heißt also, anstatt 340,000 Mann u.U. waren lediglich 70,000 anwesend. Einen Großteil werden Arverner und Häduer gestellt haben. Für andere Kontingente bleibt dann nicht mehr fiel. Es bleibt noch Commius mit seinen Atrebaten und ein paar anderen Belgen, Lucterius mit seinen Cadurcern, vielleicht Teutomatus mit seinen Nitiobrogern.
Da scheint es doch eher, daß ebend nicht ganz Gallien aufstand, sondern lediglich Carnuten und Senonen zum einen und Arverner und Häduer zum anderen, plus ein paar andere civitates. Der Rest wartete ab, wie es ausgeht.
Sicherlich war es für Cäsar eine gefährliche Zeit, wie schon Gergovia zeigt, aber auch nicht so dramatisch, wie Cäsar es selbst darstellt.
 
Ok, also wenn ich das im Moment richtig verstehe, gab es doch relativ viele Stämme, die auf Roms Seite standen. Und der Rest war innerlich zerstritten. Das nutzte Caesar dann aus. Und der Aufstand von Vercingetorix umfasste auch nicht alle Gallier, sondern nur einen Teil.
 
Hallo beorna, vielen Dank für den Überblick des Verhaltens der gallischen Stämme, im bello gallico VII, 63 steht, dass nach dem Abfall der Häduer beim gallischen Landtag im Frühjahr in Bibracte vor Alesia nur Lingonen, Remer und Treverer nicht teilgenommen hätten - allerdings die letzteren nur, weil sie von Germanen bedrängt würden und zu weit entfernt wären. Erwähnt wird, dass manche Stämme unschlüssig sind ,weil sie Cäsar Geiseln stellen mussten, diese Geiseln waren jedoch von den Häduern befreit worden (VII, 55). Labienus hatte getrennt von Cäsar an der Seine operierend ein Stammesbündnis unter dem Kommando des Aulerkers Camulogenus geschlagen (VII,62), Die Allobroger, Helvier und arekomischen Volker (um Narbo) waren gallische Civitas in der römischen Provinz Gallia transalpina (Narbonensis, bei Cäsar nur Provinz), die sich dem gallischen Aufstand (noch) nicht angeschlossen hatten (VII,64).
In der Aufzählung der Aufgebote für das Entsatzheer (VII, 75)sind folgende Stämme aufgeführt: Häduer, Arverner, Segusiaver, Ambivareter, Aulerker, Brannoviken, Eleuteter, Kadurker, Gabaler, Vellavier, Sequaner, Senonen, Biturigen, Santoner, Rutener, Karnuten, Bellovaker, Lemoviker, Piktonen, Turoner, Parisier, Helvetier, Suessionen, Ambianer, Mediomatriker, Petrokorier, Nervier, Moriner, Nitiobroger, Aulerker, Kenomaner, Atrebaten, Veliokasser, Lexovier, Eburoviken, Rauraker,
Boier, Aremoriker (zusammengefasste Stämme am Ozean).
Ich halte Delbrücks Zahl für schlüssig, der von einem Kräftegleichgewicht bei Alesia ausging - 11 Legionen mit Hilfstruppen (70.000) gegen 20.000 Belagerte und ein 50.000 Krieger starkes Entsatzheer. Er hält eine Masse, die Cäsar behauptet, für nicht führbar, und es für unmöglich, dass einer solchen Masse die Römer hätten standhalten können (Geschichte der Kriegskunst, Kapitel Vercingetorix).
Wieder gibt es ein entscheidende Reiterschlacht, die wieder dank der germanischen Reiter zugunsten der römischen Seite entschieden wird (VII, 80). Dies hat Folgen, weil dem Entsatzheer in den folgenden Angriffen auf die Schanzen die Flankendeckung durch ihre starke Reiterei fehlt. Erst beim 2. Angriff wird der tatsächliche Schwachpunkt der Befestigungen angegriffen (VII, 83), flankiert von einem Angriff in der Ebene, von innen wird dieser Angriffspunkt bald aufgegeben und sich auf die Hänge konzentriert (86). Durch einen Ausfall und die Umgehung der Gallier durch die Reiterei löst sich das gallische Entsatzheer auf und flieht (88).
Ob es dem gallischen Aufgebot hätte gelingen können, und einge Stellen im Text lassen es vermuten, die Schlacht für sich zu entscheiden, und dass die Schlacht lange ausgeglichen war, sieht man schon an ihrer Dauer, darüber kann nur spekuliert werden. Delbrück meint, hätten die Gallier nur 10.000 Krieger mehr gehabt, so hätten sie durch einen 2.Angriff im Rabutintal den Angriff auf den Mont Rea die Flanke gedeckt und Labienus hätte den entscheidenden Ausfall nicht machen können.
Die gesamte Circumvallation war nach Delbrück 36 km lang. Bei weiteren gallsichen Kräften hätten diese einen gleichzeitigen mehrfach geteilten Angriff machen können,
gegen den es keine Reserven mehr gegeben hätte, um sie in die Schlacht zu werfen.
Er nennt die Verteidigung einer belagernden Armee gegen ein Entsatzheer eine der strategisch schwierigsten Aufgaben.
 
Ich denke, wir stimmen darüber überein, daß der Aufstand des Vercingetorix oder die Aufstände im Zusammenhang mit der Erhebung des Vercingetorix, für Cäsars Position in Gallien durchaus gefährlich war. Wir wüssten vieles über den Gallienfeldzug nicht, wenn nicht Cäsar selbst darüber berichtet hätte. Doch hier liegt das Problem. Wir haben keinen objektiven Tatsachenbericht. Wir haben auch keine Lügengeschichte. Cäsars commentarii bauen auf seinen jährlichen Berichten an den Senat auf, sind aber im Zuge der kommenden Bemühungen Cäsars um ein weiteres, nahtlos anschließendes Amt noch einmal von Cäsar redigiert worden. Einige seiner Feinde waren mit ihm in Gallien oder zumindest deren Söhne oder Familienmitglieder. Er konnte daher nicht das Blaue vom Himmel lügen. Aber ihm blieb dennoch Spielraum, daß eine oder andere aus seiner Sicht darzustellen.
Wollen wir also Cäsars berichte zum Aufstand deuten, müssen wir schauen, wie stellt Cäsar den Aufstand dar, wie seine Verhalten. Was erwarteten seine Landsleute in Rom von ihm und wie konnt er bei ihnen punkten?
Es heißt bekanntlich, viel feind viel Ehr'. Ein schwacher Feind, bringt keine Ehre.
Wie sah nun die Lage in Gallien um 52 aus? Cäsar hatte im Prinzip Gallien weitgehend bezwungen. Mißliebige Führer waren von ihm beseitigt worden, seine Feinde vernichtet. Er hatte sich aber seinen Erfolg auch erkaufen müssen. Ich hatte oben Tasgetius erwähnt. Gleiches gilt für Cavarinus und Commius. Wie die Treverer 53 zeigten oder dann auch die Häduer, mußte er, um dem einen zu geben, anderen etwas nehmen. So mancher hatte sich von Cäsar mehr versprochen, als er erhalten hatte, siehe Commius. Ebendso wurde nun vielen Führern klar, daß Roms Stellung anders war als zB nach dem Sieg über die Arverner. Es ging nicht mehr um eine hegemoniale Stellung, sondern um die Umgestaltung Galliens in eine römische Provinz.
Was geschah nun im Vorfeld? Wie du oben erwähnst, rief man eine Landtag aus in Bibracte und zwar für ganz Galliens. Ganz Gallien? Nein,... Spaß beiseite. Cäsar berichtete schon zu beginn seines feldzuges in gallien von einem solchen Landtag für ganz Gallien. Schaut man dort schon genauer hin, fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür. Zu Cäsar kam, wer zum herrschaftsgebiet der Häduer gehörte, wer von Rom/Cäsar abhängig war und wer etwas von Cäsar wollte.

Warum sollten also nun aus ganz Gallien Vertreter zu einem Landtag kommen, heißt es doch nur "conveniunt undique frequentes", von überall her kamen zahlreiche Teilnehmer. Remer und Lingonen blieben diesem Landtag fern, weil sie an der Freundschaft zum römischen Volk festhielten,das stimmt wohl. Die Treverer fehlten, weil sie zu weit entfernt waren und von den Germanen bedrängt wurden. Ach ja, wurden sie? Wie es mehrfach von Cäsar selbst erwähnt wurde, pflegten die Treverer durchaus ambivalente Beziehungen zu den Germanen, darunter auch gute. Und 53 hinderten sie solche Bedrohungen anscheinend nicht daran einen Aufstand zu wagen. Zum anderen, an welchem Landtag haben Treverer denn überhaupt beglaubigt teilgenommen? Un zum Thema "zu weit weg", Bibracte liegt ziemlich zentral. Treverer waren näher als manch Belger, als manch Aquitanier oder Aremoriker. Fest steht auch, daß etliche civitates, wie Pictones, Arverner, Sequaner durchaus starke romfreundliche Fraktionen hatten. Schickten dies also wirklich offizielle Gesandtschaften zu einem Landtag in Bibracte? Ich vertrete die Auffassung, daß es einen größeren Aufstand gab, daß aber aktiv weitaus weniger beteiligt waren, Senonen und carnuten ihr eigenes Süppchen weitgehend kochten und die Häduer an einem Sieg Vercingetorix' auch nicht mit letzter Kraft interessiert waren, vielleicht nicht mal alle Arverner.
 
Ich bin gerade darauf aufmerksam gemacht worden, dass mir Copy-and-Paste einen Streich gespielt hat. Das Scheuerbrandt, Exercitus... -PDF findet sich natürlich nicht auf der Osprey-Seite, sondern hier, bei der Uni Freiburg.

Bezüglich Alesias ist schon öfter vermutet worden, dass Cäsars Zahlen hier die Leistungsfähigkeit der einzelnen Stämme angeben, nicht das tatsächliche Aufgebot. Man könnte sagen, dass Cäsar die Angabe "alle" zu seinen Gunsten ausgelegt hat. Aber Delbrücks Schätzung kann hier auch zu weit reduzieren. Cäsars Legionen waren hochgradig professionell und zu diesem Zeitpunkt sehr erfahren. Das Gallische Entsatzheer bestand hingegen - wie immer man auch rechnet - zum Großteil aus Landwirten. Da das Heer nur ein paar Tage vor Ort blieb, sind Versorgungsschwierigkeiten nicht wirklich ein Problem. Das schreibt Delbrück irgendwo sogar selbst, um es dann an einigen Stellen wieder zu ignorieren.

Vielleicht sollten wir keine Zahlen schätzen, wozu wir schließlich kaum bis keine sicheren Anhaltspunkte haben. Es waren genug, um Cäsar ernsthafte Schwierigkeiten zu machen. Da Cäsar hinter einer Befestigung stand, wird man aber auch eher von mehr Galliern als Römer ausgehen können, die Gallier in und außerhalb Alesias zusammengerechnet.
 
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Das Gallische Entsatzheer bestand hingegen - wie immer man auch rechnet - zum Großteil aus Landwirten. Da das Heer nur ein paar Tage vor Ort blieb, sind Versorgungsschwierigkeiten nicht wirklich ein Problem.
Allerdings brauchten sie Proviant nicht nur vor Ort, sondern auch auf dem Anmarsch. Die Gallier werden keine so ausgefeilte Logistik gehabt haben, dass sie große durchziehende Heerscharen versorgen konnten, also werden diese den Proviant zum Teil vermutlich von zuhause mitbringen müssen haben.

Als Vercingetorix es endlich schaffte, einen allgemeinen Aufstand zu organisieren, war es zu spät. Cäsar hatte seine Logistik ausgebaut und konnte sich in Gallien frei bewegen.
Bewegen konnte er sich zwar, aber lange Zeit kaum etwas erreichen.

Die Entscheidung bei Alesia brauchte er als begnadeter Taktiker sowieso nicht zu scheuen.
Seine taktischen Fähigkeiten konnte er bei einer Belagerungsschlacht aber nicht wirklich ausspielen.

Feldherrenglück fände ich irgendwie eine ziemlich verharmlosende Erklärung; ich würde eher der These eines "unermüdlichen" Expansionsdrangs Roms und einer strategischen Militarisierung zuneigen. (was ich damit inhaltlich auch immer meine - so als Nichtspezialist, wenn nicht gar Dilettant in Militärgeschichte).
"Expansionsdrang" halte ich vom Ergebnis her zwar für richtig, aber nicht im Sinne einer strategischen Konzeption. Letztere war in erster Linie auf die Sicherung des Erreichten und die Wahrung des Einflusses außerhalb des eigentlichen Reichsgebietes ausgerichtet. Die Expansion ergab sich meist eher indirekt durch das Beseitigen von echten oder vermeintlichen Bedrohungen für das Erreichte oder zur Durchsetzung römischer Interessen. Dazu kamen dann zwar auch noch Feldherren wie Caesar, die des persönlichen Ruhmes oder der persönlichen Bereicherung wegen Kriege anzettelten, allerdings handelten sie meist ohne oder sogar gegen den Willen des Senats, waren also nicht Teil eines strategischen Konzepts.

Sicherlich wichtig für die Einschätzung der Größe des Aufstandes ist das Entsatzheer vor Alesia. Ungefähr 258,000 Mann sollen es gewesen sein. Delbrück ging von um die 50,000 Mann aus. Und interessanter Weise, setzten die Gallier auch selbst nur 60,000 von diesen 258.000 ein.
Das heißt also, anstatt 340,000 Mann u.U. waren lediglich 70,000 anwesend. Einen Großteil werden Arverner und Häduer gestellt haben. Für andere Kontingente bleibt dann nicht mehr fiel. Es bleibt noch Commius mit seinen Atrebaten und ein paar anderen Belgen, Lucterius mit seinen Cadurcern, vielleicht Teutomatus mit seinen Nitiobrogern.
Da scheint es doch eher, daß ebend nicht ganz Gallien aufstand, sondern lediglich Carnuten und Senonen zum einen und Arverner und Häduer zum anderen, plus ein paar andere civitates. Der Rest wartete ab, wie es ausgeht.
Dass Caesars Angaben zum Entsatzheer zu hoch angesetzt sind, stimme ich zu. Allerdings sehe ich keinen Grund, wieso man seine Angaben dahingehend "korrigieren" sollte, dass man die meisten Kontingente ganz streicht und fast nur die Haeduer und Arverner übrig lässt. Laut Caesar sollen die Haeduer und Arverner (jeweils einschließlich ihrer Klienten) jeweils 35.000 Mann gestellt haben. Das ist zwar viel, aber relativ zu ca. 250.000 Mann gesehen doch nur ein kleiner Teil. Wenn man nun also Caesars ca. 250.000 Mann für zu hoch hält und reduziert (wobei ich vermute, dass Delbrück, wie so oft, auch hier etwas übers Ziel hinausgeschossen ist) sollte man wohl auch davon ausgehen, dass die jeweils 35.000 Mann deutlich zu hoch angesetzt sind. Dann bleibt noch genug für die anderen - auch entsprechend kleineren - Kontingente. Es reicht ja, wenn sie in Wahrheit nur ein paar hundert Mann umfasst haben.

Sicherlich war es für Cäsar eine gefährliche Zeit, wie schon Gergovia zeigt, aber auch nicht so dramatisch, wie Cäsar es selbst darstellt.
Das sehe ich auch anders. Eigentlich lief es für Caesar doch immer schlechter. Er konnte keinen durchschlagenden Erfolg erzielen, hingegen musste er ein paar Schlappen einstecken, und, was mindestens ebenso schlimm war, der Aufstand weitete sich immer weiter aus. Vor allem der Abfall der Haeduer, die für Caesar im bisherigen Krieg als Hilfstruppen und Versorgungslieferanten wichtig gewesen waren, war ein schwerer Schlag. Vercingetorix hatte bereits begonnen, den Krieg in die Provinz zu tragen, und es kam dort auch schon zu ersten Kampfhandlungen. Caesar stufte die Lage in der Provinz offenkundig als sehr bedrohlich ein und befand sich faktisch auf dem Rückzug. Sein Glück war, dass die Gallier ihre Taktik änderten, sich in einer Reiterschlacht versuchten, dabei eine Schlappe erlitten und Vercingetorix sich nach Alesia zurückzog. Dadurch konnte Caesar die Initiative wieder an sich reißen. Dass er den Feind so an einem Ort zu fassen bekam und schlagen konnte, war sein großes Glück, denn davor war es ihm nicht gelungen, die Lage in Gallien wieder in den Griff zu bekommen, sondern er konnte immer nur einzelne Brandherde bekämpfen und dem Gegner einzelne, nicht entscheidende, Schlappen zufügen. Aber auch bei Alesia war sein Sieg alles andere als ausgemacht. Hätte er verloren oder hätten sich ihm die Gallier gar nicht an einem Punkt gestellt, wäre die Wiedereroberung Galliens ein langer mühsamer Prozess gewesen, für den Caesar aber wegen der sich zuspitzenden innenpolitischen Situation in Rom keine Zeit mehr gehabt hätte. Er persönlich stand knapp davor, alles zu verlieren, was er seit seiner Wahl zum Konsul erreicht hatte.

Bei Vercingetorix Aufstand müssen wir aber sehen, daß er aus Gergovia von seinen eigenen Leuten vertrieben wurde und erst wieder mit Gewalt dort die Herrschaft erlangen konnte.
Das war allerdings noch ganz zu Beginn des Aufstandes, als Vercingetorix die Arverner zum Aufstand anstacheln wollte, aber von der Stammesobrigkeit verjagt wurde, weil er und seine Pläne ihnen anscheinend suspekt und wenig vielversprechend erschienen. Damals war noch nicht absehbar, dass er es tatsächlich zum Führer einer großen Erhebung bringen würde.

die Häduer an einem Sieg Vercingetorix' auch nicht mit letzter Kraft interessiert waren, vielleicht nicht mal alle Arverner
Er lag nicht unbedingt im Interesse der Haeduer, aber hatten sie eine Alternative? Auf Caesars Gnade konnten sie sich nach ihrem Abfall kaum verlassen. Letztlich mussten sie siegen oder sich auf ihren Untergang gefasst machen.
Die Arverner wiederum hatten zwar ein ambivalentes Verhältnis zu Vercingetorix wegen seines Vaters, und sein hartes Vorgehen gegen seine eigenen Verbündeten wird ihre Befürchtungen bestätigt haben. Aber auch sie hatten als einer der führenden Stämme des Aufstands kaum eine andere Wahl als zu siegen.

Ich vertrete die Auffassung, daß es einen größeren Aufstand gab, daß aber aktiv weitaus weniger beteiligt waren
Umso schlimmer: Wenn der Aufstand in Wahrheit viel kleiner war und Caesar mit ihm trotzdem nicht fertig wurde, was musste er dann erst befürchten für den Fall, dass er sich tatsächlich auf ganz Gallien und auch die Provinz ausweiten würde?

Aber mit welchen Truppenmassen sich Caesar bei Alesia positionierte und welchen Aufwand er mit der Circumvallation betrieb, zeigt wohl hinreichend, als wie gefährlich und schwierig er die Lage einschätzte und für wie stark er seinen Gegner hielt.
 
Ich will ja gar nicht wieder von 70.000 auf 200.000 Gallier gehen. Das Entsatzheer wird sowieso getrennt anmarschiert sein. Da machen 10.000 bis meinetwegen die berühmten 20.000 Mann mehr keinen so großen Unterschied mehr. Mehr, als dass Delbrück über das Ziel hinausgeschossen ist, wollte ich nicht sagen.
 
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Dass Caesars Angaben zum Entsatzheer zu hoch angesetzt sind, stimme ich zu. Allerdings sehe ich keinen Grund, wieso man seine Angaben dahingehend "korrigieren" sollte, dass man die meisten Kontingente ganz streicht und fast nur die Haeduer und Arverner übrig lässt. Laut Caesar sollen die Haeduer und Arverner (jeweils einschließlich ihrer Klienten) jeweils 35.000 Mann gestellt haben. Das ist zwar viel, aber relativ zu ca. 250.000 Mann gesehen doch nur ein kleiner Teil. Wenn man nun also Caesars ca. 250.000 Mann für zu hoch hält und reduziert (wobei ich vermute, dass Delbrück, wie so oft, auch hier etwas übers Ziel hinausgeschossen ist) sollte man wohl auch davon ausgehen, dass die jeweils 35.000 Mann deutlich zu hoch angesetzt sind. Dann bleibt noch genug für die anderen - auch entsprechend kleineren - Kontingente. Es reicht ja, wenn sie in Wahrheit nur ein paar hundert Mann umfasst haben.
Ganz streichen muß nicht sein. Die Frage ist eher, wie "offiziell" waren diese Aufgebote? Als Beispiel, schickten die Sequaner ein Aufgebot oder schickten Sequaner ein Aufgebot?
Ich will lediglich daraufhinweisen, daß laut Cäsar Häduer, Arverner und deren Klienten schon 70,000 Mann ausmachten. Nichts spricht generell dagegen, daß diese Zahl zu hoch angesetzt ist, zumindest für die anwesenden Truppen. Allerdings fiel es Arvernern und Häduer doch sicherlich leichter Truppen zu mobilisieren, als etwas civitates aus dem Westen oder dem Gebiet der Belgen. Allerdings wird Vercingetorix ebenfalls schon Arverner und Häduer bei sich gehabt haben.
Generell erscheint es unwahrscheinlich, daß Völker aus Rom solche Truppenmassen zusammenbringen konnten. Wir sehen dies bereits bei den Helvetiern, wo die Zahlen ebenfalls drastisch reduziert werden müssen. Selbst der gefürchtete Ariovist bringt angeblich nur 22,000 Mann auf.

Das sehe ich auch anders. Eigentlich lief es für Caesar doch immer schlechter. Er konnte keinen durchschlagenden Erfolg erzielen, hingegen musste er ein paar Schlappen einstecken, und, was mindestens ebenso schlimm war, der Aufstand weitete sich immer weiter aus. Vor allem der Abfall der Haeduer, die für Caesar im bisherigen Krieg als Hilfstruppen und Versorgungslieferanten wichtig gewesen waren, war ein schwerer Schlag. Vercingetorix hatte bereits begonnen, den Krieg in die Provinz zu tragen, und es kam dort auch schon zu ersten Kampfhandlungen. Caesar stufte die Lage in der Provinz offenkundig als sehr bedrohlich ein und befand sich faktisch auf dem Rückzug. Sein Glück war, dass die Gallier ihre Taktik änderten, sich in einer Reiterschlacht versuchten, dabei eine Schlappe erlitten und Vercingetorix sich nach Alesia zurückzog. Dadurch konnte Caesar die Initiative wieder an sich reißen. Dass er den Feind so an einem Ort zu fassen bekam und schlagen konnte, war sein großes Glück, denn davor war es ihm nicht gelungen, die Lage in Gallien wieder in den Griff zu bekommen, sondern er konnte immer nur einzelne Brandherde bekämpfen und dem Gegner einzelne, nicht entscheidende, Schlappen zufügen. Aber auch bei Alesia war sein Sieg alles andere als ausgemacht. Hätte er verloren oder hätten sich ihm die Gallier gar nicht an einem Punkt gestellt, wäre die Wiedereroberung Galliens ein langer mühsamer Prozess gewesen, für den Caesar aber wegen der sich zuspitzenden innenpolitischen Situation in Rom keine Zeit mehr gehabt hätte. Er persönlich stand knapp davor, alles zu verlieren, was er seit seiner Wahl zum Konsul erreicht hatte.
Natürlich war es mühsam, vor allem, da wir es vielfach mit Guerilla-Krieg zu tun haben. Dafür waren Cäsars Legionen nicht gemacht und um bei mehreren civitates gleichzeitig Aufstände niederzuschlagen, reichten die Truppen auch nicht. Daher war Alesia die optimale Schlacht, da Vercingetorix in der Falle saß.

Das war allerdings noch ganz zu Beginn des Aufstandes, als Vercingetorix die Arverner zum Aufstand anstacheln wollte, aber von der Stammesobrigkeit verjagt wurde, weil er und seine Pläne ihnen anscheinend suspekt und wenig vielversprechend erschienen. Damals war noch nicht absehbar, dass er es tatsächlich zum Führer einer großen Erhebung bringen würde.
Cäsar gibt den Arvernern (und den Häduern) später Kriegsgefangene zurück. Es werden sich daher auch Arverner und Häduer ferngehalten haben, denen man später die Kriegsgefangenen unterstellte.

Er lag nicht unbedingt im Interesse der Haeduer, aber hatten sie eine Alternative? Auf Caesars Gnade konnten sie sich nach ihrem Abfall kaum verlassen. Letztlich mussten sie siegen oder sich auf ihren Untergang gefasst machen.
Die Arverner wiederum hatten zwar ein ambivalentes Verhältnis zu Vercingetorix wegen seines Vaters, und sein hartes Vorgehen gegen seine eigenen Verbündeten wird ihre Befürchtungen bestätigt haben. Aber auch sie hatten als einer der führenden Stämme des Aufstands kaum eine andere Wahl als zu siegen.
Wie bereits erwähnt, cäsar gab Kriegsgefangene an die Häduer und Arverner. Es scheint sehr plausibel, daß etliche große dem Aufstand fernblieben, auch wenn einige prominente Häduer abfielen.


Umso schlimmer: Wenn der Aufstand in Wahrheit viel kleiner war und Caesar mit ihm trotzdem nicht fertig wurde, was musste er dann erst befürchten für den Fall, dass er sich tatsächlich auf ganz Gallien und auch die Provinz ausweiten würde?

Aber mit welchen Truppenmassen sich Caesar bei Alesia positionierte und welchen Aufwand er mit der Circumvallation betrieb, zeigt wohl hinreichend, als wie gefährlich und schwierig er die Lage einschätzte und für wie stark er seinen Gegner hielt.
 
Vielleicht hilft es, wenn wir zwei Schlachten mit Alesia vergleichen, in denen die Gallier ebenfalls riesige Heere gehabt haben sollen.
Die eine dieser Schlachten ist Bibracte.
Cäsars Zahlen sind riesig. Allein für die Helvetier gibt er 263,000 Personen. Selbst nach der Vernichtung der Tiguriner, hätten gemäß den Angaben Cäsars die Helvetier noch ca. 50,000 Mann gehabt.
Bei Bibracte kämpfte Cäsar mit sechs Legionen, wobei er im Endkampf mit 1/3 gegen die Boier und Tulinger kämpfte und mit 2/3 gegen die Helvetier.
Rauracer und Latobricer sucht man bei Cäsar, außer bei der Nennung der Gesamtzahlen, vergebens.
Es besteht hier leider auch das Problem, daß uns über Cäsars Truppen weitere Informationen fehlen. Zwar kennen wir die Anzahl der Legionen, aber nicht ihre Stärke. Wenn wir mehr oder weniger von einer Normalstärke ausgehen, hatte Cäsar 20,000 Mann gegen die Helvetier geschickt, während 10,000 in Reserve standen. Appian berichtet noch zusätzlich von 20,000 Mann Hilfstruppen aus Berggalliern. Hinzu kommen auch noch bis zu 4000 Mann Kavallerie. Nicht vergessen darf man auch die Auxiliareinheiten, die Numidier, kretische Bogenschützen und balearische Schleuderer. Auch hier kann man nur schätzen, aber 1,000 pro Legion sind sicherlich nicht utopisch.
calones und muliones lasse ich mal Außen vor. Man käme dann bereits für Cäsars Heer auf bis zu 60,000 Mann. geht man von kleineren Legionsstärken aus, wie sie später aus Spanien überliefert sind, erreicht man wahrscheinlich immer noch um die 50,000 Mann, 24,000 davon Legionäre.
Doch zurück zu den Helvetiern. Orosius erwähnt 157,000 Auswanderer. Unklar ist allerdings, ob er sich nur auf die Helvetier bezieht. Wenn ja, würde es deren Stärke bei Bibracte auf ca. 30,000 Mann senken. Dies würde in der Tat dann zu Cäsars Taktik 2/3:1/3 passen. Im extremfall, hieße es aber auch, daß Cäsar bis zu 14,000 Mann mehr vor Ort hatte.


Die andere Schlacht ist die gegen die Belgen. 268,000 Mann hätten sich gegen ihn gesammelt. Cäsar berichtet, wie sie die Remer in Bibrax angreifen und die Stadt fast nehmen, sie dann aber nach Zuführung von Numidiern, kretischen sagittarii und balearischen funditores für die Remer, sich gegen Cäsar wenden. Übrigends ist hier interessant, daß wir von der Anzahl der Remer nie etwas erfahren!
Cäsar hat wiederum nur seine sechs alten Legionen gegen den Feind aufgestellt, während die zwei neuen Legionen, die von Q. Pedius erst kürzlich zugeführt wurden, in Reserve hält.
268,000 mann gegen 6 Legionen, also 24-30,000 Mann. Was für eine Leistung. allerdings hatten wir bereits oben gesehen, daß Cäsar bis zu 60,000 gegen die Helvetier hatte. Mit den beiden neuen Legionen, wären wir dann schon bei 70-72,000 Mann. Nicht vergessen darf man die Häduer, die Casar gegen die Bellovaker aussandte (die ja angeblich bis zu 100,000 Mann stellen konnten und hier immerhin 60,000 mann ausgesandt hatten). Ein mutiges Unternehmen, konnten die Häduer nur bis zu 35,000 Mann samt clientes stellen.
Doch wie dem auch sein, es kommt zur Schlacht und die Belger werden geschlagen, von ihrer riesigen Streitmacht ist nicht wirklich etwas zu sehen. Zudem verlassen die Bellovaker angeblich das belgische Heer um ihr Heimatland zu schützen. Sollen wir wirklich glauben, daß die restlichen 208,000 Belgen da der Mut verließ?
Es ist nicht zu sagen, wer dort wirklich das Heer der Belgen stellte. Ich unterstelle mal, Bellovaker waren tatsächlich dort, aber auch nicht annähernd in der Stärke von 60,000 Mann. Was sonst noch da war, kann man überhaupt nicht feststellen. Ich tendiere dahin, lediglich von Suessionen auszugehen, die Bibrax angriffen, mit bellovakischen Hilfstruppen. Doch wie viele dies waren, kann niemand sagen. Bei 60,000 Belgen würde ich persönlich den Schlußstrich setzen, wenn es überhaupt so viele waren. Die 268,000 Belgen vor Bibrax gleichen dem Entsatzheer vor Alesia - eine Phantomarmee. das was dort war, löst sich schnell auf und strömt von dannen.

Vielleicht noch ein kurzer Blick auf die Auseinandersetzung mit den Nervier. Hier scheint Cäsar größere Probleme gehabt zu haben. Es stellt sich allerdings die Frage, wieso das Lager so schlecht bewacht war. In der Schlacht erfahren wir, daß 9. und 10. Legion gegen die Atrebaten kämpften, 8. und 11. gegen die Viromanduer und schließlich 7. und 12. gegen die Nervier. Dies läßt die Frage offen, ob die Atrebaten wirklich 15,000 Mann, die Viromanduer aber nur 10,000 Mann vor Ort hatten. Ernste Fragen stellen sich aber, wenn Cäsar wirklich nur zwei Legionen ebenfalls gegen 50,000 Nervier kämpfen ließ. Entweder die Nervier waren mit weit weniger Truppen dort oder Cäsar hatte die 7. und 12. mit Hilfstruppen ausreichend verstärkt. Sicherlich sollte man hier, gegen Ende des Belgenfeldzuges nicht unbedingt von 5000 Mann pro Legion ausgehen. Offen bleibt wieder die größe der Verbündeten und der Hilfstruppen. Falls Cäsar hier numerisch unterlegen war, dann nur knapp.

Was man bei meiner Betrachtung erkennt ist, daß die Riesenheere, wie Cäsar sie für die Gallier schildert, so, nicht bestanden haben. Die gallier waren schlichtweg nicht in der Lage Heere von mehr als 50-60,000 Mann aufzubringen und zu führen. Dies sollte uns bei der Betrachtung des gallischen Entsatzheeres vor Alesia in Erinnerung bleiben.
 
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