Die Weihnachtsgeschichte im Lichte der Geschichtschreibung

Ja, zwischen Buch 15 und 17 natürlich.
:autsch:
Dann war ich wohl auf dem Holzweg.


Wie argumentiert Herrmann denn
Hermann weist aufgrund der vorhandenen Quellen auf Eigenarten und Unterschiede hin.

Ein Motiv für den Eid (egal ob eins des Herodes oder eins des Augustus) kann ich nämlich überhaupt nicht herauslesen.
Ein Motiv für den Eid nennt Josephus im 15. Buch.
Da geht es um den Eid auf den Herodes.


* So die Übersetzung von Clementz. Ich hoffe, es ist nicht ganz falsch, wenn ich den entsprechenden griechischen Text sinngemäß wie oben übersetzen würde, dass sich der Eid auf "das Wohlergehen des Caesar und die Unternehmungen des Königs" erstreckte.
Bei Griechisch muss ich passen.
"Das Wohlergehen des Caesar" - bist Du sicher?
"Die Unternehmungen des Königs" - sinngemäß wohl eher: Die Regierung des Königs.
 
Wörtlich besagt die Stelle, dass das ganze jüdische Volk eidlich bekräftigt habe, dass es "dem Caesar und den Taten des Königs gewogen sein werde".
πράγμασιν ist der Dativ Plural von πρᾶγμα, was wörtlich "Tat, Getanes" bedeutet. Je nach Kontext kann es verschiedene Bedeutungen haben. "Unternehmungen" und "Regierungsgeschäfte" ist beides möglich.
Das "Wohlergehen" des Kaisers wird nicht angesprochen.
 
Wörtlich besagt die Stelle, dass das ganze jüdische Volk eidlich bekräftigt habe, dass es "dem Caesar und den Taten des Königs gewogen sein werde".
πράγμασιν ist der Dativ Plural von πρᾶγμα, was wörtlich "Tat, Getanes" bedeutet. Je nach Kontext kann es verschiedene Bedeutungen haben. "Unternehmungen" und "Regierungsgeschäfte" ist beides möglich.
Das "Wohlergehen" des Kaisers wird nicht angesprochen.

Ok. Herzlichen Dank für die Richtigstellung und Klärung!

:autsch:
Dann war ich wohl auf dem Holzweg.
Nee, warst Du gar nicht mal. Ich hab noch mal nachgeschaut. Es gibt tatsächlich einige Fachmänner, die annehmen der Eid im 15. Buch sei dasselbe Ereignis wie der Eid im 17. Buch. Das sind vor allem J. Wellhausen und W. Otto.
Zwei unterschiedliche Ereignisse nehmen Fachmänner wie Emil Schürer und Abraham Schalit an. Mir war nicht bewusst, dass es auch die gegenteilige Meinung gibt.

Ein Motiv für den Eid nennt Josephus im 15. Buch.
Da geht es um den Eid auf den Herodes.
Ja, jetzt versteh ich.
 
Hermann weist aufgrund der vorhandenen Quellen auf Eigenarten und Unterschiede hin.

Ja, generell in seiner Untersuchung tut er das. Im Falle des bei Iosephus erwähnten Eides sind ihm jedoch deutlich etwas die Hände gebunden. Denn da Iosephus nicht den Wortlaut mitteilt, kann man wenig mit den anderen Kaisereiden vergleichen. Der einzige Vergleich, den Herrmann anstellt/ anstellen kann, findet sich in Anm. 29 auf S. 98.
Dort teilt er zum Wort εὐνοήσειν ("gewogen/wohlgesonnen sein" im Futur) mit, dass im Text des Iosephus eigentlich εὐνοῆσαι überliefert ist, welches man aber in den Textausgaben in die Futur-Form ändere, denn: "Die Analogie aller ähnlichen Eide legt aber das Futur nahe". (Und schaut man in den griechischen Text der Kaisereide im Anhang Herrmanns, so findet man dort auch die Futur-Form.)

Das klingt doch ein wenig so, als sähe Herrmann im Falle des Eides bei Iosephus einen Kaisereid vor sich. Das tut er aber nicht. Die Begründung, warum das kein Kaisereid sei, läuft dann ziemlich unabhängig von Vergleichen mit anderen Eiden.
Was Herrmanns Begründung angeht, spielt jetzt tatsächlich die Frage, ob man die Eide im 15. Buch und im 17. Buch der antiquitates als nur ein Ereignis oder als zwei verschiedene auffasst, eine ganz wesentliche Rolle. Da hast Du recht. Herrmann scheint wie W. Otto davon auszugehen, dass es ein und dasselbe Ereignis ist, was nur an zwei Stellen verschieden geschildert wird. Weil nun Herodes im 15. Buch den Eid auf seine königliche Person aus eigenem Interesse einfordert, so gewinnt Herrmann "den Eindruck, daß hier [im selben Eid im 17. Buch] die Treueverpflichtung gegenüber Augustus aufgrund der bestehenden politischen Abhängigkeit in einen von Herodes im eigenen Interesse verlangten Eid mit hineingenommen wird". Dieser Eindruck basiert voll und ganz auf der Annahme, dass in Buch 15 und 17 von ein und demselben Ereignis berichtet wird.
In Klammern verweist Herrmann noch auf S. 30, wo eine Art Parallelfall zu finden sei: Die Soldaten von Magnesia und die benachbarten Bürger von Smyrna schlossen um 246 v. Chr. einen Freundschaftsvertrag miteinander. Die Magnesier werden in die Bürgerschaft der Smyrnäer aufgenommen und schwören ihr Wohlwollen gegenüber dem König Seleukos II. und der Stadt Smyrna; die Smyrnäer schwören ihr Wohlwollen gegenüber dem König und den Magnesiern. Die Parallele also muss die sein, dass die Smyrnäer die neu aufgenommenen Bürger nicht nur sich selbst Treue schwören lassen, sondern diese neuen Bürger auch dem König Treue schwören lassen, dem die Smyrnäer selbst treu ergeben waren. Ich verstehe, dass Herrmann dieses Beispiel aus 246 v. Chr. zur Verdeutlichung anführt, aber ein Argument dafür, dass Herodes rund 240 Jahre später eigenmächtig den Eid auf den Kaiser, dem er persönlich ergeben war, nur der ohnehin stattfindenden Eidesleistung auf ihn als König angehängt hat, kann das natürlich nicht sein.
Auch der Satz "[...] Gefolgschaftseid für Augustus [...], bei dem es kaum denkbar wäre, daß Herodes 'in die übliche Formel nur seine Person mit eingeschoben' hätte" basiert wieder ganz auf der Annahme, das Ereignis im 17. Buch der antiquitates sei das selbe wie im 15. Buch.

Und weil mir diese Annahme ganz fremd war, hat mich Herrmanns Begründung, warum es sich bei Iosephus nicht um einen von Augustus geforderten Eid handeln soll, nicht überzeugt. Jetzt kann ich diese Begründung wenigstens nachvollziehen. Aber mir scheinen die Eid-Ereignisse im 15. und 17. Buch immer noch verschiedene zu sein.
 
Ich begreife immer noch nicht so ganz, warum hier so besonders und nur auf den geschichtlichen Hintergrund abgehoben wird. Ist das nicht ohne den theologischen Aspekt einzubeziehen eigentlich sinnlos.
Da haben wir vier Evangelien als Grundlage mit den jeweils doch oft divergierenden Schilderungen. Und wir haben den Quirinius Landpfleger in Syrien (6-7 n. Chr.) und Herodes (gest. 4 v. Chr.) als Garanten einer Verankerung in der Geschichte. Da fängt es aber auch schon an. Sie liegen 10 Jahre auseinander:

1. Bei Markus taucht Jesus wie aus dem Nichts auf, wird von Johannes vorgestellt und einer schrie: „Was willst du von uns, Jesus, Nazarener? Wobei man nicht weiß, meint er nun Nazoräer oder einen Einwohner von Nazareth.

2. Matthäus baut von Beginn eine Beweiskette auf. Von Abraham bis David 14 Geschlechter. Von David bis Babylon 14 Geschlechter. Und von Babylon bis Jesus 14 Geschlechter. Da bietet sich ihm Bethlehem als Geburtsort an. Man flieht vor Herodes nach Ägypten. Man kommt zurück und zieht nach Nazareth und hat dafür eine eigenartige Begründung: "Er wird ein Nazoräer genannt werden".

3. Lukas betont die Armut des Stalles, der Krippe, die redlichen Hirten und nach sieben Tagen die kleinste Opfergabe: zwei Tauben. Herodes spielt bei Lukas keine größere Rolle und so geht es zurück nach Nazareth.

4. Johannes umschreibt Jesus und fängt so an: „Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns“. Erst im 29. Vers „Sah er Jesus auf sich zukommen…“ Und von ihm haben wir den Satz: „Kann denn aus Nazareth etwas Gutes kommen“.

Eine hochschwangere Frau reist 180 Kilometer nach Bethlehem. Fast die selbe Reise hatte Maria am Anfang der Schwangerschaft zur Verwandten Elisabeth gemacht. Nach Ägypten mit dem Neugeborenen waren es dann sicher nochmal an die 400 Kilometer.
Wichtig ist bei diesen „geschichtlichen“ Schilderungen immer, daß es heißen kann “auf daß erfüllet ward wie geschrieben steht…“

Ob die Schafe aufgestallt waren oder im Freien blieben ist da nur eine Petitesse.

Wenn ich dazu noch ein paar alte Beiträge von mir zitieren darf:

Bei Matthäus lässt Herodes alle Neugeborenen umbringen, weshalb Josef mit seiner Familie erst nach Ägypten und dann nach Nazareth flieht.
Bei Lukas spazieren die Eltern mit dem Neugeborenen seelenruhig nach Jerusalem.

Leider gibt Lukas keine wirklich plausible Begründung für die Reise nach Bethlehem. "Darum, dass er aus dem Haus und Geschlecht Davids war" ist eine rein theologisch motivierte Sichtweise. Daraus kann man kaum steuerrechtliche Schlussfolgerungen ziehen.

Zu Johannes noch eine Ergänzung. In 7,40-43 gehen die Leute offensichtlich davon aus, dass Jesus gerade nicht aus Bethlehem stammt:

Einige nun aus dem Volk, die diese Worte hörten, sprachen: Dieser ist wahrhaftig der Prophet. Andere sprachen: Er ist der Christus. Wieder andere sprachen: Soll der Christus aus Galiläa kommen? Sagt nicht die Schrift: Aus dem Geschlecht Davids und aus dem Ort Bethlehem, wo David war, soll der Christus kommen? So entstand seinetwegen Zwietracht im Volk.

Gangflow schrieb:
Ob die Schafe aufgestallt waren oder im Freien blieben ist da nur eine Petitesse.
Die Petitesse mit den Schafen verrät natürlich nichts über irgendeinen historischen Zeitpunkt. Es ist aber überaus lustig, dass sie immer wieder zur "Argumentation" herangezogen wird.
Hatten wir hier übrigens auch schon:
http://www.geschichtsforum.de/720640-post39.html
 
Es sollte sich auch bis in dieses Forum herumgesprochen haben, dass die lukanische Weihnachtsgeschichte von A bis Z fiktional oder, besser gesagt, allegorisch ist und daher nicht die geringste historische Aussagekraft besitzt.

Warum berichtet Lk 2 vom völligen Unverständnis der Familie des Jesus über die Titulierung ihres Kindes als "Heiland" nach seiner Beschneidung und über sein Verhalten im Tempel, während in Lk 1 ausführlich zeigt, wie Mutter Maria vom überirdischen Status ihres Kindes in Kenntnis gesetzt wird? Hat Maria schon nach 8 Tagen bzw. nach 12 Jahren vergessen, dass ein Engel ihr Kind als "Sohn des Höchsten" und als "König über das Haus Jakob in Ewigkeit" bezeichnet hat?

Zum Vergleich:

Lk 1:

30 Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria, du hast Gnade bei Gott gefunden. 31 Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben. 32 Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, 33 und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben.

Lk 2:

33 Und sein Vater und seine Mutter wunderten sich über das, was von ihm gesagt wurde.

(...)

46 Und es begab sich nach drei Tagen, da fanden sie ihn im Tempel sitzen, mitten unter den Lehrern, wie er ihnen zuhörte und sie fragte. 47 Und alle, die ihm zuhörten, verwunderten sich über seinen Verstand und seine Antworten. 48 Und als sie ihn sahen, entsetzten sie sich. Und seine Mutter sprach zu ihm: Mein Sohn, warum hast du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht. 49 Und er sprach zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist? 50 Und sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen sagte.

Da passt also gar nichts zusammen. Eingedenk aller anderen Merkwürdigkeiten und Ungereimtheiten spricht alles dafür, dass die Geburtsgeschichte und alles damit Zusammenhängende eine fiktionale, volksnahe allegorische Umschreibung einer Mysterienerfahrung (Herabkunft des Pneuma in die Seele des Gläubigen) ist. Der entscheidende Hinweis ist folgender:

35 Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden.

Bei "Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten" handelt es sich um einen typisch jüdischen Parallelismus, beide Satzteile bedeuten das gleiche.

Der darin angesprochene Vorgang ist, wie auch die gesamte Weihnachtsgeschichte, als Allegorie des Erscheinens des Pneuma in der menschlichen Seele zu deuten. Mit irgendeiner geistigen ´Zeugung´ hat das nichts zu tun, das ´Überschatten´ (griech.: επισκιάσει) hat keinerlei zeugungsbezogene Bedeutung. Die ´Überschattung´ durch das Pneuma impliziert vielmehr - wie man aus dem religionshistorischen Kontext dieser Vorstellung schließen kann - lediglich eine Kraftübertragung aus der göttlichen Sphäre in die menschliche Seele.

Daher ist der nachfolgende Satz in Lk 1,35:

darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden

im Hinblick auf den Geburtsbegriff nur allegorisch zu verstehen als erscheinende Gegenwart des Göttlichen in der menschlichen Seele.

In Lk 9,34 erscheint der Begriff "überschatten" noch einmal und drückt wiederum die Gegenwart Gottes aus, und zwar ohne jede ´zeugende´ Konnotation:
34 Da er aber solches redete, kam eine Wolke und überschattete sie; und sie erschraken, da sie die Wolke überzog. 35 Und es fiel eine Stimme aus der Wolke, die sprach: Dieser ist mein lieber Sohn; den sollt ihr hören!

Festzuhalten ist - abgesehen vom allegorischen Charakter der Engelverkündigung und der Weihnachtsgeschichte überhaupt - , dass Lk 1,35, auch wenn die exegetische Tradition es anders sieht, keine Aussage über eine göttliche Zeugung des Jesus in der ´jungfräulichen´ Maria macht. Nimmt man die Stelle wörtlich, besagt sie nur, dass die Gegenwart des Pneuma der jungfräulichen Geburt vorausgeht, ohne diese aber zu verursachen. Nimmt man sie allegorisch, umschreibt sie auf Folklore-Niveau eine Mysterienerfahrung.
 
Zuletzt bearbeitet:
:
Das hat sich doch herumgesprochen, nur Du hast es noch nicht mitbekommen.

Schau mal in diesen Beitrag, der ist vom 7. Juli 2014.

+ Du hast mich wieder einmal nicht richtig verstanden. Es geht in dieser Deutung auch darum, dass das gesamte Personal (Jesus, Maria, Joseph) fiktionale Elemente dieser Allegorie bildet. Du wärest im Bestreben, dich für höhere Aufgaben im Vatikan zu empfehlen, doch der Letzte, der das akzeptiert.

David hat 1000 Jahre vor Josef gelebt und ist schon jung aus Bethlehem weggezogen.

Da haben wir´s doch: Joseph ist historisch und sogar David ist historisch. Mehr hast du nicht zu bieten? Mach dir also besser mal darüber Gedanken, was du noch nicht mitbekommen hast.

+ In welchem Thread wird der Versuch unternommen, der Story einen allegorischen Sinn zu entlocken, wie ich es oben mache? Das hat im übrigen nichts mit Theologie zu tun, sondern mit einer literarischen Einordnung des Textes, ist also ein geschichtliches Thema.
 
Zuletzt bearbeitet:
+ Du hast mich wieder einmal nicht richtig verstanden.

Kann schon sein. Du mich aber anscheinend auch nicht:

Da haben wir´s doch: Joseph ist historisch und sogar David ist historisch.
Hältst Du das für meine Aussage? Vielleicht liest Du Dir den Beitrag nochmal durch. Bei Bedarf erkläre ich gerne, wie er gemeint ist.


Mehr hast du nicht zu bieten?
Wenn es darum geht, welche Figuren historisch sind, habe ich natürlich noch viel mehr zu bieten
: Sogar Pythagoras, Buddha und Zarathustra sind historisch!


Du wärest im Bestreben, dich für höhere Aufgaben im Vatikan zu empfehlen, doch der Letzte, der das akzeptiert.
=)

Besten Dank für diesen erhellenden Einblick in Deine Schubladen!


 
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