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Die Studie diskutiert relativ ausführlich die Frage, ob solche procuratores, de facto als Teil der Provinzadministration agierten, oder von ihr losgelöst eine direkte kaiserliche Kontrolle über Einzelterritorien ausübten. [...]
Das Institut solcher exterritorialen, unter direkter kaiserlicher Kontrolle stehenden Gebiete (für die seit Plinius der Gebrauch des Begriffes saltus vielfach bezeugt ist) wird in der Studie als wesentliches Instrument der Machtausweitung und -sicherung der Kaiser gegenüber dem Senat beschrieben. [...] die Studie zeigt detailliert auf, wie über die saltus die kaiserliche Macht systematisch ausgeweitet wurde, und dabei senatorische Machtpositionen (Quaestoren, senatorische Finanzverwaltung, etc.) schrittweise eliminiert bzw. an den Rand gedrängt wurden.
Meines Erachtens weitest Du den Begriff "saltus" in Deiner Argumentation unzulässig aus. Das geht zumindest aus der von Dir verlinkten Dissertation von Sabine Schmall so nicht hervor. Die Verwaltungseinheit "saltus" ist, wie Schmall darstellt, nur eine von vielen innerhalb der von kaiserlichen procuratores administrierten Ländereien. Auch von einer obligatorischen Verwaltungseinheit "saltus" spricht sie nicht.Nicht "großes Landgut", sondern "kaiserlicher Verwaltungsbezirk", analog zum "saltus sumolecennensis", der dann irgendwann im 2. Jh. zur "civitas" wurde. Aber ansonsten verstehst Du mich richtig. Genauer gesagt - ich will zunächst erstmal sagen, dass eine solche Deutung zumindest gleichrangig mit der als "Walgebirge" in Betracht gezogen werden sollte.
Ein schöner Hinweis, Ostfale, auf eine Stelle, die ich bisher übersehen hatte. Fangen wir mal mit dem Ziel der Expedition, den Marsern, an. Wo siedelten diese?Ähnlich in Tac. ann.1,50,2.:
"inde saltus obscuros permeat consultatque, ex duobus itineribus breve et solitum sequatur an inpeditius et intemptatum eoque hostibus incautum."
Von da ziehen sie durch dunkle Wälder und beratschlagen, ob sie von zwei Marschlinien die kurze und gewöhnliche oder die beschwerlichere, noch nicht versuchte und darum von Feinden unbewachte einschlagen sollen.
Im Jahre 14 zieht Germanicus gegen die Marser um die aufmüpfigen Legionen zu beschäftigen. Wieder taucht Saltus als "Wald" übersetzt auf, tatsächlich hatten die Truppen aber ein unbekanntes (auch das bedeutet "obscurus") Gebirge zu überwinden, von dem nur bisher ein Durchmarschweg bekannt war. Nun, man entschloss sich für den beschwerlichen Weg übers Gebirge. Als man das geschafft hatte, bekam Germanicus Nachricht von der bevorstehenden Feier der Marser und schickte, wie immer, Caecina los die Hindernisse im Wald (Silva!), in dem man sich nun befand, zu beräumen.
Die Römer überfielen danach die nichtsahnenden Marser.
Wieder Tac. ann.1,50,2:
"excivit ea caedes Bructeros, Tubantes, Usipetes; saltusque, per quos exercitui regressus, insedere.
Dieses Blutbad setzte die Brukterer, Tubanten, Usipeten in Bewegung; sie besetzten die waldigen Gebirge, über die das Heer zurück musste
Siehe da, die Römer mussten nicht durch dunkle Wälder zurück, sondern über das Gebirge (das hier, welch Überraschung, auch noch bewaldet ist - ohne Wald geht es nicht bei Saltus!), wie oben bereits angemerkt.
Weiter bei Tac. ann.1,50,3.
"sed hostes, donec agmen per saltus porrigeretur, immoti, dein latera et frontem modice adsultantes, tota vi novissimos incurrere."
Der Feind rührte sich nicht, bis sich der Zug durch den Wald hingedehnt hätte; hierauf aber stürzt er sich, während er leichte Angriffe auf Flügel und Front unternahm, mit ganzer Macht auf den Nachtrab.
Jetzt frage ich mich doch ernsthaft, wo nun plötzlich der Wald herkommt? Grade haben wir festgestellt, dass die Römer ein vorher unbekanntes Gebirge überwanden und auch die Germanen im Gebirge lauerten!
Wo das von Germanicus verwüstete Kernland der Marser genau lag, können wir nur vermuten. Lt. Tacitus wurde es über 50 Meilen verheert. Rechnen wir noch einen gewissen Weg vom Rhein hinzu, scheint mir die fruchtbare und salzreiche Soester Börde ein guter Kandidat zu sein.Die Marser (lateinisch: Marsi, griechisch οἱ Μαρσοί) waren ein kleiner germanischer Volksstamm, der zwischen Rhein (Rhenus), Ruhr und Lippe (Lupia) siedelte. Der Stamm der Marser entstand aus einer Abspaltung von den rechtsrheinisch verbliebenen Resten der Sugambrer, welche unter Tiberius im Jahre 7 v. Chr. in linksrheinische Gebiete an die Maas in das Gebiet der Sunuker umgesiedelt wurden.[1][2] Sie wurden erstmals von Strabon und mehrmals von Tacitus erwähnt
Jedoch nicht dort, wo sie Tacitus drei Mal verortet (ebenfalls Fakt).sepiola:
Gab es zu dieser Zeit in der Magna Germania "saltus" im Sinne von Bergwäldern?
Ja. (Fakt)
Über die Lage des slivam Caesiam ist viel spekuliert worden. Immer wieder genannte Kandidaten sind Coesfeld, sowie das heutige Essen, wo es eine Reihe von Toponymen auf Hese-/Heisi- gibt. Allerdings liegen beide Kandidaten nicht sonderlich nahe an der Marschroute von Xanten in die Soester Börde.at Romanus agmine propero silvam Caesiam limitemque a Tiberio coeptum scindit, castra in limite locat. =
Aber die Römer durchschneiden in Eile den Caesierwald, bis wo die von Tiberius begonnene Grenzscheide geht und schlagen auf der Grenze ihr Lager auf
Noch mal: Was veranlasst Dich zu der Behauptung, es hätte (trotz Limesanlage, Stadtgründungen, Steuererhebung durch Varus etc.), keine römische Verwaltung in der Magna Germania gegeben?sepiola:
Gab es zu dieser Zeit in der Magna Germania "saltus" im Sinne von Verwaltungsbezirken?
Nein.
(Oder höchstens fiktive, aber noch nicht einmal die fiktiven sind auch nur ansatzweise belegt. Soviel zu Fakten und Fiktion.)
Tacitus war sicherlich in der Lage, zwischen saltus als Waldgebirge und saltus als Verwaltungseinheit zu unterscheiden. Aber er gibt sich scheinbar einige Mühe, bis hin zur verzerrten Wiedergabe der westfälischen Topographie, dies seinen Lesern unmöglich zu machen.Beaker
Also konnte der kaiserliche Beamte Publius Cornelius Tacitus den Wald nicht vom Verwaltungsbezirk unterscheiden?
Hab ich doch schon gesagt: Ein Völkermord (oder auch nur großflächige Verwüstung) eines Gebiets, das zum kaiserlichen patrimonium gehört, ohne konkreten Anlass wirft ein paar unangenehme Fragen auf. Der saltus teutoburgiensis lag nicht fern vom verwüsteten Bructererland - ob er Teil des verwüsteten Gebiets war, ist Tacitus Text nicht zu entnehmen. "Durchsuchen der Verstecke" lässt, angesichts der sonstigen Kriegspraxis, jedoch nichts Gutes erahnen.El Quijote
Mir ist nicht ganz klar geworden, was der Völkermord durch Germanicus mit der Saltus-Frage zu tun hat.
Tacitus war sicherlich in der Lage, zwischen saltus als Waldgebirge und saltus als Verwaltungseinheit zu unterscheiden. Aber er gibt sich scheinbar einige Mühe, bis hin zur verzerrten Wiedergabe der westfälischen Topographie, dies seinen Lesern unmöglich zu machen.
Den Anlass gab es: Die Marser waren Teil der antirömischen Koalition, sie hatten an der Varusschlacht teilgenommen. Noch mal: Was hat der Überfall auf die durch ihre Trunkenheit wehrlosen Marser mit der Interpretation des saltus-Begriffs zu tun? Mit oder ohne Anlass?Hab ich doch schon gesagt: Ein Völkermord (oder auch nur großflächige Verwüstung) eines Gebiets, das zum kaiserlichen patrimonium gehört, ohne konkreten Anlass wirft ein paar unangenehme Fragen auf.
Tiberius jedenfalls billigt Germanicus Aufenthalt dort nicht (Annalen 1,62,2), Tacitus stellt verschiedene Mumaßungen über den Grund dieser Mißbilligung an. Einen naheliegenden Grund, nämlich dass Germanicus, anstatt sich auf Arminius zu konzentrieren (wo ihm am Ende die Zeit ausgeht), Zeit verplempert, und nebenbei potentielle Bundesgenoosen Rom entfremdet, und das Wirtschafts- und Steuerpotential der wieder in Besitz zu nehmenden Gebiete zerstört, nennt er nicht. Hätte ja auch nicht zur "story" um den Helden Germanicus und den missgünstigen Tiberius gepasst. Und in diesem Kontext ware es dann auch nicht hilfreich, wenn Leser den saltus teutoburgiensis als ein eigentlich schon halb romanisiertes, und vor der Varus-Schlacht kaiserlich verwaltetes Gebiet verstehen würden.
Darf ich bei dieser Gelegenheit noch einmal nachfragen, auf welche Stellen Du Dich für die Behauptung einer "erfolgreich abgeschlossenen Pazifizierung" gestützt hast?Ein schöner Hinweis, Ostfale, auf eine Stelle, die ich bisher übersehen hatte.
Nach den Pollenbefunden gab es eine Menge Wälder (wenn auch in der Regel nicht sehr ausgedehnte). Man könnte also sagen:Ausgedehnte Wälder können wir nach den pollenanalytischen Befunden für den Lipperaum ausschliessen
das fragliche Gebiet wimmelt laut Tacitus nur so von saltus.
Fakt?Jedoch nicht dort, wo sie Tacitus drei Mal verortet (ebenfalls Fakt).
Die Übersetzung "Grenzscheide" ist an dieser Stelle problematisch. Vom Kontext her wäre "Schneise" eindeutig die bessere Übersetzung. Siehe hier.Unabhängig von der Frage der konkreten Verortung können wir entnehmen, dass Tiberius mit der Anlage eines rechtsrheinischen limes irgendwo nördlich der Ruhr begonnen hatte.
Weil man nicht zu oft hintereinander dasselbe Wort verwenden sollte. Hier kommt der Wald sechsmal auf einer halben DIN-A-4-Seite vor. Da wechselt er in lockerer Reihenfolge ab und schreibt dreimal "silva", dreimal "saltus".Auffällig ist denn auch, dass Tacitus, der doch so gerne silva und saltus synonym bzw. in Konnotation nutzt, gerade an dieser Stelle, im Gegensatz zu den folgenden Abschnitten, silva verwendet. Warum?
Was "behaupte" und was "schließe" ich?Noch mal: Was veranlasst Dich zu der Behauptung, es hätte (trotz Limesanlage, Stadtgründungen, Steuererhebung durch Varus etc.), keine römische Verwaltung in der Magna Germania gegeben?
Woraus schließt Du, eine solche Verwaltung hätte nicht unter direkter kaiserlicher Kontrolle gestanden?
Mommsen äußert eine Vermutung. Ich nehme an, Du kennst den Unterschied zwischen Fakten und Vermutungen.An welcher Stelle irrt Mommsen
Schon besprochen.Dann nimm dazu noch den saltus sumelocennensis
150 Jahre nach Varus.Das bisher einzig zweifelsfreie Zeugnis für die Existenz eines saltus bei Sumelocenna/Rottenburg stammt aus der Zeit des Antoninus Pius.
Bisher hast Du noch keine Fakten geliefert, auf denen man einen Indizienbeweis aufbauen könnte.Der korrekte Ausdruck hier lautet Indizienbeweis, nicht Fiktion.
Der Formulierung nach war er nicht Teil des verwüsteten Gebiets, sondern lag nicht weit vom verwüsteten Gebiet.Hab ich doch schon gesagt: Ein Völkermord (oder auch nur großflächige Verwüstung) eines Gebiets, das zum kaiserlichen patrimonium gehört, ohne konkreten Anlass wirft ein paar unangenehme Fragen auf. Der saltus teutoburgiensis lag nicht fern vom verwüsteten Bructererland - ob er Teil des verwüsteten Gebiets war, ist Tacitus Text nicht zu entnehmen.
Ich unterscheide zwischen Grund und Anlass. Die Teilnahme der Marser an der Varusschlacht mag Kriegsgrund gewesen sein. Ein konkreter Anlass, z.B. ein kürzlicher Einfall der Marser in römisches Gebiet, ist jedoch nicht überliefert; die Marser wurden ja auch buchstäblich nichts Böses ahnend im Schlaf überrascht.Den Anlass gab es: Die Marser waren Teil der antirömischen Koalition, sie hatten an der Varusschlacht teilgenommen. Noch mal: Was hat der Überfall auf die durch ihre Trunkenheit wehrlosen Marser mit der Interpretation des saltus-Begriffs zu tun? Mit oder ohne Anlass?
Habe ich doch zwei mal ausführlich begründet. Wo genau hast Du Verständnisprobleme? Denn:Auch hier wieder die Frage: Was hat der von Tacitus dem Tiberius unterstellte Neid mit dem saltus-Begriff zu tun?
Spekulation, was du meinen könntest, liegt mir nicht so.
U.a. Ostfalens Zitate von Cassius Dio. Ich errinnere auch noch weitere Quellen, die ich jedoch nachschlagen müsste, wofür mir derzeit die Zeit fehlt.Darf ich bei dieser Gelegenheit noch einmal nachfragen, auf welche Stellen Du Dich für die Behauptung einer "erfolgreich abgeschlossenen Pazifizierung" gestützt hast?
Mal abgesehen davon, dass es durchaus auch lateinische Wörter für kleine Nutz-/ Hudewälder, Haine, etc. gegeben hat - wer sprach denn hier von Wäldern? Du sagtest:Nach den Pollenbefunden gab es eine Menge Wälder (wenn auch in der Regel nicht sehr ausgedehnte). (..) Wo verortet Tacitus Wälder, wo es faktisch keine Wälder gegeben hat?
Diese Bergwälder musst Du mir in der Westfälischen Bucht mal zeigen!Gab es zu dieser Zeit in der Magna Germania "saltus" im Sinne von Bergwäldern?
Ja. (Fakt)
Interessanter Aspekt, der mir so nicht present war. Danke für den Hinweis! Da können wir einen neuen Faden "Was bedeutet "limes"?" draus machen, der sicherlich auch Potential für mindestens 20 Seiten hat, Ich könnte was zum "limes saxoniae" beisteuern...Die Übersetzung "Grenzscheide" ist an dieser Stelle problematisch. Vom Kontext her wäre "Schneise" eindeutig die bessere Übersetzung. Siehe hier.
Mommsen liefert einen auf epigraphische Belege gestützten Indizienbeweis, wie dies für die römische Geschichtsforschung, mangels vollständiger Dokumentation, üblich ist. Du hast Dich lange geweigert, seine Argumentation überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, und nun traust Du Dich an die von mir angefragte Kritik seines Indizienbeweises nicht ran. Ziemlich schwach, ganz ehrlich!Mommsen äußert eine Vermutung. Ich nehme an, Du kennst den Unterschied zwischen Fakten und Vermutungen.
Wo ist da der Beleg? Der Autor in Deiner Quelle verweist per Fußnote auf einen Aufsatz aus 1981, der mir nicht vorliegt, wobei noch nicht einmal klar ist, ob sich die Fußnote auf die Datierung, oder das vermutete Umfeld (Heiligtum) bezieht. Bei der Landesdenkmalpflege Baden-Würtemberg, die ich durchaus für eine vertrauenswürdige Quelle halte, heißt es:Schon besprochen.Dann nimm dazu noch den saltus sumelocennensis
Belegt für die Zeit des Antoninus Pius (138-161).
150 Jahre nach Varus.
Beginn des 2.Jahrhunderts ist 100 Jahre nach Varus, und die Lebzeit Tacitus. Mag ja sein, dass der saltus sumelocennensis erst später zu datieren ist, dann liefere aber bitte einen nachprüfbaren Beleg, am besten verbunden mit einer Begründung, wie die Landesdenkmalpflege zu einer früheren und fehlerhaften Datierung kommt.Überliefert ist damit nicht nur der Name der römischen Siedlung, sondern auch ihre rechtliche Stellung zu Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr.
Beleg?In einem seit Jahrzehnten befriedeten Gebiet.
Denkst Du nicht, dass die Römer mit der Zeit eine "standard operating practice" für die Romanisierung und Provinzialsierung neueroberter Gebiete entwickelt haben? "Experimentierfeld" war sicherlich Gallien, dann kam der Nordalpenraum, dann die Germania Magna, dann Britannien, schließlich das Dekumatland. Natürlich mit Versuch und Irrtum, aber auch mit Rückgriff auf Erfahrungen, die sich "nebenan" nur 1-2 Generationen früher bewährt hatten.Welche Schlussfolgerung man daraus für die Situation unter Varus ziehen soll, bleibt unerfindlich.
Ein Anlass ist auch überliefert: Die Meuterei der Legionen nach Augustus' Tod.Ich unterscheide zwischen Grund und Anlass. Die Teilnahme der Marser an der Varusschlacht mag Kriegsgrund gewesen sein. Ein konkreter Anlass, z.B. ein kürzlicher Einfall der Marser in römisches Gebiet, ist jedoch nicht überliefert; die Marser wurden ja auch buchstäblich nichts Böses ahnend im Schlaf überrascht.
Ich verstehe diesen Einwurf nicht. Habe ich etwas anderes geschrieben?Im übrigen fand der Überfall auf die Marser im Herbst des Jahres 14 statt.
An deiner Ausführlichkeit ist nichts auszusetzen, eher an der Überzeugungskraft deiner Argumente. Du schreibst viele richtige Dinge, ziehst dann daraus aber Schussfolgerungen, die aus diesen Dingen nicht gezogen werden können. Der Überfall auf die trunkenen Marser etwa kann nicht für die Bedeutung des Saltus-Begriffs herangezogen werden. Erst dadurch, dass du sie willkürlich in die Soester Börde verortest, hast du einen Anlass, gegen Tacutus' Saltus zu polemisieren.Habe ich doch zweimal ausführlich begründet
Der Gedanke ist schon richtig - und genau darauf warte ich eigentlich die ganze Zeit: Wenn wir anhand deutlicher Belege nachvollziehen könnten, wie die Provinzwerdung in z.B. Gallien oder Britannien ablief, wieviel Zeit verging zwischen Eroberung und Etablieren einer zivilen Verwaltung, wenn für letztere dann noch der eine oder andere "saltus" nachweisbar wäre, zeitnah eingerichtet in den neuen Provinzen, dann hätten wir eine diskutable Basis für Deine Hypothese einer "standard operating practice" und kaiserliche Domänen rechts des Rheins zu Zeiten Varus'.Denkst Du nicht, dass die Römer mit der Zeit eine "standard operating practice" für die Romanisierung und Provinzialsierung neueroberter Gebiete entwickelt haben? "Experimentierfeld" war sicherlich Gallien, dann kam der Nordalpenraum, dann die Germania Magna, dann Britannien, schließlich das Dekumatland.
Dann warte ich eben, bis Du wieder Zeit hast. :winke:Ich errinnere auch noch weitere Quellen, die ich jedoch nachschlagen müsste, wofür mir derzeit die Zeit fehlt.
Dann müssen es schon mal zwei gewesen sein.Gefunden wurde bislang eine solche Stadt, jedoch sprach Cassius Dio von Städten im Plural.
Warum östlich?Varus Sommerlager wird sich mit Sicherheit an einem (noch zu lokalisierenden) Zentralort östlich des "saltus teutoburgium" befunden haben.
Das "Fußvolk" ließ sich auf der "Reise" von nicht weniger als drei Legionen eskortieren.Und die Art, wie man dorthin reiste - mit großem Troß, und die Soldaten z.T. mit Frauen und Kindern - spricht deutlich dafür, dass auch das "Fußvolk" zumindest diesen Teil Germaniens für pazifiziert hielt.
Mommsen schreibt: "vermuthet".Augusto schrieb:Mommsen liefert einen auf epigraphische Belege gestützten IndizienbeweisSepiola schrieb:Mommsen äußert eine Vermutung. Ich nehme an, Du kennst den Unterschied zwischen Fakten und Vermutungen.
Meinetwegen auch 100 Jahre. Auch daraus kann man nicht auf die Zeit des Varus schließen.Beginn des 2.Jahrhunderts ist 100 Jahre nach Varus
Dann haben wir zwei vertrauenswürdige Quellen, die sich widersprechen. Die eine hat einen wissenschaftlichen Apparat, die andere nicht.Bei der Landesdenkmalpflege Baden-Würtemberg, die ich durchaus für eine vertrauenswürdige Quelle halte
Nach meinem unmaßgeblichen Eindruck waren die Römer bei der Provinzialisierung eher flexibel. Das Ergebnis war wichtig: Die Region musste unter Kontrolle gebracht werden. (Und daneben versuchten Legaten, Kaiser, Lokalmagnaten, Senatoren usw. natürlich noch möglichst, jeweils ihr eigenes Süppchen zu kochen.)Denkst Du nicht, dass die Römer mit der Zeit eine "standard operating practice" für die Romanisierung und Provinzialsierung neueroberter Gebiete entwickelt haben?
Bevor Du anderen etwas unterstellst, frag Dich doch mal, welchen Eindruck von "Ergebnisoffenheit" Deine Beiträge machen, z. B. die mit der seitenlangen Anti-Tacitus-Polemik.Diese Bereitschaft sehe ich bei Dir, aber auch ein paar anderen Mitgliedern, zur Zeit nicht.
Hier brauche ich aber Hilfe. Mein Thema ist die Wirtschaftsgeographie. Für Germanien (nicht nur zur Römerzeit) kenne ich mich da, glaube ich, ziemlich gut aus, und fühle mich auch in der Lage, politische und verwaltungstechnische Prozesse andernorts in den entsprechenden sozio-ökonomischen Kontext zu setzen. Ich bin aber weder Historiker noch Verwaltungsrechtler, weiter bis zum kleinen Latinum hat es nicht gereicht. Meine Hoffnung war, dass irgendjemand anders aus diesem Forum mit entsprechenden Kenntnissen mal einsteigt - es gibt ja offensichtlich Mitglieder aus den Dekumatland oder dem Alpenraum, die vermutlich auch mal die lokale Heimatgeschichte gesichtet haben...Der Gedanke ist schon richtig - und genau darauf warte ich eigentlich die ganze Zeit: Wenn wir anhand deutlicher Belege nachvollziehen könnten, wie die Provinzwerdung in z.B. Gallien oder Britannien ablief, wieviel Zeit verging zwischen Eroberung und Etablieren einer zivilen Verwaltung, wenn für letztere dann noch der eine oder andere "saltus" nachweisbar wäre, zeitnah eingerichtet in den neuen Provinzen, dann hätten wir eine diskutable Basis für Deine Hypothese einer "standard operating practice" und kaiserliche Domänen rechts des Rheins zu Zeiten Varus'.
Wie es mir scheint, ist für diese Zeit überhaupt keine Verwaltungsform nachgewiesen. Wir wissen zwar von diversen "procuratores" unterhalb, oder besser neben der Provinzebene, und dies auch schon zur republikanischen Zeit (vgl. Mommsen), aber der Status des so administrierten Territoriums ist bestenfalls auf griechisch überliefert. Wir wissen weiterhin, dass während der Kaiserzeit "procuratores" so gut wie immer kaiserliche, nicht senatorische Beamte sind. Von dem Moment an, wo durch procuratores verwaltete Territorien in Inschriften oder Dukumenten näher bezeichnet werden, sind sie meist saltus.Dann müssen es schon mal zwei [römische Stadtgründungen] gewesen sein.
Vielleicht auch für mehr, aber für mehr fehlt bisher der Beleg.
Dass für die geplanten und begonnenen Städte irgendeine Art von Verwaltung vorgesehen war, ist natürlich anzunehmen.
Aber das macht noch lange nicht eine spezielle Form der Verwaltung als kaiserliche Domäne mit der Bezeichnung "saltus" wahrscheinlich.
Zumal diese Form für diese Zeit nirgends nachgewiesen ist.
Ich meinte natürlich westlich. Sorry.Warum östlich?
Na ja, ich glaube nicht, dass das Ziel der Übung war, "Fußvolk" sicher in die Sommerfrische und zurück zu bringen. [Obwohl - hat eigentlich schon mal wer an der Nordseeküste nach Varus Sommerlager gesucht? Aber vielleicht bevorzugte der gemeine römische Sommerfrischler zu der Zeit ja auch noch Bergwälder, und die See kam erst zu Plinius Zeit in Mode...]Das "Fußvolk" ließ sich auf der "Reise" von nicht weniger als drei Legionen eskortieren.
Das spricht nicht dafür, dass man diesen Teil Germaniens für pazifiziert hielt. Das spricht dagegen.
Ich denke, wir beziehen uns hier beide auf Cassius Dio. Die fingierte Nachricht vom Aufstand wurde erst direkt vor dem Rückmarsch lanciert, vorher scheint es weitgehend ruhig gewesen zu sein. Warum Varus meinte, er müsse mit allen drei Legionen den Aufstand niederschlagen, bleibt unklar. Eitelkeit (die durchaus bei Cassius Dio anklingt, und die Arminius gewiss gekannt und zu nutzen gewusst hätte), oder auch Machtdemonstration können hier eine Rolle gespielt haben. So richtig Ernst scheint Varus den "Aufstand" aber nicht genommen zu haben. Wären intensive und längere Kampfhandlungen erwartet worden, hätte man sicherlich die Legionen nicht mit dem Troß belastet, sondern diesen direkt nach Hause geschickt. [Selbst wenn Varus selbst ein ziemlicher Dilletant gewesen sein mag, er hatte schon noch ein paar erfahrene Heerführer um sich herum].Die drei Legionen hatten den Auftrag, einen Aufstand niederzuschlagen. Die (fingierte) Nachricht von einem Aufstand muss Varus sehr glaubwürdig vorgekommen sein, sonst wäre er nicht drauf reingefallen.
Das spricht deutlich dagegen, dass die Römer nicht im Traum mit einem Aufstand gerechnet hätten.
Nun denne, liebe Dekumatländer, Rheinlander, Pfälzer, Schwaben, Niederbayern, Schweizer, Österreicher etc. - was weiss Eure Heimatgeschichte denn diesbezüglich zu berichten? Ich bin auch sehr gespannt!Nach meinem unmaßgeblichen Eindruck waren die Römer bei der Provinzialisierung eher flexibel. Das Ergebnis war wichtig: Die Region musste unter Kontrolle gebracht werden. (Und daneben versuchten Legaten, Kaiser, Lokalmagnaten, Senatoren usw. natürlich noch möglichst, jeweils ihr eigenes Süppchen zu kochen.)
Informationen interessieren mich sehr, da schließe ich mich Alfirin an.
Auf Spekulationen habe ich keine Lust.
Eine Form ist wohl nachgewiesen: Die Selbstverwaltung durch die einheimische Aristokratie. Diese sollte durch Landtage auf Linie gebracht werden. Die zentrale Institution war die Ara Ubiorum.Wie es mir scheint, ist für diese Zeit überhaupt keine Verwaltungsform nachgewiesen.
Nur kurz mangels Zeit: procuratores im Sinne senatorischer Beamter gab es wohl nie. Der procurator war zunächst Verwalter privater Vermögenswerte, als solcher zu Augustus' Zeit befaßt mit der Administration von Octavians Privatvermögen. Dieses patrimonium, ursprünglich auch nur ein Begriff für die Gesamtheit der Vermögenswerte einer Privatperson, wurde erst später institutionalisiert unter Claudius bzw. im Ansatz schon unter Caligula. Erst als das patrimonium des princeps nicht mehr als reines Privatvermögen der Person angesehen wurde, sondern als Verfügungsmasse des jeweils regierenden imperators, kann man von procuratores im Sinne von Beamten sprechen und verdrängten diese procuratores auch die klassisch republikanischen Ämter. Wenn in republikanischer Zeit von procuratores die Rede ist in Zusammenhang mit Senatoren, dann waren das aber eben noch Verwalter des Privatvermögens eben dieser Senatoren.Wir wissen zwar von diversen "procuratores" unterhalb, oder besser neben der Provinzebene, und dies auch schon zur republikanischen Zeit (vgl. Mommsen), aber der Status des so administrierten Territoriums ist bestenfalls auf griechisch überliefert. Wir wissen weiterhin, dass während der Kaiserzeit "procuratores" so gut wie immer kaiserliche, nicht senatorische Beamte sind.
Terminus "civitas ubiorum" scheint eine Erfindung Werner Ecks zu sein
Soweit jedenfalls die oben schon wiederholt angesprochene Dissertation von Sabine Schmall.
Das verstehe ich nicht.So richtig Ernst scheint Varus den "Aufstand" aber nicht genommen zu haben. Wären intensive und längere Kampfhandlungen erwartet worden, hätte man sicherlich die Legionen nicht mit dem Troß belastet, sondern diesen direkt nach Hause geschickt.
Das muß als Gerücht zurückgewiesen werden; bereits Eugen Ewig verwendet ihn ein halbes Jahrhundert vorher im Titel eines Artikel in einer Festschrift für Henri-Camille Wampach.
Ich verstehe es auch nicht. Es gab die Ubier. Und sie bildeten eine civitas. Deshalb gab es selbstverständlich auch eine civitas ubiorum. Unabhängig davon, ob der Begriff in antiken Quellen auftaucht oder nicht.
Tac. ann. 1 schrieb:primam ac vicesimam legiones Caecina legatus in civitatem Ubiorum reduxit
=
Die erste und die zwanzigste Legion führte der Legat Caecina in die Civitas Ubiorum zurück
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