Verbreitung des Christentums

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Anthropos,
Es wäre schön, wenn wir Trajans Antwort auf Plinius' Frage hätten. Der wollte selbst wissen, warum denn eigentlich Christsein ein Verbrechen wäre. Er hat Nachforschungen beim Küchenpersonal angestellt, und herausgefunden, dass sie nur harmlose Sachen aßen. Ich glaube, dort muss man suchen. Christen galten als Menschenfresser. Meist wird gesagt, das wäre eine dumme Misinterpretation der Eucharistie, aber ich glaube, es hat unter Nero einmal eine Sekte gegeben, die so etwas wirklich betrieben hat. So etwas kann einer Religion auch einmal 100 Jahre anhängen. Der Beweis für meine Vermutung ist allerdings nicht zu erbringen. Ich habe nur einige Indizien.

Judas
 
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Auszug des Plinius-Brief:
Einstweilen bin ich mit denen, die mir als Christen angezeigt wurden, folgendermaßen verfahren: (3) Ich habe sie gefragt, ob sie Christen seien. Gestanden sie, so habe ich ihnen unter Androhung der Todesstrafe ein zweites und drittes Mal dieselbe Frage gestellt; beharrten sie [bei ihrem Geständnis], so habe ich sie [zur Hinrichtung] abführen lassen. Denn ich zweifelte nicht: Was immer sie gestehen mochten, so verdienten allein schon ihre Hartnäckigkeit (pertinacia) und ihr unbeugsamer Starrsinn (inflexibilis obstinatio) Bestrafung. (4) Andere, die einem ähnlichen Wahnsinn verfallen waren, habe ich, weil sie das römische Bürgerrecht besaßen, zur Rückführung nach Rom vormerken lassen.

Traians Antwort:

(1) Du hast, mein Secundus, als du die Fälle derer untersuchtest, die bei dir als Christen angezeigt wurden, ein völlig korrektes Verfahren eingeschlagen. Denn es läßt sich [in der Tat] nichts allgemein Gültiges verfügen, das sozusagen als feste Norm gelten könnte.
(2) Fahnden soll man nicht nach ihnen (conquirendi non sunt); wenn sie aber angezeigt und überführt werden, muß man sie bestrafen, so jedoch, daß einer, der leugnet, Christ zu sein, und dies durch die Tat, d. h. durch Vollzug eines Opfers für unsere Götter, unter Beweis stellt, aufgrund seiner Reue zu begnadigen ist, wie sehr er auch für die Vergangenheit verdächtig sein mag.
Anonyme Anzeigen dürfen freilich bei keiner Anklage berücksichtigt werden. Denn das wäre ein äußerst schlechtes Beispiel und entspräche nicht dem Geist unserer Zeit (nec nostri saeculi est).


Wir erkennen hier, dass man nur unschuldig war, wenn man dem Christentum abschwor, heisst man wurde verurteilt, da man Christ war und den Göttern und insbesondere dem Caesaren nicht huldigte und opferte. Dies war nämlich für die Römer das Zeichen, dass man ihre Oberherrschaft anerkannte.
Plinius erwähnte aber auch dem Kaiser gegenüber, dass die Christen ein unschuldiges Mahl einnahmen und eigentlich nur ein minderwertiger und maßloser Aberglaube wäre.
 
Auszug des Plinius-Brief:
Einstweilen bin ich mit denen, die mir als Christen angezeigt wurden, folgendermaßen verfahren: (3) Ich habe sie gefragt, ob sie Christen seien. Gestanden sie, so habe ich ihnen unter Androhung der Todesstrafe ein zweites und drittes Mal dieselbe Frage gestellt; beharrten sie [bei ihrem Geständnis], so habe ich sie [zur Hinrichtung] abführen lassen. Denn ich zweifelte nicht: Was immer sie gestehen mochten, so verdienten allein schon ihre Hartnäckigkeit (pertinacia) und ihr unbeugsamer Starrsinn (inflexibilis obstinatio) Bestrafung. (4) Andere, die einem ähnlichen Wahnsinn verfallen waren, habe ich, weil sie das römische Bürgerrecht besaßen, zur Rückführung nach Rom vormerken lassen.

Traians Antwort:

(1) Du hast, mein Secundus, als du die Fälle derer untersuchtest, die bei dir als Christen angezeigt wurden, ein völlig korrektes Verfahren eingeschlagen. Denn es läßt sich [in der Tat] nichts allgemein Gültiges verfügen, das sozusagen als feste Norm gelten könnte.
(2) Fahnden soll man nicht nach ihnen (conquirendi non sunt); wenn sie aber angezeigt und überführt werden, muß man sie bestrafen, so jedoch, daß einer, der leugnet, Christ zu sein, und dies durch die Tat, d. h. durch Vollzug eines Opfers für unsere Götter, unter Beweis stellt, aufgrund seiner Reue zu begnadigen ist, wie sehr er auch für die Vergangenheit verdächtig sein mag.
Anonyme Anzeigen dürfen freilich bei keiner Anklage berücksichtigt werden. Denn das wäre ein äußerst schlechtes Beispiel und entspräche nicht dem Geist unserer Zeit (nec nostri saeculi est).


Wir erkennen hier, dass man nur unschuldig war, wenn man dem Christentum abschwor, heisst man wurde verurteilt, da man Christ war und den Göttern und insbesondere dem Caesaren nicht huldigte und opferte. Dies war nämlich für die Römer das Zeichen, dass man ihre Oberherrschaft anerkannte.
Plinius erwähnte aber auch dem Kaiser gegenüber, dass die Christen ein unschuldiges Mahl einnahmen und eigentlich nur ein minderwertiger und maßloser Aberglaube wäre.


Eigentlich war die Haltung gegenüber den Christen, die Trajan vorgab inkonsequent und unlogisch, was juristisch geschulte Apologeten wie Tertullian auch betonten. Einerseits hielt man sie wohl für relativ harmlos, es sollte nicht ausdrücklich nach ihnen gefahndet werden, anonyme Denunziationen waren nicht zugelassen, und die bloße Zugehörigkeit (nomen ipsum) zum Christentum waren zur Verfolgung und Verurteilung nicht ausreichend, andererseits konnte die Verweigerung der Kaiserverehrung und die geforderte Verleugnung und Lästerung Christi, die überzeugte Christen aus Gewissensgründen nicht leisten konnten/ wollten, zum Martyrium und zur Exekution führen. Die Verweigerung der Kaiserverehrung konnte als mangelnde Loyalität zum römischen Staat und Hochverrat ausgelegt werden. Tacitus schrieb (Tac, Ann XV, Kap 44-46), dass die Christen weniger für ihre Beteiligung
am Brand Roms, die Nero ihnen in die Schuhe schob, sondern wegen einer hasserfüllten Einstellung gegenüber dem Menschengeschlecht schuldig gesprochen wurden. Odium humani generis, griechisch Misanthropia konnte zur Verfolgung und zur Todesstrafe führen.
Plinius erwähnt in seinen Briefen, dass die Nachfrage nach Opferfleisch zurückgegangen sei. Vermutlich sind bei ihm anonyme und unterzeichnete Beschwerden und Beschuldigungen von Metzgern eingegangen. In Städten wie Ephesos gab es einen lukrativen Devotionalienhandel, ähnlich wie heutzutage im "Gnadenort" Altötting, in Rom oder Santiago de Compostela. Die wachsenden Christengemeinden in Kleinasien konnten von Silberschmieden oder Metzgern als wirtschaftliche Bedrohung ihrer Existenz empfunden werden. Die eher tolerantere/ gleichgültige Einstellung gegenüber dem Christentum begünstigte die Verbreitung des Christentums, äußeren Bedrohungen des Imperiums und Seuchenkatastrophen wie die "Antoninische Pest", vermutlich eine Choleraepidemie trugen aber dazu bei, dass der Druck auf Christengemeinden wuchs. "Tritt der Tiber über die Ufer oder bleibt die Nilschwemme aus oder es bebt die Erde, schon schreit das Volk "die Christen vor die Löwen" schrieb tertullian, dessen Schriften sich häufig wie juristische plädoyers lesen.
 
Odium humani generis, griechisch Misanthropia konnte zur Verfolgung und zur Todesstrafe führen.
Kennt jemand Personen oder Gruppen im Römischen Reich, die außer den Christen so bezeichnet wurden? Selbst Tacitus, der das Töten der Christen als Unrecht brandmarkte, scheint wie Sueton die Christen für Verbrecher zu halten. Dafür muss es einen anderen Grund geben.
Seuchen oder Anzeigen von Devotionalienhändlern kommen mir als Erklärung für des erste und zweite Jhdt. als Erklärung zu dünn vor.

Judas
 
Eigentlich war die Haltung gegenüber den Christen, die Trajan vorgab inkonsequent und unlogisch, was juristisch geschulte Apologeten wie Tertullian auch betonten. Einerseits hielt man sie wohl für relativ harmlos, es sollte nicht ausdrücklich nach ihnen gefahndet werden, anonyme Denunziationen waren nicht zugelassen, und die bloße Zugehörigkeit (nomen ipsum) zum Christentum waren zur Verfolgung und Verurteilung nicht ausreichend, andererseits konnte die Verweigerung der Kaiserverehrung und die geforderte Verleugnung und Lästerung Christi, die überzeugte Christen aus Gewissensgründen nicht leisten konnten/ wollten, zum Martyrium und zur Exekution führen. Die Verweigerung der Kaiserverehrung konnte als mangelnde Loyalität zum römischen Staat und Hochverrat ausgelegt werden. Tacitus schrieb (Tac, Ann XV, Kap 44-46), dass die Christen weniger für ihre Beteiligung
am Brand Roms, die Nero ihnen in die Schuhe schob, sondern wegen einer hasserfüllten Einstellung gegenüber dem Menschengeschlecht schuldig gesprochen wurden. Odium humani generis, griechisch Misanthropia konnte zur Verfolgung und zur Todesstrafe führen.
Plinius erwähnt in seinen Briefen, dass die Nachfrage nach Opferfleisch zurückgegangen sei. Vermutlich sind bei ihm anonyme und unterzeichnete Beschwerden und Beschuldigungen von Metzgern eingegangen. In Städten wie Ephesos gab es einen lukrativen Devotionalienhandel, ähnlich wie heutzutage im "Gnadenort" Altötting, in Rom oder Santiago de Compostela. Die wachsenden Christengemeinden in Kleinasien konnten von Silberschmieden oder Metzgern als wirtschaftliche Bedrohung ihrer Existenz empfunden werden. Die eher tolerantere/ gleichgültige Einstellung gegenüber dem Christentum begünstigte die Verbreitung des Christentums, äußeren Bedrohungen des Imperiums und Seuchenkatastrophen wie die "Antoninische Pest", vermutlich eine Choleraepidemie trugen aber dazu bei, dass der Druck auf Christengemeinden wuchs. "Tritt der Tiber über die Ufer oder bleibt die Nilschwemme aus oder es bebt die Erde, schon schreit das Volk "die Christen vor die Löwen" schrieb tertullian, dessen Schriften sich häufig wie juristische plädoyers lesen.
Ich habe nie behauptet, dass die Christenverfolgung logisch war.
Die Römer sahen sich selbst als zivilisiert an und die Christen waren barbarisch, maßlos und minderwertig, da sie in den Augen der Römer die "schönen und zivilisierten Sitten der Römer ablehnten". Das Römer wollten ihre Kultiviertheit zu all den anderen Völkern bringen, aber die Christen lehnten dies ab und so wahren sie Feinde der Menschen. Und so wurden die Christen auch für vieles schuldig gemacht, ähnlich wie das auch mit den Juden passierte. Die Christen wurden für das Feuer in Rom schuldig gemacht und weitere Sachen, wie du ja auch schreibst.
 
Kennt jemand Personen oder Gruppen im Römischen Reich, die außer den Christen so bezeichnet wurden? Selbst Tacitus, der das Töten der Christen als Unrecht brandmarkte, scheint wie Sueton die Christen für Verbrecher zu halten. Dafür muss es einen anderen Grund geben.
Seuchen oder Anzeigen von Devotionalienhändlern kommen mir als Erklärung für des erste und zweite Jhdt. als Erklärung zu dünn vor.

Judas
Die Bezeichnung der Christen als Christen fand das erste mal im 1. Jhd, wahrscheinlich so um 40-50 n. Chr. statt. Auf dem Gebiet des Römischen Reiches wurden seit der Steinigung des Diakon Stephanus Christen aus religiösen Gründen hingerichtet.
 
Die Römer sahen sich selbst als zivilisiert an und die Christen waren barbarisch, maßlos und minderwertig.
Die meisten Christen waren kulturelle Römer. Das finde ich nicht überzeugend. Die Anhänger der Kybele, die mit Stierblut geduscht wurden, waren ja auch anerkannt. Rom war in meinen Augen ein Rechtsstaat, wenigstens vom Anspruch her. Der Dialog Plinius minor/Trajan zeigt das doch.

Judas
 
Die Bezeichnung der Christen als Christen fand das erste mal im 1. Jhd, wahrscheinlich so um 40-50 n. Chr. statt. Auf dem Gebiet des Römischen Reiches wurden seit der Steinigung des Diakon Stephanus Christen aus religiösen Gründen hingerichtet.
Das beantwortet meine Frage nicht. Ich fragte nach ANDEREN GRUPPEN ODER PERSONEN, die als Menschenfeinde bezeichnet wurden.
Außerdem haben Römer nicht gesteinigt. Wenn das historisch ist, dann wird es wie die Steinigung des gerechten Jakobos Lynchjustiz gewesen sein.

Judas
 
Die meisten Christen waren kulturelle Römer. Das finde ich nicht überzeugend. Die Anhänger der Kybele, die mit Stierblut geduscht wurden, waren ja auch anerkannt. Rom war in meinen Augen ein Rechtsstaat, wenigstens vom Anspruch her. Der Dialog Plinius minor/Trajan zeigt das doch.

Judas
Es ging darum, dass man dem Kaiser ehrte und die Festtage feierte, dass gehörte alles zu den Eigenschaften eines guten Bürgers.
Caecilius Natalis schrieb auch, dass das Christentum nur "aus der untersten Hefe des Volkes unwissende und leichtgläubige Weiber" sammel, die Christen wären ein "feiges und lichtscheues Volk", sie würden "die Tempel verachten als Gramäler, die Götter verfemen [...], über Opfer lachen". Die Christen würden "Ehrenstellen und Purpurkleider verschmähen".
Den Römer waren viele Sachen suspekt, wie Apg 14,22 (der Weg der Erlösung in das Reich Gottes durch die Ablehnung der Welt). Oder 1. Petr 4,12:
Meint nicht, euch widerfahre etwas Seltsames, sondern freut euch, dass ihr mit Christus leidet, damit ihr auch zur Zeit der Offenbarung seiner Herrlichkeit Freude und Wonne haben möget. Selig seid ihr, wenn ihr geschmäht werdet für den Namen Christi.

 
Das beantwortet meine Frage nicht. Ich fragte nach ANDEREN GRUPPEN ODER PERSONEN, die als Menschenfeinde bezeichnet wurden.
Außerdem haben Römer nicht gesteinigt. Wenn das historisch ist, dann wird es wie die Steinigung des gerechten Jakobos Lynchjustiz gewesen sein.

Judas
Mit meine Antwort zeige ich, dass das Wort Christen schon früh für Christen genutzt wurden ist und nicht für andere.
Wenn du meine Beiträge mal genau lesen würdest, hättest du gelesen, dass ich geschrieben habe "auf dem Gebiet des Römischen Reiches"! Behaupte also bitte nicht etwas, was ich nicht geschrieben habe.

offtopic:
Großschreibung wird im Internet als schreien interpretiert, um etwas zu betonen, kannst du es auch unterstreichen oder fett schreiben.
 
Minucius Felix gibt die Sicht (auch übertriebene Vorurteile) durch Caecilius wieder. Sagt er aber, die müssten den Löwen vorgeworfen werden? Nein, er unterhält sich im Philosophenstil über das Christentum. Wichtig ist aber, dass der Kannibalismus immer noch eine wichtige Rolle spielt. Dieser Text ([FONT=&quot]Minucius Felix Octavius 9, 5[/FONT]) ist neben Justin der Märtyrer ([FONT=&quot]Justin 1 Apol 26[/FONT]) ein wichtiges Indiz, dass das einer der Hauptgründe für den Hass vieler Menschen war.

Judas
 
Wenn du meine Beiträge mal genau lesen würdest, hättest du gelesen, dass ich geschrieben habe "auf dem Gebiet des Römischen Reiches"! Behaupte also bitte nicht etwas, was ich nicht geschrieben habe.

offtopic:
Großschreibung wird im Internet als schreien interpretiert, um etwas zu betonen, kannst du es auch unterstreichen oder fett schreiben.
Das mit der Schrift werde ich mir merken. DANKE!:winke:
Deinen post habe ich aufmerksam wie immer gelesen, kann aber trotzdem nicht erkennen, wie er auf meine Frage antwortet. Ich finde das aber spannend.
Vielleicht weiß Scorpio, ob auch andere Gruppen des "Odium humani generis" bezichtigt wurden.

Judas
 
Minucius Felix gibt die Sicht (auch übertriebene Vorurteile) durch Caecilius wieder. Sagt er aber, die müssten den Löwen vorgeworfen werden? Nein, er unterhält sich im Philosophenstil über das Christentum. Wichtig ist aber, dass der Kannibalismus immer noch eine wichtige Rolle spielt. Dieser Text ([FONT=&quot]Minucius Felix Octavius 9, 5[/FONT]) ist neben Justin der Märtyrer ([FONT=&quot]Justin 1 Apol 26[/FONT]) ein wichtiges Indiz, dass das einer der Hauptgründe für den Hass vieler Menschen war.

Judas
Die Zitate bezogen sich auf die Frage warum die Römer die Christen als barbarisch empfanden. Nicht darauf, dass die Römer die Christen hinrichten müssten.

Das mit der Schrift werde ich mir merken. DANKE!:winke:
Deinen post habe ich aufmerksam wie immer gelesen, kann aber trotzdem nicht erkennen, wie er auf meine Frage antwortet. Ich finde das aber spannend.
Vielleicht weiß Scorpio, ob auch andere Gruppen des "Odium humani generis" bezichtigt wurden.

Judas
Ich habe nach deiner Frage nach anderen Gruppen, die Behauptung aufgestellt, dass die Bezeichnung der Christen als Christen schon früh nur für Christen genutzt wurde und nicht für andere Gruppierungen. Ich hätte das wohl ein bisschen genauer ausformulieren sollen.
 
Mir ist nicht ganz klar, wie viel-religiös die römischen Provinzen im 1./2. Jahrhundert waren. Wenn an einzelnen Orten jeweils bestimmte Religionen dominierten (plus Kaiserkult natürlich), stellt eine stark anwachsende Christengemeinde schon ein Problem für lokale Gewerbetreibende und Eliten dar. Erstere verlieren ihre Einkommensbasis (hat nicht auch Plinius junior nach Rom berichtet, dass durch seine Maßnahmen der Handel mit Opferlämmern wieder auf normales Niveau zurückgekehrt sei?). Tempeltourismus war wohl auch schon in der Antike üblich, und lokal durchaus ein Wirtschaftsfaktor. Wenn da ein paar Christen meinen, Jesus bei der Vertreibung der Händler am Tempel nacheifern zu müssen (oder auch nur, wie in Ephesos, vorm Tempel anfangen, zu predigen), kann das durchaus geschäftsschädigend sein und für einiges böses Blut sorgen.

Die Honoratioren sind natürlich für den Unterhalt der lokalen Tempel zuständig, können bei der Gelegenheit aber auch ein paar Pöstchen bzw. Standlizenzen fürs Tempelfest vergeben, das Opferfleisch an Bedürftige verteilen etc., und sich so Klienten und Einfluss sichern. Wenn sich die Christen dem allen verweigern, sogar noch alternative Strukturen aufbauen, geht das irgendwann an die Grundfesten der lokalen Klientelwirtschaft. Die "unwissenden und leichtgläubigen Weiber" (alleinerziehende Mütter?) mögen gute Gründe gehabt haben, sich der offiziellen Klientelwirtschaft zu entziehen - vermutlich ging das meiste und beste Opferfleisch eh an andere. Solange sich da nur ein paar weniger Hände dem Fleisch entgegenstrecken, ist ja noch alles gut. Wenn aber das Fleisch selbst knapp wird, gerät das gesamte System ins Wanken...
 
Anthropos,
ich bin jetzt etwas verunsichert. Vielleicht sollten wir noch einmal die Standpunkte in Bezug auf Chans Artikel klären. Meiner ist:

1. Christen waren den Menschen lästig, weil sie sich wie Juden absonderten (z.B. nicht opferten oder mit den anderen feierten) und gleichzeitig, anders als die Juden, versuchten, neue Mitglieder zu rekrutieren und den Menschen ihre Ansichten aufzudrängen.
2. Die Gegner benutzten weit verbreitete Schauergeschichten, damit sie als Verbrecher angeklagt werden konnten. Diese Geschichten könnten im 1. Jhdt. einen wahren Kern gehabt haben.
3. Im 3. Jhdt. ist die Zahl der Christen so stark angewachsen, dass sie eine Gefährdung für den Staat darstellten, zumal sie sich der Mitarbeit weitgehend verweigerten (z.B. Heeresdienst).
4. Die Konsequenz: Bis ins 3. Jhdt. gab es Denunziationen, die bis zu örtlich begrenzten Verfolgungen und Ausweisungen führten, aber erst danach eine systematische Verfolgung.

Was ist davon konsensfähig?

Judas
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein paar Sachen sind konsensfähig.
1.
Christen waren den Menschen lästig. --> Ja
Sie sonderten sich ab. --> Ja
Christen missionierten. --> Ja
Waren sie allen lästig, weil sie missionierten -->Ein paar vielleicht, aber bei weiten nicht allen.
2.
Die Gegner benutzten Schauergeschichten um Christen zu denunzieren --> Ja
Christen wurden angeklagt. --> Ja
Sie wurden als Verbrecher angeklagt --> Ja, aber das Verbrechen war das Nicht-opfern und nicht-huldigen, aufgrund des Christsein.
Diese Geschichten haben einen wahren Kern --> meiner Meiung nach nicht, aber falls du Beweise dafür hast, gerne her damit.
3.
Die Christen wurden immer mächtiger und widersetzten sich dem römischen Kaiserkult. --> ja, es gibt auch eine Prozessakte, indem ein Christ angeklagt ist, weil er aus religiösen Gewissensgründen den Militärdienst verweigerte.
4.
Es gab örtlich begrenzte Verfolgungen und Ausweisungen (vorallem aus Galiläa)--> Ja
Es gab keine gesamtstaatliche, systematische Verfolgung von Christen im 1. und 2. Jhd. --> Ja, aber es gab Verfolgungen von Christen durch den Kaiser und seine Staathalter und andere örtliche Authoritäten.
 
Ich bin froh, dass unsere Ansichten über den Grund der Verfolgung viel näher beieinander liegen, als ich dachte.
Ich würde den Frieden gern nutzen, um auf einen weiteren Punkt von Chan einzugehen:

(Fortsetzung des ersten Posts)
Zum Christentum II:
+ Ganz besonders wichtig: Die Umwandlung der Jesus-Figur vom zum Gott erhobenen Menschen (Adoptionismus) zum seit Beginn der Zeiten existierenden (präexistenten) Sohn Gottes, der bei seiner (ersten) Ankunft vom Himmel kam, um durch Maria (im Jungfrauenmodus) als Mensch geboren zu werden. Diese Lehre, wenn auch in Ansätzen schon früher vorhanden, etablierte sich als christliches Dogma (im Kampf gegen den andersdenkenden Arianismus) erst mit dem Konzil von Nizäa 325 uZ.
Ich glaube, das ist eine viel zu einfache Sicht. Das Johannesevangelium wird doch wohl allerspätestens 120 n. Chr. fertig gewesen sein (P52) und Irenäus von Lyon (202 gestorben) nennt schon den 4-Evangelien-Kanon, vermutlich, um sich gegen Marcion abzugrenzen. Sehr gut ist das in post #17 von buschhons dargestellt. Das heißt, diese Form des Katholizismus hat zu Konstantins Zeiten schon lang existiert und war auch schon ein Dogma.
Auf der anderen Seite gab es natürlich Marcion und viele andere christliche Strömungen, besonders im Osten (ich habe das schon erwähnt). Darunter auch Linien, die ich nur ungern als "christlich" bezeichne. Alle diese Strömungen mussten vereint werden und das sehe ich an als Grund für die Konzilien, u.a. das Erste von Nikaea. Bezeichnenderweise kamen auch fast nur Bischöfe aus dem Osten.
Der wichtigste Bruch unter Konstantin war m.E. der Alleinstellungsanspruch einer Lehre, die Rolle von Jesus scheint Konstantin egal gewesen zu sein.

Judas
 
Das mit der Schrift werde ich mir merken. DANKE!:winke:
Deinen post habe ich aufmerksam wie immer gelesen, kann aber trotzdem nicht erkennen, wie er auf meine Frage antwortet. Ich finde das aber spannend.
Vielleicht weiß Scorpio, ob auch andere Gruppen des "Odium humani generis" bezichtigt wurden.

Judas

Mir fallen spontan nur der Kult der Druiden ein, der wegen Menschenopfer von Claudius verboten wurde und die Juden ein, die ebenfalls von Claudius aus Rom verbannt wurden. In der Apostelgeschichte wird ein Ehepaar Aquila und Priscilla erwähnt, bei denen Paulus wohnte, die von dieser Vertreibung betroffen waren. In Ägypten, vor allem in Alexandria gab es mehrere Male heftige Auseinandersetzungen zwischen Juden und Griechen. Bereits zu Caligulas Zeiten gab es pogromartige Ausschreitungen gegen jüdische Gemeinden, aber auch umgekehrte Fälle.

Um 116/ 117 erschütterte ein weiterer Judenaufstand in Ägypten und der Cyrenaica das Imperium. Um die Unruhen niederzuschlagen, musste Militär aufgeboten werden, und es trug dieser Aufstand dazu bei, dass Hadrian die neu eroberten Provinzen Mesopotamia und Assyria räumen ließ und auch den von Trajan in Ktesiphon/ Seleukia erbeuteten Thronsessel der Arsakiden an Osroes I. zurückgab.
 
Nochmals zur Erinnerung:
Dieser Thread wird fortwährend zur Verbreitung weltanschaulicher Bekenntnisse missbraucht. Aus den Forenregeln:

"Ebensowenig ist das Forum eine Plattform für ... religiöse und sonstige weltanschauliche Glaubensbekenntnisse."

Beiträge wie einige der letzten hier, die überwiegend auf der Ebene der weltanschaulichen Glaubensbekenntnisse bleiben, werden künftig gelöscht. Sofern theologische Diskussionen rezipiert werden, sind hinreichende Literaturangaben erforderlich. Wird dies unterlassen und fehlt der entsprechende Quellenbezug, werden die Beiträge ebenfalls gelöscht.

Das Geschichtsforum ist kein Theologieforum.
Weitere weltanschauliche Glaubensbekenntnisse bzw. theologische Erörterungen löschen wir künftig kommentarlos.
 
Nochmals zur Erinnerung:

Weitere weltanschauliche Glaubensbekenntnisse bzw. theologische Erörterungen löschen wir künftig kommentarlos.

Mir scheint, du bist nicht imstande, zwischen einer religionswissenschaftlichen Betrachtung und einem weltanschaulichen Bekenntnis zu unterscheiden.
 
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Für weitere Antworten geschlossen.
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