Wann ging die griechische Religion unter?

Zunächst einmal muß man im Bereich des griechischen Götterglaubens vorsichtig mit dem Begriff Religion umgehen, insofern dieser Terminus eine gefaßte rituelle Handlungspraxis vorgibt, die im heterogenen antiken Griechenland keineswegs vorlag. Zwar werden die meisten Kultpraktiken einander geähnelt haben - auf wieviele verschiedene Arten kann man schon einen Stier schlachten - aber inwiefern sich derartige Handlungen normiert haben, entzieht sich in der Regel unserer Kenntnis.

Die Kultpraktiken halte ich in diesem Zusammenhang nicht für relevant, da die Fragestellung des Threads vermutlich vor allem auf den Götterglauben abzielt, also auf die Vorstellung von übernatürlichen Wesenheiten. Mit diesem stehen und fallen dann die Kultpraktiken.

Vielleicht machen ein paar Definitionen Sinn (im theistischen Kontext wohlgemerkt, also unter Absehung vom atheistischen Buddhismus):

Religion setzt sich zusammen aus a) Theologie, b) Kult und c) Mythologie. Theologie ist die Lehre von den Göttern oder von Gott. Dabei wird das Verhältnis der Götter zur Welt, zu den Menschen und ggf. zu anderen Göttern bestimmt. Kult ist das System aller menschlichen Praktiken mit dem Zweck, eine Beziehung zu den Göttern oder zu Gott herzustellen, um ihr Verhalten den Menschen gegenüber zu beeinflussen (Rituale, Gebete, Opfer, Orakel usw.). Mythologie - der dritte Faktor - bezweckt, narrativ ein Kontext herzustellen, der den Sinn der Rituale (nachträglich) verständlich macht. Darüber hinaus sind der Mythologie, wie natürlich auch der Theologie, eine ideologisch-politische Komponente zuzusprechen, d.h. sie legitimiert irdische Machtverhältnisse, sowie eine explanatorische, d.h. welterklärerische Komponente, an deren Stelle ab der griechischen Klassik zunehmend die Naturwissenschaften traten, die durch das wissenschaftsfeindliche Christentum bis zur Neuzeit temporär außer Kraft gesetzt wurden.

"Griechische Religion" umfasst den Glauben an ein nach und nach etabliertes Pantheon, deren Gottheiten in Griechenland allgemein akzeptiert waren, wobei lokal und regional unterschiedliche Akzente und Vorlieben galten.

Die Zusammensetzung des Allgemeinpantheons war das Produkt eines jahrhundertelangen Prozesses der Durchmischung externer Traditionen (z.B. Achäer, Ionier, Dorer mit Akzent auf männlichen Gottheiten) mit indigenen Magna-Mater-Traditionen, deren älteste der Kult um die parthenogenetische Urmutter Gaia war. Diese indigenen Traditionen erfuhren durch kulturelle Kontakte auch Einflüsse aus dem orientalischen Bereich. Vor allem der phrygische Kybele-Kult mit seinen neolithischen Wurzeln hat die Göttinnenkulte in Hellas geprägt. Er drang über Nordionien nach Hellas ein und führte z.B. zu Identifikationen Kybeles mit der späteren Dionysos-Mutter Demeter und der späteren Zeus-Mutter Rheia; altorientalische Einflüsse formten auch das Erscheinungsbild griechischer Göttinnen (thronend, parakletisch, von männlichen Kindern begleitet, identisches Beiwerk: hoher Kopfschmuck, Zepter, Mondsichel, Granatapfel, Schlangen usw.).

Man kann also von einem altorientalisch inspirierten indigenen Grundbestand mit Akzent auf weiblichen Gottheiten sprechen, der durch Einwanderungswellen mit männlichen Göttern ergänzt wurde. Beispiele sind der achäische, Anfang des 2. Jt. BCE importierte Himmelsgott Zeus, worauf schon Dieter hinwies, und der noch früher importierte Rauschgott Dionysos, den in chalkolithischer Zeit Einwanderer bzw. Eroberer nach Thrakien brachten, welche der Usatovo-Kultur zuzurechnen sind, die laut David Anthony (The Horse, the Wheel, and Language), "von einer Kriegeraristokratie angeführt" wurde (led by a warrior aristocracy). Die mythologischen Kombinationen Zeus-Hera und Dionysos-Demeter sind Beispiele für eine Synthese importierter und authochtoner Gottheiten, denn Hera und Demeter waren ursprünglich Varianten der autochthonen Magna Mater, was sich bei Demeter, die auch im dionysischen Mysterienkult eine zentrale Rolle spielt, weitgehend erhalten hat.

Dann ist die Frage, was man unter Schwächung oder Niedergang versteht. Es ist ja nicht so, daß die Menschen plötzlich gar nicht mehr an Götter glauben und dadurch eine "Leerzeit" entsteht, sie wenden sich nur mitunter anderen Göttern zu, was aber innerhalb des Polyreligion diesem ja wesensimmanent ist, weshalb also beispielsweise Mysterienkulte, unabhängig von der Frage ihrer Exklusivität, eher Ausdruck des Polytheismus als Zeichen seines Niedergangs sind.

Ich habe das anders dargestellt. Mir geht es um einen schleichenden Prozess, der im 5. Jh. BCE mit dem Einsetzen des philosophischen Denkens (vor allem die Sophisten) seinen Ausgang nahm und nach und nach, im Zusammenspiel mehrerer Faktoren, zu einer Aushöhlung des konventionellen Glaubens führte, an dessen Stelle zunehmend andere religiöse Überzeugungen traten, vor allem die mysterienkultischen und schließlich die christlichen.

Ich versuche in einem weiteren Post (innerhalb der nächsten 2 Tage) eine detaillierte historische Chronologie des Prozesses darzustellen, die auch Faktoren umfasst, die bisher nicht zur Sprache kamen.

Vorher ist, um Begriffsverwirrungen zu vermeiden, etwas anderes zu klären:

Dass Mysterienkulte ein "Ausdruck des Polytheismus" sind, stimmt nur bedingt, denn sie gehören nicht zum Mainstream der griechischen Religion, sondern sind ein Sonderfall, der in wesentlichen Punkten im Gegensatz zur Mainstreamreligion steht. Zunächst ist zu beachten, dass Mysterienkulte nicht automatisch ein Bestandteil polytheistischer Religionen, sondern in organisierter und öffentlich zugänglicher Form ein spätes kulturelles Produkt sind. Ich schrieb schon, dass der Schamanismus als ihr Vorläufer anzusehen ist. In prähistorischer Zeit waren schamanische Praktiken ein integraler Bestandteil religiöser Kulte. Ihr Wesen bestand vor allem darin, in unmittelbaren Kontakt mit der übernatürlichen Welt zu treten, was zu unterscheiden ist vom ritualistischen, symbolisch vermittelten Kontakt. Diese Differenz ist sehr wichtig, denn der unmittelbare Kontakt beinhaltet zumindest subjektiv reale Erfahrungen des Übernatürlichen, während der vermittelte Kontakt sich im Illusionären erschöpft - natürlich unter Voraussetzung der illusionären Natur der Götter.

Es führt an dieser Stelle zu weit, im Detail auf die Charakteristika des Schamanismus einzugehen; festzuhalten ist, dass es dabei um einen zumindest subjektiv realen Eintritt in eine höhere Wirklichkeit geht. In der Bronzezeit, als sich staatliche oder proto-staatliche Strukturen herausbildeten und das Religiöse zunehmend politisch kontrolliert wurde, d.h. als das oberste Priesteramt auf den König überging oder ihm zumindest unterstand, wurden schamanische Praktiken, weil sie mit dem beanspruchten exklusiven Zugang des Königs zu den Göttern kollidierten, aus dem öffentlichen Raum verdrängt, lebten inoffiziell aber fort, vor allem in Ägypten, wo priesterliche Mysterienkulte die älteste Tradition hatten und sicher auch Pharaonen an ihren Praktiken teilnahmen. Die durch Jan Assmann bekannt gewordene Unterscheidung zwischen ´exoterischer´ und ´esoterischer´ Religion rührt daher.

Die wesentlichen Unterschiede zwischen exoterischer griechischer Religion und ´esoterischem´, dennoch (eine Zeitlang) staatlich gefördertem Mysterienkult sind also:

(1) Das Individuum tritt in direkten Kontakt mit der göttlichen Sphäre, indem es am Wesen eines Gottes (Dionysos) partizipiert. Partizipation heißt: Das Individuum verschmilzt mit dem Gott im Prozess seines Sterbens und seiner Wiedergeburt. Effekt: Das Individuum erringt die Unsterblichkeit.

(2) Konkret folgt daraus: Das Individuum erlangt die Garantie für ein glückliches jenseitiges Leben. Das steht in scharfem Kontrast zu den Bedingungen der exoterischen Religion, deren kultische Observanz dem Individuum maximal ein glückliches Leben im Diesseits als Effekt des guten Willens der Götter ermöglicht.

Der Hades und der Tartaros, welche die exoterische Religion für die jenseitige Existenz in Aussicht stellt, sind wegen ihrer Unattraktivität kein Ziel religiöser Bemühungen. Ihre Diesseitsorientierung auf Kosten eines Jenseitsoptimismus hat die exoterische griechische Religion mit der mesopotamischen Religion gemeinsam, während in Ägypten die Vorstellung des Sechet-Iaru, der seligen Jenseitsgefilde, vorherrscht, in welche jene Toten eintreten, die das Totengericht bestanden haben. Dieses Gefilde ist die exoterische Entsprechung der viel sublimeren Jenseitsvorstellung der ägyptischen Mysterienkulte. Ein betont positives Jenseitsdenken kennzeichnet dann auch die von den Ägyptern inspirierten griechischen Mysterienkulte.

Von daher ist wohl klar, dass die Unterschiede zwischen exoterischer und esoterischer Religion ihre Gemeinsamkeiten weit übertreffen. Im Zentrum des mysterienkultischen Bemühens steht letztlich ein Prozess, der die Bedingungen des exoterischen Polytheismus radikal sprengt: Das Individuum steht nicht einem Gott gegenüber, dessen Gnade es ausgeliefert ist, sondern hat Anteil an seiner Identität. Dieses ´Mysterium´ ist in ein polytheistisches Konzept verpackt, steht aber zugleich im diametralen Gegensatz zum Grundprinzip des exoterischen Polytheismus, dass zwischen Göttern und Menschen ein Abgrund klafft, der für die Menschen unüberbrückbar ist.

Damit ist denn auch der Typ der Erlösungsreligion entstanden, in welchem das Christentum eine seiner Wurzeln hat - die andere Wurzel ist das messianische Judentum.

Aus dem Ausgeführten ist vielleicht klar geworden, dass deine prima facie einleuchtende Behauptung, der Übergang zu den Mysterienkulten bedeute keinen Niedergang des Polytheismus, auf einer unzureichenden Differenzierung zwischen exoterischer und ´esoterischer´ Religion beruht.

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Auf der Basis obiger Begriffsklärungen sowie des nächsten Posts mit einer detaillierten Chronologie von der klassischen Zeit bis zum 4. Jhd. CE können wir das Thema dann vielleicht weiterdiskutieren. Auf deine anderen Kommentare werde ich teilweise auch noch eingehen.
 
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Eine weitestgehend schöne Übersicht über bestimmte kultische Aspekte: aber,

mich stören die Begriffe wie "Mainstream", den zu definieren unsere Kenntnis meines Erachtens sehr schwer macht, bedenkt man das Schweigen der Quellen zur Mehrzahl der Orte und vor allem der ländlichen Gebiete. Insofern ist die Frage, wie weit sich Mysterienkulte abseits des Mainstreams stellen, völlig offen.

Außerdem, so richtig es ja ist, daß diese Kulte eine besondere Attrraktivität haben und daß es natürlich Entwicklungen innerhalb der praktizierten Kulte gab - ich bevorzuge aus oben genannten Gründen diesen Begriff eher als Religion - sie schaffen meines Wissens nirgends ein Angebot, das den Polytheismus - diesen Begriff würde ich noch als ersten für eine allgemeine Definition griechisch-religiöses Verhalten wählen - negiert, sondern sich ihre Stellung stets innerhalb des Plytheismus und greifen auch die staatliche Ordnung dadurch nicht an.

und schließlich, gerade die Sophisten des 5 Jhs. sind so eine schwammige Gruppendefinition, denen wir kein Programm oder Ziel zuordnen können, schon gar nicht in religiöser Richtung. Nun können sie zwar auch ungewollt zu derartigen Tendenzen beitragen, aber dann müßte man das anders belegen oder nachverfolgen können, wenn die Leute im 2. Jh. n. Chr. plötzlich eine monotheistische Lehre attraktiver finden als den bisherigen Polytheimus, daß die durch philosophische Gedanken des 5 Jhs. v. Chr. initiiert wurde. Eher würde ich sagen, daß sich diese Lehren mit in den Entwicklungsstrom der Geistesgeschichte stellen, der aber durch die gesamte Antike ging.

Wenn aber die ursprüngliche Frage ja lautete, wann ging die griechische Religion unter, dann ist das 5. Jh. v. Chr. nicht die Initialzündung dazu.

So, und damit es nicht aussieht, als würde ich die Diskussion scheuen oder nicht weiter auf Deine Argumente eingehen wollen - ich bin jetzt im Urlaub. Schweigen in den nächsten Wochen ist also nicht inhaltlich bedingt.
 
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Was die Bedeutung des verlorenen Peloponnesischen Krieges für die athenische Religiosität betrifft, zitiere ich einen Kommentar aus einer Vielzahl von Ausführungen zu diesem Thema, die mir bekannt sind:
[....]
Eine praktische Folge war, dass neue Götter importiert wurden, insbesondere Asklepios samt seinem Kult. Das erinnert an die Transferpolitik im Profifußball. Auf die komplexen Details der pantheonstechnischen Nachbesserungen Athens einzugehen, führt an dieser Stelle aber zu weit. Ein wichtiges literarisches Produkt des Aufarbeitungsprozesses ist übrigens das Werk von Aristophanes, in dem viel über die Götter gespottet wird, was kaum denkbar wäre ohne die Erfahrungen der Niederlage.
Der Asklepios-Kult wurde bereits lange vor Kriegsende von Sophokles in Athen eingeführt.
Die meisten Werke von Aristophanes entstanden bereits während des Krieges.

Der Brand des Artemistempels in Ephesos steht in keiner Entsprechung zur gravierenden militärischen Niederlage einer Polis mit dem weitreichenden Machtanspruch, wie Athen ihn hegte. Die Kontexte sind einfach zu verschieden. Als Stadt- und damit Schutzgöttin von Ephesos hatte Artemis (und der Rest des städtischen Pantheons) bereits "versagt", als die Stadt den Persern in die Hände fiel, die Ephesos zum Zeitpunkt des Brandes schon lange besetzt hielten. Auffällig ist Artemis´ im Vergleich zu anderen Göttern des städtischen Pantheons absolut herausragende Stellung bzw. die geringe Bedeutung dieser anderen Götter (Zeus, Apollo, Dionysos usw.), was mit dem langfristigen Verlust der städtischen Souveränität zusammenhängen, also gerade als Beleg für die von dir bezweifelte These gewertet werden könnte, dass eine militärische Niederlage zur Schwächung eines städtischen Pantheons bzw. des Glaubens daran führen kann. Der Artemiskult war zum fraglichen Zeitpunkt ein Muttergöttin-Kult in der Tradition der altorientalischen Magna-Mater-Kulte, dessen Intensität und Glaubwürdigkeit weder durch eine militärische Niederlage gegen die Perser noch später durch die Tat eines ruhmsüchtigen Brandstifters tangiert wurde, und zwar vermutlich deswegen, weil dieser Magna-Mater-Kult aus religiösem ´Urgestein´ bestand, d.h. in Zeiten wurzelte, als kriegerische Konflikte noch nicht gang und gäbe waren und damit auch keine göttliche Involvierung in und Verantwortung für solche Konflikte.

Man könnte die Situation also so sehen (das sind Hypothesen, wohlgemerkt):

(1) Das Pantheon von Ephesos wurde durch die persische Besetzung nachhaltig geschwächt (ersichtlich an der schwachen Stellung aller anderen Götter außer Artemis), und (2) die ungebrochen starke Stellung der Artemis verdankte sich ihrer Verwurzelung in religiösen Ideen aus Zeiten vor der Konventionalisierung von Kriegen (also vor der Bronzezeit), weswegen - in Ephesos - eine militärische Niederlage ihr Charisma nicht beeinträchtigen konnte.
Die Bewohner von Ephesos werden sich wohl kaum bewusst gewesen sein, dass Artemis irgendwelche uralten Mutterkultwurzeln hatte und ihre sonstigen Götter nicht, und erst recht wird das für sie kein Grund gewesen sein, nach einer militärischen Niederlage zu differenzieren, welche Göttin sie weiterhin als verehrenswert ansahen und welche Götter nicht. Deine Ausführungen mögen religionsgeschichtlich ganz interessant sein, haben aber mit gelebtem Glauben nichts zu tun. Entweder man glaubt an Götter oder nicht, aber das macht man nicht von deren (längst vergessenen) Wurzeln abhängig. Macht und Existenz einer Gottheit hängen ja nicht von ihren Wurzeln ab. Außerdem war Ephesos bereits vor der persischen Herrschaft mehrere Jahrhunderte lang griechisch besiedelt gewesen und stand bereits früher unter mykenischem Einfluss, also ganz so neu und wurzellos können die griechischen Götter in der Stadt nicht mehr gewesen sein.

Auch die Zerstörungen des delphischen Apollotempels stehen in keinem analogen Verhältnis zur militärischen Niederlage Athens im Peloponnesischen Krieg. Das delphische Heiligtum war religiöser Mittelpunkt einer griechischen Amphiktyonie, d.h. es stand unter dem Schutz einer Pluralität von griechischen Staaten. Die Zerstörungen konnten also weder auf eine Schwäche des Apollo noch eines speziellen Pantheons zurückgeführt werden.
Was hat eine Zerstörung durch einen Brand mit der Amphiktyonie zu tun?

Worin eine überzeugende Analogie zwischen "gescheiterten" christlichen Kreuzzügen und besagter Niederlage Athens bestehen soll, bleibt dein Geheimnis.
Zwei Kriege, die letztlich verlorengingen?
Übrigens wurden die Kreuzzüge (zumindest dem erhobenen Anspruch nach) im Dienste Gottes zur Befreiung/Verteidigung seiner heiligen Stätten geführt ("Deus lo vult"), während der Peloponnesische Krieg keine religiöse Grundlage hatte. Deinem Gedankengang zufolge hätte das Scheitern der Kreuzzüge also viel eher zu einer religiösen Zerrüttung führen müssen als der Peloponnesische Krieg.

Übrigens waren diese Feldzüge keineswegs rundum gescheitert, der erste und auch der letzte waren relativ ´erfolgreich´.
Auch die Athener hatten im Peloponnesischen Krieg bis fast zuletzt etliche Siege errungen. Die katastrophale finale Niederlage bei Aigispotamoi war eher unglücklichen Umständen geschuldet als eine Folge einer militärischen Unterlegenheit. Letztlich zählt das Ergebnis.

Den Holocaust in Analogie zur athenischen Niederlage im Peloponnesischen Krieg zu setzen, ist gleichfalls ganz unberechtigt, und zwar wegen der völlig veränderten Glaubenssituation, die im 20. Jhd. in einen irreversibel säkularen Kontext eingebettet ist, und weil der Holocaust individuelle Juden in der Diaspora betraf, also kein geografisch klar definiertes Machtzentrum wie Athen mit seiner Population.
Wieso soll der mögliche Verlust von Glauben davon abhängen, ob Gott bzw. die Götter ein geografisches Machtzentrum nicht schützen konnte/n, und nicht davon, ob er individuelle Personen, die an ihn glauben und ihm vertrauen, nicht schützen kann?
Übrigens verlor Athen durch die Niederlage im Peloponnesischen Krieg nur seine Hegemonie in weiten Teilen des Ägäisraums, wurde aber nicht selbst vernichtet (und auch die von Sparta aufgezwungene neue Ordnung in der Stadt konnte rasch wieder beseitigt werden) - ganz im Gegensatz zu Millionen Juden im Holocaust.
 
Warum sollte die Niederlage der Athener gegen die ebenfalls griechischen Spartaner irgendetwas an dem Glauben der Griechen als ganzes Volk geändert haben. Immerhin wurde Sparta von Leuten besiegt welche die selbe Religion hatten.
 
Die Bewohner von Ephesos werden sich wohl kaum bewusst gewesen sein, dass Artemis irgendwelche uralten Mutterkultwurzeln hatte und ihre sonstigen Götter nicht, und erst recht wird das für sie kein Grund gewesen sein, nach einer militärischen Niederlage zu differenzieren, welche Göttin sie weiterhin als verehrenswert ansahen und welche Götter nicht. ... Außerdem war Ephesos bereits vor der persischen Herrschaft mehrere Jahrhunderte lang griechisch besiedelt gewesen und stand bereits früher unter mykenischem Einfluss, also ganz so neu und wurzellos können die griechischen Götter in der Stadt nicht mehr gewesen sein.

Klingt sehr plausibel.

Was Chan über Ephesus und den Brand in Zusammenhang mit den dortigen Kulten und die Intensität der Artemis-Verehrung im Speziellen schreibt, ist jedenfalls wie so oft rein hypothetisch.

Dass es "Verehrungsmuster" oder "joint features" oder attributes gab, kann alles und nichts sagen, was quellenseitig weder belegt noch ausgeschlossen werden kann. So soll der Tempel der Artemis auch ältere Baulichkeiten (was praktischen Überlegungen geschuldet sein kann) bzw. in einer Ausrichtung auch bauliche kleinasiatische Schemata der vereehrten Muttergottheit übernommen haben, was auf eine Fortführung der Kulte hindeuten könnte. Ist aber nicht belegt, sondern weitere Hypothese zu den "Wurzeln"

Daraus, dass weite Teile griechischer Kulte mit denenaus dem Nahen Osten (älteren?) übereinstimmen, schließen eben einige, dass ein Kulturfluss oder eine Übernahme stattgefunden hat. Andere schließen, dass die religiösen "features" oder Attributes der Gottheiten in der menschlichen Phantasie begrenzt sind bzw. es nur eine begrenzte Anzahl von religiös interessanten Themen gab, die Gottheiten zugeschrieben wurden. Irgendwo habe ich gelesen, dass ließe sich von Sex, Krieg und Tod bis Nahrung im Kern auf ein paar Dutzend oder 100 "Geschichten" eindampfen. Wenn die über Handelswege noch in der Ausgestaltung "konvergieren" oder kombiniert werden, ist das auch nachvollziehbar.

Zu Ephesus 356 BC:
Artemis:
The temple measured ca. 115m × 51m, and according to tradition was built on foundations of alternating layers of charcoal and fleece in order to counteract the effects of the marshy ground. Its entrance lay on the west instead of the usual east; the western entrance is seen elsewhere in West Anatolian temples, however, probably a survival from earlier worship of the Anatolian mother goddess with whom the Greek Artemis was combined. Like its contemporary on Samos, this temple was dipteral. On the front, it had three rows of eight columns; in the rear, two rows of nine. Certain columns displayed an unusual feature: their lower drums were sculpted with figures. This distinctive gift was the offering of Croesus, king of Lydia, renowned for his wealth and for his love of Greek culture. The temple was burned in 356 BC, on the night of the birth of Alexander the Great, so it was said, by one Herostratus, an arsonist whose sole, and successful, aim was to make his name immortal. In the Hellenistic period the temple was rebuilt on a similarly grand scale
Gates: Ancient Greek Cities, Archaeology, S. 225
Und zu Herostratos:
https://de.wikipedia.org/wiki/Herostratos
 
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Die Bewohner von Ephesos werden sich wohl kaum bewusst gewesen sein, dass Artemis irgendwelche uralten Mutterkultwurzeln hatte ...

Da magst du recht haben. Dennoch ist es von religionsgeschichtlichem Interesse zu wissen, dass Artemis bereits auf den Linear-B-Täfelchen der Mykener auftaucht und man sie als Göttin der Berge und der Jagd bis zu den Minoern zurückverfolgen kann.

Unzweifelhaft haben die frühen Griechen und ihre Vorgänger einige Gottheiten aus Kleinasien und vorderasien übernommen, u.a. auch Aphrodite oder Demeter. Dass das Wissen um ihre Herkunft im klassischen Griechenland verschollen war, steht auf einem anderen Blatt.
 
Der Asklepios-Kult wurde bereits lange vor Kriegsende von Sophokles in Athen eingeführt.

Er wurde nach Beendigung des Archidamischen Krieges 421 eingeführt, also nach den ersten empfindlichen Schlappen Athens im Peloponnesischen Krieg (z.B. Schlacht von Amphipolis 422). Voraussetzung für die Einführung des Asklepios-Kultes war der Zugang zu Epidaurus, dem Kultzentrum des Asklepios, das bis 421 von den Spartanern besetzt war. Der Gott wurde per Prozession feierlich nach Athen überführt und dort, da noch kein Tempel errichtet war, temporär bei einem Bürger, nämlich Sophokles, ´untergebracht´. Erst nach seinem Einzug in den neuen Tempel wurde er zu einem offiziellen Gott Athens. Das Motiv für seine ´Einbürgerung´ war das Bedürfnis, das als zu schwach empfundene lokale Pantheon für den Fall einer wiederholten Bedrohung durch die Pest (oder Typhus) zu stärken, die Athen um 430 heimgesucht hatte. Zur ´Sicherheit´ hat man noch das bestätigende Orakel von Delphi in dieser Sache eingeholt.

Die Übernahme von Asklepios steht also nicht im direkten Zusammenhang mit einer militärischen Krise, was du, hättest du das gewusst, als Gegenargument gegen meine These hättest verwenden können. Nun habe ich das freundlicherweise selbst für dich erledigt...

Nichtsdestotrotz kann eine militärische Niederlage zur Schwächung des Glaubens an die Macht eines Pantheons führen und damit zu einer ´Glaubenskrise´ führen. Ich kann mich damit auf Statements von z.T. sehr renommierten Fachleuten stützen, will das Thema aber hier nicht weiter ausbreiten, da ich z.Zt. mit anderen, wichtigeren Themen privat befasst bin. Fakt ist, dass nach besagtem Krieg weitere neue Götter und Göttinnen in Athen eingeführt wurden, z.B. der syrische Adonis, Zeus Ammon (=griechische Adaption des ägyptischen Amun), die phrygischen Gottheiten Kybele, Men und Sabazios sowie Tynneios und Tychon. Dieser Vorgang war für Aristophanes Anlass für seinen Götterspott in ´Die Vögel´ (wo er besonders über Sabazios herzieht, den er als Vogelgott Triballos verunglimpft) und später in ´Plutos´.

Die meisten Werke von Aristophanes entstanden bereits während des Krieges.

Siehe oben.

Die Bewohner von Ephesos werden sich wohl kaum bewusst gewesen sein, dass Artemis irgendwelche uralten Mutterkultwurzeln hatte und ihre sonstigen Götter nicht, und erst recht wird das für sie kein Grund gewesen sein, nach einer militärischen Niederlage zu differenzieren, welche Göttin sie weiterhin als verehrenswert ansahen und welche Götter nicht.

Ich habe das, leider ohne es ausreichend kenntlich zu machen, tiefenpsychologisch gemeint, als ich von "religiösem ´Urgestein´" sprach, siehe auch unten.

Im übrigen gab es einen Versuch, den Brand des Tempels dadurch zu erklären, dass Artemis zu diesem Zeitpunkt (356) "abwesend" gewesen sei, weil sie bei der Geburt von Alexander dem Großen (auch 356) habe beistehen müssen. Der Fortbestand von Artemis´ Wertschätzung hat aber sicher nicht von diesem Legendenkonstrukt abgehangen, da dieses erst Jahrzehnte später aufkam, als schon ein neuer Tempel gebaut war, der an Pracht dem alten nicht nachstand.

Silesias Einwand, dass die Intensität der Artemis-Verehrung in Ephesos von mir übertrieben dargestellt sei, basiert auf unzureichender Informiertheit. Die männliche Konkurrenz in Gestalt von Zeus und Apollon konne Artemis´ Spitzenposition nicht beeinträchtigen - Zeus wurde erst zu Hadrians Zeiten in Ephesos voll gewürdigt, und Apollon stand vermutlich zunächst in der Position des jugendlichen Geliebten der Artemis, wurde dann aber zu Artemis´ Bruder umkonzipiert. An Bedeutung kam auch er an Artemis nicht heran. Artemis war definitiv die Stadtgöttin von Ephesos, was automatisch ihren höchsten Rang im Pantheon ausdrückt, nicht zuletzt deswegen, weil vom Wohlwollen der Stadtgottheit das Wohl der Stadt abhängt.

Deine Ausführungen mögen religionsgeschichtlich ganz interessant sein, haben aber mit gelebtem Glauben nichts zu tun. Entweder man glaubt an Götter oder nicht, aber das macht man nicht von deren (längst vergessenen) Wurzeln abhängig.

Wie gesagt: Es geht hier um unbewusste psychologische Wurzeln. Bei Jan Assmann heißt diese Dimension ´Kulturelles Gedächtnis´. Informiere dich bitte darüber, dann können wir diesen Punkt vielleicht weiterdebattieren. Religiöse Phänomene nur an der Oberfläche zu betrachten, wie du und andere es hier tun, führt wissenschaftlich nicht weit, denn so gelangt man nie zu einem echten Verständnis dieser Sphäre.

Deinem Gedankengang zufolge hätte das Scheitern der Kreuzzüge also viel eher zu einer religiösen Zerrüttung führen müssen als der Peloponnesische Krieg.

Der Kontext ist viel zu verschieden, um eine Parallelisierung zu gestatten. Du verkennst auch (obwohl ich darauf hingewiesen habe), dass im monotheistischen Denken eine Niederlage ganz anders gewertet wird (oder gewertet werden kann) als im polytheistischen Denken

Wieso soll der mögliche Verlust von Glauben davon abhängen, ob Gott bzw. die Götter ein geografisches Machtzentrum nicht schützen konnte/n, und nicht davon, ob er individuelle Personen, die an ihn glauben und ihm vertrauen, nicht schützen kann?

Ich habe nie von einer "Abhängigkeit" und auch nicht von einem "Verlust des Glaubens" gesprochen, sondern (wiederholt!) von "Schwächung" und auf lange Sicht von einem Zusammenspiel einer Vielzahl von Faktoren, die in der Summe den exoterischen Polytheimus unterminierten. Nur 2 Beispiele:

(aus einer Antwort an dich):

...dass eine militärische Niederlage zur Schwächung eines städtischen Pantheons bzw. des Glaubens daran führen kann.

(aus meiner Antwort an Hwien):

Mir geht es um einen schleichenden Prozess, der im 5. Jh. BCE mit dem Einsetzen des philosophischen Denkens (vor allem die Sophisten) seinen Ausgang nahm und nach und nach, im Zusammenspiel mehrerer Faktoren, zu einer Aushöhlung des konventionellen Glaubens führte, an dessen Stelle zunehmend andere religiöse Überzeugungen traten, vor allem die mysterienkultischen und schließlich die christlichen.

Warum kann man meine Texte nicht mal so lesen, wie sie geschrieben sind, sondert huscht selektiv darüber hinweg?
 
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Unzweifelhaft haben die frühen Griechen und ihre Vorgänger einige Gottheiten aus Kleinasien und vorderasien übernommen, u.a. auch Aphrodite oder Demeter. Dass das Wissen um ihre Herkunft im klassischen Griechenland verschollen war, steht auf einem anderen Blatt.

Wie schon aus meiner Antwort an Ravenik ersichtlich, halte ich für zukünftige Diskussionen die Einbeziehung des Assmann´schen Konzepts des Kulturellen Gedächtnisses für sinnvoll, ja notwendig, weil religiöse Dynamik weitgehend - aber nicht ausschließlich - unbewusst funktioniert und in Tiefenschichten wurzelt, die an der Bewusstseinsoberfläche ´vergessen´ oder, wie du sagst, ´verschollen´ sind. In diesem Sinne erklärt sich aus dem, was ich das im ephebischen Muttergöttin-Glauben manifestierte´religiöse Urgestein´ nannte...

(aus einer Antwort von mir an Ravenik)

... weil dieser Magna-Mater-Kult aus religiösem ´Urgestein´ bestand, d.h. in Zeiten wurzelte, als kriegerische Konflikte noch nicht gang und gäbe waren und damit auch keine göttliche Involvierung in und Verantwortung für solche Konflikte.

... auch die spätere christliche Marienverehrung, die bekanntlich gerade in Ephesos offiziell begründet wurde (Konzil von Ephesos 431), indem man Maria den Titel ´theotokos´ (Gottesgebärerin / auch ein Titel der Muttergöttin Isis) zusprach, was ihr quasi den Status einer Muttergöttin verschaffte, nur eben nicht bewusst, sondern unbewusst. Die Epheser feierten den neuen Marien-Kult zunächst dann auch als Wiederbelebung des von den Christen bekämpften Artemis-Kultes in neuem Gewande, d.h. für sie war Maria Artemis mit einem neuen Namen.
 
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Was Chan über Ephesus und den Brand in Zusammenhang mit den dortigen Kulten und die Intensität der Artemis-Verehrung im Speziellen schreibt, ist jedenfalls wie so oft rein hypothetisch.

Den Begriff "hypothetisch" habe ich ja selbst gebraucht. Was die angesprochene "Intensität" betrifft, habe ich in neueren Antworten auf tiefenpsychologische Zusammenhänge hingewiesen, ohne deren Berücksichtigung man bei solchen Themen an der Oberfläche bleibt, was keine sinnvollen Erklärungsansätze ermöglicht.

Dass solche Ansätze oft nur hypothetisch sein können, ändert nichts an ihrer wissenschaftlichen Notwendigkeit. Hypothesen - solange sie als solche deklariert sind - gehören nun einmal zur Wissenschaft, ohne sie ist kein Erkenntnisfortschrift möglich. Auch und gerade im religionswissenschaftlichen Sektor, der sich weitgehend mit der Interpretation von symbolischem und metaphorischen Material befasst, sind Hypothesen als Diskussionsgrundlage und intellektuelle Anregung unverzichtbar. Das wäre dir sicher bekannt, wenn du dich etwas mehr damit beschäftigen würdest. In Fachtexten wird ständig auf - eigene oder fremde -Hypothesen Bezug genommen.

Im übrigen kann die von mir vertretene Hypothese, was den Grund für die Ursache der Intensität des Artemis-Kultes betrifft, argumentativ gut gestützt werden. Ein Teil dieser Argumente ist aber auch psychologischer Natur. Ohne Einbeziehung der Psychologie kann man auf religionswissenschaftlichem Gebiet, wie ich schon woanders schrieb, unmöglich zu sinnvollen Erkenntnissen gelangen. Das gilt auch innerhalb des religionsgeschichtlichen Rahmens dieses Forum, denn es geht hier um die Geschichte psychologischer Phänomene.

Ginge es um reale Götter, bräuchten wir keine Psychologie, aber um die geht es ja nicht (außer in meinem neuen Roman "Die Göttin", der gerade als Ebook bei allen großen Anbietern rausgekommen ist).
 
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Das Motiv für seine ´Einbürgerung´ war das Bedürfnis, das als zu schwach empfundene lokale Pantheon für den Fall einer wiederholten Bedrohung durch die Pest (oder Typhus) zu stärken, die Athen um 430 heimgesucht hatte.
Übrigens war auch die offizielle Einführung des Aesculapius-Kultes in Rom Folge einer Seuche - und nicht etwa einer militärischen Niederlage.
Eingeführt wurde aber auch in Athen nur der Kult offiziell; als Gott war Asklepios schon davor bekannt. So enthält schon "Agamemnon", der erste Teil von Aischylos' "Orestie", eine recht deutliche Bezugnahme auf Asklepios, wenngleich ohne namentliche Erwähnung.

Fakt ist, dass nach besagtem Krieg weitere neue Götter und Göttinnen in Athen eingeführt wurden, z.B. der syrische Adonis, Zeus Ammon (=griechische Adaption des ägyptischen Amun), die phrygischen Gottheiten Kybele, Men und Sabazios sowie Tynneios und Tychon. Dieser Vorgang war für Aristophanes Anlass für seinen Götterspott in ´Die Vögel´ (wo er besonders über Sabazios herzieht, den er als Vogelgott Triballos verunglimpft) und später in ´Plutos´.
Das ist nicht "Fakt". Sowohl "Die Vögel" als auch "Plutos" wurden vor Kriegsende uraufgeführt, erstere schon ein Jahrzehnt davor.

Der Kontext ist viel zu verschieden, um eine Parallelisierung zu gestatten. Du verkennst auch (obwohl ich darauf hingewiesen habe), dass im monotheistischen Denken eine Niederlage ganz anders gewertet wird (oder gewertet werden kann) als im polytheistischen Denken
Die Pest und der Dreißigjährige Krieg können gleichfalls nicht als Analogie herhalten. Du übersiehst auch hier, dass im monotheistischen Denken Katastrophen immer als ´von Gott gewollt´ interpretiert werden (können), also keine Schwächung der Religiosität notwendig implizieren.
Das ist im polytheistischen Denken doch auch nicht anders. Siehe z. B. bereits in der "Ilias", wo zu Beginn die Seuche im griechischen Lager von Apollon als Strafe für den Umgang mit einem Priester ausgelöst wird.

Allerdings hast du auch vergessen, auf das Erdbeben von Lissabon im 18. Jhd. hinzuweisen (vermutlich weil es deiner Argumentation widerspricht)
Um mich mal selbst zu zitieren:
Ich will gar nicht abstreiten, dass eine Niederlage eine Schwächung der Religiosität bewirken kann, aber zwingend ist diese Folge nicht.
Ich habe also nie behauptet, dass eine Katastrophe nicht eine Schwächung der Religiosität bewirken kann, ich habe primär nur Deine Ausführungen zum Peloponnesischen Krieg und seinen Folgen angezweifelt.

Falsch - sie waren nicht "exklusiv". Die Mysterien standen Kaisern, Bürgern (auch Frauen) und Sklaven offen. Nur im stark soldatisch frequentierten Mithras-Kult war Frauen der Zugang untersagt, welche aber alternativ im Kybele-Kult aufgenommen wurden, der mit dem Mithras-Kult organisatorisch vernetzt war.
Das war es, was ich mit "exklusiv" meinte:
Die psychologischen und physischen Anforderungen, die an Initianden gestellt wurden, waren so gravierend, dass ein nur oberflächlich motivierter Adept das nicht mal im Ansatz bewältigt hätte. Manche Adepten drangen gar nicht in die höheren Grade der Einweihung vor, weil sie die obligatorischen Angstprüfungen - vermutlich unter halluzinogenem Einfluss - nicht bestanden. Über die konkreten Erfahrungen in Eleusis musste strengstes Stillschweigen bewahrt werden, ansonsten drohte staatlicherseits die Todesstrafe. Keiner, der nur "hip" sein wollte, hätte sich solchen Bedingungen ausgesetzt bzw. sie lange ertragen.
Anhänger der normalen Kulte - oder später auch des Christentums - zu sein/werden, war bedeutend einfacher.

Auch hier liegst du daneben. Erstens ist der Begriff "hip" - wie so viele deiner anderen Argumente - völlig anachronistisch. Es ging ja nicht um den Einlass in einen angesagten Club.
Dass der Begriff "hip" anachronistisch ist, weiß ich auch, darum habe ich ihn ja auch in Anführungszeichen gesetzt. In diesem Sinne "hip" war die Einweihung aber sehr wohl, da "Promis" (ja, ich weiß, dass auch das ein anachronistischer Ausdruck ist) von nah und fern danach strebten und für sie mitunter auch Ausnahmen gemacht wurden. So wurde z. B. Demetrios Poliorketes auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin im Schnelldurchgang in die Eleusinischen Mysterien initiiert. Er wollte also offenbar initiiert werden, war aber nicht bereit, das langwierige übliche Prozedere über sich ergehen zu lassen. Warum wohl?
 
Die griechischen Götter sind nicht untergegangen, sie leben immer noch - wie aktuell viele reiche Griechen ? - in einem kleinen, heruntergekommenen Haus in London und betreiben Erotik-Hotlines oder schlagen sich als Barbesitzer und Showmaster durchs Leben bis hin zum Pflegefall des Göttervater Zeus and so on
Beweis: Mary Philipps - Gods behaving badly / Götter ohne Manieren
 
Chan schrieb:
...auch die spätere christliche Marienverehrung, die bekanntlich gerade in Ephesos offiziell begründet wurde (Konzil von Ephesos 431), indem man Maria den Titel ´theotokos´ (Gottesgebärerin / auch ein Titel der Muttergöttin Isis) zusprach, was ihr quasi den Status einer Muttergöttin verschaffte, nur eben nicht bewusst, sondern unbewusst. Die Epheser feierten den neuen Marien-Kult zunächst dann auch als Wiederbelebung des von den Christen bekämpften Artemis-Kultes in neuem Gewande, d.h. für sie war Maria Artemis mit einem neuen Namen.
Das ist eine Mischung aus Unsinn und Pantasiegeschichte.

Das Konzil von Ephesus hat nach herrschender Auffassung in der Literatur nichts mit dem dortigen Artemis-Kult zu tun, und bzgl. seiner Ergebnisse gibt es nichts Konkretes für die dortigen lokalen Auswirkungen in den folgenden Jahrzehnten.

Das Konzil ist in der "Geburtsfrage" Jesus vielmehr auf einen theologischen Disput der verschiedenen Kirchengruppen zurückzuführen, und dieser Disput mit den Protagonisten Cyril von Alexandria und Nestorius von Konstantinopel wiederum konkret verknüpft mit einen Konstantinopel-bezogenen Postenwechsel und dortigen Streit mit der Ernennung von Nestorius 428.
"Nestorius had been summoned to Constantinople by Theodosius II in the spring of 428 to succeed Sissinius, who had died on 24. December 427. The intense rivalry between different clerical factions that followed the death of Sissinius prompted the emperor to look further afield for a successor. On the recommendation of John of Antioch, his choice fell on Nestorius, a native of Caesarea Germanicia ...

The presence of urban monasteries in Constantinople was something new to Nestorius, for they seem not to have been a feature of Syrian monasticism...

By an egregious error of judgement, however, Nestorius was to create an enemy for himself more powerful than any monk: the Augusta Pulcheria herself. Theodosius’ elder sister was no ordinary Byzantine princess...

When Nestorius took possession of the cathedral of Constantinople, he found her portrait over the altar, which he had removed. He also gave instructions that the robe she had donated as an altar cover was no longer to be used. Moreover, when Pulcheria attempted to enter the sanctuary to receive communion the following Easter, Nestorius closed the royal doors to her. She had apparently been accustomed to receiving communion in the manner of the clergy and the emperors, but Nestorius said that no woman could enter. ‘Why?’ she demanded. ‘Have I not given birth to God?’—if a woman had given birth to God, surely a woman could enter the sanctuary, especially one whose consecrated virginity assimilated her to the Mother of God. Nestorius, shocked, replied that she had given birth to Satan. The enmity thus generated was to be a major factor in Nestorius’ downfall,...

When Nestorius began to preach against the title Theotokos, the response was led by people close to Pulcheria...."

Der "Geburtsstreit" eskalierte zur fundamentalen theologischen Frage, welche wiederum überregional Streit brachte, und nichts mit Ephesus und Artemis zu tun hatte. Hierin griff Cyril von Alexandria ein, wiederum ohne Bezug zu Ephesus:

"The news of the disturbance created in Constantinople by Nestorius’ lectures quickly spread abroad. Cyril seems to have been aware of it when he composed his paschal letter for 429. He makes no direct mention of Nestorius but he dwells on the unity of the person of Christ and refers to Mary as ‘Mother of God’ (Meter Theou). ..."

Briefkopien gingen nach Konstantinopel. Es folgte ein Briefwechsel.

Ephesus wurde unter dem Einfluss von Pulcheria und der Nestorius-feindlichen, Cyril zugeneigten Gruppierung von Konstantinopel ausgewählt:

"What must have come as a shock to him [Nestorius] was the decision—taken no doubt under the influence of Pulcheria—to hold the council in Ephesus, a metropolitan see hostile to Constantinople [der Gruppierung um Nestorius] and, moreover, already a centre of devotion to the Virgin. The imperial sacras were sent out on 19 November, convoking the council at Ephesus on 7 June the following year, the feast of Pentecost."

Die Gründe waren ausschließlich kirchenintern und rein taktischer Natur zum möglichen Ausgang des Konzils, und bezogen sich bereits auf die dortige Marienverehrung mit Blickrichtung auf den kirchlichen Fundamentalstreit, nicht auf irgendwelchen Artemis-Kult davor oder zeitgleich.

Mit veränderter Marienverehrung hat der theologische Gott-/Mensch-Disput, an der Geburtsfrage aufgehängt, gleichfalls nichts zu tun.

Die Aspekte der theologischen Debatte sind hier dann nicht weiter interessant, der theologische Ausgang des Konzils ist auch bekannt, inkl. der personellen und weiteren Konsequenzen. Auch die haben mit Artemis-Verehrung und Ephesus als Lokalität nichts weiter zu tun.

Wenn man Artemis und den Kampf gegen ihren Kult heranziehen will, kann man besser die Basil-Briefe Jahrzehnte später verwenden, in denen griechische Philosophie und Kulte angespielt werden, oder Nikolas von Hagia Sion 120 Jahre später.

Quellen u.a.:
Zitiert Russel, Cyril of Alexandria, mit den weiteren Details und theologischen Hintergründen.
Kyle, Nestorius, Rehabilitation of a Heretic.
Schor, Theodoret’s People - Social Networks and Religious Conflict in Late Roman Syria
Geljon/Roukema, Violence in Ancient Christianity - Victims and Perpetrators.
Van Loon, The Dyophysite Christology of Cyril of Alexandria.
Cambridge, History of Christianity Band II.
Gwynn: Christianity in the Later Roman Empire: A Sourcebook.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da es mich mitunter ärgert, wenn Diskussionen einfach so versanden, will ich mich mal mit einem kleinen (Zwischen-?)fazit versuchen.

Die Diskussion ist an einem toten Punkt angelangt, weil meiner Meinung nach die beiden Meinungsparteien mit ganz unterschiedlichen Sichtweisen herangegangen sind.
Natürlich hat sich die polytheistische Religion entwickelt und verändert, das wird auch niemand bestreiten, und natürlich hat das 5. Jahrhundert vor Christus einige einschneidende und verändernde Ereignisse hervorgebracht. Da Religion ein Verhalten von Menschen umschreibt, wird es bei geistigen und kulturellen Entwicklungen nicht passieren, daß davon nicht auch religiöse Verhaltensweisen betroffen sind, was wohl jede Religion, egal ob mono- oder polytheistisch, betrifft. Und daß diese Veränderungen schließlich zur Transformation des mediterranen Polytheismus zum jüdisch/christlich/islamischen Monotheismus (ich umfasse die drei mal mit der großen Klammer namens Abraham) führt, ist historische Tatsache.

Ein ganz anderer Punkt ist es allerdings, die im 4. und 5. Jahrhundert nach Christus stattfindenen Umwälzungen mit selektiven Ursachen zu begründen, die gut 1000 Jahre vorher anzusetzen sind. Hierbei tritt ein grundsätzlich Problem geisteswissenschaftler Forschung auf, das seit dem 19. Jh. als Positivismus sehr kontrovers diskutiert wird. Man kann mit historischen Prozessen erklären, wie es schließlich zu einem Ereignis kam, man kann aber niemals ein Gesetz formulieren, das erklärt, warum es dazu kommen mußte, und am allerwenigsten tritt der Fall ein, daß dieses Gesetz eine über den Einzelfall hinausgehende Gültigkeit hat.
Wenn man nun aber - quasi teleologisch, also auf ein Ziel bezogen - begründen will, warum Ursachen und Wirkung über 1000 Jahre aufeinander zu beziehen sind, dann gerät man in die Gefahr einer Argumentation, die besagt, daß es genauso kommen mußte, also gar keine andere Entwicklungsmöglichkeit da war. Und das ist der Punkt, warum ich den Thesen von Chan nicht zustimmen kann, denn die vielfältigen Transformationen im 5. Jahrhundert vor Christus, aber auch über die gesamte griechische Zeit hinweg fanden stets religiöse Ausdrucksformen innerhalb des Polytheismus. Diskussionen darüber, wann Asklepios in Athen einen Tempel bekam, wann Aristophanes welches Stück zur Aufführung brachte oder wie exklusiv ein Mysterienkult war, berühren das Kernproblem meines Erachtens gar nicht. Wenn man den Untergang der griechischen Religion in die Ablösung des Polytheismus durch den Monotheismus untersuchen will, muß man sich religiöse, politische, ökonomische und auch geographische Aspekte der hohen bis späten römischen Kaiserzeit anschauen.
 
Wenn man den Untergang der griechischen Religion in die Ablösung des Polytheismus durch den Monotheismus untersuchen will, muß man sich religiöse, politische, ökonomische und auch geographische Aspekte der hohen bis späten römischen Kaiserzeit anschauen.

Nur so geht das wohl.

Und auch die geographische Differenzierung, wie von Dir angesprochen, ist wichtig. Entwicklungslinien mit dem großen Messer gleichermaßen und global über den griechischen Raum und die Jahrhunderte zu ziehen, geht wohl gar nicht oder gleitet in weltanschauliche Simplifizierungen ab.

Wenn man sich das im einzelnen anschauen will, wäre es sinnvoll, sich erst einmal lokale Entwicklungen und deren spezifische religiöse, politische, ökonomische Hintergründe der Bevölkerung anzuschauen.
 
Wenn man sich das im einzelnen anschauen will, wäre es sinnvoll, sich erst einmal lokale Entwicklungen und deren spezifische religiöse, politische, ökonomische Hintergründe der Bevölkerung anzuschauen.

Wobei wir dann genau besehen von der Rubrik Antikes Griechenland zur Rubrik Altes Rom wechseln müßten.

Das mit den lokalen Entwicklungen interessiert mich. Wenn wir mal als Prämisse setzen, daß der Großteil der Bevölkerung auf dem Land lebt, in Dörfern oder kleinsten Städtchen, die frühen Zentren der Christianisierung aber in der Regel in den großen Städten liegen - man schaue auf die Adressaten der Paulusbriefe - dann frage ich mich, wie die Infiltration vor sich ging. Weiß man darüber mehr? Ich jedenfalls nicht.
Und ich könnte mir vorstellen - reines Klischeedenken - daß die Landbevölkerung doch in der Regel konservativer ist, also viel mehr an den alten Kulten festhängen wird. Das Christentum bietet zwar eine neue Innerlichkeit an, dafür fallen Fruchtbarkeitsriten ersatzlos weg.
 
...die Ablösung des Polytheismus durch den Monotheismus...
Polytheismus und Monotheismus sind ja auch nur Worthülsen, wenn man einerseits Göttlichkeit ua. über Allmacht definiert gibts in Griechenland nur Zeus, die anderen waren lediglich, zugegeben mächtige, Zauberer, die nur im Auftrag oder mit Zustimmung handeln durften, oder gehandelt haben wenn der Chef betrunken oder sonstwas war; weit über die Stellung von zB Erzengeln geht das nicht hinaus.
Und wenn man anderseits im nicht reformierten christlichen Europa in eine Kirche geht, da gibts Altäre für Maria und alle möglichen Heiligen, Kirchen sind Schutzheiligen geweiht, und dazu noch das genau genommen etwas hatscherte Dreifaltigkeitskonstrukt.
 
daß die Landbevölkerung doch in der Regel konservativer ist, also viel mehr an den alten Kulten festhängen wird. Das Christentum bietet zwar eine neue Innerlichkeit an, dafür fallen Fruchtbarkeitsriten ersatzlos weg

Von einer Reise nach Zypern weiß ich daß das heutzutage begangene Blumenfest seinen Ursprung im Aphroditekult hatte.
Der Aphrodite Kult

Ebenfalls auf Zypern gibt es eine Kirche in der bis heute noch junge Mütter an einer Mauer der Panagia Galatariotissa ( der Milch spendenden Jungfrau) Kerzen opfern.
Kouklia - Kunst-amp-Kultur - Zypern - Regional
Diese Kirche hatte bis ins 20. Jhd. den, anderen, Namen Panagia Aphroditissa.

Ich denke also daß sich die griechische Religion der christlichen anpasste / anpassen musste um wenigstens in Bestandteilen in irgend einer Form weiter zu existieren.

Soweit mir bekannt ist betrifft dies allerdings nur den Aphroditekult.

Einen direkten "Untergang", also ein komplettes Verschwinden der griechischen Religion sehe ich zumindest auf Zypern nicht gegeben. Ja, es gab eine Synthese der alten griechischen und neuen christlichen Religion

Jere's Ars Magica Saga: Geography: The Mediteranean Sea
it is clear that the synthesis of old and new cultures- by no means confined to Cyprus even then- had already begun, as the church of Panagia Aphroditissa, which was built slightly later at Paphos, proves
aber bis heute kein endgültiges Verschwinden der griechischen Religion.

Immerhin wird bis heute an einem Ort noch Aphrodite verehrt (s. o.).

LG
 
Polytheismus und Monotheismus sind ja auch nur Worthülsen, wenn man einerseits Göttlichkeit ua. über Allmacht definiert gibts in Griechenland nur Zeus, die anderen waren lediglich, zugegeben mächtige, Zauberer, die nur im Auftrag oder mit Zustimmung handeln durften, oder gehandelt haben wenn der Chef betrunken oder sonstwas war; weit über die Stellung von zB Erzengeln geht das nicht hinaus.

Ich glaube nicht, daß Zeus als ein Sinnbild der Allmacht gedacht war, weder in den Geschichten, mit denen Dichter die Göttlichkeit erfahrbar machen wollten noch in der direkten Kultpraxis. Und selbst bei den meines Wissens nicht vor dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert auftretenden Synkretismen, bei denen Iupiter mit Asklepios (in Pergamon) oder andernorts mit Helios (siehe Macrobius Saturnalienfest) zu einem universellen Weltenherrscher und Sonnengott verschmolz, wurde damit die Existenz anderer Götter nicht negiert.
 
Polytheismus und Monotheismus sind ja auch nur Worthülsen, wenn man einerseits Göttlichkeit ua. über Allmacht definiert gibts in Griechenland nur Zeus, die anderen waren lediglich, zugegeben mächtige, Zauberer, die nur im Auftrag oder mit Zustimmung handeln durften, oder gehandelt haben wenn der Chef betrunken oder sonstwas war; weit über die Stellung von zB Erzengeln geht das nicht hinaus.
Zumindest wenn man den Mythen folgt (wieweit sie mit der gelebten Volksfrömmigkeit zu tun hatten, ist freilich zu hinterfragen), war Zeus keineswegs allmächtig. Kein Gott war das, denn alle waren den Moiren, also dem Schicksal, unterworfen. Außerdem war Zeus' Position durchaus bedroht. Z. B. gab es die Prophezeiung, der Sohn der Göttin Thetis würde mächtiger als sein Vater sein, weswegen Zeus die Finger von ihr ließ. (Thetis heiratete dann Peleus, und der Sohn war Achilleus.) Einmal wurde Zeus sogar beinahe gestürzt, indem ihn die anderen olympischen Götter fesseln wollten; Thetis und der hundertarmige Riese Briareos retteten ihn. Aber schon der Wechsel der höchsten Götter Uranos - Kronos - Zeus zeigte, wie labil die Position des obersten Gottes war.
In den monotheistischen Religionen gibt es das nicht; da ist Gott unantastbar und tatsächlich allmächtig. Mythische Versuche des Aufbegehrens (Luzifer) erweisen sich als chancenlos und werden im Keim erstickt.

Das mit den lokalen Entwicklungen interessiert mich. Wenn wir mal als Prämisse setzen, daß der Großteil der Bevölkerung auf dem Land lebt, in Dörfern oder kleinsten Städtchen, die frühen Zentren der Christianisierung aber in der Regel in den großen Städten liegen - man schaue auf die Adressaten der Paulusbriefe - dann frage ich mich, wie die Infiltration vor sich ging. Weiß man darüber mehr? Ich jedenfalls nicht.
Und ich könnte mir vorstellen - reines Klischeedenken - daß die Landbevölkerung doch in der Regel konservativer ist, also viel mehr an den alten Kulten festhängen wird.
Das ist doch auch die übliche Annahme. Die frühen Christen sahen es offenbar auch so, denn nicht grundlos wird das Wort paganus (eigentlich "Gau-/Land-/Dorf-Bewohner") die Bedeutung "Heide" bekommen haben.
 
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