Römerforschung in der DDR

Zum vermeintlich "alten Siedlungsland der Markomannen" noch ein ergänzendes Zitat aus dem Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (gekürzt um die zahlreichen Klammerbemerkungen):

Entschiedene Warnungen vor der wenig gerechtfertigten Mainfranken-Theorie äußern Timpe, der für eine Randlage zu der der Sueben im n. Hessen plädiert, Seyer, der die Mainsueben für Reste der Quaden hält, und Dietz.
 
Ich verstehe die Diskussion über den Krieg zwischen Arminius und Marbod nicht.
Die Cherusker saßen an der mittleren Weser, die Markomannen in Böhmen. Die Chatten gehörten zur Arminius Koalition. Die Hermunduren und wohl auch die elbgermanischen Semnonen zur Marbod Koalition.
Wer auch immer Anfang des 1ten Jhdts jetzt genau in welchem Teil von Thüringen siedelte, wo man wohl durchmarschiert ist, ist irrelevant. Es kann sich nur um Chatten, Hermunduren oder Semnonen gehandelt haben. Und die waren alle irgendwie alliert mit einer der Kriegsparteien.
Es gab also kein neutrales Gebiet zu durchqueren! Es sei denn wir erfinden einen neuen Stamm zwischen Chatten, Hermunduren und Semnonen.
Fakt ist, die beiden Armeen sind aufeinander geprallt. Und sie hatten wohl kein Problem da hin zu kommen.
Es ist schon seltsam, dass die Hermunduren so gut wie nicht erwähnt werden. Mancher schließt daraus, dass sie bei den Römern unter Vertrag standen. Im Zusammenhang mit der Varusschlacht werden sie nicht erwähnt. Als Tiberius im Jahr 5 zur Elbe zog, auch nicht. Wir wissen nicht, welcher Stamm sich auf das nordöstliche Ufer gerettet hatte, als das Flottentreffen statt fand. Die bisher ungeklärte Entfernungsangabe "a reno" könnte natürlich auch mit ihren 600 km auf den Oberlauf der Elbe gedeutet werden. Die Formulierung, dass diese "an den Wohnsitzen der Hermunduren und Semnonen vorbei fließt", lässt keinen Schluss zu, ob sie tatsächlich nur vorbei oder hindurch geflossen ist. Und es kommt natürlich bei der ständigen Umsiedelei der Zeitpunkt der Betrachtung hinzu. Auf jeden Fall sind wir nach der Diskussion genau so klug "als wie zuvor"!
 
Es ist schon seltsam, dass die Hermunduren so gut wie nicht erwähnt werden. Mancher schließt daraus, dass sie bei den Römern unter Vertrag standen. Im Zusammenhang mit der Varusschlacht werden sie nicht erwähnt. Als Tiberius im Jahr 5 zur Elbe zog, auch nicht.
Was heißt "werden sie nicht erwähnt"?
Was 'unser' Hermundure schreibt, stimmt doch wohl:
Als Tiberius im Jahre 5 n. Chr. an die Elbe (Flotte und Landheer) kam wurden diese von Paterculus genannt.

Opteryx schrieb:
Die Formulierung, dass diese "an den Wohnsitzen der Hermunduren und Semnonen vorbei fließt"
Von "Wohnsitzen" ist da nicht die Rede, sondern von "fines", das wären wortwörtlich "die Grenz(lini)en", vgl. "Ad fines". Innerhalb der Grenzlinien der Hermunduren befindet sich natürlich das Gebiet der Hermunduren, von daher kann "fines" auch mit "Gebiet" übersetzt werden. So wie es formuliert ist, fließt die Elbe aber an den Grenzen vorbei, also nicht durch das Gebiet durch.

Die bisher ungeklärte Entfernungsangabe "a reno" könnte natürlich auch mit ihren 600 km auf den Oberlauf der Elbe gedeutet werden.
Dann wären eventuell die Langobarden relativ weit stromaufwärts zu suchen...
 
Was heißt "werden sie nicht erwähnt"?
Was 'unser' Hermundure schreibt, stimmt doch wohl:
Von "Wohnsitzen" ist da nicht die Rede, sondern von "fines", das wären wortwörtlich "die Grenz(lini)en", vgl. "Ad fines". Innerhalb der Grenzlinien der Hermunduren befindet sich natürlich das Gebiet der Hermunduren, von daher kann "fines" auch mit "Gebiet" übersetzt werden. So wie es formuliert ist, fließt die Elbe aber an den Grenzen vorbei, also nicht durch das Gebiet durch.
Dann wären eventuell die Langobarden relativ weit stromaufwärts zu suchen...
Mit "nicht erwähnt" meine ich natürlich im Zusammenhang mit Kontakten oder Kampfhandlungen. Und was ihr Gebiet betrifft:
(Die Qualität der Übersetzung sei mal dahin gestellt)
"Gebrochen wurde die Macht der Langobarden. Endlich...wurde das römische Heer...bis zum 400. Meilenstein vom Rhein, d.h. bis zum Elbstrom geführt, der am Gebiet der Semnonen und Hermunduren vorbeifließt. Und eben dahin fuhr... unsere Flotte."
An dieser Beschreibung fehlt mir ein wichtiges Wort: Wenn man an der unteren Elbe die Langobarden besiegt und auch in diesem Gebiet (Boizenburg/Lauenburg) die Elbe erreicht und sich dort mit der Flotte getroffen haben will- warum werden ausschließlich die Semnonen und Hermunduren als Anrainer der Elbe erwähnt? Das Wort "auch" hätte die Situation geklärt. Ohne dieses Wort kann man schlussfolgern , dass im Bereich des Flottentreffens außer den genannten Stämmen niemand mehr siedelte. Und das kann im mittleren und durchaus sogar im Übergang zum Oberlauf der Elbe gewesen sein, wo von Langobarden keine Rede mehr war. Nur dann ergäben die 400 Meilen einen Sinn.
Gruß
 
An dieser Beschreibung fehlt mir ein wichtiges Wort: Wenn man an der unteren Elbe die Langobarden besiegt und auch in diesem Gebiet (Boizenburg/Lauenburg) die Elbe erreicht und sich dort mit der Flotte getroffen haben will- warum werden ausschließlich die Semnonen und Hermunduren als Anrainer der Elbe erwähnt? Das Wort "auch" hätte die Situation geklärt. Ohne dieses Wort kann man schlussfolgern , dass im Bereich des Flottentreffens außer den genannten Stämmen niemand mehr siedelte. Und das kann im mittleren und durchaus sogar im Übergang zum Oberlauf der Elbe gewesen sein, wo von Langobarden keine Rede mehr war. Nur dann ergäben die 400 Meilen einen Sinn.
So ganz verstehe ich Deine Überlegungen nicht. Der Reihe nach schreibt Velleius Paterculus folgendes:

- Tiberius zieht durch "ganz Germanien".
- Er besiegt eine Reihe ungenannter Stämme.
- Die Chauken werden "aufgenommen". (Das Unterwerfungsritual wird beschrieben)
- Die Langobarden werden geschlagen.
- Schließlich erreicht das Heer die Elbe. Bis jetzt hat das Heer - vom Rhein aus gerechnet - 400 Meilen zurückgelegt.
- Das Heer trifft mit der Flotte zusammen, die - mit Vorräten beladen - die Elbe aufwärts gefahren ist.
- Am gegenüberliegenden Ufer lauern die Barbaren (das müssten die Semnonen und/oder Hermunduren sein). Es kommt aber zu keinen Kampfhandlungen.
 
So ganz verstehe ich Deine Überlegungen nicht. Der Reihe nach schreibt Velleius Paterculus folgendes:

- Tiberius zieht durch "ganz Germanien".
- Er besiegt eine Reihe ungenannter Stämme.
- Die Chauken werden "aufgenommen". (Das Unterwerfungsritual wird beschrieben)
- Die Langobarden werden geschlagen.
- Schließlich erreicht das Heer die Elbe. Bis jetzt hat das Heer - vom Rhein aus gerechnet - 400 Meilen zurückgelegt.
- Das Heer trifft mit der Flotte zusammen, die - mit Vorräten beladen - die Elbe aufwärts gefahren ist.
- Am gegenüberliegenden Ufer lauern die Barbaren (das müssten die Semnonen und/oder Hermunduren sein). Es kommt aber zu keinen Kampfhandlungen.
Die Langobarden siedelten westlich an der unteren Elbe. Wenn sie dort besiegt wurden, müsste man also auf ihrem Gebiet bereits die Elbe erreicht haben, wobei die Entfernung zum Rhein jedoch dafür noch viel zu gering ist. Da sie ja ebenfalls Elbanlieger, wie Hermunduren und Semnonen, waren, hätte man Letztere eigentlich mit "auch" im genannten Satz erwähnen müssen. Wir können zwar vermuten, dass es sich bei der am Nordufer versammelten Mannschaft um Semnonen und zu ihnen geflüchtete Hermunduren handelt. Aber es gibt keinen Hinweis auf eine zu diesem Zeitpunkt bestehende Feindschaft und damit keinen Grund für eine solche Flucht. Anders herum fehlt hier tatsächlich eine Alternative. Wenn das Zusammentreffen von Heer und Flotte allerdings schon an der Unterelbe stattfand, und die Hermunduren an der Oberelbe verortet werden, gibt es Probleme. Da die Versorgung per Schiff eine Vorbereitung für den Feldzug gegen Marbod war, hätte sie tatsächlich viel weiter stromaufwärts erfolgen müssen. Und dann wären auch die 400 Meilen des Heeres zustande gekommen. An einem Ort, wo die Elbe unter anderem "auch" an den Gebieten der Semnonen und Hermunduren vorbeifließt.
 
wobei die Entfernung zum Rhein jedoch dafür noch viel zu gering ist.
Velleius meint sicher nicht die kürzestmögliche Entfernung, sondern die tatsächlich zurückgelegte Strecke.
Kennen wir die Marschroute?
Wo fand die Unterwerfung der Chauken statt? Wo der Zusammenstoß mit den Langobarden?


Wir können zwar vermuten, dass es sich bei der am Nordufer versammelten Mannschaft um Semnonen und zu ihnen geflüchtete Hermunduren handelt. Aber es gibt keinen Hinweis auf eine zu diesem Zeitpunkt bestehende Feindschaft und damit keinen Grund für eine solche Flucht.
Es gibt auch in Velleius' Text nicht den geringsten Anhaltspunkt für eine "Flucht". Bei ihm liest sich das so, als ob diesseits der Elbe das Gebiet der Langobarden war, jenseits der Elbe die Gebiete der Semnonen und Hermunduren.

Da die Versorgung per Schiff eine Vorbereitung für den Feldzug gegen Marbod war
War sie aber nicht.
Die Versorgung kann nur die Vorbereitung für den Rückmarsch gewesen sein.
Der Feldzug gegen Marbod fand ein Jahr später statt.
Da spielte die Elbe aber keine Rolle.
Tiberius startete genau aus der entgegengesetzten Richtung: von der Donau aus.
 
Velleius meint sicher nicht die kürzestmögliche Entfernung, sondern die tatsächlich zurückgelegte Strecke.
Kennen wir die Marschroute?
Wo fand die Unterwerfung der Chauken statt? Wo der Zusammenstoß mit den Langobarden?
Es gibt auch in Velleius' Text nicht den geringsten Anhaltspunkt für eine "Flucht". Bei ihm liest sich das so, als ob diesseits der Elbe das Gebiet der Langobarden war, jenseits der Elbe die Gebiete der Semnonen und Hermunduren.
War sie aber nicht.
Die Versorgung kann nur die Vorbereitung für den Rückmarsch gewesen sein.
Der Feldzug gegen Marbod fand ein Jahr später statt.
Da spielte die Elbe aber keine Rolle.
Tiberius startete genau aus der entgegengesetzten Richtung: von der Donau aus.
Ja,wir können natürlich so manches vermuten. Aber stellen wir uns mal vor, wir wollen der Nachwelt die Ruhmestat überliefern. Die Langobarden werden also besiegt und die Elbe erreicht. Da kaum ein späterer Leser die Geografie kennt, charakterisieren wir die Elbe durch ihre große Entfernung vom Rhein, von mir aus auch über die gesamte Marschleistung. Aber dann kommt nicht etwa die Angabe, dass sie am Gebiet der gerade ruhmreich Besiegten vorbeifließt (sie wird nur irgendwann erreicht), sondern am Gebiet von zwei Stämmen, die keine Rolle bei den Kämpfen spielten. Warum?
Wohnten die Langobarden nicht an der Elbe?
Gruß
 
Ja,wir können natürlich so manches vermuten. Aber stellen wir uns mal vor, wir wollen der Nachwelt die Ruhmestat überliefern.
Ich kann mir so manches vorstellen.

Was ich mir nicht vorstellen kann, ist, dass ein geistig gesunder Buchautor ausschließlich für die "Nachwelt" schreibt und seine zeitgenössischen Leser überhaupt nicht im Blick hat.

Velleius musste damit rechnen, dass das Buch von Leuten gelesen wird, die selber mit dabei waren - Kameraden, Offiziere, vielleicht sogar Tiberius höchstpersönlich.
Und auch ein Leser, der nicht mit dabei war, sollte sich ein Bild machen können. Daher nennt der Autor die Namen einiger (aber natürlich nicht aller) Flüsse und Stämme und gibt auch mal die ungefähre Länge der Expeditionsroute.
Seine Angaben sind für einen Leser, der sich nicht mit jedem Detail aufhalten will, hinreichend klar:
Rhein - Chauken - Langobarden - Elbe - Semnonen/Hermunduren

sondern am Gebiet von zwei Stämmen, die keine Rolle bei den Kämpfen spielten. Warum?
Der Begegnung mit den Barbaren jenseits der Elbe widmet er doch einen eigenen Abschnitt, fast so lang wie der Rest des ganzen Feldzug. Die Episode mit dem alten Barbaren, der unbedingt den Caesar persönlich sehen will, will er unbedingt noch loswerden, auch wenn sie (wie er selbst entschuldigend bemerkt) nicht zu den großartigen Ereignissen gehört:

"Non tempero mihi quin tantae rerum magnitudini hoc, qualecumque est, inseram. Cum citeriorem ripam praedicti fluminis castris occupassemus et ulterior armata hostium iuventute fulgeret, sub omnem motum <metumque> nostrarum navium protinus refugientium, unus e barbaris, aetate senior, corpore excellens, dignitate, quantum ostendebat cultus, eminens, cavatum, ut illis mos est, ex materia conscendit alveum solusque id navigii genus temperans, ad medium processit fluminis et petiit, liceret sibi sine periculo in eam, quam armis tenebamus, egredi ripam ac videre Caesarem. Data petenti facultas. Tum, adpulso lintre et diu tacitus contemplatus Caesarem: 'Nostra quidem, inquit, furit iuventus, quae, cum vestrum numen absentium colat, praesentium potius arma metuit quam sequitur fidem. Sed ego, beneficio et permissu tuo, Caesar, quos ante audiebam, hodie vidi deos, nec feliciorem ullum vitae meae aut optavi aut sensi diem'. Impetratoque ut manum contingeret, reversus in naviculam, sine fine respectans Caesarem ripae suorum adpulsus est."

Warum soll er die Namen der Stämme jenseits der Elbe nicht nennen?
Ich verstehe Dein Problem nicht.

Wohnten die Langobarden nicht an der Elbe?
Um die Langobarden geht es bei dieser Episode doch gar nicht.
 
Ich kann mir so manches vorstellen.

Was ich mir nicht vorstellen kann, ist, dass ein geistig gesunder Buchautor ausschließlich für die "Nachwelt" schreibt und seine zeitgenössischen Leser überhaupt nicht im Blick hat.

Velleius musste damit rechnen, dass das Buch von Leuten gelesen wird, die selber mit dabei waren - Kameraden, Offiziere, vielleicht sogar Tiberius höchstpersönlich.
Und auch ein Leser, der nicht mit dabei war, sollte sich ein Bild machen können. Daher nennt der Autor die Namen einiger (aber natürlich nicht aller) Flüsse und Stämme und gibt auch mal die ungefähre Länge der Expeditionsroute.
Seine Angaben sind für einen Leser, der sich nicht mit jedem Detail aufhalten will, hinreichend klar:
Rhein - Chauken - Langobarden - Elbe - Semnonen/Hermunduren

Der Begegnung mit den Barbaren jenseits der Elbe widmet er doch einen eigenen Abschnitt, fast so lang wie der Rest des ganzen Feldzug. Die Episode mit dem alten Barbaren, der unbedingt den Caesar persönlich sehen will, will er unbedingt noch loswerden, auch wenn sie (wie er selbst entschuldigend bemerkt) nicht zu den großartigen Ereignissen gehört:

"Non tempero mihi quin tantae rerum magnitudini hoc, qualecumque est, inseram. Cum citeriorem ripam praedicti fluminis castris occupassemus et ulterior armata hostium iuventute fulgeret, sub omnem motum <metumque> nostrarum navium protinus refugientium, unus e barbaris, aetate senior, corpore excellens, dignitate, quantum ostendebat cultus, eminens, cavatum, ut illis mos est, ex materia conscendit alveum solusque id navigii genus temperans, ad medium processit fluminis et petiit, liceret sibi sine periculo in eam, quam armis tenebamus, egredi ripam ac videre Caesarem. Data petenti facultas. Tum, adpulso lintre et diu tacitus contemplatus Caesarem: 'Nostra quidem, inquit, furit iuventus, quae, cum vestrum numen absentium colat, praesentium potius arma metuit quam sequitur fidem. Sed ego, beneficio et permissu tuo, Caesar, quos ante audiebam, hodie vidi deos, nec feliciorem ullum vitae meae aut optavi aut sensi diem'. Impetratoque ut manum contingeret, reversus in naviculam, sine fine respectans Caesarem ripae suorum adpulsus est."

Warum soll er die Namen der Stämme jenseits der Elbe nicht nennen?
Ich verstehe Dein Problem nicht.

Um die Langobarden geht es bei dieser Episode doch gar nicht.

Er nennt ja den Namen des Stammes leider nicht, dessen Vertreter Audienz bekam. Wir können nur vermuten, dass es ein alter Semnone war. Das Siedlungsgebiet der Hermunduren wird zwar heute westlich der Elbe bis an die Langobarden heran angenommen (Norharz, s. z.B. Archäologiefreunde Braunschweig), aber nördlich der Elbe war der hohe Fläming die Grenze zu den Semnonen. In so fern fließt die Elbe tatsächlich daran vorbei, aber durch die fehlende exakte Zuordnung der Audienzgeschichte ist die nichts als schmückendes Beiwerk.
Was war denn das sonst für ein Volk, welches südlich an die Langobarden grenzte (möglicherweise an einen schmalen cheruskischen Korridor), und östlich der Saale mehrere Jahrhunderte dort ohne Änderungen auf Grund der Befundlage ununterbrochen siedeln konnte? Entweder war der Feldzug zu weit nördlich, so dass es sich nicht bedroht fühlte, oder es war über die Elbe geflüchtet und Tiberius hatte im leeren Land freie Hand.
Mein Problem bleibt, dass eine ordentliche Berichterstattung enthalten haben müsste, dass die Gegend an der Elbe auf dem Gebiet der besiegten Langobarden der Ort für das pompöse Tiberiuslager und der Anlaufpunkt der Flotte war. Ein solcher Punkt hätte unbedingt als unauslöschliche "Koordinate" in die Annalen eingehen müssen. dagegen wissen wir weder den Namen des Lagers, noch den Ort des Winterlagers im freien Germanien, der am Fluss "Julia" gelegen hat.
Die Archäologie in der DDR umging dies mit der "Methode des Aufhörens".
Man durfte nur so tief graben, bis die amtlich vorgegebene Tiefe erreicht war. In der Regel waren das slawische oder frühdeutsche Schichten. Lagen darunter weitere Fundschichten, wie Fundamente oder Straßenpflaster, antworteten die damaligen Ausgräber stets:
Ja, dass ist älter, aber wir müssen jetzt aufhören. Insbesondere im Merseburger Raum war das Usus. Um so mehr bin ich verwundert, dass laut Zeitungsmeldung nun zugegeben wird, dass unter den Merseburger Altbauten noch etwas Älteres liegt. Wir können also noch hoffen. Vielleicht ist die Ähnlichkeit der Klia und der Julia doch nicht rein zufällig.
Es ist auch sehr kurzsichtig gedacht, wenn man die gewaltige römische Machtpräsentation nur zum Zweck des Feldzugs des Jahres durchgeführt hätte. Die Elbe war als neue Grenze gedacht. Eine Nutzung zur Versorgung der geplanten oberelbischen Aktionen des Folgejahres ist weit wahrscheinlicher.
Gruß
 
Mein Problem bleibt, dass eine ordentliche Berichterstattung enthalten haben müsste, dass die Gegend an der Elbe auf dem Gebiet der besiegten Langobarden der Ort für das pompöse Tiberiuslager und der Anlaufpunkt der Flotte war.

Velleius konnte nun wirklich nicht wissen, welche Details Dich so brennend interessieren und was Du gern in einer "ordentlichen Berichterstattung" aufgelistet haben möchtest.
Velleius hat, wie gesagt, an seine eigene Leserschaft gedacht. Er hat das niedergeschrieben, von dem er annahm, dass es die Leser interessieren würde und hat das weggelassen, von dem er annahm, dass es die Leser langweilen würde.
Nach meinem unmaßgeblichen Eindruck hat er seine Sache ganz gut gemacht, abgesehen von der penetranten Tiberius-Lobhudelei. Die hat vermutlich auch seine damaligen Leser genervt, aber die damaligen Leser konnten das ohne weiteres einordnen. Denn Velleius musste damit rechnen, dass Tiberius selber das Buch in die Hand bekommen würde (auch in dieser Hinsicht hat er sehr wohl an die potentielle Leserschaft gedacht...)

Und nochmal: Nicht nur Tiberius, auch andere Feldzugsteilnehmer gehörten zur potentiellen Leserschaft. Da verbietet sich die Annahme, Velleius hätte irgendeinen Unsinn zusammenfabuliert. Wir sollten also schon zur Kenntnis nehmen, was Velleius schreibt.

Ein solcher Punkt hätte unbedingt als unauslöschliche "Koordinate" in die Annalen eingehen müssen.
Wieso? Was hätte an dem Lager so besonders sein sollen? Das war ein Marschlager wie Dutzende andere auch. Ein Marschlager, wie man sie halt anlegt, wenn man 600 Kilometer unterweg ist.

Eine Nutzung zur Versorgung der geplanten oberelbischen Aktionen des Folgejahres ist weit wahrscheinlicher.
Das kann ich nicht nachvollziehen.
5 n. Chr. war ein Heer unter Tiberius' Kommando an der Elbe. Das musste versorgt werden. Soviel ist sicher.
Es gibt keine Belege dafür, dass danach jemals wieder ein römisches Heer an der Elbe war.
 
Die Archäologie in der DDR umging dies mit der "Methode des Aufhörens".
Auch die Archäologie der DDR hat sich mit römerzeitlichen Befunden (germanischen wie römischen) befasst.
Welche Belege gibt es für die "Methode des Aufhörens"?


Man durfte nur so tief graben, bis die amtlich vorgegebene Tiefe erreicht war. In der Regel waren das slawische oder frühdeutsche Schichten. Lagen darunter weitere Fundschichten, wie Fundamente oder Straßenpflaster, antworteten die damaligen Ausgräber stets:
Ja, dass ist älter, aber wir müssen jetzt aufhören.
An welchen Grabungsstätten sind Straßenpflaster aus vor-slawischen/vor-frühdeutscher Zeit nachweisbar, die von der DDR-Archäologie ignoriert wurden?



http://zs.thulb.uni-jena.de/servlet..._derivate_00202252/AT32_Laser_Hammer_Lutz.pdf
 
Auch die Archäologie der DDR hat sich mit römerzeitlichen Befunden (germanischen wie römischen) befasst.
Welche Belege gibt es für die "Methode des Aufhörens"?
An welchen Grabungsstätten sind Straßenpflaster aus vor-slawischen/vor-frühdeutscher Zeit nachweisbar, die von der DDR-Archäologie ignoriert wurden?

http://zs.thulb.uni-jena.de/servlet..._derivate_00202252/AT32_Laser_Hammer_Lutz.pdf
Es geht um die Amtszeit des Herrn Dr. Fröhlich und konkret um den Merseburger Raum. Diese Informationen resultieren aus Gesprächen von Mitgliedern einer AG mit Grabungshelfern während einer Ausgrabung. Konkret auf die Frage hin, worum es sich denn bei den Steinsetzungen unterhalb der untersten Fundschicht handele. Selbstverständlich sind diese Informationen nirgendwo dokumentiert. Ebenso wenig wie die strikte Warnung des o.g. Herrn davor, auf eigene Faust nach den Römern zu forschen.
Es gibt umfangreiche römische Funde. Diese wurden aber generell als Handelsgut oder Beute abgetan. Erst mit dem Amtsantritt des Herrn Dr. Meller weht ein anderer Wind im Landesamt Halle.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es geht um die Amtszeit des Herrn Dr. Fröhlich und konkret um den Merseburger Raum. Diese Informationen resultieren aus Gesprächen von Mitgliedern einer AG mit Grabungshelfern während einer Ausgrabung. Konkret auf die Frage hin, worum es sich denn bei den Steinsetzungen unterhalb der untersten Fundschicht handele.
Das erinnert mich an meine erste Grabung. Da hatten wir einen Grabungshelfer, kein dummes Kerlchen, aber mit einer allzu blühenden Phantasie ausgestattet, der sah auch überall Menschenwerk und wollte immer tiefer buddeln, als wir auf eine Gesteinpackung stießen...
Also wenn man dir keinen Bären aufgebunden hat, würde ich zunächst mal in diese Richtung denken.
 
Hallo zusammen,

leider war ich etwas verhindert, so dass ich erst jetzt antworten kann.

@ Sepiola

die ethnische Zuweisung der Hermunduren an Saale, Elster, Nordböhmens und Teile Unterfrankens wird von renomierten und studierten provinzialrömischen Archäologen wie Prof. Dr. Meller oder Dr. R. Schwarz (beide Halle) vertreten. Das die Prinzessin von Profen im Hermundurenland begraben worden ist, besteht kein Zweifel in archäologischen Fachkreisen (siehe dazu voran gegangener Link zum Bericht des LDA Halle) - außer unserem Sepiola natürlich, der besser bescheid weiß. Das Gräberfelder wie Schkopau oder Großromstedt am Ende der Stufe B1a aufgelassen worden sind, das Material plötzlich auf der anderen Seite der Saale auftaucht und von Böhmen nach Unterfranken ebenfalls (Stratigraphie sei Dank), ist schon mehr als ein Zufall.

Klaus Peter Johne hat auch geschrieben, dass Maximinus Thrax keine 400 Meilen zurück gelegt hat. Mittlerweile wissen wir es besser - siehe Kalefeld. Was ich damit sagen will ist, dass die Forschung nicht stehen bleibt. Deswegen ist das Buch trotzdem Klasse. Natürlich kannst du nicht meinen Wissensstand bezüglich der ethn. Zuweisung der Hermunduren haben, da du ja nicht so nah an der Basis bist wie ich der mind. jeden Monat einmal in Halle "Hallo" sagt und gefühlte 40 Telefonate im Monat mit etwaigen Personen führt. So wissen wir heute wo Tiberius seine Flotte angelegt hatte - bei Stendal (der genaue Ort wird noch nicht Preis gegeben) im einstigen Langobarden-Land. An besagtem Ort und näherer Umgebung wurden an die 5000 Funde gemacht (Auswertung steht noch aus). Der Platz war strategisch sehr gut gewählt worden. Er muss wohl noch so in bleibender Erinnerung für die Nachwelt geblieben sein, dass dieser und die nähere Umgebung in der gesamten römischen Kaiserzeit, Schlussmünze ist ein Solidus des Fl. Basiliscus (475/476 n. Chr.), immer wieder aufgesucht wurde (Lugdunum I As mit Gegenstempel VAR). Entscheidend ist aber, dass unter den Prägungen von Scheers 217 class. II auch ein verbleiter Typ (1,87 gr.) vorhanden war, welcher bisher nur in einem Hortfund von Haltern (100 St. nach P. Ilisch) vorkommt, sowie ein Pb-Sigillum des Töpfers RASINIVS (hier schon einmal vor etlichen Zeiten erwähnt). Seine Keramik wurde in Haltern, Nimwegen, Neuss und Mainz u.a. gefunden.

Meiner Meinung nach kommt es darauf an, von wo man die 400 Meilen berechnet. Wenn ich von Nimwegen(Flottenstützpunkt von Drusus und später auch von Germanicus)-Dorsten-Haltern-Anreppen-Barkhausen-Wilkenburg-Wolmirstedt an besagtem Ort (ca. 580 km) entlang der Wasserscheide marschiere und zwischendurch an der Weser, an der Leine und an der Aller von der Flotte Proviant aufnehme, dann ist das kein Problem für ein Landheer. Paterculus lobt ja explizit die "Weitsicht" des Caesar Tiberius bei seinen Berechnungen. Denn auf die Flotte kam es nach Paterculus nämlich an. Ohne diese wäre ein Durchzug zur Elbe unmöglich gewesen. Das die Langobarden sich in den Weg stellten ist bei Paterculus beschrieben, jedoch wurden diese von den Römern geschlagen.

Grüße
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Opteryx,

ja es ist ein "Segen" das Prof. Dr. Meller die Geschicke in Halle leitet. Vieles was zwischen 1990 - 2000 bezüglich der römischen Kaiserzeit publiziert wurde, muss auf Grund neuer Erkenntnisse überarbeitet werden.

Grüße
 
Das erinnert mich an meine erste Grabung. Da hatten wir einen Grabungshelfer, kein dummes Kerlchen, aber mit einer allzu blühenden Phantasie ausgestattet, der sah auch überall Menschenwerk und wollte immer tiefer buddeln, als wir auf eine Gesteinpackung stießen...
Also wenn man dir keinen Bären aufgebunden hat, würde ich zunächst mal in diese Richtung denken.
Ich war auch hierbei nicht persönlich zugegen. Aber in den Merseburger Fällen waren es die Hobby-Forscher, die die dummen Fragen stellten. Und die Antwort erhielten, dass das zwar ganz klar älter wäre, aber nicht zum Programm gehöre. Man machte also gar nicht erst den Versuch einer Klärung. Auch nicht aus eigener Neugier.
Ich hatte keinen Grund, an dem zu zweifeln. Auch nicht an der Unterhaltung mit unteren Chargen des Landesamtes, die keinen Zweifel daran gelassen hätten, dass Merseburg römische Wurzeln habe.
Ähnliches über die Methode des Aufhörens wird allerdings auch von Magdeburg berichtet. Hier kann ich mir jedoch über dessen Wahrheitsgehalt kein Urteil erlauben, da die Vorwürfe aus jüngerer Zeit stammen, wo eigentlich schon kein Anlass mehr bestand.
Leider hatte aber dort der Herr Dr.Friebe den Herrn Dr.Pflug abgelöst.
 
Man muss natürlich auch zugeben, dass es mitunter zu Erkenntnissen geführt hat tiefer zu graben. Auf der anderen Seite träumt natürlich jeder, der an solchen Unternehmen teilnimmt davon, einmal so etwas zu erleben.

Hier vor Ort viel tatsächlich nur durch Zufall auf, dass noch Funde aus der Steinzeit zu machen sind. Und auch in der Paderborner Innenstadt dachte man, dass kurz unter den heutigen Kellern Schluss sei. Am Ende wurde ein ganzer Steinbruch ausgegraben, der gleichzeitig als Annäherungshindernis gestaltet war und über die Jahrhunderte aufgesiedelt wurde, bis vergessen wurde, worauf die Straßennamen 'Grube' und 'Krumme Grube' zurückgingen.

Aber so etwas bleibt doch Ausnahme. Da muss man durchaus vorsichtig sein. Aber ich kann gleichermaßen nicht verstehen, wieso man einen Verdacht nicht zumindest überprüft. Auch mit knappem Budget müsste das möglich sein. Schließlich kann man ein evt. Bodendenkmal sonst nicht schützen.

Da kann es schon merkwürdig wirken, wenn nichts unternommen wird. (Und ich kann es mir durchaus als heilsam vorstellen, einen übereifrigen Grabungshelfer ein sinnloses Loch graben zu lassen. :D Aber ich muss zugeben, dass es mich nie gereizt hat, einmal als Grabungshelfer tätig zu werden, obwohl ein Verein in unmittelbarer Nachbarschaft dabei sehr rührig ist, solche freiwillige Mithilfe hier also alle paar Jahre recht einfach möglich ist. Abgesehen von ein paar Führungen durch aktive Ausgrabungen und den Time Team-Folgen habe ich da also keine eigenen Einsichten.)
 
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