Aber vielleicht müssen wir Tacitus wieder einmal so lange umschreiben, bis das Gegenteil herauskommt...
Archäologisch gibt es gute Gegenargumente:
B. Steidl weiter:
"Das Spektrum der germanischen Metallfunde der Provinz findet seine besten Entsprechungen in Grabfunden der Stufe B1 in Böhmen und der Südwestslowakei. Nur als eines von vielen Beispielen sei die Brandbestattung eines gut gerüsteten Reiterkriegers aus Sládkovičovo in der Slowakei angeführt (Abb. 8). Hier lassen sich nicht nur gute Vergleiche zu den Trinkhornbestandteilen, sondern auch zur Schildfessel und den Pilzknöpfen finden."
Und genau in "Böhmen" finden wir auch jene Lugdunum I Asse mit dem VAR-Gegenstempel (Militky Monumenta Numismatica Band 2; 2013) - nicht jedoch Lugdunum II Asse.
Fassen wir zusammen:
* elbgermanische Augenfibeln A45/46 in Kalkriese, Haltern und Waldgirmes
* TIB-Rundgegenstempel auf Lugdunum I As in Kalkriese und Haltern - nicht jedoch in Waldgirmes (Dendro-Datum Leiter 9/10 n. Chr.)
* elbgermanischer Reitersporn in Kalkriese
* elbgermanische Augenfibeln an Militärplätzen in Raetien, Oberrhein und Niederrhein
* keine Lugdunum II Asse in Böhmen und zwischen Weser und Niederrhein
Es drängt sich mir mehr und mehr die Frage auf, welches Material stand Tacitus gegenüber Cassius Dio zur Verfügung ?
Cassius Dio berichtet ausdrücklich von Abordnungen einzelner Soldaten oder kleineren Kontingenten in einheimischen Siedlungen. Für Thüringen kann ich das im Fundgut der Siedlungen und Gräber nachweisen:
Siedlungen
* Seebach/Mühlhausen (Schuhnägel, Militaria)
* Schwabhausen (Münzen, Schuhnägel, Fibeln vom Typ Alesia, Aucissa)
* Göttern (Schuhnägel)
@ Opteryx
Aber am interessantesten bezüglich der Augenfibeln und Reitersporen sind die Bestattungsplätze:
Th. Grasselt (2009 - Ballstädt):
"Mit zwei bronzenen Aucissafibeln im prospektierten Fundmaterial haben wir sicher provinzialrömische Erzeugnisse vor uns. Mit ihnen gelangten Trachtteile in die germanischen Brandgräber von Ballstädt, die in großen Stückzahlen in römischen Lagern, in Haltern z.B. aus Eisen gefertigt, und auch in Kalkriese gefunden wurden und als römische Militärfibeln gelten."
Das Ende des Bestattungsplatzes wird am Beginn der 20er Jahre des 1. Jh. n. Chr. mit einer frühen Augenfibel festgesetzt.
"Zu den typologisch jüngsten Fibeln im prospektierten Material von Ballstädt zählt auch eine frühe Augenfibel mit "echten Augen." Sie bilden als geschlossene Kreise den Bügelkopf. Längs des Bügels und schräg über den Augen verläuft eine doppelte Tremolierstichreihe. Die Fibel ist aus Messing. Form und Material unterstreichen eine böhmische Verbindung der Ballstädter Krieger in das Zentrum des Markomannenreiches Marbods."
Weitere Sporen fanden sich im Gräberfeld von Bornitz/SA - in einem römischen Bronzeeimer zusammen mit einer frühen Augenfibel.
weitere Fundplätze mit "Stuhlsporen" (nach Dusek) der frühen Kaiserzeit sind:
* Höngeda/TH
* Gorsleben/TH (Nähe Hachelbich!)
* Schlotheim/TH
* Wulfen/SA
* Klein-Leppin/BRB (Elbe)
Grüße