Das ist immer wieder frustrierend, tatsächlich in seinen Schlußfolgerungen abhängig zu sein von Übersetzungen. Vielleicht studiere ich alte Sprachen, wenn ich im Ruhestand bin, das dauert aber doch noch einige Jahre.
Mein Eindruck ist, dass die Übersetzer auch beeinflußt sind von zusätzlichen Quellen, d.h. an diesem Beispiel zu Cassius Dio die damit zusammenhängende Tacitus-Stelle kannten, und Cassius Dio wahrscheinlich kannte Tacitus (Zirkelschluß?) (Tac ann.4,44,2 Übersetzung Goetz/Welwei):
Natürlich impliziert dieses "weiter/tiefer vorgestoßen sei, als alle anderen" einen weiten (östlichen) Raum - auch der Begriff "Strom" weckt Assoziationen mit einem breitem Fluß, Bleckmann merkt an, dass die damalige Elbe im Mittel - und Unterlauf vor den mittelalterlichen Deicharbeiten ein 10 bis 20 km breites Überschwemmungsgebiet hatte (S.106) - dies ist natürlich eine prägnante Landmarke, und damit verbunden, dass z.B. Tacitus, Strabon oder Pomponius Mela Flüsse oft in der Funktion als Grenzmarke zwischen "Kulturen" zitieren. Etwa die Nordseegermanen eingegrenzt von Rhenus und Albis, die Zweiteilung Germaniens an der Elbe bei Strabon (1,2,1) oder bei Pomponius Mela die Kulturgrenze zwischen Germanen und Sarmaten an der Weichsel (Pomp. Mela 3,25).
Der Oberlauf der Elbe im heutigen Verständnis hatte nicht diese Funktion,
das böhmische Becken von der Eger im Nordwesten, zum Mittel und Unterlauf der Moldau im Süden bis zum Oberlauf der Elbe im Osten war ein Siedlungsraum (siehe unten). In Südmähren werden die ebenso germanischen Quaden verortet, als wirkliche Grenzmarke fungiert der Oberlauf der Elbe nicht, dafür ist er zu weit von den quadischen Siedlungskammern entfernt. Daher kann eine Elbeüberquerung in Böhmen nur eine ganz andere Bedeutung haben: vielleicht der nordöstlichste Raum, in den bis dahin ein römischer Feldzug vorgestoßen ist. Dies würde jedoch auch auf die von mir favorisierte Überquerung der Mittelelbe zutreffen.
Auch weckt Tacitus Vergleich mit "den anderen" Assoziationen , einen Vergleich mit Drusus und Tiberius, und damit auch mit der wahrscheinlichen Verortung von deren Begegnungen mit der Elbe am Unter - und Mittellauf (es ist aufgrund der Möglichkeit, sich von einer Flotte versorgen zu lassen, wenn man die römische Logistik kennt, "zwingend", diese Begegnungen an Mittel - und Unterlauf zu lokalisieren).
Unten eine Karte der Verbreitung der elbgermanischen Plaňany-Gruppe in Tchechien