L Domitius Ahenobarbus' Zug über die Elbe - noch von der Donau o. bereits vom Rhein?

Lieber Sepiola,
ich kann dich nicht überzeugen, du mich nicht, ich fasse daher noch einmal zwei strittige Punkte zusammen:

1. Geographie:
1.1. Markommanis: du schreibst, auch die älteren Quellen, von denen ich einige dargelegt habe (Velleius, Strabon) wussten, dass jetzt in Böhmen die Markomannen ansässig sind - genau dies beschreiben Velleius, Strabon und auch Tacitus (meine Beiträge 58 und 73) -> den Wechsel der Bevölkerung in Böhmen.
Aber alle älteren Quellen als Cassius Dio bezeichnen das neue Siedelgebiet, das übrigens genau dem Altsiedelgebiet der Boier entspricht,mit Boiohaemum und nicht Markomannis.

1.2. Die Elbquelle: ein Übergang über die Elbe von der Provinz Illyrien (Carnuntum) über die Bernssteinstraße (March - Thaya) in Südmähren macht nur dann Sinn, wenn die heutige Elbe auch damals schon für die Elbe gehalten wurde. Die Elbe ist allerdings im Oberlauf wesentlich kürzer als die Moldau (150 km), hat ein halb so großes Einzugsgebiet (28000 km² die Moldau, Abflußmenge 150 m³/s Moldau bei der Elbmündung), und wechselt die Fließrichtung - hydrologisch ist daher die Moldau der Hauptfluss des Elbeflusssystems. Eine Überquerung der Moldau von Ost nach West macht jedoch kaum Sinn, da sich die Hauptsiedlungskammern im westlichen und nördlichen Böhmen befinden. Velleius Paterculus schildert eine Begebenheit während des Feldzugs des römischen Heeres unter Tiberius 5 n.Chr. an der Elbe, an einem Punkt, an dem Landheer und Flotte zusammentreffen. Am anderen östlichen Ufer der Elbe stehen die Krieger der Semnonen und Hermunduren (Vell 2, 107).
Ein anscheinend adeliger Germane spricht mit Tiberius, und verehrt ihn als gottgleich, hält ihn für Augustus - dies wird vielfach mit dem Augustusaltar des Ahenobarbus zusammengebracht. Da auch Cassius Dio von mehreren Freundschaftsverträgen spricht (Cass Dio 55,9-10,2-3) , und Augustus die Bitte der Semnonen und anderer Stämme um eine Amici-Status erwähnt (res gestae 26:
Kimbern, Charyder, Semnonen und andere Völker der Germanen derselben Gegend ersuchten vermittelst Legaten meine Freundschaft und die des römischen Volkes.
, während in Böhmen am Elboberlauf ausschließlich die Markomannen ansässig sind, spricht für die Errichtung des Augustus-Altars durch Ahneobarbus an der Elbe im Mittellauf.

2. Außenpolitik:
1. Markomannen:
Die Markomannen wurden 10 v.Chr. von Drusus besiegt, über ihre Deditio besteht jedoch Unklarheit. Marbod wird jedoch nicht mit römischer Billigung sich aus der mainfränkischen Markomannis zurückgezogen haben, und im Boiohemum eine neue Herrschaft zu errichten Marbod bemüht sich um Neutralität und eine vertragliche Vereinbarung, aus Vell 2, 109,2 ist nicht zu entnehmen, ob die Gesandschaften in Rom erfolgreich waren. 6 v.Chr. erklärt Rom Marbod den Krieg, schließt jedoch beim Ausbruch des pannonischen Aufstandes sofort ein Friedensabkommen mit ihm ab, dass die Unabhängigkeit Marbods garantierte. Diese Abläufe sprechen meiner Meinung nach nicht dafür, dass mit den Markomannen vor dem Jahr 6 n.Chr. ein Freundschaftsvertrag existiert.
2.Hermunduren: ihre Beteiligung an der Marbod-Koalition ist unklar. Strabon zählt sie nicht mit auf (Strab 7,1,3), ebensowenig waren sie an der westgermanischen Arminiuskoaltion beteiligt (Strab 7,1,4). Daher kommen die Hermunduren (und Semnonen) meiner Ansicht nach viel eher als Vertragspartner der Römer (Amici) in Frage.

Unten Fundverteilungskarte Thüringisches Becken - Mittelelbe - Mainfranken in der Übergangszeit
 

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1. Geographie:
1.1. Markommanis: du schreibst, auch die älteren Quellen, von denen ich einige dargelegt habe (Velleius, Strabon) wussten, dass jetzt in Böhmen die Markomannen ansässig sind - genau dies beschreiben Velleius, Strabon und auch Tacitus (meine Beiträge 58 und 73) -> den Wechsel der Bevölkerung.
Aber alle älteren Quellen als Cassius Dio bezeichnen das neue Siedelgebiet, das übrigens genau dem Altsiedelgebiet der Boier entspricht, Boiohaemum und nicht Markomannis.
Wofür ist das ein Argument?
Das ist ein Argument dafür, dass Dio den Begriff nicht aus einer alten Quelle übernommen hat, sondern dass er die Markomannis seiner Zeit gemeint hat.

1.2. Die Elbquelle: ein Übergang über die Elbe von der Provinz Illyrien (Carnuntum) über die Bernssteinstraße (March - Thaya) in Südmähren macht nur dann Sinn, wenn die heutige Elbe auch damals schon für die Elbe gehalten wurde.
Das sehe ich auch so.
Und ich sehe kein Indiz dafür, dass die Elbe in der Zeit nach Ahenobarbus (oder gar nach Dio) den Namen gewechselt hat. Wozu ein Problem konstruieren, wenn es gar keines gibt?

2. Außenpolitik:
1. Markomannen:
Die Markomannen wurden 10 v.Chr. von Drusus besiegt, über ihre Deditio besteht jedoch Unklarheit. Marbod wird jedoch nicht mit römischer Billigung sich aus der mainfränkischen Markomannis zurückgezogen haben, und im Boiohemum eine neue Herrschaft errichtet haben. Marbod bemüht sich um Neutralität und eine vertragliche Vereinbarung
... und Dio schreibt im Zusammenhang mit den Markomannen, dass Ahenobarbus eine vertragliche Vereinbarung zustande gebracht hat.
Gibt es daran einen begründeten Zweifel?


6 v.Chr. erklärt Rom Marbod den Krieg
... 6 n. Chr...

schließt jedoch beim Ausbruch des pannonischen Aufstandes sofort ein Friedensabkommen mit ihm ab
Wenn man einen Krieg beenden will, schließt man am besten ein Friedensabkommen.

Daraus lässt sich nichts, aber auch gar nichts über ein eventuelles Vertragsverhältnis herauslesen, die möglicherweise vor dem Krieg bestanden haben könnte - und spätestens mit der Kriegserklärung obsolet geworden war.

2.Hermunduren: ihre Beteiligung an der Marbod-Koalition ist unklar.
Ja.

ich kann dich nicht überzeugen, du mich nicht,
Das muss auch gar nicht sein.

Ich möchte aber gern verstehen, wie Du zu Deiner Meinung kommst. Du gehst leider überhaupt nicht auf meine Fragen ein.

Angenommen, die Markomannen wären aus Mainfranken nach Böhmen abgezogen - welchen Sinn macht denn nun ein Feldzug, die an die mittlere Elbe und darüber hinaus führt?

Und warum beauftragt man damit nicht die in Mainz stationierten Truppen, sondern lässt den Statthalter von Illyricum anmarschieren?
 
@ Sepiola,

interessant ist auch die Aussage des Prokopius aus dem 6. Jh., welcher mitteilt, dass die barbarischen Thüringer im Osten (östlich des Rheins) das vom ersten Kaiser Augustus überlassene Gebiet (Ahenobarbus) bewohnt/inne hatten. Die Übersetzung mit "erhalten haben" macht keinen Sinn, da es keine Thüringer zu Zeiten des Augustus gab.

Archäologisch gesehen heißt das nichts anderes als, dass nach einem Siedlungsraum gesucht werden muss, welcher sowohl frühkaiserzeitliches elbgermanisch/hermundurisches Material, als auch spätantikes/thüringisches Material vorzuweisen hat. Böhmen scheidet in dieser Frage ganz klar aus. Dort gibt es kein thüringisches Fundmaterial. Das Elbe-Saale-Gebiet scheidet ebenso aus, da es der Hermunduren Stammland war. Hier gibt es ganz klar nur eine Antwort - Unterfranken. Das thüringische Gräberfeld von Zeuzleben z.B. bestätigt das mit seinen eindrucksvollen Funden (Fürstinnengrab). Ich hatte mal vor vielen Jahren das Vergnügen, wenn auch nur telefonisch, mit dem Besitzer der Fundsachen Herrn Beßler, welcher leider 2012 verstorben ist, persönlich zu sprechen.

Ausgrabungen

https://de.wikipedia.org/wiki/Gräberfeld_von_Zeuzleben

Das Römerlager in Marktbreit ist nur eine halbe Stunde Autofahrt entfernt.

@ Sepiola,

Prokopius Aussage lässt sich zu 100% mit dem Main-Dreieck archäologisch bestätigen. Böhmen ist raus aus der Geschichte.

Sorry - musste mal gesagt sein.
 
@ Sepiola,

interessant ist auch die Aussage des Prokopius aus dem 6. Jh., welcher mitteilt, dass die barbarischen Thüringer im Osten (östlich des Rheins) das vom ersten Kaiser Augustus überlassene Gebiet (Ahenobarbus) bewohnt/inne hatten. Die Übersetzung mit "erhalten haben" macht keinen Sinn, da es keine Thüringer zu Zeiten des Augustus gab.

Richtig, es gab keine Thüringer zu Zeiten des Augustus. Und die Hermunduren sind auch nicht die Thüringer zur Zeit des Prokop.


Prokopius Aussage lässt sich zu 100% mit dem Main-Dreieck archäologisch bestätigen. Böhmen ist raus aus der Geschichte.

Du kannst das ja so sehen, aber dann sag doch gleich, was Sache ist: Cassius Dio ist raus aus der Geschichte.

Die Markomannen waren zur Zeit des Ahenobarbus in Böhmen, und Ahenobarbus rückte von der Donau aus an. Das kann man nun zur Kenntnis nehmen - oder eben auf Dio pfeifen.

Ich sage ja nicht, dass Dio immer recht haben muss. Man kann aber nicht behaupten: "Cassius Dio hat also nichts falsches geschrieben" - und dann ignorieren, was er geschrieben hat, und etwas ganz anderes behaupten.
 
Guten Morgen,

@ Sepiola

warum beißt du dich so an Pannonien=Illyricum fest? Das verstehe ich nicht. Warum sollte Cassius Dio keine ältere Textquelle benutzt haben (siehe Strabon etc.)? Hier mal eine Karte von B. Ziegaus über die spätlaténezeitliche Münzverteilung der Boier (siehe Anhang). Das archäologische Fundmaterial in der Boier-Einöde (S. Rieckhoff) deckt sich auch mit den Münzfunden.

Grüße
 

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Guten Morgen,

@ Sepiola

warum beißt du dich so an Pannonien=Illyricum fest? Das verstehe ich nicht.

Geschrieben habe ich:
Die Markomannen waren zur Zeit des Ahenobarbus in Böhmen, und Ahenobarbus rückte von der Donau aus an. Das kann man nun zur Kenntnis nehmen - oder eben auf Dio pfeifen.

Von Pannonien oder Illyricum ist da gar nicht die Rede. Möchtest Du nicht mal auf das eingehen, was ich geschrieben habe?



Es gibt aber nicht viele Alternativen. Wenn Ahenobarbus nicht Statthalter von Illyrien war, kommt eigentlich nur noch Raetien/Vindelicien in Frage. Das ist die These Franz Schöns. Der mutmaßt nun, dass das römische Hauptquartier für die Auseinandersetzungen mit den Germanen (und damit auch das Oberkommando über die Rheinarmeen) damals in Augsburg-Oberhausen lag. Er meint, in Oberhausen seien eine oder gar zwei Legionen stationiert gewesen. Mir fällt es schwer, dieser These zu folgen. Da halte ich mich dann doch lieber an den wissenschaftlichen Konsens.


Warum sollte Cassius Dio keine ältere Textquelle benutzt haben (siehe Strabon etc.)?
Habe ich geschrieben, dass Dio keine ältere Textquelle benutzt haben soll?
Natürlich hat er eine ältere Textquelle benutzt! Er hat sich die Ahenobarbus-Geschichte ja nicht aus den Fingern gesogen. Er hat sie aber sicher nicht 1:1 abgeschrieben, sondern in irgend einer Weise bearbeitet. Und nun gibt es zwei Möglichkeiten:

a) Entweder hat er den Inhalt dieser Quelle sinngemäß richtig wiedergegeben, so dass sie für den Leser seiner Zeit verständlich war (und für den informierten Leser war klar, wo die Markomannis lag).

b) Oder er hat (wie Timpe annimmt) den Inhalt durcheinandergebracht. Für Timpe steht dann auch klipp und klar fest: Dio ist im Irrtum.

Hier mal eine Karte von B. Ziegaus über die spätlaténezeitliche Münzverteilung der Boier (siehe Anhang).
Vielen Dank, aber mit dem Feldzug des Ahenobarbus hat die Verteilung der "boischen" Münzen ganz sicher nichts zu tun.
 
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Lieber Sepiola,
ich kann dich nicht überzeugen, du mich nicht, ich fasse daher noch einmal zwei strittige Punkte zusammen:

1. Geographie:
1.1. Markommanis: du schreibst, auch die älteren Quellen, von denen ich einige dargelegt habe (Velleius, Strabon) wussten, dass jetzt in Böhmen die Markomannen ansässig sind - genau dies beschreiben Velleius, Strabon und auch Tacitus (meine Beiträge 58 und 73) -> den Wechsel der Bevölkerung in Böhmen.
Aber alle älteren Quellen als Cassius Dio bezeichnen das neue Siedelgebiet, das übrigens genau dem Altsiedelgebiet der Boier entspricht,mit Boiohaemum und nicht Markomannis.

1.2. Die Elbquelle: ein Übergang über die Elbe von der Provinz Illyrien (Carnuntum) über die Bernssteinstraße (March - Thaya) in Südmähren macht nur dann Sinn, wenn die heutige Elbe auch damals schon für die Elbe gehalten wurde. Die Elbe ist allerdings im Oberlauf wesentlich kürzer als die Moldau (150 km), hat ein halb so großes Einzugsgebiet (28000 km² die Moldau, Abflußmenge 150 m³/s Moldau bei der Elbmündung), und wechselt die Fließrichtung - hydrologisch ist daher die Moldau der Hauptfluss des Elbeflusssystems. Eine Überquerung der Moldau von Ost nach West macht jedoch kaum Sinn, da sich die Hauptsiedlungskammern im westlichen und nördlichen Böhmen befinden. Velleius Paterculus schildert eine Begebenheit während des Feldzugs des römischen Heeres unter Tiberius 5 n.Chr. an der Elbe, an einem Punkt, an dem Landheer und Flotte zusammentreffen. Am anderen östlichen Ufer der Elbe stehen die Krieger der Semnonen und Hermunduren (Vell 2, 107).
Ein anscheinend adeliger Germane spricht mit Tiberius, und verehrt ihn als gottgleich, hält ihn für Augustus - dies wird vielfach mit dem Augustusaltar des Ahenobarbus zusammengebracht. Da auch Cassius Dio von mehreren Freundschaftsverträgen spricht (Cass Dio 55,9-10,2-3) , und Augustus die Bitte der Semnonen und anderer Stämme um eine Amici-Status erwähnt (res gestae 26:
, während in Böhmen am Elboberlauf ausschließlich die Markomannen ansässig sind, spricht für die Errichtung des Augustus-Altars durch Ahneobarbus an der Elbe im Mittellauf.

2. Außenpolitik:
1. Markomannen:
Die Markomannen wurden 10 v.Chr. von Drusus besiegt, über ihre Deditio besteht jedoch Unklarheit. Marbod wird jedoch nicht mit römischer Billigung sich aus der mainfränkischen Markomannis zurückgezogen haben, und im Boiohemum eine neue Herrschaft zu errichten Marbod bemüht sich um Neutralität und eine vertragliche Vereinbarung, aus Vell 2, 109,2 ist nicht zu entnehmen, ob die Gesandschaften in Rom erfolgreich waren. 6 v.Chr. erklärt Rom Marbod den Krieg, schließt jedoch beim Ausbruch des pannonischen Aufstandes sofort ein Friedensabkommen mit ihm ab, dass die Unabhängigkeit Marbods garantierte. Diese Abläufe sprechen meiner Meinung nach nicht dafür, dass mit den Markomannen vor dem Jahr 6 n.Chr. ein Freundschaftsvertrag existiert.
2.Hermunduren: ihre Beteiligung an der Marbod-Koalition ist unklar. Strabon zählt sie nicht mit auf (Strab 7,1,3), ebensowenig waren sie an der westgermanischen Arminiuskoaltion beteiligt (Strab 7,1,4). Daher kommen die Hermunduren (und Semnonen) meiner Ansicht nach viel eher als Vertragspartner der Römer (Amici) in Frage.

Unten Fundverteilungskarte Thüringisches Becken - Mittelelbe - Mainfranken in der Übergangszeit
Der mittlere Elbverlauf hat schon etwas für sich, denn östlich von von Aken befinden sich die wichtigsten Furten. Und südlich dieses Elbstücks geschah folgendes. Die damaligen Bewohner befanden sich auf sehr unterschiedlichem Niveau. Neben einer Siedlung, deren Gräberfeld vor norischen und römischen Importwaren nur so überquoll, befand sich eine weitere, mit einem recht ärmlichen Gräberfeld. Aber irgendwann setzte man mitten in die jahrhunderte alten Urnen ein eingezäuntes Quadrat von etwa 15 Metern Kantenlänge, wobei dabei alte Urnen angeschnitten und zerstört wurden. Man bestattete einige Zeit innerhalb des Quadrates. Dann verfiel dieses, und neue Urnen wurden in den Bereich des einstigen Zaunes gesetzt. Es sieht also ganz so aus, als wenn hier irgendwann neue Siedler mit neuen Bestattungsansichten hinzukamen, die sich dann anpassten. Ihre Armut könnte für Vertriebene, also möglichweise fremde Hermunduren, sprechen. Zumindest fand sich in einer ihrer Abfallgruben ein quadratischer, gelochter und mit kleinen Kreisen verzierter Spielstein. Und eine Siedlung weiter fand sich der beschriebene Denar.
 
Es gibt aber nicht viele Alternativen. Wenn Ahenobarbus nicht Statthalter von Illyrien war, kommt eigentlich nur noch Raetien/Vindelicien in Frage.

Die Provinz Raetien ist glaube ich erst später eingerichtet worden. Es gibt ja die Vermutung, dass die augusteische Provinz Illyrien auch dieses Gebiet umfasst haben könnte. Strabo zählt z.B. die Breuni und Genauni auch zu den Illyrern.

Gruß
jchatt
 
Die Provinz Raetien ist glaube ich erst später eingerichtet worden.
Das glaube ich auch.

Es gibt ja die Vermutung, dass die augusteische Provinz Illyrien auch dieses Gebiet umfasst haben könnte. Strabo zählt z.B. die Breuni und Genauni auch zu den Illyrern.
Was das Problem nicht löst.
Die römische Militärpräsenz an der oberen Donau war damals sehr dünn, ein großangelegter Feldzug war damit nicht auf die Beine zu stellen.
Dazu hätte der illyrische Statthalter auf die Legionsstandorte im heutigen Slowenien zurückgreifen müssen.

Diese Legionen hat später Tiberius tatsächlich gegen Marbod in Carnuntum zusammengezogen.

Aber warum zieht man Legionen aus Slowenien zusammen, um in die Gegend zwischen Dessau und Magdeburg zu ziehen? Das begreife ich nicht. Und niemand macht sich die Mühe, auf diese Frage zu antworten.
 
Aber warum zieht man Legionen aus Slowenien zusammen, um in die Gegend zwischen Dessau und Magdeburg zu ziehen?

um diese Frage zu beantworten, müsste man die militärische Lage am Rhein und auch Donau sehr genau kennen.

aufgrund der zeitlichen Bindung für eine solche Expedition zur Elbe sollte man nach einem Fronttheater suchen, das gerade friedlich ist.

aufgrund der logistischen Herausforderung muss auch eine entsprechende Basis bereitstehen oder eingerichtet werden.
Hier wäre halt die Frage, ob Illyrien die Ressourcen zu diesem Zeitpunkt frei hätte, so etwas zu stemmen.

es bleibt auch die Frage, ob Ahenobarius gerade deswegen eine Expedition auf sich nahm, um seine markomannischen Nachbarn "kennenzulernen" bzw. mit Truppenmacht einzuschüchtern.

War gerade vom Rhein aus eine solche Stärkedemonstration nicht mobilisierbar? War man anderweitig gebunden? Wollte man den germanischen Stämmen demonstrieren, wie viele Heere die Römer operieren lassen könnten?
Quasi eine Einschüchterung darauf, dass man am Rhein große Germanenheere binden könnten und von der Donau aus elbische Siedlungsräume aufrollen könnte?

all das wären Überlegungen, wie wir sie aus heutigem strategischen Verständnis anstellen.
Aber wie das um die Zeitwende aussah?

Kurzum, mehr Fragen, als es Quellen gäbe.
 
um diese Frage zu beantworten, müsste man die militärische Lage am Rhein und auch Donau sehr genau kennen.

aufgrund der zeitlichen Bindung für eine solche Expedition zur Elbe sollte man nach einem Fronttheater suchen, das gerade friedlich ist.

aufgrund der logistischen Herausforderung muss auch eine entsprechende Basis bereitstehen oder eingerichtet werden.
Hier wäre halt die Frage, ob Illyrien die Ressourcen zu diesem Zeitpunkt frei hätte, so etwas zu stemmen.

es bleibt auch die Frage, ob Ahenobarius gerade deswegen eine Expedition auf sich nahm, um seine markomannischen Nachbarn "kennenzulernen" bzw. mit Truppenmacht einzuschüchtern.

War gerade vom Rhein aus eine solche Stärkedemonstration nicht mobilisierbar? War man anderweitig gebunden? Wollte man den germanischen Stämmen demonstrieren, wie viele Heere die Römer operieren lassen könnten?
Quasi eine Einschüchterung darauf, dass man am Rhein große Germanenheere binden könnten und von der Donau aus elbische Siedlungsräume aufrollen könnte?

all das wären Überlegungen, wie wir sie aus heutigem strategischen Verständnis anstellen.
Aber wie das um die Zeitwende aussah?

Kurzum, mehr Fragen, als es Quellen gäbe.
Man sollte langsam einsehen, dass die vorhandene Literatur dazu keine Hilfe mehr geben kann. Einzig die Archäologie und die moderne Fundanalyse können weiter helfen. Und da ist noch einiges zu erwarten. Ansonsten begeben wir uns tatsächlich auf das Niveau von Herrn Pflug, der sich auf unzähligen unveröffentlichten Seiten über die Strategie der Feldzüge ausgelassen hat und die Historikermeinungen als Froschperspektive bewertete.
 
um diese Frage zu beantworten, müsste man die militärische Lage am Rhein und auch Donau sehr genau kennen.

Deine grundsätzliche Skepsis kann ich gut nachvollziehen. Ich will aber gar nicht wissen, wohin genau Ahenobarbus mit wie vielen Legionen gezogen ist und welche Pläne er damit verfolgte.

Ich will nur nach heutigem Wissen einen Rahmen des Denkbaren abstecken. Und dazu reichen einige grundlegende Daten. Die Lage der Flüsse Rhein, Donau und Elbe hat sich nicht geändert (wo die Elbquelle verortet wurde, können wir in diesem Zusammenhang sogar offenlassen), die Entfernungen sind dieselben.

Es geht nur darum, ob dem Text bei Dio ein Sinn abzugewinnen ist.

Von daher lassen sich Deine Fragen schnell beantworten:

War gerade vom Rhein aus eine solche Stärkedemonstration nicht mobilisierbar? Schon möglich, aber davon steht nichts im Text.

War man anderweitig gebunden? Schon möglich, aber davon steht nichts im Text.

Wollte man den germanischen Stämmen demonstrieren, wie viele Heere die Römer operieren lassen könnten?
Schon möglich, aber davon steht nichts im Text.

Ansonsten begeben wir uns tatsächlich auf das Niveau von Herrn Pflug, der sich auf unzähligen unveröffentlichten Seiten über die Strategie der Feldzüge ausgelassen hat und die Historikermeinungen als Froschperspektive bewertete.
... und (wie auf seinen veröffentlichten Seiten) die Quellen nach Belieben umschreibt und geographische Angaben austauscht? Wo dann aus der Ems plötzlich die Saale wird? Genau das möchte ich nach Möglichkeit vermeiden.
 
@sepiola
Ich bin heute zu müde (bis spät gearbeitet), daher komme ich in den nächsten Tagen auf deine Fragen eingehen - mir ist schon klar, dass dies der Schwachpunkt meiner Argumentation ist - einleitend, als ich Johne zusammengefasst habe, Post 23 vom 24.4., habe ich den Teil, in dem er sich mit dem Ausgangspunkt des möglichen Feldzuges beschäftigt, angedeutet. Logisch wäre für einen Feldzug von Süden an die Mittelelbe tatsächlich der Ausgangspunkt der Militärbezirk Rätien. Wie kommt der Statthalter der illyrischen Provinz nach Rätien? Warum war er beauftragt? Mit welchen Legionen?
Ansonsten denke ich, dass ich zu einzelnen Punkten, die du bestreitest, einige Bedenken und Indizien gesammelt habe:
Die Geographie und Ethnographie:
1.zur mystifizierten Völkergrenze: Johne geht der Frage nach, ob das Verbot Augustus, die Elbe zu überschreiten, von dem bei Ahenobarbus noch nicht die Rede war, welches Tiberius 5 n.Chr. aber peinlich genau eingehalten hat, auf eine Flottenexpedition um die kimbrische Halbinsel zurückzuführen ist, die kurz vorher stattgefunden hatte, und mit der dem römischen Generalstab klar wurde, dass die Erreichbarkeit östlicherer Flusssysteme (Oder, Weichsel), die durchaus bekannt waren, um römische Truppen zu versorgen, logistisch nicht machbar ist. Wolters und Timpe sprechen vom neuen politischen Germaniabegriff nach 9 v.Chr., eines Germanien, auf das Rom Anspruch erhebt, im Kontrast zum älteren ethnographischen Germania-Begriff, der über die Elbe hinausgreift. - und damit, mit der Provinz in spe, ist Germanien bis zur Elbgrenze gemeint, insbesondere am Unter - und Mittellauf - in der res gestae erwähnt Augustus, dass er das Römische Reich von Cadiz bis zur Elbmündung ausgedehnt hätte (und umgeht damit das Eingeständnis, dass die Elbe immer noch kein Grenzfluß geworden ist).
Meiner Ansicht nach ist es daher nachvollziehbar, wenn Rom versucht hat, mit dem Abschluss von Freundschaftsverträgen mit Elbanrainern genau diese Grenze zu sichern.

Zu deinem Standpunkt, die Elbe hätte nie ihren Namen gewechselt, die Erwähnung eines Elbzuflusses bei Ptolemaios (Beitrag 41 vom 27.4.) genau aus dem Riesengebirge, das fehlen eines antiken Namens für die Moldau, die Benennung der Elbe/Moldau erst im Mittelalter, so Hansjörg Küster: Die Elbe: Landschaft und Geschichte. C.H.Beck, München 2007 (wikipedia-Fußnote 12), die Moldau als hydrologischer Hauptfluss,
eine mögliche nasse Grenze Donau, Moldau, Elbe
die Elbequelle aus römischer Sicht ist ja das interessante an dieser Lokalisierung: es scheint, dass die Römer (hydrologisch korrekt nach moderner heutiger Ansicht) die Moldau für den Oberlauf der Elbe hielten.
Wenn ich mich richtig entsinne, dann hätte die einstmals geplante "nasse" Grenze, welcher Arminius einen Strich durch die Rechnung machte, Nordsee-Elbe+Moldau-Donau verlaufen sollen - und tatsächlich ist es vom Oberlauf der Moldau nicht so arg weit bis zur Donau.

dazu der hydrologische Status der Moldau (den man kaum mit dem Verhältnis Inn zu Donau vergleichen kann - die Donau ändert nicht ihre Fließrichtung, ist 115 km länger als der Inn bis zum Zusammenfluß, und führt nur 6,5 % weniger Wasser als der Inn am Zusammenfluß in Passau. Dagegen ist die Moldau länger 120 km), hat ein doppelt so großes Einzugsgebiet als die Elbe im Oberlauf, ein Drittel mehr Wassermenge am Zusammenfluß mit der Elbe, und behält ihre Fließrichtung nach Nordwest bei - dies alles sind Indizien, dass entweder das Flusssystem im Oberlauf den Römern entweder nicht genau bekannt war, oder sie die Moldau für den Quellfluss gehalten haben (können). Mir ist schon klar, dass es auch Argumente für die Beibehaltung der Elbe als Begriff gibt, siehe Beiträge jchatt

Die Elbe entspringt im Riesengebirge in einer Höhe von 1.386,3 m ü. NN (IKSE 2005). Sie durchfließt im Oberlauf enge, durch Felsen und steile Terrassen geprägte Talabschnitte, auf die verhältnismäßig breite Niederungen im Böhmischen Becken folgen. Vor der Moldaumündung beträgt das Elbeinzugsgebiet 13.714 km², der mittlere Abfluss (1931-2000) beträgt 101 m³/s (IKSE 2005).
Die Moldau, mit mehr als doppelt so großem Einzugsgebiet, hat an der Mündung einen
mittleren Abfluss von 154 m³/s. „Sie entwässert mit ihren Nebenflüssen Lužnice, Otava,Sázava und Berounka große Teile des Böhmerwaldes, des Oberpfälzer Waldes, der Böhmisch-Mährischen Höhe und des Mittelböhmischen Waldgebirges.“ (IKSE 2005)
Zur Politik, dass heißt nach den Vertragsverhältnissen zwischen Rom und Markomannen, von dem ich bei Cassius Dio nichts gelesen habe (wo?),
nur kurz: was bewegt Velleius Paterculus dazu zu schreiben, (2,109(2):
"Gegen die Römer verhielt er sich so: er vermied es, uns zum Kreig zu reizen, gab aber kund, daß er, falls er selbst gereizt würde, die Kraft und den Willen zum Widerstand besäße."
Hört sich dies nach einem Treueverhältnis oder geklärten Vertragsverhältnissen an? Johne unterscheidet am Bericht über den Tiberiusfeldzug in Germanien 4/5 n.Chr. die Begriffe subacti für Bructerer, Chassuarier -> "gewaltsam unterworfen" und bei den Chauken und Cheruskern "recepti" -> " wieder aufgenommen" (in das Treuverhältnis), was seiner Meinung nach für eine kampflose, "freiwillige" Unterwerfung der Stämme (oder der romtreuen Fraktion) steht. Wenn Velleius wenig später das Verhältnis zu Marbod beschreibt, der seine Truppen schult und diszipliniert, und der als Bedrohung für Rom selbst beschrieben wird, weil zwischen seinem Reich und den höchsten Alpenpässen (in Rätien) nur 200 Meilen lagen (Vell 2,109,4), und sich im Ganzen wie ein Rivale Roms verhalten würde, dann spricht dies weder von freiwilliger noch gewaltsamer Unterwerfung der Markomannen, auch wenn Arminius angeblich vor der entscheidenden Schlacht gegen Marbod 17 n.Chr. (Tac ann 2,45) Marbod geschmäht hätte, er hätte die Römer mit Gesandschaften und Geschenken um ein Bündnis angebettelt, woraufhin Marbod geantwortet haben solle (so in seinen Mund gelegt von Tacitus), "Von zwölf Legionen unter Führung des Tiberius angegriffen, habe er den Ruhm der Germanen unversehrt erhalten;" er hatte damit aus seiner Sicht sein defensives Ziel erreicht, Anerkennung des Königstitels, Erhalt seiner Unabhängigkeit von Rom - der Friedensabkommen war aus seiner Sicht nicht unehrenhaft.
Gut, aber ich glaube ich wiederhole mich langsam, und werde mich ein bischen in Literatur vertiefen, um deine berechtigten Zweifel zu beantworten.
 
Zuletzt bearbeitet:
die Benennung der Elbe/Moldau im Mittelalter
Die Benennungen von Elbe und Moldau im Mittelalter waren dieselben wie heute. Und diese Benennungen gehen definitiv aufs Altertum zurück. Die Slawen haben später die schon von den Germanen verwendeten Bezeichnungen übernommen.

so Hansjörg Küster: Die Elbe: Landschaft und Geschichte. C.H.Beck, München 2007 (wikipedia-Fußnote 12), die Moldau als hydrologischer Hauptfluss),
Wiki und Küster hatte ich bereits verlinkt.
http://www.geschichtsforum.de/783820-post71.html
Die Wiki-Formulierung "Dass heute nicht die Moldau als Elbursprung gilt, ist auf die im Mittelalter gewählten Benennungen der beiden Flüsse zurückzuführen" ist schlicht Quatsch.


nur kurz: was bewegt Velleius Paterculus dazu zu schreiben, (2,109(2):
Velleius ist hier Partei, er vertritt die offizielle römische Kriegspropaganda. Was wir Velleius abkaufen dürfen, ist die Aussage, Marbod habe es vermieden, die Römer zum Krieg zu reizen. Denn eines ließ sich offensichtlich nicht bemänteln: Es war Tiberius, der diesen Krieg vom Zaun gebrochen hat.

Vor dem Krieg muss es ein irgendwie geregeltes diplomatisches Verhältnis zwischen Rom und Marbod gegeben haben. Das lässt sich Velleius entnehmen. Wie das umschrieben wurde - deditio, fides, amicitia oder was auch immer, hat Velleius leider versäumt mitzuteilen (oder unterschlagen).

Dio verwendet den Begriff philia (das entspräche der amicitia) beim Vertragsabschluss mit den Barbaren jenseits der Elbe. Welche Barbaren meint er? Hermunduren oder Markomannen? Die Cherusker können es jedenfalls nicht sein...
 
Marbod wird jedoch nicht mit römischer Billigung sich aus der mainfränkischen Markomannis zurückgezogen haben
...
Unten Fundverteilungskarte Thüringisches Becken - Mittelelbe - Mainfranken in der Übergangszeit

Zur These der "mainfränkischen Markomannis" habe ich noch einen Online-Artikel von Vladimír Salač gefunden. Einige Zitate:


"Was die archäologische Situation angeht, ist schon seit einigen Jahrzehnten bekannt, dass das Maingebiet im 1. Jh. v. Chr. mit der Großromstedter Kultur sehr sporadisch besiedelt war, nachweisbar sind nur einige Fundstellen, die sämtlich um die Zeitenwende enden. Dagegen war das böhmische Becken von dieser Kultur praktisch ganz bedeckt und die Zahl der Fundstellen erreicht mehrere Hunderte, wobei sich die germanische Besiedlung hier in weiteren etwa fünf Jahrhunderten fortsetzt (Abb. 6–7; Salač 2009b). Unter dem archäologischen (aber auch demografischen) Aspekt ist es deshalb sehr unwahrscheinlich, sogar unmöglich, dass die germanische Besiedlung Böhmens durch die Zuwanderung aus dem Maingebiet zustande kam."


"Nach einer gründlichen Analyse der schriftlichen sowie archäologischen Quellen stellte auch K. Peschel (1978: 121) eindeutig fest, dass die Sitze der Markomannen vor deren Ankunft in Böhmen nicht zu erkennen sind."



"Der wirkliche Autor dieses Gedankens und seine Methode sind längst in Vergessenheit geraten. Diese Hypothese wurde allmählich zum historischen Faktum, welches angeblich in den schriftlichen Quellen verzeichnet war, welches ganze Generationen von Archäologen bevorzugten und manche immer noch vor der Aussagekraft der archäologischen Quellen bevorzugen. Verblüffend ist dabei die Kraft dieses Beharrungsvermögens, die auch modernen und seriösen Analysen der historischen Quellen widersteht, die nachweisen, dass gar keine direkte historische Nachricht über die Markomannen im Maingebiet existiert"

http://www.arup.cas.cz/wp-content/uploads/2010/05/Beharrungsvermögen.pdf
 
Zur These der "mainfränkischen Markomannis" habe ich noch einen Online-Artikel von Vladimír Salač gefunden. Einige Zitate:


"Was die archäologische Situation angeht, ist schon seit einigen Jahrzehnten bekannt, dass das Maingebiet im 1. Jh. v. Chr. mit der Großromstedter Kultur sehr sporadisch besiedelt war, nachweisbar sind nur einige Fundstellen, die sämtlich um die Zeitenwende enden. Dagegen war das böhmische Becken von dieser Kultur praktisch ganz bedeckt und die Zahl der Fundstellen erreicht mehrere Hunderte, wobei sich die germanische Besiedlung hier in weiteren etwa fünf Jahrhunderten fortsetzt (Abb. 6–7; Salač 2009b). Unter dem archäologischen (aber auch demografischen) Aspekt ist es deshalb sehr unwahrscheinlich, sogar unmöglich, dass die germanische Besiedlung Böhmens durch die Zuwanderung aus dem Maingebiet zustande kam."


"Nach einer gründlichen Analyse der schriftlichen sowie archäologischen Quellen stellte auch K. Peschel (1978: 121) eindeutig fest, dass die Sitze der Markomannen vor deren Ankunft in Böhmen nicht zu erkennen sind."



"Der wirkliche Autor dieses Gedankens und seine Methode sind längst in Vergessenheit geraten. Diese Hypothese wurde allmählich zum historischen Faktum, welches angeblich in den schriftlichen Quellen verzeichnet war, welches ganze Generationen von Archäologen bevorzugten und manche immer noch vor der Aussagekraft der archäologischen Quellen bevorzugen. Verblüffend ist dabei die Kraft dieses Beharrungsvermögens, die auch modernen und seriösen Analysen der historischen Quellen widersteht, die nachweisen, dass gar keine direkte historische Nachricht über die Markomannen im Maingebiet existiert"

http://www.arup.cas.cz/wp-content/uploads/2010/05/Beharrungsverm%C3%B6gen.pdf

Oh nein, noch etwas, was unsicher ist, woher kamen die Markomannen eigentlich?
Zum Inhalt: für (mindestens) zwei Etappen elbgermanischer Einwanderung in Böhmen habe ich ebenso in Beitrag 25 vom 24.4. plädiert. Eine Einwanderungswelle ca 45 bis 35 v.Chr., eine spätere Einwanderungswelle nach 9 v.Chr.
Warum werden die Markomannen am Main vermutet? Ich nehme an, dass dies historisch bei Cäsar beginnt, der Markomannen im Aufgebot des Ariovist erwähnt, und interessanterweise getrennt von den Sueben nennt (siehe De Bello Gallico 1,30–54). Wohin könnte der bei Cäsar erfolgte Rückzug der "Sueben" über den Rhein erfolgt sein? Die Treverer meldeten Cäsar vor der Schlacht im Elsass, dass weitere suebische Scharen unter ihren Anführern Nasua und Kimberius den Rhein überqueren wollen (B.G.1,37,3) - gegenüber treverischen Gebiet kann entweder im Rhein-Maingebiet oder weiter südlich am Oberrhein (bis Speyer) gewesen sein.
Zu Mainfranken, und seinen wenigen Funden, ein Auszug aus Völling, Germanien an der Zeitenwende
Diese alten Verbindungen Thüringens über den Grabfeldgau, dessen Mittelpunkt die Steinsburg auf dem Kleinen Gleichberg war, zum Main scheinen auch die frühen Elbgermanen genutzt zu haben, die sich aus dem nördlichen Mitteldeutschland kommend saaleaufwärts über den Thüringer Wald nach Nordbayern vorschoben. Damit wurde auch Mainfranken in den frühen elbgermanischen Formenkreis einbezogen, deutlich archäologisch fassbar in zahlreichen Fundplätzen mit charakteristischem Sachgut, meist Keramik. Neben der großen Zahl durch Lesefunde erschlossener Siedlungsstellen gibt es bislang drei Einzelgräber unsicherer Inventarzusammensetzung und zwei kleine Gräberfelder, die eine feinchronologische Auswertung der Landnahmevorgänge in Mainfranken ermöglichen.
Thomas Völling, Germanien an der Zeitenwende. British Archaeological Reports, Internat. Ser. 1360 (Oxford 2005)pdf | Gabriele Rasbach, Holger Baitinger, and Alex Popa - Academia.edu

Ich möchte dies nicht bewerten, Johne verortet die Markomannen zwischen Neckar, Main und Donau, auch mit Verweis auf den RGA Artikel, im Band 19, 2001, insbesondere Seite 291
https:Reallexikon+der+germanischen+Altertumskunde+19
 
Der Artikel unterstützt aber in keiner Weise die Verortung der Markomannen zwischen Neckar, Main und Donau - im Gegenteil...

Ja, genau meine Meinung, Kehne spricht von Hessen - Thüringen -Franken als Rückzugsraum der Sueben nach der Ariovist-Niederlage, Johne ordnet die Markomannen ohne weitere Begründung unter den Main-Sueben ein.

Warum nicht einfach wie Peschel zu sagen, wir Althistoriker wissen es auch nicht?
Das wird zum heiteren Stämmeraten mit Robert Lembke. Entschuldigt den Sarkasmus.
 
Johne ordnet die Markomannen ohne weitere Begründung unter den Main-Sueben ein.

So ganz unbegründet liest es sich bei Johne nicht.
Er meint ja, die Hermunduren seien in ehemaligen Markomannenland angesiedelt worden, und da Tacitus ein Siedlungsgebiet nördlich der Donau belegt, wäre es nur folgerichtig, dort dann auch das ehemalige Markomannenland zu suchen.

Was hier nicht stimmt, ist die Behauptung, für die Zeitgenossen im letzten Jahrzehnt der vorchristlichen Ära könne Böhmen noch nicht "das Markomannenland" gewesen sein.

Denn die Zeitgenossen müssen die Siedlung der Markomannen in Böhmen mitbekommen haben. Zumindest Ahenobarbus, um den es hier geht, wird sich darüber im klaren gewesen sein, wo die Markomannen saßen und wo nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aus den Faden haben sich für mich zwei Fragen ergeben:

1.
Die Vorstellung, dass Dio als Markomannia das alte Stammesgebiet der Markomannen vor ihren Umzug nach Böhmen meinte.
Wir kennen dies zum Beispiel von Schlesien. Als man seit 1945 die dortige schlesische Bevölkerung vertrieben hat, bezeichnet man das Gebiet weiterhin als Schlesien. Das Gebiet war und ist Namensgeber und nicht die Bewohner. Die Frage ist, ob die Römer/Griechen, dies vor fast 2.000 Jahren genau so sahen. Oder bedeutet Markomannia zwingend das Gebiet, in welchem die Markomannen wohnen

2.
Hier im Faden noch gar nicht thematisiert:
Wie autonom war ein römischer Provinzverwalter in seinen Handlungen? Ist es vorstellbar, dass Ahenobarbus gar keine konkreten Befehle aus Rom brauchte um einen Vorstoß nach Norden zu unternehmen. Gab es eine Konkurrenz zwischen den Statthaltern in den einzelnen Provinzen? Will heißen, für Ruhm und Ehre versuchte jeder Statthalter möglichst spektakuläre Erfolge in den unbesetzten Teilen Europas zu erringen. Sicherlich am besten durchleuchtet ist Julius Cäsar und Gallien. Leider ist dies nicht mit der Situation eines Statthalters unter einem Princeps Augustus vergleichbar. War Ahenobarbus Vorstoß über die Elbe einfach ein Egotrip? Oder brauchte er für solch ein gefährliches Unternehmen den Segen oder gar den ausdrücklichen Befehl des Augustus?

Sepiola hat meines Erachtens die überzeugendere These. Für einen Römer oder Griechen war die Markomannia meines Erachtens kein geographischer Begriff. Dazu war das Germanien einfach zu abstrakt und weit entfernt. Es spricht viel dafür, dass Markomannia zwingend das Siedlungsgebiet der Markomannen war. Und wären die Markomannen nach Jütland - anstatt nach Böhmen - gezogen, dann wäre für die Römer wohl Jütland zur Markomannia geworden.

Auch die Idee, dass Ahenobarbus die Elbe im Bereich des heutigen Magedeburgs oder sonstwo in Mitteldeutschland überschritten habe, ist wohl vom Lokalpatriotismus getragen. Da wünscht sich wohl mancher "Elbländer" die Römer in seinem Vorgarten. Ist man aber Realist, dürfte die Entfernung von Raetia nach der Magdeburger Börde doch etwas zu weit sein. Wobei, seit der Wiederentdeckung des Schlachfeldes am Harzhorn darf man die römischen Vorstöße nicht zu klein denken.
:grübel:
 
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