Sie machten sich einen Namen

Im Gegensatz zu seinem älteren Bruder Herzog Albrecht III. hatte Herzog Leopold III. der Gerechte (1351-1386, gefallen in der Schlacht bei Sempach) vier Söhne, die das Erwachsenenalter erreichten, von denen allerdings nur zwei Nachkommen hatten.

Zur Leopoldinischen Linie der Habsburger gehören außer ihm noch als seine Söhne und seine Enkel:

- Herzog Wilhelm (1370-1406) der Freundliche oder der Ehrgeizige
(Hinweis, falls jemand den Roman "Mazurka" von James Mitchener gelesen hat: er ist jener Habsburger-Herzog, mit dem die polnische Königin Hedwig / Jadwiga ursprünglich verlobt war, ehe sie den Großherzog Jagiello / Wladislaw heiratet)

- Herzog Leopold IV. (1371-1411), der Dicke

- (Erz-)Herzog Ernst (1377-1424), der Eiserne (Innerösterreichische oder Steirische Linie)
War der letzte Habsburger der sich auf dem Zollfeld als Herzog von Kärnten huldigen ließ und führte dann (als angeblich erster Habsburger) in der Nachfolge von Rudolf dem Stifter den Erzherzog-Titel.

Seine Söhne waren:

x König / Kaiser Friedrich III. (als Herzog Friedrich V.) (1415-1493). Er und sein Sohn König / Kaiser Maximilian I. (1459-1919) beerbten letztlich die anderen beiden Familienzweige.

x (Erz-)Herzog Albrecht VI. (1418-1463), der Freigiebige
Der Beiname, der eigentlich nicht negativ ist (Freigiebigkeit gilt bzw. galt als Herrschertugend), dürfte seinen Ursprung in einer Bemerkung haben, die sich in der "Historia Austrialis" von Enea Silvio Piccolomini zu diesem eher unbekannte Habsburger (der bei späteren Generationen nicht besonders gut wegkommt) findet. Die negative Variante des Beinamens "der Verschwender" dürfte erst später aufgekommen sein (vielleicht 19. Jahrhundert).
Es wäre durchaus vorstellbar, dass der Beiname im Zusammenhang mit Kaiser Friedrich III. zu sehen ist, dem gewöhnlich Geiz nachgesagt wird. (Dass Klischee von den ungleichen Brüdern ist nicht nur in der Literatur verbreitet, und die schlechte Presse, die Albrecht VI. im 19. und auch noch 20. Jahrhundert hatte, dürfte in erster Linie auf seine (auch kriegerischen) Auseinandersetzungen mit seinem älteren Bruder zurückzuführen sein.

Nach Rudolf dem Stifter war Albrecht VI. der zweite Habsburger, der eine Universität (Freiburg i. Breisgau) gründete, was besonders den Historikern im 19. Jahrhundert offensichtlich zu schaffen gemacht hat ... (Universitätsgründer! - das passte wohl nicht in ihre Vorstellungen.)

- Herzog Friedrich IV. (1382-1439) ("Friedel mit der leeren Tasche" ) (Oberösterreichische oder Tiroler Linie, hat nichts mit dem heutigen Bundesland Oberösterreich zu tun)

Neben Otto dem Fröhlichen und Kaiser Maximlian I. ist er vermutlich derjenige in der Habsburgerfamilie, der vor allem als der "mit seinem Volk verbundene Landesfürst" in die Welt der Sagen- und Legenden Eingang gefunden hat; Typus: selbst wenn es dem Landesfürsten noch so schlecht geht und ihn alle verlassen haben, auf die Loyalität des "einfachen" Volkes kann er stets bauen.
(Da dieser Sagentypus auch bei einigen Grafen / Markgrafen / Herzögen von Württemberg (also in der "Nachbarschaft" von Tirol) zu finden ist, wäre zu überlegen, ob es hier auch regionale Voraussetzungen gegeben hat, die für Entstehung solcher Sagen eine Rolle gespielt haben könnte.)

In Wirklichkeit war Friedrich IV. wohl weniger ein volkstümlicher Herrscher, sondern Auseinandersetzungen mit den Landständen und vor allen mit dem Adel legten ein gewisses Zusammengehen mit anderen Bevölkerungsteilen politisch nahe.

In der neueren Forschungen (für die die österr. Geschichte nicht "vor dem Arlberg" aufhört) kommt Friedrich IV. wegen der Ereignisse von 1415 (durch die die Machtposition der Habsburger in den Vorlanden zusammenbrach) und für die inzwischen seine "Unfähigkeit" verantwortlich gemacht wird, nicht mehr besonders gut weg.

Der Beiname "mit der leeren Tasche" wird gewöhnlich darauf zurückgeführt, dass sich Friedrich IV. bei der zweiten Versöhnung und ersten Einigung mit Kaiser / König Siegmund / Sigismund (durch Papst Martin V. vermittelt) zu einer enormen Zahlung verpflichtete, für die er sich vor allem bei seinem Verwandten Herzog Albrecht V. (später König Albrecht II.) schwer verschuldete. Allerdings gelang es ihm (für die Habsburger eher ungewöhnlich) in der Folge nicht nur seine Finanzen zu konsolidieren (und diese Schulden zu begleichen), sondern in seinen späteren Jahren war er häufig der Geldgeber, bei dem sich Herzog Albrecht V. verschuldete (was vor allem mit den Hussitenkriegen und der Politik von König / Kaiser Sigismund zusammenhing, die Albrecht als sein Schwiegervater unterstützte).

Dass es sich bei dem Beinamen um einen zeitgenössischen Spottnamen gehandelt hat, ist nicht bewiesen, allerdings ist in diesem Zusammenhang eine weitere Legende zu sehen, die die in der neueren Forschung inzwischen widerlegt ist: dass er das Goldene Dachl (das Wahrzeichen der Stadt Innsbruck) erbauen ließ, um seinen Feinden zu zeigen, dass er die "leere Tasche" längst gefüllt hat.
(Historisches Faktum ist, dass Friedrich IV. zwar den Sitz der Tiroler Landesfürsten von Meran nach Innsbruck verlegte, und unter ihm auch der Ausbau der Neuen Residenz begann. Der Erker mit dem Goldenen Dachl wurde aber erst unter Maximilian I. errichtet (vermutlich Ende des 15. Jahrhunderts.)

x (Erz-)Herzog Siegmund / Sigismund (1427-1496), der Münzreiche
Was den in der Familie der Habsburger ungewöhnlichen Vornamen betrifft, wird angenommen, dass König / Kaiser Siegmund / Sigismund der Pate war. Der Beiname "der Münzreiche" bezieht sich auf die Münzreform von 1482.
 
Zuletzt bearbeitet:
...bei dem sich Herzog Albrecht V. verschuldete (was vor allem mit den Hussitenkriegen und der Politik von König / Kaiser Sigismund zusammenhing, die Albrecht als sein Schwiegervater unterstützte).

Kleine Korrektur meinerseits, da dies im Posting darüber nicht mehr möglich ist und es um einen inhaltlichen Fehler, wenn auch eine Verschreibung, geht.

Natürlich muss es heißen:
... zusammenhing, die Albrecht als sein Schwiegersohn unterstützte ...
 
Liebe Teresa,
dein Bemühen in Ehren, aber österreichische Themen interessieren hier im Forum leider niemanden, das muss ich leider nach über einem Jahrzehnt Mitgliedschaft festhalten.
Die einzige Ausnahme sind die leidigen Diskussionen über nationale Identität die meist von irgendwelchen vorgestrigen Jungspunden losgetreten werden.

Das ist aber kein nur hier im Forum feststellbares Phänomen, ich krieg regelmäßig Würganfälle wenn ich die Geschichtsdokus der Fa Guido Knopp sehe - hier wird ja ordentlich verpreusst....

(Wir lassen uns aber nicht davon abringen das Fähnlein mit dem Bindenschild weiter hoch zu halten - AEIOU)
;)
 
österreichische Themen interessieren hier im Forum leider niemanden, das muss ich leider nach über einem Jahrzehnt Mitgliedschaft festhalten.
Die einzige Ausnahme sind die leidigen Diskussionen über nationale Identität die meist von irgendwelchen vorgestrigen Jungspunden losgetreten werden.
Das trifft aber nicht nur uns. Über die Geschichte der Schweiz wird hier eigentlich auch nur diskutiert, wenn es darum geht, ob die (Deutsch-)Schweizer Deutsche sind bzw. sich als solche sehen bzw. sich früher als solche gesehen haben bzw. sich als solche sehen sollten.

Ich kann es aber auch verstehen. Wir Österreicher diskutieren auch nicht sonderlich oft über die Geschichte Sloweniens, also warum sollte man sich in Deutschland groß für die Geschichte Österreichs interessieren? Und wenn es um die Geschichte des mittelalterlichen Österreich geht (nicht der Habsburger, die es zu Königen brachten und somit für ganz Deutschland relevant wurden, sondern derer, die nur regional in Innerösterreich oder Tirol regierten), so ist sie für einen geschichtsinteressierten Norddeutschen wahrscheinlich so interessant wie für die meisten geschichtsinteressierten Österreicher die Geschichte des mittelalterlichen Herzogtums Braunschweig-Lüneburg.
 
Eigentlich habe ich meine Beiträge hier nicht als Österreich-Beiträge gesehen, sondern als Ergänzung zu den bisherigen Beiträgen hier. :rofl:

"Sie machten sich einen Namen" (Titel des Threads), mit Blick auf die folgenden Beiträge dann eher: "Sie erhielten einen Namen", ist kein spezifisch österreichisches Thema.

Die Einleitung lautet:
Zu meinen liebsten Beschäftigungen beim studieren von Literatur die um das Thema "Mittelalter" kreisen, gehört das suchen nach besonders markanten Beinamen, die sich die Protagonisten jener Ära, durch ihr Handeln erworben haben.
Damit meine ich nicht solche Bezeichnungen wie, "der Große" oder "der Jüngere", deren Bedeutung ja offensichtlich ist. Nein, es sollten schon etwas außergewöhnliche "Ehrennamen" sein die mein Interesse wecken.
Und da ich nie genug davon zu lesen bekomme, möchte ich die geehrten Forenmitglieder doch darum bitten, in ihren Büchern zu schmöckern und den ein oder anderen "Teufel" oder "Heiligen" des Mittelalters ausfindig zu machen und dazu auch bitte eine Erläuterung dazu zu schreiben, wie derjenige welche zu seinem Beinamen gekommen ist.
...

Meine letzten Beiträge (ich hoffe inhaltlich "informativ" genug, um die etwas schauderhafte Rechtschreibung entschuldbar zu machen) sind Ergänzungen zu den bisherigen Beispielen, zudem das Fehlen der beiden "österreichischen" Herrscherfamilien mich (und das keineswegs aus nationaler Sicht) überrascht hat:

Immerhin hat von der Familie der Babenberger doch jeder Markgraf oder Herzog von Österreich (damals nur Teile des heutigen Niederösterreich) einen Beinamen, und die, die im 15. / 16. Jahrhundert, als Ladislaus von Sundheim seine Chronik schrieb, noch keinen Beinamen hatten, haben ihn damals halt bekommen.

Bei der anderen Dynastie, den Habsburgern (die sich später auch als Casa d'Austria bzw. Haus Österreich sahen) gibt es einige Beinamen, die schon deshalb interessant sein müssten, weil sie zumindest einmalig sind.

Außerdem ist es doch recht spannend, wenn es sogar Hinweise gibt, wo so ein Beiname herkommen könnte. (Wenigstens in zwei Fällen dürfte er aus einer Quelle stammen, die "zeitgenössisch" ist.)

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Allerdings gibt es schon ein Gegenargument für beide Dynastien - nach ihren Beinamen waren sie alle keine Teufel, und Heiligen gibt es auch nur einen.:rofl:
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine Frage - könnte es sein, dass mancher Beiname erst auf spätere Generationen negativ wirkt?

Bei Karl dem Einfältigen (Karolinger) habe ich immerhin gelesen, dass der Beiname doppeldeutig ist: einfältig bedeutet nicht nur dumm oder beschränkt, sondern auch gutgläubig und ehrlich.

Ein anderes Beispiel - es gibt doch mehrere Herrscher mit dem Beinamen "der Dicke". Aus heutiger Sicht gilt Dicksein (Übergewicht) als Makel, aber in unserer Gesellschaft ist Schlanksein auch etwas, was leistbar ist, denn niemand muss seit Jahrzehnten befürchten, dass er / sie Hungerjahre durchstehen muss oder sogar tatsächlich in Gefahr geraten könnte, zu verhungern.

Anders in der Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg, wo immer wieder Hungersnöte, Probleme mit der Lebensmittelversorgung und Ähnliches vorgekommen ist. In diesem Kontext dürfte Übergewicht / Dicksein auch durchaus ein Synomym für Wohlstand und gute Zeiten gesehen worden sein, Zeiten, in denen eben niemand Hunger leiden musste.

Könnte es also sein, dass ein solcher Beiname ursprünglich gar nicht negativ gemeint war, sondern vielleicht sogar eine Anerkennung beinhaltete?

Übrigens ist auffallend, dass der Beiname "der Dünne" nicht oft vorgekommen sein dürfte. Mir fällt ad hoc auch keine historische Persönlichkeit ein, der dieser Beiname nachgesagt wird.
 
Es kommt tatsächlich vor, dass Beinamen heute anders verstanden werden als sie eigentlich gemeint waren, was allerdings auch von der Übersetzung (und sich daraus ergebenden sprachlichen Missverständnissen) abhängen kann. Ein Beispiel ist der englische König Harald I. Harefoot (Hasenfuß), bei dem der Beiname nicht, wie ein deutschsprachiger Leser vermuten könnte, besagen sollte, dass er ein Feigling war, sondern dass er schnell war.

Was allerdings Deine beiden Karls betrifft: Beide galten eher als Versager und waren tatsächlich nicht sonderlich erfolgreich (schließlich wurden auch beide gestürzt), insofern würde es schon passen, wenn man ihnen abwertend gemeinte Beinamen verpasst hätte.
 
Ein anderes Beispiel - es gibt doch mehrere Herrscher mit dem Beinamen "der Dicke". Aus heutiger Sicht gilt Dicksein (Übergewicht) als Makel, aber in unserer Gesellschaft ist Schlanksein auch etwas, was leistbar ist, denn niemand muss seit Jahrzehnten befürchten, dass er / sie Hungerjahre durchstehen muss oder sogar tatsächlich in Gefahr geraten könnte, zu verhungern.

Na ja, mittelalterliche oder auch neuzeitliche Herrscher hatten auch nicht gerade Hunger leiden müssen. Dicksein war auch im Mittelalter nicht gerade schmeichelhaft oder im wohlhabenden Sinne gemeint.

Das mir bekannteste Beispiel ist Ludwig (VI) der Dicke von Frankreich. Der war ein sehr engagierter Herrscher, der sich nicht davor scheute persönlich gegen rebellische Untertanen oder den anglo-normannischen König in den Kampf zu ziehen; hat sogar ein paar Verwundungen davongetragen. Auch dank seines Freundes und Ratgebers Suger von Saint-Denis ist der König insgesamt positiv in Erinnerung geblieben, hat diesem aber auch seinen heute anhaftenden Beinamen zu verdanken. Laut Suger hatte Ludwig VI. in jungen und mittleren Jahren einen stattlichem aber kräftigen Körperbau, angefüllt mit Tatendrang. Aber kurz vor seinem Lebensende um die sechzig Jahre alt, war der König körperlich so aufgegangen, dass er die meiste Zeit nur noch im Bett liegend verbringen konnte. Angeblich soll der König in dieser Zeit von der Angst ergriffen gewesen sein, wegen seiner Fülle eines Tages einen unerwarteten und unehrenhaften Tod anheim zu fallen, weswegen er sich trotz aller Mühe unablässig weiter in den Sattel hievte (ich muss dabei immer an Obelix auf dem Kamel denken) um weiterhin die Burgen unbotmäßiger Vasallen niederzubrennen, nur damit man ihm eines Tages nicht vorwerfen könne, er hätte nur noch faul darniederliegend sich der Völlerei hingegeben. Er ist schließlich auch auf einem beschwierlichen Umritt gestorben.

Dicksein war also nicht gerade positiv besetzt in jener Zeit. Eine übermäßige Leibesfülle wurde mit Genügsamkeit, Völlerei und schlicht Faulheit verbunden, wo doch gerade in der mittelalterlichen Gesellschaft die mönchische Askese (Robert II, Ludwig IX) als Ideal propagiert und von einem König erwartet wurde, dass er sich zu jeder Zeit in eine Rüstung zwängen und eine Lanze führen konnte, wenn es drauf ankam. Ludwig VI. hatte deswegen Angst um sein postumes Ansehen bekommen, dass heute wahrscheinlich ganz anders aussehen würde, hätte er nicht einen Suger gehabt.
 
Wolf of Badenoch

Alexander Stewart der Sohn des Truchseß' (= Stewart/Stuart*) und späteren Königs von Schottland, Robert II. Stewart, erwarb sich den Beinamen Wolf of Badenoch. Als Lord of Badenoch verheerte der die Ländereien und zerstörte er die Kathedrale von Elgin, nachdem der Bischof ihn wegen Ehrbruchs exkommuniziert hatte. Die heutige Kathedralenruine von Elgin ist allerdings ein Überbleibsel des schottisch-presbyterianischen Kathedralensturms in der calvinistischen Reformation unter John Knox.
Alexanders Bruder

*Die Schreibung Stuart hat Mary(, Queen) of the Scots, hierzulande bekannter als Mary Stuart eingeführt, als sie in Frankreich als Thronprinzessin und Königin lebte und nach ihrer Rückkehr nach Schottland, nachdem ihr französischer Gemahl und ihre französische Mutter, Regentin Maria de Guise in Schottland gestorben waren, so beibehalten.
 
ich finde speziell weiter im Norden die Beinamen, seien sie original oder später zugefügt, erfrischend: z.B. Harald Blutaxt :D

Nur eine Frage: Hieß der "norwegische" Herrscher mit Beinamen Blutaxt nicht Eirik?:confused:

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Übrigens, was dem Beinamen "der Dicke" betrifft - in nordischen Sagas hat der norwegische König Olaf der Heilige gewöhnlich den Beinamen Olaf der Dicke. Ich hatte allerdings nicht den Eindruck, zumindest in den Sagas, dass der Beiname abwertend zu verstehen ist.

In einigen Islandsaga taucht übrigens als (historisch belegte?) Nebenfigur eine "Thorbjörg, die Dicke" auf. Sie ist eine positiv besetzte Figur, genießt offensichtlich allseits Respekt und ist die tüchtige und tatkräftige Ehefrau eines "Häuptlings". Auch bei dieser Figur habe ich nicht den Eindruck, dass ihr Beiname abwertend gemeint ist.
 
Da muss man allerdings gegebenenfalls zwischen Männern und Frauen durchaus unterscheiden. Bei einer Frau war es, gerade in mangelernährten Gesellschaften wichtig, dass sie wohlgenährt war und ein breites Becken hatte. Das versprach, dass man sie gut durch Hungerperioden bringen konnte und sie die Kraft haben würde, mehrere Kinder zu gebären. Die Wertschätzung des Maria-Theresien-Talers weit über die Grenzen Österreichs und des christlichen Abendlandes hinaus basiert darauf. Bei beiden Geschlechtern war aber das Dicksein auch immer ein Zeichen von Reichtum.
 
Hallo zusammen,

dieser Themenstrang soll dazu dienen, kuriose, witzige oder faszinierende Beinamen historischer Persönlichkeiten zu sammeln.

Wer weitere bemerkenswerte Beinamen kennt; nur munter drauflos! Vorzugsweise, falls vorhanden, mit Deutung.

:)

  • Johann I. Sprengwedel, Herzog von Oppeln (†1421): Nach einer Deutung wegen seiner kirchlichen Bautätigkeit; nach einer anderen wegen seiner Neigung, mit Freuden jede Frau zu… besprengen.
  • Eduard I. Langbein, König von England (†1307): Wegen seiner Körpergröße von beinahe 1.9 m.
  • Ivar der Knochenlose Ragnarsson (†873), skandinavischer Warlord: Nach einer Deutung habe Ivar an der Glasknochenkrankheit gelitten; angeblich musste er auf einem Schild umhergetragen werden.
  • Karl II. der Böse, König von Navarra (†1387): Einer der wenigen historisch verbürgten abfälligen Beinamen eines Herrschers, die n.h.L. keinesfalls auf gegnerische Propaganda zurückgehen (!) – derart skruppellos war dieser Mann.
  • Karl II. der Kahle, Römischer Kaiser (†877): Vermutlich in Anspielung darauf, dass Karl beim Reichstag zu Worms 829 unberücksichtigt blieb, sozusagen sein Haupt kahl blieb.
  • Otto IV. mit dem Pfeil, Markgraf von Brandenburg (†1309): Wegen eines Pfeiles, den er, nachdem er 1280 damit angeschossen worden war, einige Zeit im Kopf umhergetragen haben soll.
  • Margarete Maultasch, Erbgräfin von Tirol (†1369): Strittig. Nach einer Deutung sei sie hässlich gewesen, nach einer anderen liederlich (Maultasch sei mundartlich für 'Hure'). Wieder andere bezichtigen sie eines nicht stubenreinen Mundwerks.
 
Margarete Maultasch, Erbgräfin von Tirol (†1369): Strittig. Nach einer Deutung sei sie hässlich gewesen, nach einer anderen liederlich (Maultasch sei mundartlich für 'Hure'). Wieder andere bezichtigen sie eines nicht stubenreinen Mundwerks

Sie soll aber ganz gut ausgeschaut haben. Auch die anderen Charakterisierungen ist fragwürdig. Hat ein Mann viele Frauenbeziehungen, gilt er als Weiberheld. Hat eine Frau viele Männerbeziehungen, gilt sie als "liederlich". Fazit: Nix als Verleumdungen.
 
Da hatte ich die Suchfunktion nicht ausreichend bemüht. Mein Fehler. :oops:

Weitere Zugänge:
  • Friedrich der Fette, Markgraf von Brandenburg (†1463): Wie dick muss jemand gewesen sein, dass er in einer Zeit, da nicht wenige seiner Standesgenossen den Beinamen 'der Dicke' erhielten, so genannt wurde?
  • Boleslaus Schiefmaul Piast, König von Polen (†1138)
  • Harald Hasenfuß, König von Dänemark (†1040): Wegen seiner Schnelligkeit zu Fuß und Geschicklichkeit bei der Jagd, eine interessante Erinnerung daran, dass sich die Bedeutung von Wörtern und Ausdrücken mit der Zeit verändert
  • Heinrich IV. der Impotente, König von Kastilien (†1474): Wahrscheinlich wegen des Machtverlusts des Königtums während seiner Regierung, aber ggf. auch wortwörtlich, da er wahrscheinlich keine eigenen Nachkommen hatte; die Vaterschaft seiner Tochter Johanna wurde von Zeitgenossen wegen Heinrichs wahrscheinlicher Homosexualität angezweifelt.
  • Sigurd der schlimme Diakon oder der lärmende Diakon, Thronprätendent von Norwegen (†1139): Der Mörder König Haralds IV., vermutlich sein in den Priesterstand abgeschobener Halbbruder.
  • Michael VII. Minus-ein-Viertel, oströmischer Kaiser (†1090): Wegen seines Erlasses gegen die grassierende Inflation, für dieselbe Summe solle nurmehr 75% des bezahlten Getreides ausgegeben werden.
Auch die anderen Charakterisierungen ist fragwürdig. Hat ein Mann viele Frauenbeziehungen, gilt er als Weiberheld. Hat eine Frau viele Männerbeziehungen, gilt sie als "liederlich". Fazit: Nix als Verleumdungen.

Freilich, aber historische Begebenheiten müssen aus historischem Blickwinkel beurteilt werden, und nicht wenige Sitten, die uns absurd, unmoralisch oder unfair vorkommen, waren Ausdruck der Sachzwänge ihrer Zeit. In dieser Hinsicht muss man zugeben, dass in einer Zeit, als Erbfolgestreitigkeiten den Tod Zigtausender nach sich ziehen konnten, zu Recht auf die "Tugend" der Frauen mehr Wert gelegt wurde als auf die Tugend der Männer.

Mater semper certa est – die Mutter ist immer sicher –, während der pater semper incertus est. Mit anderen Worten, die Mutter kann ihrem Ehemann das Kind eines anderen untermogeln, aber umgekehrt ist dies nicht möglich. Mit all den hässlichen Folgen für die Legitimität des Herrschers. Man denke nur an die Tour-de-Nesle-Affäre und die Kriege, die sie auslöste.
 
Heinrich IV. der Impotente, König von Kastilien (†1474): Wahrscheinlich wegen des Machtverlusts des Königtums während seiner Regierung, aber ggf. auch wortwörtlich, da er wahrscheinlich keine eigenen Nachkommen hatte; die Vaterschaft seiner Tochter Johanna wurde von Zeitgenossen wegen Heinrichs wahrscheinlicher Homosexualität angezweifelt.
Im Scheidungsdokument seiner 1440 geschlossenen ersten Ehe von 1453 ist die Rede davon, dass er zwar mit anderen Frauen könne, aber bei seiner eigenen Frau nicht, bei ihr sei er "gefesselt" (ligado, im Sinne von 'gehemmt'?), bei anderen nicht:
...que siempre se ha fallado é está ligado con la dicha señora princesa, é que no ha podido ni puede haber conoscimiento della marital, é que la dicha señora princesa está virgen é incorrupta, é que el dicho señor príncipe es varon potente cuanto á oras mujeres; é non ligado, salvo á la dicha señora princesa...​
Das, obwohl die beiden wohl tatsächlich mehr als drei Jahre ihrer gemeinsamen Ehe zusammmen gelebt hätten.
Seine Parteigänger hielten die Häme für den Versuch seinder politischen Gegner, seine feminine Seite hervorzueheben und ihn damit als König zu desavouieren.
Eine der Hauptquellen für seine Homosexulität ist Alonso de Palencia, der zunächst sein Sekretär war (und damit nahe dran), der allerdings 1463 ins Lager von Enriques Halbbruder Alfonso wechselte und nach dessen plötzlichen Tod in das Lager von seiner Halbschwester Isabel.
Ob Johanna "la Beltraneja" seine Tochter war oder nicht, sei dahingestellt. Ihr Beiname Beltraneja soll jedenfalls ihre Deszendenz von ihrem "echten" Vater Beltrán de la Cueva unterstreichen. Aber da ging es natürlich vor allem darum, ihre Legitimität zu bestreiten, da mit dem Tod Enriques der kastilische Thronfolgekonflikt nicht zu Ende war sondern zwischen Isabel und ihrer Nichte Johanna weitergeführt wurde.
 
Habe mich gerade durch diesen Thread durchgelesen und das Gefühl, dass hier so ziemlich alle originellen Zunamen abgehandelt wurden. Einige sind mir dennoch noch eingefallen, die hier fehlen:

Jelling:
Sven I Gabelbart, g. 1014, König von Dänemark, Norwegen und England

Piasten (die meisten wurden schon genannt):
Boleslaw IV Kraushaar (Krollkopf, Kędzierzawy), g. 1173, Herzog von Polen, Krakau, Masowien und Kujawien

Rolloniden:
Rollo der Marschierer (Rolf der Wanderer, Hrolf Ganger), g. zwischen 928 und 933, Jarl von Rouen, Stammvater der Rolloniden (Haus Wilhelm des Erborerers). Von ihm hiess es, dass er immer zu Fuss gehen musste da er für jedes Pferd zu dick und zu schwer war.

Bassaraba:
Vlad II der Drache (Vlad II Dracul), g. 1446, Woiwode der Walachei, Vater des bereits genannten Vlad III des Pfählers / Vlad III Tepes (der «Dracula»), der Beiname von Vlad II sei, so wird vermutet, von dessen (mutmasslichen) Mitgliedschaft im von Sigismund gestifteten «Drachenorden» abgeleitet.

Osmanen:
Der hier bereits als Osman I der Schwarze genannte Stammvater der osmanischen Dynastie ist mir als Osman I der Knochenbrecher bekannt.

Habsburg:
Bei all diesen hier genannten Habsburgern ist der Königsmörder Johann Parricida resp. Johann der Verwandtenmörder untergegangen.

Sforza:
Lodovico Maria il Moro (der Mohr, der Maure), g. 1508, Herzog von Mailand und Bari, der Name soll seiner dunklen Hautfarbe geschuldet sein.
Caterina die Amazone, g. 1509, Gräfin von Bosco, Imola und Foli, sie verdiente ihren Namen dadurch, weil sie in den oberitalienischen Machtkämpfen und Fehden gelegentlich persönlich mitkämpfte. Bei der Verteidigung ihrer Burg in Forli, die sie selbst leitete, sollen, so die Überlieferung, ihre Gegner damit gedroht haben, ihre in Gefangenschaft geratenen Kinder zu ermorden. Daraufhin soll Caterina, auf der Burgmauer stehend, ihre Rüstung ausgezogen haben um zu demonstrieren, dass sie noch jung genug sei, um weitere Kinder zu bekommen. (Wenn man so will im weitesten Sinn ein weiblicher Götz von Berlichingen).

Medici:
Lorenzo I der Prächtige, g. 1492, Herr von Florenz, Pisa und Voltera
Giovanni delle Bande Nere, g. 1526, Condottiere

Folkunger:
Magnus I Scheunenschloss (Ladulås), g. 1290, König von Schweden, Herrscher von Gotland, sein Beiname soll daher kommen, dass jeder Bauer unter seinem Schutz so sicher leben konnte, dass diese kein anderes Schloss (Burg) für ihre Scheune brauchten.

Aragón:
Pedro IV el Ceremonioso, (der Zermoniöse) g. 1387, König von Aragon, Valencia, Mallorca und Sardinien, Graf von Barcelona, Cerdagne und Roussillon, sein Beiname verdiente er sich durch die Einführung eines schikanösen Hofprotokolls.

Savoyen:
Humbert I Weisshand / Umberto I Biancomano, g. zwischen 1047 und 1051, Graf von Savoyen, Aosta, Nyon, Maurienne, Belley, Tarentaise und Chablais, sein Beiname ist erstmal in der Zisterziesnerchronik Hautecome (14. Jahrhundert) belegt
Amadeus I Schwanz / Amedée I la Queue, g. 1051, Graf von Savoyen, Maurienne und Chablais, gemäss einer etwas sagenhaften Überlieferung soll Kaiser Heinirch II ihm eine Audienz gewährt haben, sofern er alleine käme – worauf der Graf geantwortet habe, er käme nur mit seinem Schwanz (cum cauda sua). Damit hatte der Graf allerdings seine Bediensteten gemeint und wollte nicht etwa anzüglich werden.
Peter II der kleine Karl der Grosse / Pierre II le Petit-Charlemagne, g. 1268, Graf von Savoyen, Aosta, Maurienne, Waadt und Richmond, Markgraf von Piemont – alles in allem war er allerdings ein sehr kleiner Karl d. G.
Emanuel Philibert Eisenkopf, g. 1580, Herzog von Savoyen, Graf von Aosta, Maurienne Nizza und Asti, Fürst von Piemont, seinen Zunamen erhielt er nicht weil er vorzüglicher Turnierritter gewesen wäre sondern weil er offenbar ein kleinkarierter Sturschädel war.

Kastrioti:
Georg Skanderbeg, g. 1468, Fürst von Kastrioti, Graf von Soleto, Herr von Monte Sant’ Angelo und San Giovanni Rotondo, Bey von Misia, Skuria und Jonima, Aufstandsführer gegen die Osmanen, der Beiname bezieht sich auf einen weiteren Vornamen des Fürsten: Alexander – türkisch Iskender. Daraus wurde der Titel «Fürst Alexander» resp. «Iskender Bey», verballhornt zu Skanderbey und Skanderbeg.

Tosny / Conches
Im Zusammenhang mit dem bereits genannten Robert von Tosny, dem «Schwanenritter» (knight oft he Swan) ist auch Roger I von Tosny resp. von Conches mit dem Namen «Maurenfresser» erwähnenswert.

Welfen:
Auch noch in der Moderne werden Hochadligen wenig schmeichelhafte Beinamen verpasst, wenn man beispielsweise an den Herrn denkt, der gelegentlich sein Wasser nicht halten kann …
 
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