Lager der Römer in Thüringen

Du hattest Calbe vorgeschlagen. Ich denke, da spricht einiges dafür. Auch heute sind dort zahlreiche Verkehrsanbindungen in verschiedene Richtungen, vielleicht eignet sich der Ort ja durch Bodenbeschaffenheit und evtl. Höhenlage dafür. Wenn es dort eine Furt gab, um so mehr.

Ich dachte, wir suchen nach Marschlagern?

Warum sollte man ein Marschlager ausgerechnet an einer Furt aufschlagen? Damit der Feind, falls er einen Überfall plant, besser rüberkann?
 
Florus ist eine überaus schwierige Quelle. Der Mann war Rhetor und hat dem Rhetorischen sein historiographisches Werk untergeordnet. Anders als bei Tacitus, der auf andere Art schwierig ist, steht bei dem Gallorömer Florus stets die Größe Roms im Mittelpunkt. Deshalb wundere ich mich, dass du in den letzten Tagen wiederholt (letzthin mit den 50 Lagern am Rhein, die du wortwörtlich genommen hast) Florus so zitierst, als handele es sich bei ihm um eine unbedingt vertrauenswürdige Quelle.
 
Salve Opteryx,
Du hattest Calbe vorgeschlagen. Ich denke, da spricht einiges dafür. Auch heute sind dort zahlreiche Verkehrsanbindungen in verschiedene Richtungen, vielleicht eignet sich der Ort ja durch Bodenbeschaffenheit und evtl. Höhenlage dafür. Wenn es dort eine Furt gab, um so mehr. Und man könnte auf direktem Wege Richtung Pömmelte, ohne zu nah an Elbe und Saale zu marschieren, wo es ggf. sumpfiger war. Der nächste bzw. vorhergehende Punkt könnte dann nach diesen Kriterien Alsleben sein. Kann jemand zur Namensherkunft Calbe und Alsleben etwas sagen?
Bei Calbe gibt es tatsächlich eine alte Furt. Der Name ist mittelalterlich. Aber die Besiedlung geht weit zurück. Es gab dort beispielsweise eine "germanische Wunderburg". Die Lage an der unteren Saale machte vielleicht auch schon zeitig eine Schiffbarkeit möglich. (Später erhielt sie sogar einen Roland). Eine Verbindung zu Pömmelte ist gut möglich, wenn man P. als Marschlager ansehen wollte.
 
Bei Calbe gibt es tatsächlich eine alte Furt. Der Name ist mittelalterlich. Aber die Besiedlung geht weit zurück.

Ersterwähnung: Calvo (936), der Name dürfte am ehesten auf eine "kahle" Stelle deuten. Wenn die Stelle 850 Jahre vorher auch kahl war, dann hätte man da gut ein Marschlager aufschlagen können, obwohl die nahegelegene Furt andererseits doch nicht so günstig für ein Marschlager war. Wenn dort eine Siedlung war, hat man sicher nicht das Lager auf der Stelle der Siedlung aufgeschlagen.
Es darf also weiterspekuliert werden.
 
... Florus so zitierst, als handele es sich bei ihm um eine unbedingt vertrauenswürdige Quelle.

... von Marschlagern schreibt er nichts.

Egal was Florus schreibt: Falls Drusus zur Elbe marschiert ist, haben seine Truppen ganz sicher jeden Abend ein Marschlager aufgeschlagen. Schließlich war man nicht "auf Klassenfahrt", sondern auf einem für beide Seiten verlustreichen Feldzug. In einem Krieg, in dem Drusus schon mal sehr schlechte Erfahrungen gemacht hatte, spätestens als er bei Arbalo eingekesselt worden war und nur um Haaresbreite einer katastrophalen Niederlage entrinnen konnte.
 
Bei Calbe gibt es tatsächlich eine alte Furt. Der Name ist mittelalterlich. Aber die Besiedlung geht weit zurück.
8. Jhdt.?

Es gab dort beispielsweise eine "germanische Wunderburg".
Erstbeleg 15. Jhdt. (Ja, ich habe die seltsamen Behauptungen gelesen, die sich aber bereits durch die Nennung der Göttin Ostara disqualifizieren, denn deren einzige Erwähnung in historischen Quellen findet sich bei Beda Venerabilis (als Eostre) und dürfte sich um eine Pseudoetymologie handeln, da er versucht, den angelsächsischen Namen für den April (Eostur-monath) zu erklären. Da Ostern häufiger im April als im März stattfindet (Verhältnis 12:7). Da also die einzige historische Quelle, die Ostara nennt, de temporum ratione von Beda Venerabilis ist, ist die Behauptung, die Wunder- oder Trojaburg bei Calbe sei ein Ort heidnischer Rituale zu Ehren Ostaras gewesen, frei erfunden. Bezeichnenderweise findet man auch überall denselben Text, aber keine Angaben aus historischen Quellen. Nur Literaturangaben aus einer germanenverliebten Zeit: 1897, 1904, 1909, 1936. Die sind natürlich ihrerseits heute wieder historisch, aber nicht für die hiesige Fragestellung geeignet.)
 
Eine nahegelegene Furt gibt doch durchaus Sinn für ein Marschlager, wenn die Querung für die nächste Etappe beabsichtigt ist, oder die Querung Abschluss einer Etappe darstellt. Wieso sollten die Sicherungen problematisch ggü. sonstigen Plätzen sein?

Ein Abschnitt von Hedemünden (IV) soll auch ein Marschlager darstellen, und das in unmittelbarer Nähe des Festen Platzes bzw. Standlagers an einer Stelle, die offenbar logistisch Durchgangsstation und Kreuzung von Kampagnenlinien war. Das macht durchaus Sinn, wenn beim Aufmarsch von Süden die vorherige Tagesetappe für das Marschlager etwa im Raum Kassel lag, die Tagesleistung erreicht war, und das Hauptlager Hedemünden die Marscheinheiten nicht aufnehmen konnte, sondern (nur) Teil der (vorbereiteten) Versorgungsstrecke für die Kampagne war.
 
Eine nahegelegene Furt gibt doch durchaus Sinn für ein Marschlager, wenn die Querung für die nächste Etappe beabsichtigt ist
Wofür wir aber hier an der Saale keinen Anhaltspunkt haben.
Es sei denn, Drusus habe tatsächlich die Elbe mit der Saale verwechselt und beabsichtigt, an dieser Stelle die vermeintliche Elbe zu überqueren - was er aber bekanntlich unterlassen hat. Wenn das aber die Stelle war, an der Drusus umgekehrt ist, dann ist er nicht nach Pömmelte gezogen...

Wie gesagt, es darf weiterspekuliert werden.

Ein Abschnitt von Hedemünden (IV) soll auch ein Marschlager darstellen, und das in unmittelbarer Nähe des Festen Platzes bzw. Standlagers
Darum frage ich ja immer wieder, nach was eigentlich gesucht wird. Nach einem Marschlager, das Drusus bei seinem ersten Vorstoß Richtung Elbe errichtet hat - oder nach Garnisonen, Limesbefestigungen, Städten...
 
Ich hatte weiter oben aus Cäsars Bericht über den gallischen Krieg zitiert, im Buch 2,16-18 wird geschildert, dass Cäsar erfuhr, dass die Nervier und mit ihnen verbündete Atrebaten und Viromanduern nur noch 10 Meilen (15 km) entfernt jenseits der Sabis (Flüsse Sambre oder die Selle in der Belgica) versammelt waren. Cäsar zog in diese Richtung, und schickte Kundschafter und Zenturionen voraus, um einen geeigneten Lagerplatz zu suchen:
die Wahl fiel auf einen Platz gegenüber den feindlichen belgischen Stämmen, einen Hügel der direkt am Sabis lag, der an dieser Stelle nur drei Fuß tief gewesen ist. Bekanntlich kam es dann überraschenderweise zum sofortigen Angriff der Belger auf die Legionen, die mit dem Lageraufbau begonnen hatten.
Daraus kann man schließen, dass römische Legionen nicht grundsätzlich eine Furt beim Bau eines Marschlagers gemieden haben, der Angriff des Gegners an dieser Stelle war riskant, sie spekulierten ursprünglich darauf, dass nur eine Legion mit dem Lageraufbau beginnen würde, Cäsar hatte jedoch sechs Legionen kampfbereit nach vorne beordert. Nach dem Lageraufbau wäre ein Angriff an dieser Stelle aussichtslos geworden.
Caesar, De bello Gallico 2, 16-27; Titus Livius, Ab urbe condita librorum periochae 104; Appian. Keltika 1, 11; Plutarch, Caesar 20.
 
Wofür wir aber hier an der Saale keinen Anhaltspunkt haben.
Es sei denn, Drusus habe tatsächlich die Elbe mit der Saale verwechselt und beabsichtigt, an dieser Stelle die vermeintliche Elbe zu überqueren - was er aber bekanntlich unterlassen hat. Wenn das aber die Stelle war, an der Drusus umgekehrt ist, dann ist er nicht nach Pömmelte gezogen...

Wie gesagt, es darf weiterspekuliert werden.


Darum frage ich ja immer wieder, nach was eigentlich gesucht wird. Nach einem Marschlager, das Drusus bei seinem ersten Vorstoß Richtung Elbe errichtet hat - oder nach Garnisonen, Limesbefestigungen, Städten...
Was soll denn diese seltsame Frage? Selbstverständlich suchen wir nach allem, was die Römer hier hinterlassen haben. Also neben Marschlagern auch nach den "50 Kastellen", von denen man schon vor mehr als hundert Jahren meinte, dass es sich dabei an der Elbe nur um eines oder zwei davon gehandelt haben dürfte. Und natürlich auch nach den Lagern des Tiberius.
 
8. Jhdt.?


Erstbeleg 15. Jhdt. (Ja, ich habe die seltsamen Behauptungen gelesen, die sich aber bereits durch die Nennung der Göttin Ostara disqualifizieren, denn deren einzige Erwähnung in historischen Quellen findet sich bei Beda Venerabilis (als Eostre) und dürfte sich um eine Pseudoetymologie handeln, da er versucht, den angelsächsischen Namen für den April (Eostur-monath) zu erklären. Da Ostern häufiger im April als im März stattfindet (Verhältnis 12:7). Da also die einzige historische Quelle, die Ostara nennt, de temporum ratione von Beda Venerabilis ist, ist die Behauptung, die Wunder- oder Trojaburg bei Calbe sei ein Ort heidnischer Rituale zu Ehren Ostaras gewesen, frei erfunden. Bezeichnenderweise findet man auch überall denselben Text, aber keine Angaben aus historischen Quellen. Nur Literaturangaben aus einer germanenverliebten Zeit: 1897, 1904, 1909, 1936. Die sind natürlich ihrerseits heute wieder historisch, aber nicht für die hiesige Fragestellung geeignet.)
Unabhängig von der Deutung scheint es die Anlage aber tatsächlich gegeben zu haben. Die alte Dorfkirche einer unbedeutenden dörflichen Siedlung scheint der Umwidmung gedient zu haben. Aber für unsere Diskussion bedeutet es eigentlich nur, dass die Gegend bedeutungsvoller war, als gedacht. Auch Pömmelte war weit länger in "Benutzung". So hat man am Ringheiligtum ein beigabenloses Skelett in Westausrichtung freigelegt. Unser "Römerlager" war vor dem Kiesabbau von einer Anzahl von kleinen Kreisgräben und einem Großgraben begleitet, welcher im Bogen von Südwest nach Nordost um das Lager herum ging. Leider liegt zum großen Graben keine Altersbestimmung vor. Er könnte in Bezug zum Grabhügel auf dem Windmühlenberg gestanden haben. Ob es zur Zeit der Römerzüge dort noch irgendwelche religiösen Handlungen gab, ist unbekannt. Ich selbst habe auf der Lagerfläche keine vorgeschichtlichen Scherben entdeckt.
 
Wofür wir aber hier an der Saale keinen Anhaltspunkt haben.
Es sei denn, Drusus habe tatsächlich die Elbe mit der Saale verwechselt und beabsichtigt, an dieser Stelle die vermeintliche Elbe zu überqueren - was er aber bekanntlich unterlassen hat. Wenn das aber die Stelle war, an der Drusus umgekehrt ist, dann ist er nicht nach Pömmelte gezogen...

Wie gesagt, es darf weiterspekuliert werden.
Wenn Drusus bei diesem Marsch von Norden kam, wäre Pömmelte im Winkel vor der Saaleeinmündung für ihn die erste Wahl für ein Marschlager gewesen.
 
Unabhängig von der Deutung scheint es die Anlage aber tatsächlich gegeben zu haben.
Im 15. Jhdt.!

Wenn Drusus bei diesem Marsch von Norden kam, wäre Pömmelte im Winkel vor der Saaleeinmündung für ihn die erste Wahl für ein Marschlager gewesen.
Wenn nur das Wörtchen wenn nicht wär.
Noch mal ein paar grundlegende Dinge:
- dass es sich bei Pömmelte um ein Römerlager handelt, ist sehr wahrscheinlich, aber nicht erwiesen.
- dass es sich bei Pömmmelte ausgerechnet um ein Drusus-Lager handelt, ist bereits weniger wahrscheinlich, schon wegen der Zangentore
- ein Marschlager wird i.d.R. - natürlich an einer dafür geeigneten Stelle! - am Ende eines Tagesmarsches angelegt. Sprich: Vielleicht marschiere ich heute eine Stunde kürzer, weil meine Prospektoren mir einen geeigneten Lagerplatz anzeigen. Oder auch eine halbe Stunde länger. Es ist jedoch eher unwahrscheinlich, dass man auf einem Marsch durchs nicht gänzlich unbekannte, aber mehr unbekannte als bekannte Feindesland die Planungsfreiheit hat: Och, heute marschieren wir mal an die Saalemündung. Die hatten damals noch keine Messtischblätter, wo jede Erhebung und jeder Bach genauestens eingezeichnet war.
 
Im 15. Jhdt.!


Wenn nur das Wörtchen wenn nicht wär.
Noch mal ein paar grundlegende Dinge:
- dass es sich bei Pömmelte um ein Römerlager handelt, ist sehr wahrscheinlich, aber nicht erwiesen.
- dass es sich bei Pömmmelte ausgerechnet um ein Drusus-Lager handelt, ist bereits weniger wahrscheinlich, schon wegen der Zangentore
- ein Marschlager wird i.d.R. - natürlich an einer dafür geeigneten Stelle! - am Ende eines Tagesmarsches angelegt. Sprich: Vielleicht marschiere ich heute eine Stunde kürzer, weil meine Prospektoren mir einen geeigneten Lagerplatz anzeigen. Oder auch eine halbe Stunde länger. Es ist jedoch eher unwahrscheinlich, dass man auf einem Marsch durchs nicht gänzlich unbekannte, aber mehr unbekannte als bekannte Feindesland die Planungsfreiheit hat: Och, heute marschieren wir mal an die Saalemündung. Die hatten damals noch keine Messtischblätter, wo jede Erhebung und jeder Bach genauestens eingezeichnet war.
Nein, statt der Messtischblätter gab es die Vorhut, die geeignete Lagerplätze erkundete.
Was die Wunderburg betrifft, so ist die betreffende Kirche des untergegangenen Dorfes älter.
Geschichte Calbes - Alte Kultplätze
 
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