Lager der Römer in Thüringen

Da hat vorhin schon Erich einen Post gesetzt: http://www.geschichtsforum.de/714897-post208.html

es sind schon einige Pressemeldungen in Online-Medien erschienen:

Römerlager in Thüringen: Archäologen finden Spuren am Kyffhäuser - SPIEGEL ONLINE

Überreste von Römischem Heerlager in Thüringen entdeckt | MDR.DE

Eine Datierung der Befunde steht allerdings noch aus.

Sollten das augusteische oder tiberische Legionen gewesen sein, wird das die Varusschlacht-Threads wieder füllen...:grübel:

Aber immerhin interessant, dass so weit im Osten die Römer operiert haben.
 
hatte ich nicht gesehen.

Interessant auch, daß wahrscheinlich weitere Lager der Römer im Umkreis vermutet oder evtl. schon untersucht werden. Der letzte Absatz des Artikels läßt zumindestens solches offen.

Arthur
 
hatte ich nicht gesehen.

Interessant auch, daß wahrscheinlich weitere Lager der Römer im Umkreis vermutet oder evtl. schon untersucht werden. Der letzte Absatz des Artikels läßt zumindestens solches offen.

Arthur


Die Legion hat sich ja nicht nach Thüringen "hingebeamt". Die Römer müssen von ihren Hauptstützpunkten (am Rhein, Main oder Lippe) einen Anmarschweg zurückgelegt haben, und dann sollte man entlang ihrer Marschroute (wie immer sie aussehen mag) in Tagesmarschreichweite weitere Marschlager erwarten.
 
Faszinierend – sieht zwar "nur" nach einem Marschlager aus, aber der alte Anspruch von der Eroberung Germaniens bis an die Elbe bekommt so einen 1a Beleg.
 
hier noch ein etwas ausführlicher Artikel:

? Römische Truppen in Thüringen ? [Archäologie Online] ? ?

Die antiken Truppenbewegungen folgten damals bekannten Streckenführungen, die durch die Entdeckung erstmals im Detail rekonstruiert werden können. In Nordthüringen bildet das Tal der Wipper zwischen Hainleite und Windleite einen engen natürlichen Korridor mit einem alten Überlandweg, der über das Obereichsfeld nach Westen in Richtung Werra- bzw. Wesertal führt.
 
Ist dann Hedemünden quasi als Etappe zu verstehen?

Kommt drauf an wann die Römer in Hachelbich waren. Wenn dies nach 7 v. Chr. war, war Hedemünden wahrscheinlich schon aufgelassen, da die Römer m. E. zu dieser Zeit offensiv eingestellt waren dürfte sich das neue dieses Gebiet sichernde Kastell weiter östlich befunden haben. Ein Standort direkt im Thüriger Becken wäre vorteilhaft gewesen, Mühlhausen z. B., dort beginnt wieder landwirtschaftlich hochqualitatives Gebiet (Schwarzerde), was den Betrieb des Lagers aufgrund der besseren Möglichkeit der lokalen Versorgung mit Lebensmitteln vereinfacht hätte.
 
Ist dann Hedemünden quasi als Etappe zu verstehen?

möglicherweise:
dazu hat Ashigaru schon in einem anderen Thread etwas verfasst:

Das ist ein Sensationsfund, denn dieser Fund ist weit entfernt von allen anderen Lagern. Die nächsten: Hedemünden (ca. 110 Kilometer), Arnsburg (ca. 220 Kilometer), Barkhausen und Anreppen (240-250 Kilometer), Marktbreit (280 Kilometer).
Die Datierung ist ja leider noch nicht bestimmt. Natürlich denkt man sofort an Hedemünden, dass ja als Versorgungslager (so die gängige Deutung) irgendwie für weiter nach Norden oder Osten vorgeschobenen Lager gedient haben muss.
Aber es wären auch andere Szenarien denkbar - dieses Lager könnte auch ein Beleg dafür sein, dass die Chattenfeldzüge von 85 n. Chr. doch weiter nach Germanien hereingeführt haben, und in der Gegend von Bad Sooden/Eschwege (80 km entfernt) wurden schon häufig chattische Stammesteile vermutet.
Auch die (allerdings ins späte 3. Jahrhundert datierten) Töpferöfen römischen Stils von Haarhausen kommen in den Sinn, wobei diese Stelle auch schon über 80 Kilometer von Hachelbich entfernt ist.

Wir warten gespannt.

Schon merkwürdig, sonst haben die Römer überall ihre Münzen verloren, aber diesmal ist wohl (bisher zumindest) nichts dabei. Das würde doch die Datierung wesentlich vereinfachen.:yes:



Kommt drauf an wann die Römer in Hachelbich waren. Wenn dies nach 7 v. Chr. war, war Hedemünden wahrscheinlich schon aufgelassen, da die Römer m. E. zu dieser Zeit offensiv eingestellt waren dürfte sich das neue dieses Gebiet sichernde Kastell weiter östlich befunden haben. Ein Standort direkt im Thüriger Becken wäre vorteilhaft gewesen, Mühlhausen z. B., dort beginnt wieder landwirtschaftlich hochqualitatives Gebiet (Schwarzerde), was den Betrieb des Lagers aufgrund der besseren Möglichkeit der lokalen Versorgung mit Lebensmitteln vereinfacht hätte.


Wir wissen nicht, wann das Marschlager entstanden ist. Nach den Artikeln hat man nur wenig Material gefunden. Danach wird eine Datierung in die ersten drei Jahrhunderte n. Chr. vorgenommen. Ob das Marschlager in Zusammenhang mit der römischen Okkupation der Zeitenwende oder einem der späteren Militäroperationen steht, ist vollkommen ungeklärt.

Wir wissen nur, dass zwischen dem Ende des 1. Jhdt. v. Chr. und dem 3. Jhdt. n. Chr. eine größere Römereinheit auf dem Weg nach irgendwo von irgendwo anders ein oder mehrere Nächte dort ihre Zelte aufgeschlagen haben.

Ob nun östlich davon ein größeres, fest ausgebautes Kastell bestand, ist reine Spekulation. Ob sie nun wegen der guten Erde weiter in den Osten marschierten, ist auch reine Spekulation.
 
Wir wissen nur, dass zwischen dem Ende des 1. Jhdt. v. Chr. und dem 3. Jhdt. n. Chr. eine größere Römereinheit auf dem Weg nach irgendwo von irgendwo anders ein oder mehrere Nächte dort ihre Zelte aufgeschlagen haben.

Denkbar wäre also sogar ein Zusammenhang mit dem Harzhorn, etwa - reine Spekulation - ein Sommer-"Straffeldzug" gegen den Uhrzeigersinn um den Harz herum (Hinweg: Werra-Hachelbich, Rückweg nördlich des Harzes und dann Schwenk nach Süden auf Kassel zu), oder eben in Gegenrichtung?
 
Denkbar wäre also sogar
der Feldzug gen Norden von Kaiser Maximinian Thrax

so lange das Marschlager nicht datiert ist, ist allerlei möglich vom Harzhorn über Strafexpeditionen bis Thrax

faszinierend allerdings daran ist, dass römische Truppen archäologisch nachweisbar (!) so weit gen Osten operierten.
 
Hättest du einen Link, wo es eine Abb. der Fibel gibt; ich finde keine (oder sehe sie nicht) auf den vorhergehend geposteten.
 
Ob nun östlich davon ein größeres, fest ausgebautes Kastell bestand, ist reine Spekulation. Ob sie nun wegen der guten Erde weiter in den Osten marschierten, ist auch reine Spekulation.

Stimmt, das wissen wir alles nicht. Keine Spekulation ist es aber, dass die Betriebskosten ein größeres Minimierungspotential haben als Investitionsausgaben, und dass das auch für römische Kastelle in Germanien galt. Das sollten wir bei der Suche nach dem Hedemünden Nachfolger (wie auch bei der Suche nach Aliso) im Hinterkopf behalten.
 
Ich finde das wirklich einen tollen Fund. Stück für Stück erschließen sich uns die Marschwege römischer Truppen in der Germania Magna.

Die Druckversion von "Archäologie in Deutschland"Ausgabe 3-2014 gibt mehr Details als die Online-Artikel:

Was wurde gefunden?

Eine römische Fibel aus der Mitte des 1. Jahrhunderts uZ. Diese ist also nach

- den Drusus-Feldzügen
- nach der Varus-Statthalterschaft
- nach den Tiberius-Aufenthalten

entstanden. Der genaue Fundort der Fibel ist in dem Artikel nicht angegeben.

Desweiteren vier Schuhnägel der jüngeren Form ohne Noppen oder Stege (es wäre schön, wenn unsere Spezialisten die Nägel für uns zeitlich einordnen könnten. Jüngere Form sagt ja jetzt wenig)

Die Grabenverfüllung lässt schon etwas über die Zeitstellung erahnen

Ein großer Holzrest aus der untersten Verfüllung des Spitzgrabens wurde nach 14C-Datierung auf 50 vuZ bis 125 uZ datiert. Das wiederum lässt alles offen, von Cäsar bis nach Hadrian ist damit alles möglich. Schließlich sagt der Zeitraum ja nur, wann der Baum seinen Weg in den Hades angetreten hat. Wann er in die untere Verfüllung des Grabens gelangt ist, kann daraus nicht sicher abgeleitet werden.

Aus der obersten Füllschicht des Spitzgrabens wiederum stammt eine römische Fibel aus dem 3. bis frühen 4. Jahrhundert

Aus der oberen Füllschicht des Grabens stammt noch ein Kalbsschädel, welcher nach 14C-Datierung von 420 bis 550 uZ stammt.

Fazit der Ausgräber in dem Artikel:

Es stehen zwei Datierungsansätze in der Diskussion. Das Marschlager stammt aus den

- Chattenkriegen (2. Hälfte 1. Jahrhundert uZ)

- Unternehmungen der 1. Hälfte des 3. Jahrhunderts

Die ältere Fibel unterstützt die Datierung in die Chattenkriege. Auch das gefundene Holzstück in der untersten Füllschicht des Spitzgrabens deutet eher auf Domitian.

Die jüngere Fibel könnte ein Hinweis auf Maximinus Thrax sein. Jedoch findet man diese Fibel in der obersten Füllschicht des Grabens. Wenn die Römer nun nicht den Graben selbst wieder verfüllt haben, lag der Bau des Marschlagers wohl schon länger zurück als die jüngere Fibel verloren ging.

Theoretisch könnte es ja auch sein, dass die Römer mehrmals diesen Ort aufgesucht haben. Jedoch ist der Zeitraum zwischen den beiden Ereignissen doch arg groß. Dann müsste man eher zwei Marschlager finden, welche sich sicherlich überschneiden müssten.

Mein Favorit ist hier Domitian. Wobei der Fundort an einen alten Ost-West-Korridor liegt, welche das Werra-/Wesertal über das Obereichsfeld mit dem Thüringer Becken verbindet. Dann wären die Römer unter Domitian wohl von der Werra aus gen Osten marschiert oder fanden sich von Osten kommend auf den Weg dorthin.

Es bleibt spannend hinsichtlich dieser neuen Fundstelle
 
Ich finde das wirklich einen tollen Fund. Stück für Stück erschließen sich uns die Marschwege römischer Truppen in der Germania Magna.

Die Druckversion von "Archäologie in Deutschland"Ausgabe 3-2014 gibt mehr Details als die Online-Artikel:

Was wurde gefunden?

Eine römische Fibel aus der Mitte des 1. Jahrhunderts uZ. Diese ist also nach

- den Drusus-Feldzügen
- nach der Varus-Statthalterschaft
- nach den Tiberius-Aufenthalten

entstanden. Der genaue Fundort der Fibel ist in dem Artikel nicht angegeben.

Desweiteren vier Schuhnägel der jüngeren Form ohne Noppen oder Stege (es wäre schön, wenn unsere Spezialisten die Nägel für uns zeitlich einordnen könnten. Jüngere Form sagt ja jetzt wenig)

Die Grabenverfüllung lässt schon etwas über die Zeitstellung erahnen

Ein großer Holzrest aus der untersten Verfüllung des Spitzgrabens wurde nach 14C-Datierung auf 50 vuZ bis 125 uZ datiert. Das wiederum lässt alles offen, von Cäsar bis nach Hadrian ist damit alles möglich. Schließlich sagt der Zeitraum ja nur, wann der Baum seinen Weg in den Hades angetreten hat. Wann er in die untere Verfüllung des Grabens gelangt ist, kann daraus nicht sicher abgeleitet werden.

Aus der obersten Füllschicht des Spitzgrabens wiederum stammt eine römische Fibel aus dem 3. bis frühen 4. Jahrhundert

Aus der oberen Füllschicht des Grabens stammt noch ein Kalbsschädel, welcher nach 14C-Datierung von 420 bis 550 uZ stammt.

Fazit der Ausgräber in dem Artikel:

Es stehen zwei Datierungsansätze in der Diskussion. Das Marschlager stammt aus den

- Chattenkriegen (2. Hälfte 1. Jahrhundert uZ)

- Unternehmungen der 1. Hälfte des 3. Jahrhunderts

Die ältere Fibel unterstützt die Datierung in die Chattenkriege. Auch das gefundene Holzstück in der untersten Füllschicht des Spitzgrabens deutet eher auf Domitian.

Die jüngere Fibel könnte ein Hinweis auf Maximinus Thrax sein. Jedoch findet man diese Fibel in der obersten Füllschicht des Grabens. Wenn die Römer nun nicht den Graben selbst wieder verfüllt haben, lag der Bau des Marschlagers wohl schon länger zurück als die jüngere Fibel verloren ging.

Theoretisch könnte es ja auch sein, dass die Römer mehrmals diesen Ort aufgesucht haben. Jedoch ist der Zeitraum zwischen den beiden Ereignissen doch arg groß. Dann müsste man eher zwei Marschlager finden, welche sich sicherlich überschneiden müssten.

Mein Favorit ist hier Domitian. Wobei der Fundort an einen alten Ost-West-Korridor liegt, welche das Werra-/Wesertal über das Obereichsfeld mit dem Thüringer Becken verbindet. Dann wären die Römer unter Domitian wohl von der Werra aus gen Osten marschiert oder fanden sich von Osten kommend auf den Weg dorthin.

Es bleibt spannend hinsichtlich dieser neuen Fundstelle


Interessant ist der Kalbsschädel und die jüngere Fibel. Möglicherweise haben einheimische Germanen in dem dann jahrhundertealten Graben (oder was davon noch übrig war) ihren Müll entsorgt.
 
Wenn man sich heute vom Harzhorn nach Hachelbich begibt, liegt direkt an der kürzesten Verbindung und dazu noch genau auf halber Strecke der sogenannte Römerstein südwestlich von Bad Sachsa.

Der Römerstein ist eine natürliche Felsformation; wie er zu seinem Namen kam ist unbekannt. Hier die genauen Koordinaten: 51.575494, 10.524505
 
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