Kriegerinnen unter den Wikingern

Zu dem Wikingergrab in Bogøvej gibt es eine überraschende Meldung: Wikingergrab ja, die bestattete Frau soll aber angeblich slawischen Urprungs sein und aus dem Gebiet des heutigen Polen nach Dänemark gekommen.

Polish researcher identified possible grave of Slavic warrior woman in Denmark

Presse, zB LiveScience
Medieval Warrior Woman Found in a Viking Graveyard Was No Viking

Bild, Quelle polnischer Beitrag:
013C59EB-188A-4455-81B6-C55AA683666F.jpeg
 
Zu dem Wikingergrab in Bogøvej gibt es eine überraschende Meldung: Wikingergrab ja, die bestattete Frau soll aber angeblich slawischen Urprungs sein und aus dem Gebiet des heutigen Polen nach Dänemark gekommen.

Bei der Meldung ist mir zu viel Spekulation dabei. Vielleicht hat eine kommende wissenschaftliche Veröffentlichung mehr Substanz.
 
Eigentlich habe ich den Beitrag wegen der schönen Bilddarstellung gewählt...

Bei den Rückschlüssen sehe ich das ähnlich: wegen der Art der Bestattung und der Axt als einzelner Beigabe auf eine bestimmte lokale Abstammung/Herkunft zu schließen, ist schon gewagt. Nach der Überschrift hätte man eher eine Isotopen- oder Genanalyse vermutet. Beigaben können sonstwoher stammen.
 
Das Bild ist auch schön.

Ansonsten liegt neben der Axt, die von südlich der Ostsee stammen könnte, ja auch eine arabische Münze bei ...
 
http://scienceinpoland.pap.pl/en/news/news schrieb:
Women`s graves are most often equipped with axes, less frequently arrowheads or spears. In addition to real weapons, in numerous women`s graves there are also miniatures of weapons in the form of, for example, small shields, axes or swords.
Wenn ich hier richtig lese, soll das bedeutet, dass slawische Frauenbestattungen häufig mit Miniaturwaffen oder richtigen Äxten ausgestattet seien.
Den Versuch das ganze mit der isländischen Mythologie zu erklären, halte ich aber für eher daneben. Leider wissen wir zu wenig über die Abodriten und andere untergegangene Völker im Ostseeraum.

Kaum beachtet wurde auch, dass auch Birka 581 reich mit exotischen Grabbeigaben aus Osteueropa ausgestattet wurde. Im Grab fand sich eine silberne Mützenspitze, wie sie sonst nur aus Osteuropa bekannt.
 
Wie sieht es denn mit den Göttern der Wikinger aus? Die weiblichen Götter hatten doch wenig Bezug zu kriegerischen Handlungen. Die Götter, welche gewalttätige Handlungen unterstützten, sind doch ausschließlich Männer. Da stellt sich mir die Frage, wie die Kriegerinnen akzeptiert werden konnten, wenn die Männer kämpften, um mit den Göttern zu speisen? Welche Aussicht erhielten denn Kriegerinnen dann?
 
Hinsichtlich der Äxte als Beigabe stellt sich die Frage, was im nordischen Recht als Habe der Frau und was als Habe des Mannes galt. Vielleicht konnten Äxte ganz simpel rechtlich auch dem Teil des Hausrats zugeordnet werden, der der Frau gehörte. Bei diesen Fragen gibt es ja weltweit auf uns heutige Europäer seltsam wirkende Regelungen.

Ob Waffe oder Werkzeug ist bei einer Axt ja nicht unmittelbar klar.
 
Wie sieht es denn mit den Göttern der Wikinger aus? Die weiblichen Götter hatten doch wenig Bezug zu kriegerischen Handlungen. Die Götter, welche gewalttätige Handlungen unterstützten, sind doch ausschließlich Männer.
Freya war zwar nicht explizit eine Kriegsgöttin, wurde aber als Anführerin der Walküren gesehen, die erst recht einen Bezug zur Schlacht hatten.

Kämpfende "Schildjungfrauen" spielten in der nordischen Mythologie eine größere Rolle.
 
Historisches Vorbild der meisten Schildjungfrauen der nordischen Mythologie waren mächtige merowingische Königinnen. Die Sache mit dem Nibelungenlied müsste allgemein bekannt sein. Das geht sogar so weit, dass im Wölund-Lied der Lieder-Edda, die viel zitierte Walküre Hervör als Tochter von König Chlodwigs (so ein ähnlicher altnordischer Name) bezeichnet wird. Ansonsten taucht Hervör in einer anderen Saga als Gotin auf, die gegen Hunnen kämpft.
Es sind mehrere mächtige merowingische Regentinnen für ihre grausame Rachezüge und Intrigen bekannt, aber von keiner weiß die Geschichtsschreibung, dass sie selbst zu Schild und Schwert gegriffen hat.

Lediglich die mythologische Schildmaid Lathgertha wird nicht als Fränkin u.a. beschrieben.

Wegen des scheinbar slawischen Kontext waffenführender Frauengräber ist die ausgesprochen lückenhaft überlieferte slawische Mythologie eine naheliegende Erklärung. In der böhmischen Legende von Mägdekrieg gibt's jedenfalls eine ganze Armee aus Schildmaiden.
 
Ist halt die Frage, war die Westgotin Brunichildis Vorbild für die Walküre oder hatte man Brunichildis nach der Walküre benannt?
Ich sehe nicht den geringsten Hinweis darauf, dass es unter Goten oder Franken zu der Zeit üblich gewesen ist, seine Söhne und Töchter nach Fabelwesen zu benennen.
 
Brunichildis Eltern, das westgotische Königspaar, waren Christen. Es ergibt schlicht keinen Sinn, dass sie ihre Tochter nach einer Walküre benannt haben.

Es gibt auch keine Merowingerkönige die Frija, Wodan oder Donar hießen. Wenn bei den angelsächsischen Königen Woden und Co in den Stammbäumen vorkommen, handelt es sich jedoch nicht um historische Könige, sondern um eine sagenhafte Vorzeit.

Regierenden Königinnen gab es gelegentlich bei den Merowingern. In den nachfolgenden Jahrhunderten war es jedoch völlig unüblich, dass Mütter die Regierungsgeschäfte für ihre minderjährige Söhne übernahmen. Es ist gut möglich, dass das im Hochmittelalter nicht mehr verstanden wurde und die mächtigen Frauenfiguren der Merowingerzeit entsprechend zu Schildmaiden umgedeutet wurden. Die Schildmaid ist natürlich auch viel heroischer wie eine merowingische Witwe die eilig Urkunden mit ihrem Siegelring abstempelt und Klöster stiftet.
 
Brunichildis Eltern, das westgotische Königspaar, waren Christen. Es ergibt schlicht keinen Sinn, dass sie ihre Tochter nach einer Walküre benannt haben.
Ich glaube ja, um ehrlich zu sein, auch eher, dass Brunichildis Vorbild für die Walküre war und nicht umgekehrt. Hier Überlegungen dazu von mir 2009:

Ich denke auch, dass in der Siegfriedfigur durch Verwechslungen verschiedene Personen zusammenfallen. Sigibert I. hatten wir schon, der mit Brunichildis verheiratet war. Sigibert III. hatte eine Frau namens Chimnechild, was imho die Vorlage dafür sein könnte, dass Siegfried erst Brunhilde die Ehe verspricht, dann aber sie für Gunter wirbt und selber Kriemhild ehelicht.

Aber passt das noch zum Kriegerinnenthema?
 
So ganz überzeugend finde ich die Annahme, dass die Walküren auf fränkische Königinnen zurückgehen, nicht. Man sollte nicht übersehen, dass die meisten bekannten Walküren zu ihrem Beruf passende sprechende Namen mit Bestandteilen wie Kampf (hild), Speer oder Sieg hatten. Brynhild ist da keine Ausnahme.
 
Nachtrag:
Meine Skepsis bzgl. der Ableitung Brünnhildes/Brunhilds/Brynhilds von der fränkischen Königin Brunichildis resultiert auch aus der langen Überlieferungslücke zwischen der historischen Königin und dem Auftreten der Sagengestalt.
Brünnhilde/Brynhild taucht anscheinend erst in hochmittelalterlichen Quellen (Lieder-Edda, Prosa-Edda, Völsunga-Saga, Thidreks-Saga, Nibelungenlied) auf. Im aus dem 10. Jhdt. stammenden Waltharius hingegen wird sie nicht erwähnt, nur Gunther und Hagen.
Aber mir ist natürlich klar, dass man in Hinblick auf die wenige Literatur, die aus dem Frühmittelalter erhalten ist, mit Schlüssen vorsichtig sein muss.
Trotzdem, sonderlich viele Parallelen sehe ich zwischen der historischen Brunichildis und der Brunhild der Sage auch nicht.
 
Laut Rudolf Simek (Götter und Kulte der Germanen) seien die Walküren zuerst männliche Totendämonen, die durch eine "Akzentverschiebung" am "Ende der Wikingerzeit" weiblich geworden seien und in der Folge in der hochmittelalterlichen Dichtung mit anderen weiblichen Fabelwesen wie Disen, Nornen, Fylgien und der Märchenfigur des Mädchenkönigs vermengt worden. (Ich muss aber leider zugeben, dass diese ganze Etymologie um den Genus-Wechsel und seine semantischen Folgen nicht ganz nachvollziehen kann.)

Das könnte natürlich erklären, warum Walküren erst im Hochmittelalter in der Dichtung auftauchen, zeigt aber auch, dass das Topos der Schildmaid nicht allein auf Walküren zurückgeführt werden kann. Zu beachten ist auch, dass eine Frauengestalten wie Brunhild und Hervör in der einen Saga als irdische Schildmaid, in der anderen als überirdische Walküre daherkommen können, aber auf solche Eindeutigkeit scheint auch nicht so viel Wert gelegt worden zu sein.
In der Dichtung ist auch der Kontext zu beachten. Dass Brunhild wie Mann eine Rüstung und Waffen trägt, ihre Freier erst im Speer- und Steinwurf besiegt und anschließend umbringt, wirkt verglichen mit den noch phantastischen Aventuiren mit Drachen, Zwergen, Tarnkappen, Zauberringe usw. noch ziemlich prophan.
 
Durch die Geschicht gibt es immer wieder vereinzelte Berichte über kämpfende Frauen
Es gibt auch Berichte über kämpfende Frauen der Kimbern (Falls das hier ein zulässiges Beispiel ist, da es sich hier um einen - zumindest durch einige Autoren wie Plutarch und Cäsar als solchen bezeichnet - germanischen Stamm handelt.) Plut. Mar. 26,2 ; Oros. Hist. 5, 16, 17.
 
Sie werden allerdings nicht wirklich als aktive Kriegerinnen geschildert, sondern "nur" als Verteidigerinnen der Wagenburg.

Kämpfende Frauen werden von Cassius Dio (71. Buch) im Rahmen der Markomannenkriege Mark Aurels erwähnt.
In der Aurelian-Biographie (34. Kap.) in der Historia Augusta werden zehn gefangene gotische Kriegerinnen erwähnt, die in einem Triumphzug des Kaisers mitgeführt wurden.
 
Zurück
Oben