muck
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Wir verzetteln uns hier ein wenig, oder?
Es ging mir darum, aufzuzeigen, warum mich das oft vorgebrachte Argument nicht überzeugt, es könne keine Skjaldmaer (Schildjungfrauen) gegeben haben, weil die Sagas doch voll von unrealistischen Schilderungen seien.
Erstens handelt es sich um einen Trugschluss. Selbst eine erwiesene Lüge entlarvt nicht unweigerlich alle anderen Angaben aus derselben Feder als Lügen, solange sie wahr sein könnten; und was das anlangt, besteht in puncto Realismus doch ein Unterschied zwischen einem mythischen Wesen und einer Frau, die in den Krieg zog.
Doch vor allem irrt, wer da als gegeben annimmt, dass jene, die von Trollen und was nicht noch alles erzählten, wissentlich fabuliert hätten.
All diese scheinbaren Märchen könnten durchaus auf gutgläubigen Missverständnissen beruhen, etwa der Fehldeutung natürlicher Phänomene; oder jemand hat weitererzählt, was ihm von einer als absolut vertrauenswürdig geltenden Quelle berichtet wurde.
Ich behaupte: Könnten wir in die Vergangenheit reisen und uns mit den Dänen der Wikingerzeit unterhalten, sie würden uns ernsthaft und ohne jegliche Täuschungsabsicht versichern, dass es Drachen, Trolle und all das andere Viehzeug wirklich gibt.
Kontrovers erscheint mir diese Behauptung nicht.
In Island ist der Glaube an Trolle, Feen und Zwerge noch dermaßen verbreitet, dass noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts Baugenehmigungen bisweilen verweigert wurden, weil man im Gemeinderat der Ansicht war, die Arbeiten würden die hiesige Trollpopulation stören.
In Saudi-Arabien gilt die Existenz von Magie und Zauberei als solch unumstößliche Tatsache, dass bis heute eine Art Inquisition unterhalten wird und gelegentlich sogenannte Hexen öffentlich hingerichtet werden.
Angesichts solcher Beobachtungen hege ich keinen Zweifel, dass die Sagas Dinge beschreiben, die ihre Zeitgenossen allermindestens für möglich und glaubwürdig hielten.
Sehr viel interessanter erscheinen mir daher die "technischen" Fragen, denen man sich gerne auch im Wege der Analogie nähern kann.
Zunächst einmal fällt mir spontan keine Kultur ein, die nicht wenigstens Geschichten von einer Kriegerin hervorgebracht hätte.
Das führt uns zur Biologie: Könnten die Geschichten wahr sein?
Die weibliche Physis ist der männlichen, was Körperkraft und Körpergröße (→ Reichweite) anlangt, unterlegen. In der physischen Auseinandersetzung zwischen einem Mann und einer Frau zieht deswegen meist die Frau den Kürzeren.
Doch zeigt beispielsweise der Blick in den Spitzensport der Moderne, dass zwar nicht viele Frauen körperlich mit Männern mithalten können, aber die Zahl andererseits nicht null ist.
Es könnte also "Kriegerinnen" bei den sogenannten Wikingern gegeben haben – wenn denn die soziologischen Voraussetzungen gegeben wären.
Aber selbst diese Feststellung lässt sich noch dahingehend qualifizieren, dass im christlichen Europa das Mittelalters die soziologischen Voraussetzungen für Kombattantinnen unzweifelhaft nicht bestanden und sie dennoch gelegentlich auftraten.
Es fehlt mithin an offensichtlichen Gründen, warum es unter den sog. Wikingern keine Kriegerinnen gegeben haben sollte.
Bleibt als Letztes: Wenn es Kriegerinnen gab, müssten Zeugnisse ihrer Existenz, ihres Wirkens zu finden sein.
Zunächst einmal, die literarischen und historischen Quellen: Es lässt sich behaupten, dass solche Quellen vorliegen, etwa in Gestalt der Sagas. Es fragt sich, wie diese Quellen zu werten sind; aber das habe ich oben nachzuvollziehen versucht.
Bei Quellen aus christlicher Zeit kommt erschwerend hinzu, dass hier ein wachsender zeitlicher Abstand und außerdem ein Motiv vorliegen, das "heidnische" Zeitalter zu diskreditieren.
Solider als Beweis wären archäologische Funde, wobei hier v.a. an sterbliche Überreste zu denken wäre. Da freilich ist die Fundlage mau.
Natürlich ist das letzte Wort damit noch nicht gesprochen; die Magazine quellen ohnehin nicht gerade über vor identifizierbaren Skeletten aus dem frühen Mittelalter – und wer weiß, was in der Zukunft alles ausgebuddelt werden wird. Auch wäre es nicht das erste Mal, dass ein Artefakt vom Finder falsch beschrieben worden wäre.
Trotzdem ist der Mangel an sterblichen Überresten von Kombattantinnen bemerkenswert.
Habe ich etwas vergessen, übersehen?
Wenn nicht, scheint mir in der Gesamtschau die sicherste, weil am besten zu unterfütternde Annahme zu sein: Ja, es gab anscheinend Kriegerinnen in den Reihen der Völker, die wir als Wikinger bezeichnen, aber sie waren Ausnahmeerscheinungen, die von bestimmten politischen oder sozialen Rahmenbedingungen profitierten.
Es ging mir darum, aufzuzeigen, warum mich das oft vorgebrachte Argument nicht überzeugt, es könne keine Skjaldmaer (Schildjungfrauen) gegeben haben, weil die Sagas doch voll von unrealistischen Schilderungen seien.
Erstens handelt es sich um einen Trugschluss. Selbst eine erwiesene Lüge entlarvt nicht unweigerlich alle anderen Angaben aus derselben Feder als Lügen, solange sie wahr sein könnten; und was das anlangt, besteht in puncto Realismus doch ein Unterschied zwischen einem mythischen Wesen und einer Frau, die in den Krieg zog.
Doch vor allem irrt, wer da als gegeben annimmt, dass jene, die von Trollen und was nicht noch alles erzählten, wissentlich fabuliert hätten.
All diese scheinbaren Märchen könnten durchaus auf gutgläubigen Missverständnissen beruhen, etwa der Fehldeutung natürlicher Phänomene; oder jemand hat weitererzählt, was ihm von einer als absolut vertrauenswürdig geltenden Quelle berichtet wurde.
Ich behaupte: Könnten wir in die Vergangenheit reisen und uns mit den Dänen der Wikingerzeit unterhalten, sie würden uns ernsthaft und ohne jegliche Täuschungsabsicht versichern, dass es Drachen, Trolle und all das andere Viehzeug wirklich gibt.
Kontrovers erscheint mir diese Behauptung nicht.
In Island ist der Glaube an Trolle, Feen und Zwerge noch dermaßen verbreitet, dass noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts Baugenehmigungen bisweilen verweigert wurden, weil man im Gemeinderat der Ansicht war, die Arbeiten würden die hiesige Trollpopulation stören.
In Saudi-Arabien gilt die Existenz von Magie und Zauberei als solch unumstößliche Tatsache, dass bis heute eine Art Inquisition unterhalten wird und gelegentlich sogenannte Hexen öffentlich hingerichtet werden.
Angesichts solcher Beobachtungen hege ich keinen Zweifel, dass die Sagas Dinge beschreiben, die ihre Zeitgenossen allermindestens für möglich und glaubwürdig hielten.
Sehr viel interessanter erscheinen mir daher die "technischen" Fragen, denen man sich gerne auch im Wege der Analogie nähern kann.
Zunächst einmal fällt mir spontan keine Kultur ein, die nicht wenigstens Geschichten von einer Kriegerin hervorgebracht hätte.
Das führt uns zur Biologie: Könnten die Geschichten wahr sein?
Die weibliche Physis ist der männlichen, was Körperkraft und Körpergröße (→ Reichweite) anlangt, unterlegen. In der physischen Auseinandersetzung zwischen einem Mann und einer Frau zieht deswegen meist die Frau den Kürzeren.
Doch zeigt beispielsweise der Blick in den Spitzensport der Moderne, dass zwar nicht viele Frauen körperlich mit Männern mithalten können, aber die Zahl andererseits nicht null ist.
Es könnte also "Kriegerinnen" bei den sogenannten Wikingern gegeben haben – wenn denn die soziologischen Voraussetzungen gegeben wären.
Aber selbst diese Feststellung lässt sich noch dahingehend qualifizieren, dass im christlichen Europa das Mittelalters die soziologischen Voraussetzungen für Kombattantinnen unzweifelhaft nicht bestanden und sie dennoch gelegentlich auftraten.
Es fehlt mithin an offensichtlichen Gründen, warum es unter den sog. Wikingern keine Kriegerinnen gegeben haben sollte.
Bleibt als Letztes: Wenn es Kriegerinnen gab, müssten Zeugnisse ihrer Existenz, ihres Wirkens zu finden sein.
Zunächst einmal, die literarischen und historischen Quellen: Es lässt sich behaupten, dass solche Quellen vorliegen, etwa in Gestalt der Sagas. Es fragt sich, wie diese Quellen zu werten sind; aber das habe ich oben nachzuvollziehen versucht.
Bei Quellen aus christlicher Zeit kommt erschwerend hinzu, dass hier ein wachsender zeitlicher Abstand und außerdem ein Motiv vorliegen, das "heidnische" Zeitalter zu diskreditieren.
Solider als Beweis wären archäologische Funde, wobei hier v.a. an sterbliche Überreste zu denken wäre. Da freilich ist die Fundlage mau.
Natürlich ist das letzte Wort damit noch nicht gesprochen; die Magazine quellen ohnehin nicht gerade über vor identifizierbaren Skeletten aus dem frühen Mittelalter – und wer weiß, was in der Zukunft alles ausgebuddelt werden wird. Auch wäre es nicht das erste Mal, dass ein Artefakt vom Finder falsch beschrieben worden wäre.
Trotzdem ist der Mangel an sterblichen Überresten von Kombattantinnen bemerkenswert.
Habe ich etwas vergessen, übersehen?
Wenn nicht, scheint mir in der Gesamtschau die sicherste, weil am besten zu unterfütternde Annahme zu sein: Ja, es gab anscheinend Kriegerinnen in den Reihen der Völker, die wir als Wikinger bezeichnen, aber sie waren Ausnahmeerscheinungen, die von bestimmten politischen oder sozialen Rahmenbedingungen profitierten.