Kriegerinnen unter den Wikingern

"Waffenträgerin" ist ein sehr guter Begriff, er ist sehr nah am archäologischen Befund.

Je nach Kontext und sozialer Rolle kann das vom Repräsentations- und Machtsymbol, über den Alltags- und Gebrauchsgegenstand bis zum als Waffe gedachten und eingesetzten Messer reichen.

Das alles ändert nichts daran, dass eine Frau in der Führung einer Angriffswaffe unterlegen ist. Bei geringerer Größe, Statur, ungünstigeren Hebelverhältnissen und relativ geringerer Muskelmasse wird sie einem Mann immer unterlegen sein. Selbst wenn sie ein 2kg-Schwert führen kann: sie kann es nicht schnell genug beschleunigen oder abbremsen.

Und ihre Gegner waren/wären in der Alltagsarbeit trainierte Männer. Für gleiche Trainingsequivalenz hätte sie das körperlich anstrengende Leben eines Bauern führen müssen, oder den Luxus eines täglichen Waffentrainings unter Anleitung, analog dem Gladiatorentraining. Dafür ist in der Rolle einer Frau kein Raum. Ausgeschlossen.

Eine mit Waffen, als Insignien der Macht, ausgestattete Frau ist und wird nicht damit zur Kriegerin.
 
Vor ein paar Jahren hatte ich die 18 'Ruinen' der zeitweiligen Wikingerniederlassung in L’Anse aux Meadows; Newfoundland, besucht. Dortige 'vistor's guides' erklaerten, dass zwei der 'Ruinen' sog. 'Frauenhaeuser' gewesen waren, d.h. dort lebten Maedchen/Frauen deren einzige, traditionelle Aufgabe es gewesen war, Maenner bei ihrer Arbeit zu unterstuetzen; sich um das Wohlsein des Mannsvolkes zu kuemmern, i.e. zu kochen, zu flicken, Wunden zu pflegen und diese logischerweise auch auf auf ihren Reisen zu begleiten.
Archaeologen haben keine geringsten Anhaltspunkte dafuer, dass L’Anse aux Meadows-Wikingerfrauen um anno ~1100 jemals in Hand-zu-Hand Kaempfen mit 'Indianern' verwickelt gewesen seien.

Ungeachtet verbluemter Heldensagen und Legenden, galt ubiquitaer ein nicht-Krieger-Status fuer Wikingerfrauen.
Raison d'être fuer die Praesenz der Vikinger in und an fremden Gebieten war doch sowieso nur deren ungebaendigte Gier an Pluender- und Raubzuegen gewesen. (vor allem an Silber) Daher ist es doch nur logisch, dass das Wikingermannsvolk auf ihren Reisen von ihren Frauen als unterstuetzendes Personal begleitet wurden. (Uebrigens hatte Nelson auch Frauen und Kinder auf seinen Kriegsschiffen geduldet)

A HISTORY OF THE VIKINGS: A History of the Vikings

Saxo Grammaticus (1160-1220), ein dänischer Theologe und Historiker, schrieb, dass sich die Frauen der Wikinger im 8. Jht als Männer verkleideten und an der Schlacht von Bravellir teilnahmen.
Johannes Skylitzes (ca. 1040-1101), ein griechischer Historiker und Schriftsteller, schrieb, dass Wikingerfrauen im Jahr 971 n. Chr. an der Schlacht gegen die Bulgaren mitkaempften.
Freydis Eiriksdottir (ca. 970 - unbekannt) war laut der Sage von Erik dem Roten die Halbschwester des Entdeckers Leif Erickson. Freydis macht sich in der Sage auf den Weg, Eingeborene in Vinland (‘Weintraubenland’, wegen seiner wildwachsenden Weintrauben), d. h. in Nordamerika, anzugreifen. Wie die Sage erzählt, schrie sie den Männern zu:

„Warum rennt ihr vor solchen wertlosen Kreaturen davon, ihr seid doch stämmige Männer! Wenn ihr sie doch, wie ich schaetze, wie Vieh abschlachten könntet? Gebt mir eine Waffe! Ich weiß, dass ich besser kämpfen kann als jeder von euch.“
In einer anderen, alten skandinavischen Legende soll Freydis daraufhin ein Schwert an sich gerissen, und die Eingeborenen davongejagt haben. ...Wie romantisch.
Historiker hingegen sind davon ueberzeugt, dass Wikingerfrauen nicht als Kombattanten an Raubzuegen beteiligt gewesen waren und dass gegenteilige Beschreibungen pure Fiktionen darstellen:

"Es gibt keine zuverlässigen Beweise dafür, dass Wikingerfrauen jemals als Kombattanten an der Seite ihrer Männer gekämpft hatten, aber es ist bekannt, dass zumindest einige der Kombattanten der großen Wikingerheere, die in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts in Westeuropa aktiv waren, von ihren Ehefrauen und Familien begleitet wurden. Diese Frauen leisteten der Armee nützliche Unterstützung indem sie kochten und die Verwundeten versorgten.”
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Das alles ändert nichts daran, dass eine Frau in der Führung einer Angriffswaffe unterlegen ist. Bei geringerer Größe, Statur, ungünstigeren Hebelverhältnissen und relativ geringerer Muskelmasse wird sie einem Mann immer unterlegen sein. Selbst wenn sie ein 2kg-Schwert führen kann: sie kann es nicht schnell genug beschleunigen oder abbremsen.
Als jemand mit HEMA-Erfahrung (Fiore dei Liberi und etwas Liechtenauer) muss ich sagen, dass Du Dir völlig falsche Vorstellungen machst.

Eine Blankwaffe ist ein Kraftmultiplikator und darauf optimiert, möglichst ohne Anstrengung benutzt zu werden. Ein Schwert zu führen kostet nicht allzu viel Kraft. Gerade Deine Aussage über das Beschleunigen und Abbremsen irritiert mich, im Schwertfechten hat niemand damit ein Problem. Wie auch? Der Schwerpunkt der Waffe liegt nahe beim Gehilz, also an der Führhand.

Wir haben mehr als genug Hinweise aus vielen Kulturen und Jahrhunderten, um nicht daran zu zweifeln, dass zwölfjährige Knaben, Greise und eben auch Frauen mit Blankwaffen umgingen und umgehen konnten. Dazu waren sie da, dem Träger einen Vorteil über das Maß seiner Kraft hinaus zu verleihen.

Problematisch für jene mit geringerer Konstitution ist etwas ganz anderes: Erstens, das Kämpfen über längere Zeiträume. Diese Frage würde sich aber nur im Kontext von Schlachten stellen, vielleicht auch bei Holmgängen. Zweitens, Fechten kann schnell zu Ringen werden. Hier wäre eine Frau in der Regel unterlegen, aber mit dem Kampf mit Blankwaffen an sich hat das nichts zu tun.

Übrigens würde ich noch einwenden, dass die im Kontext der betrachteten Epoche wichtigste Waffe der Speer gewesen sein dürfte. Das Schwert war den reichsten vorbehalten. Und gerade den Speer zu führen ist überraschend einfach und kostet wenig Kraft, weshalb er ja auch die Waffe war, die man jedem vom Feld aufgelesenen Jüngling in die Hand drückte, selbst wenn er von Tuten und Blasen keine Ahnung hatte.
Für gleiche Trainingsequivalenz hätte sie das körperlich anstrengende Leben eines Bauern führen müssen
Die meisten Frauen arbeiteten ja auch in der Landwirtschaft.
, oder den Luxus eines täglichen Waffentrainings unter Anleitung, analog dem Gladiatorentraining.
Das halte ich für übertrieben. Die Masse der Männer damals dürfte auch keine strukturierte, geschweige denn tägliche Ausbildung genossen haben. Das war vielleicht etwas für einen Häuptlingssohn oder Huscarl, aber nicht für den Bauern Sverre.
 
Ballistische Bewegungen: Du beschleunigst Deinen Arm. Bist Du trainiert und muskulös, kannst Du die Waffe sowohl besser beschleunigen als auch abbremsen, um vom Hieb zum Stich überzugehen. Bist Du zu schwach, hat Dich der Stich des Gegners erreicht, während Du noch die Waffe abbremst, Du bist Opfer Deiner eigenen kinetischen Energie.

Wir hatten eine ähnliche Diskussion schon einmal, über die Überlegenheit römischer Legionäre im Kampf mit Barbaren. Die meisten römischen Darstellungen zeigen den Stich aus der Deckung heraus, und die wiederum ist im taktischen Verbund.
 
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Ballistische Bewegungen: Du beschleunigst Deinen Arm. Bist Du trainiert und muskulös, kannst Du die Waffe sowohl besser beschleunigen als auch abbremsen, um vom Hieb zum Stich überzugehen.
Ob das aber eine große Rolle spielt hängt sowohl von der Art der Waffe ab, die du nutzt, als auch von der Art und Weise, wie du einen Kampf angehst.

Wenn du es mit einem Gegner zu tun hast, der stärker und schneller ist als du, ist dein bevorzugtes Mittel nicht der Angriff, sondern der Gegenangriff. Idealerweise versucht du dann, dem Angriff deines Gegenüber auszuweichen oder ihn mit relativ geringe Kraftaufwand, nicht unbedingt frontal zu blocken, sondern von dir weg zu lenken.
Und wenn das deine Rolle in einem Zweikampf ist, wirst du selten vor dem Problem stehen vom Hieb zum Stich überzugehen, sondern du gehst tedenziell eher von der Parade zum Stich über, wenn sich die Gelegenheit bietet. (sofern wir über Schwerter und verwandte Waffen reden).

Als körperlich eindeutig unterlegener Kämpfer gehst du nicht in die Offensive und veranstaltest Angriffsserien deren koordination für dich selbst zur Falle werden können und die dich mehr Energie kosten als deinem Gegenüber, der sie mit weniger Aufwand abfangen kann, in der Konstellation gehst du den Gegner nur dann an, wenn du eine exponierte Schwachstelle angreifen kannst und ziehst dich sofort wider in die Defensive zurück, wenn der erste Angriff darauf fehlschlägt.
 
Aus den Erfahrungen im Mittelalterbereich kann ich sagen, das gut trainierte Frauen nicht zwingend immer unterlegen sind. Hier kommt es tatsächlich viel auf die Fähigkeiten der Gegner an.
 
Aus den Erfahrungen im Mittelalterbereich kann ich sagen, das gut trainierte Frauen nicht zwingend immer unterlegen sind.
Das wollte ich auch gar nicht unterstellen, nur ist @Pardela_cenicienta ja explizit jedenfalls von geringerer Muskelmasse und daraus resultierenden Koordinierungsproblemen ausgegangen.

Nur wird sich ein Kämpfer oder eine Kämpferin der oder die bei der Muskulatur eindeutige Nachteile hat und das auch sieht, in der Regel nicht derartig offensiv verhalten, das die oben beschriebene Problematik greift.
 
Gegen technisch gleichwertige und körperlich überlegene Gegner geht so ein Kampf nicht gut aus, generell hat die Frau natürlich Nachteile, aber bei entsprechender Gegnerwahl und/oder im Team sind die Chancen nicht schlecht.
 
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