Wo lagen "Ad pontes Tesseninos"

Tradierte Ortsnamen wie "Köchel" oder "Kochel" (Reitzensteins Verweis auf pfälzisch erscheint mir etwas hergeholt, vielmehr könnte eine gemeinsame Wurzel zugrunde liegen) belegen eine kontinuierliche Besiedelung zumindest von kleinen Gruppen, deren Ortsbezeichnungen dann von den Zuwanderern übernommen sind.

Ich sehe den Beleg nicht. Sobald ein Wort im Deutschen heimisch geworden ist, können damit deutsche Namen gebildet werden. Das ist der Fall bei den "Mauer"- oder "Weil(er)"-Orten. Hier wurden eben offensichtlich keine alten Ortsbezeichnungen tradiert.

Und dass es Ausnahmen von den strengen Formen der Lautverschiebung gab
Auf "Ausnahmen", die durch nichts begründet sind, kann man halt keine Hypothesen bauen. Sonst kann man jeden Namen auf jedes beliebige Wort zurückführen. Über solche "Hypothesen" braucht man nicht zu diskutieren.

Nun habe ich die These in einem Aufsätzchen von 1904 gefunden. Da heißt es:
"... ließe sich Luenzina wohl aus Laiancina herleiten. Nur verlange man nicht eine lautgesetzliche Begründung, wie aus -aian- im Verlaufe von mehr als 1000 Jahren im Munde der Römer, Slaven und Deutschen -uen-, -ien- geworden ist."
Beiträge zur Tirolischen Namenforschung : Hintner, Val. (Valentin), 1843- : Free Download, Borrow, and Streaming : Internet Archive

Wenn für eine "Herleitung" auf wissenschaftliche Begründungen verzichtet werden muss, dann ist es halt keine wissenschaftlich begründbare Herleitung.
 
Ich sehe den Beleg nicht. Sobald ein Wort im Deutschen heimisch geworden ist, können damit deutsche Namen gebildet werden. Das ist der Fall bei den "Mauer"- oder "Weil(er)"-Orten. Hier wurden eben offensichtlich keine alten Ortsbezeichnungen tradiert.
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wäre es dann (wenn zwei Begriffe das gleiche meinen) nicht zu erwarten, dass ein Begriff den anderen verdrängt?
Hier ist aber doch feststellbar, dass zwei unterschiedliche Worte ("Köchel" und "Bichel" bei Ohlstadt / Eschenlohe m Murnauer Moos) die gleiche Geländeform bezeichnen.
Das deutet doch eher darauf hin, dass hier zwei Bevölkerungsschichten nebeneinander lebten, und letztendlich die ältere (romanische) Namensform "Köchel" (wie Kochel oder Kogel in unterschiedlicher Dialektform) tradiert übernommen wurden.
Die Diskussion um die Namensähnlichkeit von Pontes Tesseninos und Poennespergh ist ein interesanter "Nebenkriegsschauplatz". Ich möchte diese Diskussion nicht abbrechen, bin allerdings viel zu wenig sprachlich geschult, um da fundiert mitreden zu können. Diese Diskussion muss ich den sachkundigen Forumsmitgliedern überlassen.

Gut, und zurück zum Thema - dann bleiben auch ohne diesen "Nebenkriegsschauplatz" immer noch die drei mögliche Lokalisierungen für die "pontes Tesseninos" übrig:
  1. = an der nachgewiesenen Römerstraße von Gauting über Pähl und Weilheim - Murnau nach Partenkirchen (am Ammerübergang bei Raisting / Wielenbach gelegen, wo wohl mehrere Straßen die Ammer gequert haben)
  2. = bei Penzberg (Poennespergh, auch ohne diese sprachliche Verbindung, die allerdings ein Mosaiksteinchen für die These von Heydenreuter wäre) an einer vermuteten Ost-West-Verbindung zwischen Kempten und Rosenheim - Salzburg mit Querung der Loisach
  3. = bei Großweil von Norden (Sindesldorf, Zell, Kleinweil) her zwischen dem Kochelseemoor und dem Königsberg entlang führend.

Die letzten beiden Alternativen würden eine Straßentrassierung zwischen Starnberger (Würm-) See und Isar voraussetzen. Da gibt es zwar mit "Walchstatt" einen Ortsnamen, der auf eine romanische Ansiedlung hinweisen könnte - und diverse Ausführungen bei Mayer-Westermayer (Bd. III) zu angeblich römischen Mauerresten; seinerzeit hat man aber wohl alle aus Buckelquadern gefertigten Mauern den Römern in die Schuhe geschoben.
 
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Ich sehe den Beleg nicht. Sobald ein Wort im Deutschen heimisch geworden ist, können damit deutsche Namen gebildet werden. Das ist der Fall bei den "Mauer"- oder "Weil(er)"-Orten. Hier wurden eben offensichtlich keine alten Ortsbezeichnungen tradiert.
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"offensichtlich" sehe ich überhaupt nichts.

Bei den "Köcheln" (wohl aus lateinisch Cucullus) im Murnauer Moor haben wir eine nachweisliche archälogische Befundung von der Zeitenwende bis zum 4./5. Jh. vor uns:
Quellen
Kleine Mitteilungen.
journals.ub.uni-heidelberg.de › article › download
und Wikipedia:
Im Sommer 1934 wurde ein über 4,5 Meter breiter römischer Prügelweg mit Kiesauflage im südlichen Teil des Mooses entdeckt[4] Diese überaus aufwendige Straße, für die 66.000 Knüppel, 3000 Tonnen Ton und Lehm sowie 5000 Tonnen Kies beschafft werden mussten, wurde dem Historiker Werner Zanier zufolge im Jahr 43 n. Chr. für den von der Eroberung Britanniens über Mainz (Mogontiacum mit dem Drususstein seines Vaters) nach Rom zurückkehrenden römischen Kaiser Claudius angelegt.[5]
Auf dem mittlerweile verschwundenen Moosberg waren noch bis in die 1920er Jahre Reste einer römischen Siedlung und Befestigung aus dem 3./4. Jh. n.C. zu sehen,[2][3] die sicherlich in Zusammenhang mit der hier vorbeiführenden Via Raetia zu sehen ist.
Zeit genug also, die herausragenden und markanten Inselberge im Moor zu benennen. Und warum sollten diese Bezeichnungen dann nicht auch bei der germanischen Einwanderung (bzw. Germanisierung einer Restbevölkerung) nicht auch beibehalten worden sein?
Das setzt aber eine romanische Restbevölkerung voraus, die diese Namen dann auch weitergeben konnte. Und was bei den "Köcheln" im Murnauer Moos war, ist beim "Kochel" (Chochalon) am Kochelsee mit Sicherheit nicht anders.
 
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Gut, und zurück zum Thema - dann bleiben auch ohne diesen "Nebenkriegsschauplatz" immer noch die drei mögliche Lokalisierungen für die "pontes Tesseninos" übrig:
  1. = an der nachgewiesenen Römerstraße von Gauting über Pähl und Weilheim - Murnau nach Partenkirchen (am Ammerübergang bei Raisting / Wielenbach gelegen, wo wohl mehrere Straßen die Ammer gequert haben)....
dazu schon
Beyträge zur vaterländischen Historie, Geographie, Statistik und ..., Band 4
von Lorenz von Westenrieder S, 61
Viele sind der Meinung, daß die Römerstraße von Pontes Tessenii nach Parthanum im Itinerario ihre Richtung durch das Murnauer Moos genommen habe. Es wäre dieser freilich der geradeste und nächste Weg. …
, der im Übrigen auf Seiten 63 f auf weitere "Köchel" beim Wurmannsau (nördlich von Unterammergau an der Ammer) und einen "Kofel" bei Oberammergau hinweist. Gleichzeitig befinden sich bei Unterammergau der Kappelbichl, der Rote Bichl und ein Grünbichl,, also wieder zwei unterschiedliche Bezeichnungen für eine gleichartige Geländeform (wobei sich m.W. nach die "Köchel" oder "Kofel" Bezeichnungen ausschließlich in dem Gebiet finden, das in der Antike zum römischen Reich gehörte).
Auch dort dokumentiert der Bayerische Denkmalschutzatlas inzwischen eine römische Straßenverbindung.
 
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wäre es dann (wenn zwei Begriffe das gleiche meinen) nicht zu erwarten, dass ein Begriff den anderen verdrängt?
Du meinst mit "Begriff" wahrscheinlich "Wort".

Also: "wäre es dann (wenn zwei Wörter denselben Begriff meinen) nicht zu erwarten, dass ein Wort das andere verdrängt?"

Die Frage ist, ob sie exakt denselben Begriff meinen. Dass es verschiedene Wörter für fast gleiche Begriffe gibt, ist nicht ungewöhnlich. Und Bedeutungen von Wörtern können sich im Lauf von Generationen verschieben.

Hier ist aber doch feststellbar, dass zwei unterschiedliche Worte ("Köchel" und "Bichel" bei Ohlstadt / Eschenlohe m Murnauer Moos) die gleiche Geländeform bezeichnen.

Die Köchel tragen, so weit ich sehe, einwandfrei deutsche Namen: "Steinköchel", "Weghausköchel", "Langer Köchel", "Wiesmahdköchel". Diese Namen hat sich garantiert keine romanische Bevölkerung ausgedacht! Diese Namen wurden zweifelsfrei von einer deutschsprachigen Bevölkerung vergeben, zu deren Wortschatz eben das deutsche Wort "Köchel" gehörte.

"offensichtlich" sehe ich überhaupt nichts.

Dann muss ich noch einmal ausholen:
Es ist offensichtlich, dass Ortsnamen mit der Bedeutung 'Mauer' in Gebieten mit romanischer Siedlungskontinuität sehr selten, jedoch in (vormals römischen) Gebieten mit deutscher Besiedlung ziemlich häufig sind.
Der Grund ist ebenfalls offensichtlich: Bei den Römern waren Gebäude aus Stein völlig alltäglich, das Vorhandensein einer Mauer war also kein hervorstechendes Merkmal, welches Anlass zur Benennung eines Ortes gegeben hätte. Im Gegensatz dazu waren germanische Gebäude aus Holz, das Vorhandensein gemauerter Strukturen durchaus eine Besonderheit. Daher konnten germanische Siedlungen, die an Orten verlassener (!) römischer Siedlungen, angelegt wurden, ohne weiteres den Namen 'Mauer' annehmen.
Beispiele: Mauern bei Freising, Maur (Kanton Zürich), Muri (mehrere Schweizer Ortsnamen)

Dasselbe gilt von 'Villa'. Solange die Gegend voll mit römischen Villen war, war "Villa" (ohne weitere Zusätze) kein sinnvoller Ortsname. Nur dort, wo germanische Neuansiedler (im Unterschied zu den Nachbarsiedlungen) den Ort einer verlassenen Villa (deren ursprünglichen Name kein Mensch mehr kannte) wählten, konnte die althochdeutsche Bezeichnung "Wila" sich als Ortsname etablieren.

Bei den ältesten Mauer- und Weil(er)-Orten handelt es sich also um germanische Neubenennungen verlassener römischer Orte!

Seitdem das Wort "Weiler" im Deutschen allgemein gebräuchlich ist und mehr oder weniger dasselbe wie ein "Dorf" bezeichnet, wurden natürlich auch Tausende "Weiler" an Orten gegründet, an denen niemals ein Römer gesiedelt hat.
Eine willkürliche Auswahl: Liste der Orte im Landkreis Ansbach – Wikipedia
Binsenweiler, Eckartsweiler, Gumpenweiler, Hilpertsweiler, Neuweiler, Rödenweiler, Veitsweiler, Volkertsweiler, Weiler am See, Wüstenweiler

Die offensichtlich mit deutschen Bestimmungswörtern gebildeten "-weiler"-Namen im Landkreis Ansbach setzen ebensowenig wie die mit deutschen Bestimmungswörtern gebildeten "-köchel"-Namen im Landkreis Garmisch-Partenkirchen eine romanische Restbevölkerung voraus.
 
Gut, und zurück zum Thema - dann bleiben auch ohne diesen "Nebenkriegsschauplatz" immer noch die drei mögliche Lokalisierungen für die "pontes Tesseninos" übrig
Ich mache mal einen anderen Vorschlag. Dieser geht von zwei Gedanken aus:
- Zweifelsfrei lokalisiert sind die Punkte Augusta Vindelicum (Augsburg) und Veldidena (Wilten). Die Lage der Stationen dazwischen erachte ich als fraglich.
- Die im Itinerarium genannten Entfernungen zwischen den einzelnen Stationen könnten im Wesentlichen korrekt sein:
Augsburg = Augusta Vindelicorum
27 Meilen = 40,5 km​
Ambra
40 Meilen = 60 km​
Pontes Tesseninos
20 Meilen = 30 km​
Parthanum
23 Meilen = 34,5 km​
Wilten = Veldidena

Gemäß den Angaben des Itinerarium Antonini ergeben sich 110 römische Meilen zwischen Augsburg und Wilten.
Tatsächlich gibt es aus Wilten einen Meilenstein, der 110 Meilen ab Augsburg angibt:
Epigraphische Datenbank Heidelberg
Oberhalb von Zirl wurde ein Meilenstein mit der Zahl "98" gefunden:
Epigraphische Datenbank Heidelberg
Südlich von Mittenwald wurde ein Meilenstein mit der Angabe "85 Meilen" gefunden:
Epigraphische Datenbank Heidelberg
Das heißt, die Station "Parthanum" müsste südlich von Mittenwald zu suchen sein und kann demnach nicht mit Partenkirchen identifiziert werden.

Dann wäre "Ad Pontes Tesseninos" etwa bei Eschenlohe zu suchen.
 
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Die Köchel tragen, so weit ich sehe, einwandfrei deutsche Namen: "Steinköchel", "Weghausköchel", "Langer Köchel", "Wiesmahdköchel". Diese Namen hat sich garantiert keine romanische Bevölkerung ausgedacht! Diese Namen wurden zweifelsfrei von einer deutschsprachigen Bevölkerung vergeben, zu deren Wortschatz eben das deutsche Wort "Köchel" gehörte.
...
Die offensichtlich mit deutschen Bestimmungswörtern gebildeten "-weiler"-Namen im Landkreis Ansbach setzen ebensowenig wie die mit deutschen Bestimmungswörtern gebildeten "-köchel"-Namen im Landkreis Garmisch-Partenkirchen eine romanische Restbevölkerung voraus.
erst einmal - danke für die Erklärung.

Mir ist jetzt klar, dass Du die Geländebezeichnung "Köchel" oder "Kochel" als germanisiert unterstellst, und dann mit entsprechenden Ergänzungen (Stein..., Weghaus ..., Lang... ,Wiesmahd ...) als nun originär germanischen Ursprungs gelten lassen willst.
Ein blödes Beispiel in Deinem Sinn: Fenster ist auch romanischen Ursprungs, aber deshalb würde niemand bei Worten wie "Kirchenfenster" oder "Schaufenster" auf den Gedanken kommen, hier originär Römer oder Romanen am Werk zu sehen.
Nun handelt es sich bei diesen "technischen Begriffen" um bewegliche, mobile Gegenstände - wie ist das aber bei immobilen Landmarken wie den markanten "Köcheln", den Inselbergen am Kochelsee, im Murnauer Moor oder im Moor bei Altenau / Wurmannsau nördlich von Unterammergau?
Und wie hat sich der Bergname "Kofel" /aus lat. cubulum) bei Oberammergau ohne eine verbindende ortsansässige Bevölkerung erhalten?

Ich frage mich , wie denn dieser zunächst lateinisch / romanische Name Cucullus über Chichalun (genauso wie die unstreitigen Ortsbezeichnungen von Pähl oder Partenkirchen) in den germanischen Sprachgebrauch übergewechselt ist. Da muss doch eine gewisse Kontinuität vorhanden sein.

Und dann ergänzend aus Gerhard Ernst, Martin-Dietrich Gleßgen, Christian Schmitt, Wolfgang Schweickard (S. 702)
Im Salzburger Becken in der Salzachromania ist ein dichtes Netz von germanischen ON bezeugt, aber auch die für lang anhaltende Kontinuitätszonen typischen Namenspaare …, romanische PN (z.B. Ledi < Latinus; Minigo < Dominicus), die auch im bairischen Voralpengebiet auftreten.
Deine Erklärung spricht also eher für eine längere Kontinuität von romanischer und germanischer Besiedlung als für das Gegenteil.
Weiter wird dort aufgeführt, dass die
frühen althochdeutschen Verschiebungen von [t] und [p]; [k]> [x] (7. Jh.) fehlen, jedoch die althochdeutsche Medienverschiebung des 8. Jh. eindeutig belegt
ist.
Die Autoren schließen daraus, dass mit einer begrenzten Baiuvarisierung seit dem 8. Jh. zu rechnen ist, "doch zeigen zahlreiche Fälle, in denen der romanische Akzent bewahrt wurde … wohl an, dass sich das Romanische der Iuvavenses bis ins 10./11. Jh. als Bauern- und Haussprache erhielt (Reiffenstein 1966). …"

Warum also soll das im Alpenvorland - wo sich Romanen und Germanen wohl mehrere Jahrhunderte benachbart waren - anders gewesen sein?

Wir können jedenfalls festhalten: auch eine hier ansässige romanische Rest- /Inselbevölkerung dürfte die 2. (althochdeutsche) Lautverschiebung in ihrer "Muttersprache" nicht nachvollzogen haben.

Nun aber zur Entwicklung des Latein im Voralpenraum:
In den rund 70 Generationen seit Cäsar haben alle Generationen die Sprache der Eltern übernommen, aber dennoch ist aus dem Latein der ersten Generation eine Fülle von selbständigen romanischen Sprachen entstanden. Und die gleiche Entwicklung sollten wir doch in isolierten Sprachinseln erst recht erwarten.
St. Hieronymus sagt als Vorwort zu seiner Bibelübersetzung (385-404), der später so genannten Vulgata:
Volo pro legentis facilitate abuti sermone vulgato.
“Zugunsten des Lesers will ich mich der Volkssprache bedienen.”
Diese Fassung der Bibel hat in der Tat vulgärlateinische Züge (allerdings weniger als die (unautorisierte) Vetus Latina). St. Augustinus schreibt um dieselbe Zeit (In Psalm. 138, 20):
Melius est nos reprehendant grammatici quam non intellegant populi.
“Besser, daß uns die Grammatiker tadeln, als daß die Völker uns nicht verstehen.”
Dies zeigt, daß um 400 Latein nur noch von Klerikern, Juristen und Angehörigen der Oberklasse, die sich eine Erziehung leisten konnte, beherrscht wurde. Und das ökumenische Konzil von Tours erkannte 813 öffentlich an, daß nicht mehr auf Lateinisch gepredigt werden konnte, und wies die Pfarrer an, in den Predigten zu benutzen
rusticam romanam linguam aut theotiscam, quo facilius cuncti possint intellegere quae dicuntur.
“die ländliche romanische oder die deutsche Sprache, damit alle besser verstehen können, was gesagt wird.”

Es ist also auch anzunehmen, dass die romanische Restbevölkerung im Voralpengebiet (Walchstatt bei Wolfratshausen !) ebenfalls nicht mehr das "klassische Latein" gesprochen hat, sondern (wie überall im römischen Sprachraum an de, 3-4. Jh.) ein "Vulgärlatein", das möglicherweise sogar in jedem der isolierten Orte, die in das germanische Sprachgebiet eingebettet waren, mehr oder wenige leichte abweichende Entwicklungen vollzogen hat.

"Dem Volk aufs Maul schauen" - das ist das, was wir tun müssten. Und dazu haben wir leider in der Übergangszeit zwischen dem Imperium Romanum und den Karolingern - also der Herrscherdynastien von Agilolfingern und Merowingern - nur wenige mögliche Quellen.
Was wir aber tun können ist, mehr oder weniger begründete Thesen zur Diskussion zu stellen. Und dass die Gegenargumente, die sich auf die 2. (deutsche) Lautverschiebung oder Bilinguale Bezeichnungen beziehen, nicht zwingend stichhaltig sind, sollte inzwischen auch klar sein.
 
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- Zweifelsfrei lokalisiert sind die Punkte Augusta Vindelicum (Augsburg) und Veldidena (Wilten). Die Lage der Stationen dazwischen erachte ich als fraglich.
- Die im Itinerarium genannten Entfernungen zwischen den einzelnen Stationen könnten im Wesentlichen korrekt sein:
Augsburg = Augusta Vindelicorum
27 Meilen = 40,5 km​
Ambra
40 Meilen = 60 km​
Pontes Tesseninos
20 Meilen = 30 km​
Parthanum
23 Meilen = 34,5 km​
Wilten = Veldidena

Gemäß den Angaben des Itinerarium Antonini ergeben sich 110 römische Meilen zwischen Augsburg und Wilten.
Tatsächlich gibt es aus Wilten einen Meilenstein, der 110 Meilen ab Augsburg angibt:
Epigraphische Datenbank Heidelberg
Oberhalb von Zirl wurde ein Meilenstein mit der Zahl "98" gefunden:
Epigraphische Datenbank Heidelberg
Südlich von Mittenwald wurde ein Meilenstein mit der Angabe "85 Meilen" gefunden:
Epigraphische Datenbank Heidelberg
Das heißt, die Station "Parthanum" müsste südlich von Mittenwald zu suchen sein und kann demnach nicht mit Partenkirchen identifiziert werden.

Dann wäre "Ad Pontes Tesseninos" etwa bei Eschenlohe zu suchen.
Ich schreib mal etwas ergänzend
Augsburg = Augusta Vindelicorum
27 Meilen = 40,5 km
Ambra
40 Meilen = 60 km
Pontes Tesseninos
20 Meilen = 30 km
Parthanum
23 Meilen = 34,5 km
Wilten = Veldidena

entspräche in etwa:
Augsburg
40,5 km
Schöngeising an der Amper = Ambra?
60 km (über Gauting, Forstenrieder Park und Walchstatt zwischen Starnberger See und Isar)
Penzberg Rain = Ponte Tesseninos?
31 km (der Kesselberg war seinerzeit ohne Autoserpentinen !)
Wallgau / Krün = Parthanum?
….

konkret mit verschiedenen Alternativen, von Augsburg aus gemessen:
1. Augsburg - Augsburg bis Schöngeising an der Amper (gemeinhin als "Ambra" vermutet - 27 Meilen = 40,5 km)
kürzeste Strecke heute lt. Routenplaner über Althegnenberg/Hattenhofen: 43,2 km
die relativ gut dokumentierte Römerstraße über St. Willibald, Römertshofen, Purk war kürzer, 40,5 km könnten passen


2. Ambra - Pontes Tesseniones (20 Meilen = 30 km)
2.1. Schöngeising (Ambra) bis Eschenlohe (Ponte Tesseninos?)
kürzeste Strecke am Ostufer des Ammersees: 71,5 km
Verlauf einer römischen Straße über Gauting / Pähl / Murnau: 86,9 km
wäre zu lange


2.2. Teilstrecke von Schöngeising (Ambra) bis Gauting entlang der Römerstraße über Gilching: rd. 19 km
Teilstrecke von Gauting bis Pähl (Ponte T.) rd. 28 - 30 km
beide Teilstrecken zusammen: ca. 50 km
Augsburg - Schöngeising (Ambra) - Gauting - Pähl (Pontes Tesseninos?): ca. 90,5 km statt 100,5 km … zu kurz


2.3. Variante westlich des Ammersees (Augsburg - Ponte Tesseninos (Pähl?) 100,5 km:
Augsburg - Egling a.d. Paar - Windach - Dießen - Pähl: ca. 68.6 km - noch kürzer


2.3. Variante Schöngeising (Ambra) - Penzberg (Ponte Tesseninos?) 60 km
Schöngeising (Ambra) - Gauting (Forstenrieder Park) - Walchstatt bei Wolfratshausen - Penzberg (Pontes Tesseninos) ca. 60 km
könnte passen


3. Ponte Tesseninus - Parthanum (Partenkirchen?) 20 Meilen = 30 km
3.1. Pähl - Partenkirchen ~ (entlang der B 2) 53,8 km: zu lang
und wenn Parthanum südlich von Mittenwald liegt - noch viel länger !

3.2. Penzberg (Ponte Tesseninus) - Partenkirchen (Parthanum?)
(A 95 entspräche im Wesentlichen dem Verlauf einer Römerstraße über Großweil)
38,5 km gegenüber Pontes Tesseninos - 20 Meilen = 30 km - Parthanum - zu lang


aber

3.3. Penzberg / Rain - Wallgau - Krün über Kochel / Walchensee: 33,5 km
der Kesselberg war seinerzeit kürzer (keine Auto-Serpentinen) daher ~31 km passt:


Penzberg - Mittenwald über Kochel / Wallgau (via B 11): 46,5 km
der Kesselberg war seinerzeit kürzer (keine Auto-Serpentinen) daher ~44 km
nun soll nach Deiner Schätzung "Parthanum" sogar südlich von Mittenwald liegen - ich gebe mal "Scharnitz" ein:
Penzberg (Ponte Tesseninos) - Scharnitz (Parthanum): > 50 km - das wäre wieder viel zu lange
 
Ecke Scharnitz (offenbar ein slawischer Ortsname, zumindest klingt mit dem -itz < ice ein slawisches Toponym an) und Gießenbach.
dazu

Das heutige Gemeindegebiet von Scharnitz und Seefeld wurde die obere, Mittenwald die mittlere und Klais und Gerold die untere oder äußere Scharnitz genannt. Aus den Namen „Scaraza“ und „Scarbia“ entstand der Name „Scarnize“ und später der NameScharnitz“.
(die Geschichte Scharnitz, Internet)
Der alte Name Scharnitz für die Gegend der Paßtalung und der dort ausmündenden Gebirgstäler ist auf den Namen des Grenzörtchens eingeschränkt, das genau in der Mitte der einstigen silva Scarince liegt, jenes breiten Waldgürtels, der in ältester Zeit den Grenzsaum bildete zwischen dem Siedlungsraum außer und inner der Alpen, dem bayrischen Huosigau und dem Inntalgau, einer Ödlandschaft, die erst herrenlos und dann Königsgut war, "saltus regalis" = "Reichswald", mit Schwarzwald, Thüringer- und Böhmerwald zugleich genannt wird. Die uralte Klostergründung Scharnitz (763) lag nicht in seiner Mitte, sondern an seinem Nordrande, wo außer verschiedenen Flurnamen und Bodenfunden der Name Klais, ma. kchloas, 1324 "in der chlos", an eine Klause, vielleicht die letzten Rest des schon 780 wegverlegten Gebirgsklösterleins erinnert. So menschenleer war die Wildnis des Schwarnitzwaldes, daß noch nach 1300 in dem weitem Raum zwischen Partenkirchen-Mittenwald und Axams (auf dem Innsbrucker Mittelgebirge) von keinem kirchlichen Mittelpunkt der Siedlung die Rede ist.

In dem Maße, wie sich dann von den Rändern die Siedlung vortastet, 1080 "in media silva" = Mittenwald aufscheint, am Südrand der Paßhochfläche Leithen und Reith (= Reut, Rodung) durch Waldschenkungen an die Rodeklöster Benediktbeuren und Wessobrunn entstehen (12. Jahrhundert), wird der Name Scharnitz zurückgedrängt, schließlich bis auf den einzigen geschlossenen Waldrest beim Austritt der Isar aus dem Hochgebirge, und endgültig blieb er dort haften, als hier "bei der oberen Bruggen", wo die Paßstraße zum letzten Mal (von Norden her) die Isar überschreitet, die jüngste Ortschaft des Gebietes – nicht lange vor 1475 – entstand. Bis zu dieser Zeit ungefähr war das weite Waldland bis zu den "Grenzsteinen auf dem Seefeld" – der Partenkirchen-Mittenwalder Pfarrgrenze, der freisingischen Grafschafts- und Bistumsgrenze – unbestrittener Nutzungsraum der Mittenwalder Gebirgsnachbar gewesen, wenn auch die Unwirtlichkeit des Gebietes zu keinem dauernden Verweilen gelockt hatte. Es ist bezeichnend für die Naturfeindlichkeit dieser Kalkalpenlandschaft, daß südlich von Scharnitz nicht ein einziger Name romanischen oder auch nur altertümlichen deutschen Gepräges an eine Besitzergreifung in ältester Zeit erinnert.3)

3) Die beiden Ortsteile von Scharnitz, Inrain und Eissack (nicht Eisack) tragen keine Namen von alter, vordeutscher Herkunft. Die erstgenannte Häusergruppe wird noch um 1700, 1800 abwechselnd am Rain, im Rain genannt; Eissack entpuppt sich als Vergleich einer abgeschlossenen Talform mit einem Sack, der öfters vorkommt und hier passend für eine Uferkonkave [Einbuchtung] der Isar gebraucht wird, in der sich wintersüber das Treibeis sammelt und zum Schaden der Fluren ringsum lange liegen bleibt. Der Name Isertal für ein Seitental des Gleirschbaches scheint mit einer früheren Annahme des Isarursprunges für Gleirschtal zusammenzuhängen.
NAme und Ort Scharnitz, Internet
 
Zuletzt bearbeitet:
noch kurz zum Kloster Scharnitz:
Beim ?Kloster in der Einsamkeit der Scharnitz? (?monasterium in solitudine Scarantiense?) ist, im Gegensatz zu vielen anderen Klostergründungen des 8. und 9. Jahrhunderts, die Lage der schriftlichen Überlieferung glänzend. Nur ? es ist nicht bekannt, wo genau das Kloster Scharnitz (Scaritia) lag. Neben dem Ort Klais, wo eine kleine frühmittelalterliche Kirchenanlage ergraben wurde, käme Mittenwald in Frage, zumal die Pfarrkirche dort noch heute ? wie seinerzeit Scharnitz ? St. Peter und Paul geweiht ist.

Wo das Kloster Scharnitz nun auch lag, am 29. Juni 763, dem Festtag Peter und Paul, wurde es zum Ort einer ausgesuchten Versammlung ? so berichten die Freisinger Traditionen. Es trafen ein: der Freisinger Bischof Josef, sein Erzpriester Arbeo, die Geistlichen Riholf, Albinus und Hato. Darüber hinaus waren die Adligen Erchanfrid, Kermunt, Lantpald, David, Adalperht, Situli, Liutolt, Leidrat, Chuniperht, Reginpald und Cundpald anwesend. Vor den genannten Zeugen übertrug Reginperht, Oberhaupt einer Adelsfamilie, seine Peterskirche in der Scharnitz dem Freisinger Erzpriester (?Archipresbiter?) und späteren Bischof Arbeo als Abt. Dies geschah in der seltenen Rechtsform einer ?commendatio ad regendum?, wodurch das Bistum Freising ? anders als bei einer üblichen Schenkung (?traditio?) ? daraus kein weiteres Eigentum ableiten konnte. Der Abt Arbeo von Scharnitz war wahrscheinlich mit dem bayerischen Herzogshaus der Agilolfinger und mit der Gründungssippe verwandt.

Reginperht, sein Bruder Irminfrid, ihre Mutter Akilinda und seine Verwandten Odilo und Cros statteten das Eigenkloster aus ihrem Erbbesitz mit Zustimmung des Herzogs Tassilo III. ungewöhnlich reich aus. So lag Klosterbesitz im oberen Inntal, in Schlehdorf, in Hofheim (Landkreis Weilheim), in Schöngeising (Landkreis Fürstenfeldbruck), in Pasing (Landkreis München) und in Wallgau (Landkreis Garmisch-Partenkirchen). Die Familie Reginperhts, wahrscheinlich Angehörige der mächtigen Huosi-Sippe, verfügte mit ihrem Streubesitz über strategische Schlüsselstellungen im frühmittelalterlichen Bayern. Eine Kontrolle des gesamten Fernverkehrs über Tirol in das Reich der Langobarden und bis nach Rom war möglich. Hier kam dem Kloster Scharnitz ? in der Nähe der alten römischen Festung Scarbia ? eine wichtige Rolle bei der Kontrolle der Pässe nach Italien zu.
...

Bald nach der Gründung wurde das Kloster von Scharnitz mitsamt seinem Patrozinium nach Schlehdorf am Kochelsee verlagert, man fragt sich wann und warum. Die Gründung eines Klosters war ein langwieriger Prozess und dauerte Jahre. Berücksichtigt man alle bekannten Daten, so scheint das Kloster Scharnitz schon vor dem April 767 (ab diesem Zeitpunkt wird Atto als Abt genannt und Arbeo ist Bischof von Freising) nach Schlehdorf verlegt worden zu sein. Manche Forscher datieren die Verlegung auf die Zeit um 772.
...
Quelle: Haus der Bayerischen Geschichte - Klöster in Bayern

Die Verlegung von Kloster Scharnitz (wohl bei Klais / Krün / Wallgau gelegen) nach Schlehdorf sollte eine vorher vorhandene Verbindung voraussetzen. Die Huosi hatten zu dieser Zeit auch in der Nähe von Schlehdorf (Sindelsdorf) entsprechend Besitz - und rein praktisch war ein Weg über den Walchensee / Kesselberg wohl auch damals deutlich kürzer als über Partenkirchen entlang der Loisach.
Krün wird 1294 als Gervn und Gerun, 1448 als Grün bezeugt. Nach Reitzenstein liegt dem Siedlungsnamen das mhd "gerüne" für eine Anzahl umgehauener Baumstämmer zugrunde.
Das würde der Rodungstätigkeit zur Klostergründung entsprechen.

btw.:
Das bayerische Wort "Daxen" für Fichtenreiser dürfte auch aus dem romanischen Sprachschatz entlehnt sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und wie hat sich der Bergname "Kofel" /aus lat. cubulum) bei Oberammergau ohne eine verbindende ortsansässige Bevölkerung erhalten?
Ein lateinisches Wort cubulum ist als solches nicht belegt. Es gibt das rätoromanische Wort cuvel, das vielleicht auf ein vulgärlateinisches *cubulum zurückgeht. Es bedeutet allerdings 'Höhle'. Von daher ist eine direkte Übernahme kaum denkbar.
Im Übrigen ist Kofel keineswegs ein singulärer Name, sondern ein Namensbestandteil zahlreicher Bergnamen, die - wie die vielen "-weiler" - einwandfrei deutsche Bildungen sind, z. B. Langkofel, Spitzkofel.
Der Langkofel heißt übrigens auf Ladinisch Saslonch, schon daraus ist ersichtlich, dass der Namensbestandteil -kofel nicht von der romanischen Bevölkerung übernommen worden sein kann.

Da muss doch eine gewisse Kontinuität vorhanden sein.
Ich weiß nicht, wogegen Du zu argumentieren versuchst.
Ich schließe romanische Bevölkerungsreste im südlichen Oberbayern keineswegs aus. Da sprechen wir aber vom 7. , allenfalls vom 8. Jahrhundert.

Beim Salzburger Romanisch rennst Du abermals offene Türen ein:
Auch das ist mir bekannt, ich habe in einer früheren Diskussion darauf hingewiesen, dass sich in der Salzburger Gegend das Romanische noch sehr lange gehalten hat:

Warum also soll das im Alpenvorland - wo sich Romanen und Germanen wohl mehrere Jahrhunderte benachbart waren - anders gewesen sein?
Es war halt nicht überall gleich, sondern überall anders. Am nördlichen Alpenrand gibt es Gegenden, wo sich das Romanische bis heute gehalten hat (Westschweiz), es gibt Gegenden, wo es sich bis ins Hochmittelalter gehalten hat (Bündnerromanisch im Rheintal, Salzburger Romania), und es gibt Gegenden, wo es ziemlich schnell verschwunden ist. Dazu gehört der größte Teil Altbayerns.

"Die Zahl der im einst römischen Territorium des bairischen Raumes südlich der Donau tradierten antik-romanischen Siedlungsnamen ist bereits an sich sehr gering und erst recht, wenn man sie im Vergleich zu den ältesten althochdeutschen Namentypen der -ing- und der -heim-Namen sieht [...]" (Wiesinger/Greule S. 96).
Ähnliches gilt für Oberösterreich:
"Gegenüber diesen 895 ahd. Siedlungsnamen wurden bloß 11 antik-romanische Siedlungsnamen, 1 Waldname und 26 Gewässernamen (ohne danach benannte Orte) tradiert [...] was [...] deutlich zeigt, wie verschwindend gering die Tradierung und damit die Kontinuität aus der romanischen Antike in die germanisch-deutsche Zeit war." (ebenda, S. 97)
 
Ecke Scharnitz (offenbar ein slawischer Ortsname, zumindest klingt mit dem -itz < ice ein slawisches Toponym an) und Gießenbach.
Könnte man im ersten Moment denken, tatsächlich war aber nur das heutige Osttirol slawisch besiedelt, Nordtirol hingegen nicht.
Anreiter/Chapman/Rampl ordnen den Namen als vorrömisch ein. Die älteste belegbare Form ist Scarantia (763 "in solitudine Scarantiensę"), auch Scara(n)zia geschrieben.

Der Name wurde noch in althochdeutscher Zeit eingedeutscht (Verlagerung des Akzents auf die erste Silbe) und hat die Entwicklung vom Sk- zum mittelhochdeutschen Reibelaut Sch- mitgemacht, aus Skarántsia wurde also Scháranz. Der unbetonte Vokal wird unstabil (ähnliche Erscheinung bei Ponnisberg / Pönesberg / Pönsberg); in den Urkunden des 13.-15. Jahrhunderts alternieren Schreibweisen wie Schaerentz, Schaerntz, Scharnitz...
Das -itz ist also sekundär.
 
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konkret mit verschiedenen Alternativen, von Augsburg aus gemessen:

Das wäre ein Streckenverlauf, bei der als Summe 165 km (= 110 römische Meilen) herauskommen:

Augsburg - Stegen (Inning am Ammersee): 42 km (vgl. Augusta Vindelicum - Ambra 40,5 km)
Stegen - Eschenlohe: 59 km (vgl. Ambra - Pontes Tesseninos 60 km)
Eschenlohe - Scharnitz: 32 km (Pontes Tesseninos - Parthanum 30 km)
Scharnitz - Wilten: 32 km (Parthanum - Veldidena 34,5 km)

Natürlich ohne Rücksicht auf archäologische Befunde...


Mit dem Umweg über Penzberg kommt man natürlich nie auf 110 Meilen.
 
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Das wäre ein Streckenverlauf, bei der als Summe 165 km (= 110 römische Meilen) herauskommen:

Augsburg - Stegen (Inning am Ammersee): 42 km (vgl. Augusta Vindelicum - Ambra 40,5 km)
...


Mit dem Umweg über Penzberg kommt man natürlich nie auf 110 Meilen.
warum über Stegen / Inning am heutigen Abfluss vom Ammersee in die Amper,
  • wo sich in der Antike noch der Ammersee selbst bis zum nördlichen Grafrath erstreckte (das aus der Verlandung entstandene Moor ist heute noch vorhanden) *)
  • unmittelbar nördlich davon bei Schöngeising eine bekannte Römerstraße (Augsburg-Salzburg) die Amper quert **)
  • und nach dem Bayerischen Denkmalschutzatlas am Westufer des Ammersees eine weitere Römerstraße erkannt ist, die von Dießen / Raisitng (mit den bekannten Ammerbrücken nach Pähl) bis Augsburg trassiert ist
*)
Die geologische Situation nördlich des Ammersees und des Starnberger Sees ähneln sich. Noch n historischer Zeit reichte der Ammersee bis Grafrath und der Starnerger See bis Leutstetten. Der ehemalige See ist inzwischen verlandet und noch als Moor erkennbar.
Sowohl an der Amper (Schöngeising) wie auch an der Würm (Gauting) hat die Römerstraße Augsburg - Salzburg dann den ersten möglichen Übergang nördlich der beiden Seen genommen.
An der Würm markieren die Endmoränen, auf denen die ehemalige Karlsburg (bei Mühlthal) liegt, zudem einen historisch nicht uninteressanten Ort - hier soll eine Verbindung zu Karl dem Großen bestehen, die auch mit den Königswiesen und der Reismühle südlich von Gauting verknüpft ist.
Man könnte darin einen Hinweis darauf sehen, dass die Römerstraße **) noch in der Zeit der Karolinger genutzt wurde.

**)
Die Trassierung der Römerstraße ist in dem Bereich noch heute erkennbar. Angefangen von Helfendorf führt die Straße zwischen Hofolding / Sauerlach hindurch nach Straßlach (sic.), Baierbrunn, durch den Forstenrieder Wald bis Gauting, Gilching (die schnurgerade Hauptstraße heißt noch heute Römerstraße), Holzhausen/Schöngeising, St. Willibald bei Jesenwang, Römertshofen (sic!) und Purk in Richtung Augsburg.
 
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....

Ich weiß nicht, wogegen Du zu argumentieren versuchst.

...
Mir fallen beim Blick auf die Karte immer wieder Namen auf, die - verstreut - auf lateinisch / romanische Bezeichnungen zurück gehen könnten. Ich gehe jetzt nicht auf die Gewässerbezeichnungen (Flußnamen) ein, die auf noch ältere Tradierungen zurück reichen (Loisach, Isar …).
  • Bei einigen - Walchstadt am Wörthsee, Walchstatt bei Wolfratshausen, Pähl und Partenkirchen scheint das relativ unstrittig.
  • Bei manchen (Groß-/Kleinweil, Weilheim) könnten verlassene römische Gutshöfe namensgebend gewesen sein,
  • Bei dritten (Kochel, Köchel) nimmst Du eine germanisierte Herkunft an (Köchel erinnert auch stark an Knöchel), während ich aufgrund der Parallelität mit den germanischen Bezeichnungen "Bichl" und "Bühl" sowie der (nach Gerhard Ernst, Martin-Dietrich Gleßgen, Christian Schmitt, Wolfgang Schweickard, S. 702) "für langanhaltende Kontinuität typischen Namenspaare" (Wiesmahdköchel) auf eine kontinuierliche Übernahme der Bezeichnung von einer romanischen Restbevölkerung ausgehe.
Ich versuche weiter deutlich zu machen, dass diese romanische Restbevölkerung mit einer isolierten, inselartigen Verbreitung wohl in einem Zeitraum, der von den Historikern den Herrschaftszeiten der Agilolfinger (591 bis 788) & Merowinger (5. Jh. bis ca. 750) zugerechnet wird, bestand. Das ist Zeit genug, um tradierte Siedlungsnamen an eine germanische Einwanderungsgruppe weiter zu geben.
Dass eine solche germanische Oberschicht auch hier in der Region bestand, belegen die über 300 erschlossenen frühbajuwarischen Gräber bei Sindelsdorf - wo die Bestattungen relativ zeitglich mit den benachbarten Klostergründungen (Benediktbeuern, Schlehdorf ….) beendet wurden (der Belegungsbeginn des Sindelsdorfer Ortsgräberfeldes fällt in die erste Hälfte des 6. Jahrhunderts, die letzten Bestattungen erfolgten im frühen 8. Jahrhundert).

Wir diskutieren nun wohl auch darüber, wo sich eine solche romanische Restbevölkerung anhand der Ortsbezeichnungen lokalisieren lässt.

Zur These von Heydenreuter, der die "pontes Tesseninos" bei Penzberg verortet, könnte der 1275 (also Jahrhunderte später) belegte Ortsname "Poennespergh" passen. Er würde ein Namenspaar aus einem tradierten romanischem Sprachrest (Poennes) und dem germanischen (pergh) darstellen.
Du argumentierst, dass die sprachliche Verbindung über die (2. deutsche) Lautverschiebung (ab ca. 600 bis 8. Jh.) nicht passt, ich meine, dass eine solche Lautverschiebung an einer romanischen Restbevölkerung "vorbei gegangen" ist.
Ich meine zudem, dass eine solche inselartige verbreitete Reliktbevölkerung nicht an der Entwicklung der lateinischen Sprache zu den heutigen romanischen Sprachen teilgenommen haben dürfte, weil diese Sprachinseln isoliert waren.

Aufgrund der geologisch-landschaftlichen Gegebenheiten stellt sich bei Penzberg zudem die nahezu einzige Möglichkeit für eine in west-östlicher Richtung verlaufende Trasse dar. Eine solche Trasse wäre der direkte Weg zwischen Kempten
(Die Siedlung „Cambodunum“ wurde wohl kurz nach der Zeitenwende, also während der Regierungszeit des ersten römischen Kaisers Augustus, gegründet. Sie war das Verwaltungszentrum der Provinz Rätien, bevor im 2. Jahrhundert n. Chr. Augusta Vindelicum, das heutige Augsburg, Provinzhauptstadt wurde)
und Salzburg
(Um 45 n. Chr. erhielt die Stadt durch Kaiser Claudius das Munizipalrecht und hieß dann Municipium Claudium Juvavum. Salzburg war eine der wichtigsten Städte der neuen römischen Provinz Noricum und in spätrömischer Zeit von „Ufernoricum“ auf dem Weg nach Germanien. 171 zerstörten Markomannen und Quaden die Stadt weitgehend, die dann unter Septimius Severus (193–211) großteils wieder aufgebaut wurde. 241 verwüsteten Alamannen die Stadt erneut. Unter Diokletian und unter Konstantin den Großen (306–337) erlebte Iuvavum eine letzte Blüte. 488 verließ mit der Aufgabe der Provinz Noricum ein großer Teil der romano-kelischen Bevölkerung auf Befehl Odoakers die Stadt Salzburg )

am Fuße der Alpen, ohne den Umweg über Gauting nördlich des Starnberger Sees.
  • Im Norden sind der Starnberger See, die anschließenden Osterseen und das in östlicher Richtung bis zum Singerbach, bis Saniomoor und Schechen reichende tiefgründige Moor für eine Querung ungeeignet. Dieses Moorgebiet reicht (Ponholzer Filz, Ringsee Filz) bis zu einem in west-östlicher Richtung verlaufenden Moränenwall, der wohl durch germanische Siedler (Haselberg, Sigrichsberg) belegt war. Auf der Ostseite der Loisach läuft das Königsdorfer Moor aber noch in unpassierbaren nassen Niederungen (Schlagfilze, Bocksberger Filze) aus, so dass östlich der Loisach erst bei Langau eine "begehbare" (zumindest als Saumpfad) bzw. "befahrbare" Möglichkeit für eine solche Querverbindung mit einer überlieferten Furt über die Loisach bei Rain besteht.
  • Der Flurname "Kreuzgang" nördlich der Langau deutet auch auf sich kreuzende Wege (in Nord-Süd sowie Ost-West-Richtung) hin.
  • Dort schließt sich auf der Westseite der "Rain", ein felsiger Rücken an, der über Johannisrain (über eine der beiden Sindelsodrfer Pfarreien ursprünglich zum Bistum Freising gehörend), Johannisrain und Frauenrain bis fast nach Habach reicht.
  • m Süden bildet das (inzwischen weitgehend entwässerte) Kochelseemoor mit dem anschließenden Langsee (verlandete nördliche Verlängerung des Kochelsees) ein ebensolches Hindernis wie im Norden. Und der Kochelsee reicht bis unmittelbar zu den Felswänden unterhalb des Jochbergs sowie den dort anschließenden Inselbergen (Große Birg, Kleiner Birg, Aspenstein), die wohl namensgebend für den späteren Ort "Kochel" am Fuß des Aspensteins waren (11. Jh.: "in loco Ascahi, qui nunc dicitur Chochalon").
  • Wenn man nun neben der Loisach einen "Weg" über die Alpen in Nord- Südrichtung unterstellt, dann läuft der entweder östlich über Benediktbeuern (das wohl zur Sicherung der Alpenpässe angelegt worden ist), Kochel, den Kesselberg und Walchensee (zumindest über einen Saumpfad) bis Wallgau, oder "befahrbar" westlich über Sindelsdorf, Klein-/Großweil bei Schlehdorf, Ohlstadt und Eschenlohe bis Partenkirchen.
 
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warum über Stegen / Inning am heutigen Abfluss vom Ammersee in die Amper,

Wie gesagt: Auf irgendwelche archäologischen Befunde habe ich keine Rücksicht genommen, lediglich auf die Entfernungsangaben. Selbstverständlich kann man anhand dieser Entfernungsangaben auch andere Wege ermitteln. Zwischen Voralpenland und Inntal gibt es nur wenige Möglichkeiten, im Voralpenland sind die Möglichkeiten zahlreich. Auch ein Weg westlich des Ammersees wäre denkbar, dann wäre Ambra in der Ecke Greifenberg/Schondorf zu suchen.

Schöngeising wäre auch noch möglich, dann wäre Ambra erst auf der Ostseite der Amper zu erwarten. Mit den 165 km wird es dann schon etwas knapp, aber wenn wir damit rechnen, dass die Römerstraßen weitgehend geradliniger verliefen als die modernen Fußwege, könnte es noch hinkommen.


Römertshofen (sic!)

Was möchtest Du mit dem "sic" andeuten? Abgesehen davon, dass "Römer"-Namen im deutschsprachigen Raum so gut wie nie auf eine antike Herkunft zurückzuführen sind, ist in diesem Fall aufgrund des -t- im Namen eine Benennung nach den Römern auszuschließen.
 

Was möchtest Du mit dem "sic" andeuten? Abgesehen davon, dass "Römer"-Namen im deutschsprachigen Raum so gut wie nie auf eine antike Herkunft zurückzuführen sind, ist in diesem Fall aufgrund des -t- im Namen eine Benennung nach den Römern auszuschließen.
uups - ich war einige Jahre im Internat Schloss Grunertshofen, und da ist in der "Heimatkunde" die Ortsbezeichnung auf die unmittelbar tangierende Römerstraße und eine römische Ansiedlung (… "hofen")zurück geführt worden. Aber in den letzten Jahrzehnten hat die Wissenschaft durchaus Fortschritte gemacht.

ergänzend und dann :
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Die Köchel tragen, so weit ich sehe, einwandfrei deutsche Namen: "Steinköchel", "Weghausköchel", "Langer Köchel", "Wiesmahdköchel". Diese Namen hat sich garantiert keine romanische Bevölkerung ausgedacht! Diese Namen wurden zweifelsfrei von einer deutschsprachigen Bevölkerung vergeben, zu deren Wortschatz eben das deutsche Wort "Köchel" gehörte.

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Die offensichtlich mit deutschen Bestimmungswörtern gebildeten "-weiler"-Namen im Landkreis Ansbach setzen ebensowenig wie die mit deutschen Bestimmungswörtern gebildeten "-köchel"-Namen im Landkreis Garmisch-Partenkirchen eine romanische Restbevölkerung voraus.
Gegen diese These spricht die sehr begrenzte, lokale Verbreitung der Namen mit "...Köchel".
Wir haben diese Bezeichnungen lokal begrenzt am Kochelsee, bei den Inselbergen westlich von Ohlstadt im Murnauer Moor, bei Altenau/Wurmansau (an der "Alten Römerstraße") nördlich von Unterammergau und unmittelbar südlich von Partenkirchen ("Kochelberg"). Ansonsten wird im gleichen Gebiet und auch im regionalen Umfeld der Begriff "Bichl" oder "Bühl" (bair. ma. Form von Bühel, ahd. buhil) verwendet.
Diese sehr begrenzte lokale Tradierung spricht m.E. gegen eine allgemeine germanisch/deutsche Herkunft und eher für sehr begrenzte romanische Restbevölkerung. Dein Einwand wegen der "Namensverbindung" mit eindeutig deutschen Wörtern spricht eher (woa) für eine länger anhaltende Kontinuität von romanischen Bevölkerungsresten in einem sonst überwiegend bairisch sprechenden Umfeld.
Auch die Tatsache, dass der "Kochelberg" südlich von Partenkirchen sowohl den romanischen Begriff "Kochel" als auch den deutschen "Berg" tautologisch vereint spricht für eine tradierte Übernahme aus dem romanischen Wortschatz: spätere Generationen konnten mit dem Begriff "Kochel" dann nichts mehr verbinden und haben das deutsche Wort "Berg" mit gleicher Bedeutung angehängt.

In unserem Kontext zu Penzberg nochmal von Interesse ist der "Egelsee" nördlich von Rain auf der Ostseite der Loisach, der nicht etwa einen (wohl längst verlandeten) Weiher bezeichnet, sondern eine leichte Erhebung, die sich über die angrenzenden Filzen abzeichnet. Nach Astrid van Nahl, Lennart Elmevik (Namenwelten: Orts- und Personennamen in historischer Sicht, S. 242) dürfte der (sonst überwiegend in den östlichen Gailtaler Alpen) "vorkommende Appellativ Egel (m.) "spitzer Berg" ... rom. Ursprungs sein, vgl. lat. aculeus "Stachel" bzw. rom "acuileu", dazu auch im fr. Bergappellativ aiguille." Ich bin von dieser Erklärung für unseren Egelsee allerdings weniger überzeugt. Da ist die Wahrscheinlichkeit eines Verweises auf den "Blutegel" doch viel größer.
auf irgendwelche archäologische Befunde habe ich keine Rücksicht genommen
Angesichts der bekannten römischen Badekultur wäre es verwunderlich, wenn die schon zu keltischen Zeiten bekannte Heilquelle (mit hohem Jod- und Salzgehalt) nicht zu einem Rastplatz an der vermuteten Straßenverbindung Kempten - Penzberg - Rosenheim - Salzburg geführt hätte. Auch dafür bietet die von der Langau / Loisach herauf führende "Wirtsleiten" einen denkbaren Ansatz. Nun wurde die zwischenzeitlich "von den Hunnen verschüttete" (Wikipedia) Heilquelle um 1159 durch Klostermönche freigelegt und der Landstrich nach dieser Heilquelle benannt, so dass Namen romanischen Ursprungs wohl verloren gingen.

Allerdings müssten entsprechende Bodendenkmäler zu erwarten sein. Und da finde ich (jetzt komme ich zu einer Krux meiner These) nichts - die nächste römische Fundstätte (eine Villa Rustica der römischen Kaiserzeit) in Richtung Salzburg wird in der Denkmalschutzliste der Gemeinde Wackersberg angezeigt.
 
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Mir fallen beim Blick auf die Karte immer wieder Namen auf, die - verstreut - auf lateinisch / romanische Bezeichnungen zurück gehen könnten.
Um festzustellen, ob sie wirklich auf romanische Bezeichnungen zurück gehen können, sind zwei Schritte nötig:
1. Wir müssen die ältesten feststellbaren Formen eruieren
2. Wir müssen Möglichkeiten abstecken, auf welche früheren Formen sie möglicherweise zurückgehen könnten. Dazu ist es aber methodisch unabdingbar, sich an beweisbare sprachliche Lautwandel zu beschränken. (Man kann ja nicht einfach ad hoc einen Fantasiedialekt erfinden und behaupten, die Leute hätten damals diesen Dialekt gesprochen.)
Wenn man diese Methoden sauber anwendet, kann man tatsächlich verschwundene Dialekte rekonstruieren. Das ist z. B. im Fall des Moselromanischen anhand der dort zahlreich vorhandenen einwandfrei romanische Orts- und Flurnamen gelungen.
"Römisch" im Rheinland - Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte

Zu Schritt 1 gibt es seit Jahrzehnten umfangreiche Forschungsarbeiten:
Historisches Ortsnamenbuch: KBL
Hier ist für den Bereich Altbayern Wolf-Armin von Reitzenstein maßgeblich tätig.
Speziell mit Gewässernamen sowie mit keltischen und romanischen Ortsnamen in Bayern hat sich Albrecht Greule beschäftigt. Das jüngst erschienene Buch, aus dem ich öfter zitiere, ist:
Peter Wiesinger und Albrecht Greule, Baiern und Romanen. Zum Verhältnis der frühmittelalterlichen Ethnien aus der Sicht der Sprachwissenschaft und Namenforschung, Tübingen 2019
Hier steht eigentlich alles Wichtige zum Thema drin.

Bei einigen - Walchstadt am Wörthsee, Walchstatt bei Wolfratshausen, Pähl und Partenkirchen scheint das relativ unstrittig.
Also: Der Name Walchstadt ist hunderprozentig deutsch, sowohl das Bestimmungswort "Walch-" wie auch das Grundwort "Stadt". (Die Romanen haben sich selber nicht als "Walchen" oder "Welsche" bezeichnet). Es gibt zwei Möglichkeiten: Der Ort wurde nach einem Personennamen Walcho benannt (siehe dazu: Romanisch-germanische Sprachgrenzen im frühen Mittelalter ) oder die ersten germanischen Siedler haben hier noch Romanen angetroffen und in ihrer Sprache den Ort als "Walchen-Stätte" bezeichnet. In diesem Fall muss man konstatieren, dass der romanische Name des Orts nicht überliefert worden ist.

Bei dritten (Kochel, Köchel) nimmst Du eine germanisierte Herkunft an
Ich nehme gar nichts an, sondern stelle fest, dass es sich um deutschsprachige Namen handelt. Ob es romanische Namen gegeben hat, wissen wir nicht. Falls es sie gegeben hat, wurden sie nicht überliefert.

Ich versuche weiter deutlich zu machen, dass diese romanische Restbevölkerung mit einer isolierten, inselartigen Verbreitung wohl in einem Zeitraum, der von den Historikern den Herrschaftszeiten der Agilolfinger (591 bis 788) & Merowinger (5. Jh. bis ca. 750) zugerechnet wird, bestand.
Wem versuchst Du das deutlich zu machen, und warum? Hat das jemand bestritten?

Zur These von Heydenreuter, der die "pontes Tesseninos" bei Penzberg verortet, könnte der 1275 (also Jahrhunderte später) belegte Ortsname "Poennespergh" passen. Er würde ein Namenspaar aus einem tradierten romanischem Sprachrest (Poennes) und dem germanischen (pergh) darstellen.
Er passt halt nicht.
Es gibt nicht den geringsten Hinweis darauf, dass ein romanisches Wort "poennes" jemals existiert haben könnte. Du "argumentierst" mit einem Wort aus einer Fantasiesprache. Wie soll man darüber ernsthaft diskutieren?
Sicher ist, dass das Grundwort germanisch (bairisch) ist; der Ortsname kann also nicht romanisch sein. Ein romanischer Hintergrund des Bestimmungsworts ist natürlich nicht auszuschließen, es wäre aber eher nach einer Form *bon- zu suchen.

Du argumentierst, dass die sprachliche Verbindung über die (2. deutsche) Lautverschiebung (ab ca. 600 bis 8. Jh.) nicht passt
Ich stelle fest, dass die nach heutigem Kenntnisstand romanischen Ortsnamen im oberbayerischen Voralpengebiet (z. B. Pähl, Peiß etc.) alle die Lautverschiebung mitgemacht haben, mit Ausnahme der kleinen Ecke im Südosten, wo wir anhand der Namen tatsächlich eine spätere Eindeutschung nachweisen können. Ein schönes Beispiel wäre Marzoll (ad Marciolas), das in der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts ins Bairische integriert wurde.

Zum Stichwort "Sprachinseln": Damit Sprachinseln eine längere Zeit fortbestehen können, muss entweder eine geographische (oder soziale) Isolation vorliegen, oder die Sprachinsel muss zumindest so groß sein, dass die meisten Sprecher mit ihren Nachbarn kommunizieren können, ohne eine Fremdsprache zu benutzen.

Im Übrigen verhalten sich isolierte Dialekte im Allgemeinen eher konservativ. Zu den konservativsten Sprachen gehören das Isländische (Beispiel für eine germanische Sprache) oder das Sardische (Beispiel für eine romanische Sprache).
 
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