Wo lagen "Ad pontes Tesseninos"

Gegen diese These spricht
Dass Wörter wie "Stein", "Weg", "Haus", "Wiese", "Mahd" und zusammengesetzte Wörter wie "Weghaus" oder "Wiesmahd" und wiederum aus diesen zusammengesetzte Wörter deutsch und nicht romanisch sind, ist keine "These", sondern eine Tatsache, die keiner Diskussion bedarf. Ebensowenig muss man darüber diskutieren, ob die Namen Eckartsweiler oder Neuweiler deutsch oder romanisch sind.

Worüber man allenfalls diskutieren kann, ist die Frage, ob das Grundwort Köchel germanischer oder (wie das Grundwort Weiler) romanischer Herkunft ist. Ich tippe auf ersteres.

3.3. Ahd. *kohho
Swm. ‘Erhebung, spitzer Berg’, das enthalten ist im Berg- und Ortsnamen
2.1.12.14. Hochkuchl/Lohnsburg (Ried im Innkreis): c. 1140 de Hohenchuchin, 1146 de Hohen Chvchin.

Der kegelförmige, 723 m hohe Berg ragt etwa 100 m über der Ortschaft auf und trug einst die Burg des gleichnamigen Geschlechts. Das Wort stellt sich zu dem Aufragendes bedeutenden rheinfränk.-dial. Koch ‘Erdaufwurf’ (Pfälz. Wb. 4Sp. 1938) und rip.-dial. Kock ‘Haufen; Tannenzapfen, Samenkapsel der Herbstzeitlose’ (Rhein. Wb. 4 Sp. 1106) und setzt gleichfalls ahd. *kohho/niederfränk. *koko voraus, das im oberösterreichischen Ortsnamen durch das ahd. Dativflexiv -in Tonerhöhung von o zu u als bair.-ahd. *za [dëmo] hôhin chuhhin erfährt, wobei der Velar den i-Umlaut verhindert. Im 13./14. Jh. wurde der nicht mehr verstandene Name volksetymologisch nach bair. Kuchl ‘Küche’ (Schmeller 1 Sp. 1221; WBÖ-S) umgedeutet (1363 bey der Hochkuchel).
Hierher stellt sich in Oberbayern auch die gleichfalls im Althochdeutschen appellativisch nicht belegte suffikale Ableitung ahd. *kohhal oder *kohhalo im Ortsnamen Kochel am Kochelsee: 11. Jh. zu 739 Chochalon, 1043 (cop. 12.Jh.) Chochaln, ein Dativ Plural bair.-ahd. *za [dên] chohhalon; 11. Jh. (cop. 12. Jh.) Chochalse (v. Reitzenstein 2006 S. 139). Es lebt im umgelauteten Plural als bair.-dial. Appellativ Köcheln ‘Erhöhungen aus Felsbrocken oder Erdreich im Moor’ (Schmeller 1 Sp. 1220) weiter.​
https://kgaa.bokorder.se/en-us/download/30fb1861-a723-407c-badc-c7ad12ffa551
 
uups - ich war einige Jahre im Internat Schloss Grunertshofen, und da ist in der "Heimatkunde" die Ortsbezeichnung auf die unmittelbar tangierende Römerstraße und eine römische Ansiedlung (… "hofen")zurück geführt worden.

Hab noch was zum Namen gefunden, leider ohne Quellenangabe:

Der Weiler Römertshofen in der heutigen Gemeinde Moorenweis wird 1179 als "Reinberteshofen" (= Höfe des Reinbert) genannt.​
https://www.zeitschrift-amperland.de/download_pdf.php?id=1121

Es gibt übrigens auch ein Römershofen ohne -t-, auch dafür können natürlich die Römer nichts:

"Römershofen kommt übrigens nicht von den Römern, es ist also kein Hinweis auf die Antike wie man eigentlich denken könnte. Bis ins 18. Jahrhundert hat es auch nicht Römershofen, sondern Reimarshofen geheißen, das bedeutet ganz einfach die Höfe des Reimar."​
Von Winden, Bächen und Höfen
 
Mit der Zuweisung von "AD PONTES TESSENIO" in das Gebiet von Eschenlohe nimmst Du eine Zuordnung vor, die schon bei Albrecht Greule
"Die romanischen Ortsnamen in Bayern" so zugeordnet ist.
+ad pontes Tessenios (Tabula Peutingeriana) Station in der Gegend von Murnau an der Straße von Augsburg nach Partenkirchen. Tessenius < *Tissenius, Adjektiv zu ON. Tissē, Stadt in Sizilien am Ätna, jetzt Randazo.
Greule nennt dort auch noch
+Coveliacas (Tabula Peutingeriana), Höhensiedlung auf dem ehemaligen Hügel im Murnauer Moos und spätrömische Befestigung in der Nähe der Römerstraße Augusta Vindelicum Parthanum (Markt Murnau, Lkr. Garmisch-Partenkirchen). Roman. coveliacas (< vulgärlat. *cubiliacae Plural), mit Suffix -aca abgeleitet von lat. cubile (Plural cubilia) ‚Lager, Schlafstätte’. Czysz u.a., Die Römer in Bayern, Stuttgart 1995, S.481.

Interessant auch, dass Hans Bauer in "Die römischen Fernstraßen zwischen Iller und Salzach nach dem Itinerarium Antonini und der Tabula Peutingeriana" diese Ponte Tesseninos nach dem "Itinerarium Antonini" zwar auf der Strecke von Salzburg nach Innsbruck verortet …
IOVAVI (Salzburg) m.p. XXVIII 42 km
bis BIDAIO (Seebruck?) m.p. XXXIII 49,5 km bis
PONTE AENI (nördl. Rosenheim?) m.p. XVIII 27 km 257.3
ISINISCO (Gauting, Isar-Übergang, Helfendorf?) m.p. XX 30 km bis
AMBRAE (Schöngeising?) m.p. XXXII 48 km AD bis
PONTES TESSENINOS m.p. XL 60 km bis
PARTHANO m.p. XX (Partenkirchen?) 30 km bis
VELDIDENA m.p. XXIII Wilten/Innsbruck 34,5 km
*) aber mit "Poente Aeni" (nördl. Rosenheim) - Isinisco - Ambrae (Schöngeising?) Orte einfügt, die am Ende deutlich nördlich der von mir vermuteten Route verlaufen (und nicht einmal den Weg von Rosenheim durch das Inntal nehmen).
Dabei gab es durchaus die Strecke durch das Inntal:
von PONE AENI über
ALBIANO (Kufstein?) m.p. XXXVIII 57 km bis
MASTIACO (Maxen/Brixlegg) m.p. XXVI 39 km bis
VELDIDENA (Wilten/Innsbruck m.p. XXVO 39 km
Wenn man AMBRAE mit Schöngeising gleichsetzt, und PARTHANO mit Partenkirchen, dann liegen die PONTES TESSENINOS dazwischen.
Und das kann dann nur einen Streckenverlauf östlich oder westlich des Starnberger Sees wiedergeben.
Westlich des Starnberger Sees ist eine Römerstraße dokumentiert, die - Starnberg und Andechs tangierend - bei Pähl in das Ammertal absteigt und dort über Weilheim / Murnau weiter nach Eschenlohe / Partenkirchen führt.
Dann müsste aber bei Pähl (oder südlich davon - Eschenlohe?) die Stationsbezeichnung "PONTES TESSENINOS" auftauchen. Das ist allerdings (s.u.) nicht der Fall.

*) zitiert nach Bauer:
Umrechnung: 1 röm. Meile (mille passus/mp) aufgerundet zu 1,5 km, tatsächliche Länge 1481,5 m (nach Pauly/Wissowa, Sp. 1447), Abweichung +1,23 %. Bislang ist abschließend noch nicht geklärt, ob es sich bei den Distanzangaben um Längen- oder gar um Zeitmaße handelt. Zu beachten ist, dass nach der Lex a Macro data die Meilen nicht vom goldenen Meilenstein in Rom bzw. von der Mitte der Städte aus gezählt werden sollten, sondern von den Toren aus (a continentibus aedificiis): Miller, Itineraria XLIX. – Da die Itinerare stets ganze Meilenzahlen angeben, ist schon hier mit einer Toleranz von +/- 1,5 km zu rechnen, daneben lassen einige Meilenangaben den Eindruck entstehen, dass bei der Wegmessung möglicherweise die pontes selbst nicht mitgerechnet wurden. Abweichungen von +/- 10% von den originalen Distanzangaben werden in dieser Arbeit nicht als Fehler angesehen
 
Zuletzt bearbeitet:

Der bekannte Verlauf der Römerstraße zwischen Salzburg und Augsburg dürfte wie folgt wiedergegeben sein:
IOVAVI (Salzburg) m.p. XXVII 42 km bis
BIDAIO (Seebruck) m.p. XXXII 48 km bis
PONTE AENI (bei Rosenheim) m.p. XVIII 27 km bis
ISINISCO (Gauting, Isar-Übergang, Helfendorf ?) m.p. XX 30 km bis
AMBRAE (Schöngeising?) m.p. XXXII 48 km bis
AUGUSTA VINDELECUM (Augsburg) m.p. XXVII 40,5 km bis
ROSTRO NEMAVIAE (?) m.p. XXV 32,5 km bis
CAMPODUNO (Kempten) m.p. XXXII 48 km bis
VEMANIA (?) m.p. XV 22,5 km bis
BRIGRANTIA (Bregenz) m.p. XXIIII 36 km

Auch die Strecke von Augsburg den Lech entlang bis Innsbruck - Sterzin - Verona ist dokumentiert
Augusta Vindelicum bis
ABUZACO (Epfach?) m.p. XXXVI - 54 km bis
PARTANO (Partenkirchen?) m.p. XXX 45 km bis
VELDIDENA (Wilten/Innsbruck) m.p. XXX (45 km) bis
VIPTENO (Sterzing) m.p. XXXVI 54 km …
Das dürfte die Römerstraße sein, die zwischen Altenau, Unter- und Oberammergau über Ettal bis Oberau an der Loisach dokumentiert ist.

Wir haben also ein Straßennetz vor uns, das die "Pontes Tesseninos" auf einer Nebenstrecke zwischen Ambrae und Parthano aufzeigt. Konkret wird zwischen "AMBRAE" (Schöngeising? - mache vermuten auch Dachau, was aufgrund der dokumentierten Römerstraße und dem Amperübergang bei Schöngeising eher unwahrscheinlich ist) eine Entfernung von XL Meilen bis "AD PONTES TESSENI(N)OS und dann weiter eine Entfernung von XX Meilen bis PARTHANO (Partenkirchen?) genannt.

Dazu kommt dann noch die Straße von Salzburg (über Kempten???) nach Augsburg (Tabula Peutingeriana) die wohl die bedeutendsten Fernverbindungsstrecken enthält (Bauer) und eine direkte Verbindung zwischen Salzburg und Kempten aufführt (und dabei auch wieder Isunisca benennt), aber die Pontes Tesseninos nicht erwähnt:
Josef Stern rechnet die röm. Meile (milia passuum) mit 1480 m
Johann Freutsmiedl rechnet die röm. Meile (milia passuum) mit 1,479 m
J.Stern / Freutsm.
1 Ivavo -Atrobrige 16 mp 23,68 km / 23,7 km

2 Artobrige - Bedaio (Seebruck?) 16 mp 23,68 km / 23,7 km

3 Bedaio - Adenum 13 mp 19,24 km / 19,2 km

4 Adenum - Isunisca 20 mp 29,60 km/ 29,6 km

5 Isinisca (Gauting, Isarübergang, Helfendorf ?) - Bratannanio 12 mp 17,76 km / 17, 7 km

6 Bratananio (Gauting?) - Urusa 12 mp 17,76km / 17,7 km

7 Urusa - Abodiaco 13 mp 19,24 km / 19,2 km

8 Abodica (Epfach?) - Escone 18 mp 26,64 km / 26,6 km

9 Econe - Camboduno 20 mp 29,6 km / 29,6 km
gesamt Ivavo - Camboduno 140 mp 207,20 km/ 206,4 km


10 Campoduno - Navoae 18 mp 26,64 km 26,6 km

11 Navoae - Rapis 24 mp 35,52 km 35,5 km

12 Rapis - Augusta Vindelicu 16 mp 26,64 km / 26,6 km
gesamt Campoduno - Augusta Vindelicum 60 mp 88,8 km / 88,7 km
gesamt Ivavo - Augusta Vindelicum 200 mp 296,0 km/ 295,1 km
Wenn man nicht einen "Dreher" in der Reihenfolge (Kempen vor Augsburg) annimmt, dann könnte durchaus ein Umweg erst über Kempten (der alten Provinzhauptstadt) bis nach Augsburg beschrieben sein.
Hier wird bis ISINISCA über Bedaio (Seebruck) wohl die gleiche Strecke (mit z.T. abweichenden Straßenstationen) beschrieben wie bei der Itinerarium Antonini. Von ISINISCO wird aber ein anderer Weg als über AMBRAE eingeschlagen - wohl die Römerstraße, die von Gauting aus südführend Starnberg und Andechs passiert und dann bei Pähl / Raisting über die Ammer in Richtung Epfach weiter trassiert ist.
Dann müsste aber zwischen ISINISCA und ABODICA eine Straßenstation "PONTES TESSENINOS" auftauchen, insbesondere, wenn man den Ammerübergang bei Pähl mit dieser Straßenstation in Verbindung bringen will. Das ist aber nicht der Fall. Die Ortschaften "BRATANIO und URUSA" haben erkennbar mit "PONTE TESSENINOS" nichts zu tun. Auch Pähl "960-1127 (Kopie 1521) Poule, 1096-1133 Boile < roman. bovile ‚Ochsenstall’" ist nicht ersichtlich.

Auch diese Straße hätte "PONTES TESSENINOS" - wenn sie denn bei Penzberg oder Großweil oder Eschenlohe gelegen hätten - nicht berührt sondern weiträumig nördlich des Starnberger Sees umfahren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mit der Zuweisung von "AD PONTES TESSENIO" in das Gebiet von Eschenlohe nimmst Du eine Zuordnung vor, die schon bei Albrecht Greule
"Die romanischen Ortsnamen in Bayern" so zugeordnet ist.
Da ist Greule ein kleiner Fehler unterlaufen, ad pontes Tessenios ist nicht auf den Peutingertafeln verzeichnet. Dafür hat a ponte Aeni auf den Peutingertafeln ein Pendant Ad enum.

Interessant auch, dass Hans Bauer in "Die römischen Fernstraßen zwischen Iller und Salzach nach dem Itinerarium Antonini und der Tabula Peutingeriana" diese Ponte Tesseninos nach dem "Itinerarium Antonini" zwar auf der Strecke von Salzburg nach Innsbruck verortet …
*) aber mit "Poente Aeni" (nördl. Rosenheim) - Isinisco - Ambrae (Schöngeising?) Orte einfügt, die am Ende deutlich nördlich der von mir vermuteten Route verlaufen (und nicht einmal den Weg von Rosenheim durch das Inntal nehmen).
Dabei gab es durchaus die Strecke durch das Inntal:
Dafür kann Hans Bauer nichts, die Strecken sind nun mal im Itinerarium so beschrieben. Ein Reisender, der mit dem Itinerarium in der Hand eine Reise von Salzburg nach Innsbruck geplant hat, wird natürlich die kürzere Strecke durchs Inntal genommen haben und schon bei a ponte Aeni abgebogen sein, anstatt erst bei Ambra abzubiegen.
Die Strecke durch das Inntal ist mit 90 Meilen (145 km) erstaunlich lang angegeben. Falls diese Zahlen stimmen, muss die Innbrücke ziemlich weit nördlich gelegen haben.

Was nicht stimmen kann, sind die Zahlen für die Strecke von Augsburg bis Verona. Der erste Abschnitt bis Abudiacum (ziemlich sicher mit Epfach zu identifizieren - 36 Meilen = 54 km) passt noch ziemlich gut, aber dann sind es von Abudiacum bis Parthanum nur 30 Meilen und von Parthano bis Veldidena nochmals 30 Meilen.
 
Dazu kommt dann noch die Straße von Salzburg (über Kempten???) nach Augsburg (Tabula Peutingeriana)

Bei den Peutingertafeln ist ziemlich vieles durcheinander. Da ist Abudiacum gleich zweimal verzeichnet!
Einmal unter dem Namen Abodiaco, einmal unter dem Namen Avodiaco.

Die eine Straße führt von Augsburg über Kempten nach Abodiacum, und dann weiter nach Osten bis Salzburg.
Die andere Straße führt von Augsburg über Ad novas nach Abodiacum, und dann weiter über Coveliacas über den Brenner nach Trient.
 
...

Was nicht stimmen kann, sind die Zahlen für die Strecke von Augsburg bis Verona. Der erste Abschnitt bis Abudiacum (ziemlich sicher mit Epfach zu identifizieren - 36 Meilen = 54 km) passt noch ziemlich gut, aber dann sind es von Abudiacum bis Parthanum nur 30 Meilen und von Parthano bis Veldidena nochmals 30 Meilen.
hmmm - wenn man die Luftlinie nimmt (auch die alten römischen Straßen waren ja recht geradlinig) dann kommt man von Epfach über Schongau/Peiting bis Ettal und dann mit dem Schwenk über Oberau bis Partenkirchen auf etwas über 60 km, von Partenkirchen über Klais / Mittenwald / Zirl bis Innsbruck nochmal auf etwas weniger als 60 zusammen also ~ 120 km.

Die Straße über Epfach / Altenstadt führt aber weiter in Richtung Füssen, und wo die Verbindung zu der bei Unterammergau / Oberau dokumentierten Römerstraße ist '(die zweifellos bestand) steht für mich noch nicht fest.

Eine andere Variante wäre der bekannten Trassierung folgend Epfach - Raisting/Pähl (20 km) - Weilheim - Polling (ca. 30 km) - Eglfing (wieder das schon genannte ominöse "Egl") - Murnau - Eschenlohe (25 km) - Oberau - Farchant - Partenkirchen (13,25 km) = ~68 km;
dann kommt die Strecke über Klais (10 km) - Mittemwald / Scharnitz (20 km) - Seefeld in Tirol (30 km). Zirl (40 km) bis Innsbruck (52 km).

Die bekannte Römerstraße Gauting - Starnberg (10 km) bis Pähl kommt auf ~ 24 km Distanz. Von dort woa weiter bis Epfach kommen wir auf weitere 20 km, zusammen ~44 km. Das passt - wie auch immer ich das drehen will - mit der Tabula Peutingeriana und der genannten Distanz von Bratananio (Gauting?) - Urusa 12 mp 17,76km / 17,7 km bis Urusa - Abodiaco 13 mp 19,24 km / 19,2 km bis Abidoca / Epfach nicht so recht zusammen.

Jetzt also nochmal AMBRAE (mit Schöngeising unterstellt) - PONTE TESSENINOS - PARTHANO (Partenkirchen unterstellt) nach der "Itinerarium Antonini" über die bekannte Trassierung Schöngeising - Gilching - Gauting - Starnberg - Pähl - Weilheim - Egling - Murnau - Eschenlohe - Oberau - Partenkirchen (24 km + 48 km woa = 72 km). Sorry, schon jetzt zu kurz, und bei einer Abkürzung über den Wörthsee und dann am Ostufer des Ammersees entlang noch kürzer ….
Ich nehme jetzt mal die vermutete Entfernung Schöngeising - Gilching - Gauting (14,3 km) - Baierbrunn (+ 10 km) -

Walchstatt - Eurasburg 30 km - Penzberg / Rain 43 km, zusammen ~ 57 - 60 km. Wenn ich dann die Strecke vom Loisachübergang Penzberg/Rain den Rain entlang bis Sindelsdorf (unter dem Weilberg) - Klein-/Großweil - Ohlstadt (20 km) - Eschenlohe - Oberau - Partenkirchen vermesse, dann bin ich mit zusätzlich gut 40 km dabei. Nach der "Itinerarium Antonini" wären von Ambrae bis "Ponte Tesseninos" 48 km und von dort bis Parthano 60 km zu rechnen. In der Summe würde es mit ~100 km passen. Wenn ich einen Verdreher (beim vielen Abschreiben) unterstelle, dann könnte es passen - ansonsten wäre ich wieder daneben. "Ponte Tesseninos" dürfte bei dieser Trassierung "ohne Verdreher" dann nicht bei Penzberg sondern ~ 10 - 20 km weiter nördlich zu suchen. Damit wäre ich in Höhe von Beuerberg (10 km) bzw. Wolfratshausen (20 km).

Und jetzt kommen wieder Deine römischen Meilensteine, die aber auf die Strecke


    • Augsburg - Epfach - Ammergau - Oberau - Partenkirchen oder
    • Augsburg - Geltendorf - Dießen - Pähl - Weilheim - Murnau - Partenkirchen

ausgerichtet sein dürften.

Alles bled ...

Aber noch eine kurzweilige Ergänzung:
Ich bin ja ein "stinkfauler Hund", und unterstelle, dass die Römer - die diese Strecke auch noch laufen mussten - genauso faul waren und den kürzesten und bequemsten Weg genommen haben. Warum um Himmels Willen sollen die also den Riesenumweg über Epfach - Pähl (oder gar über Augsburg) - Gauting - Sauerlach - Höhenrain genommen haben, wenn es eine kürzere Möglichkeit gab?
Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist die Gerade … und die "gerade" von Kempten führt über Marktoberdorf und die bekannte Römerstraße bei Altenstadt/Schongau sowie südlich des Starnberger See vorbei bis zum Inn und nach Salzburg.
Von der Römerstraße bei Eglfing (nahezu halbwegs zwischen Pähl und Partenkirchen) bin ich nach etwa 8 km bei Frauenrain, nach weiteren 8 km beim vermuteten Loisachübergang von Rain, und nach zusätzlichen 4 km, insgesamt 20 km in Heilbrunn. Weitere 20 km bis zur "Kreuzstraße" nördlich von Gmund am Tegernsee (die Bezeichnung rührt wohl von dem bis vor einigen Jahrenzehnten bestehenden Gasthaus her), und dann über Irschenberg und Bruckmühl / Bad Aibling weiter zur Innbrücke nördlich von Rosenheim, bei der dann ziemlich genau 80 km voll sind.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin ja ein "stinkfauler Hund", und unterstelle, dass die Römer - die diese Strecke auch noch laufen mussten - genauso faul waren und den kürzesten und bequemsten Weg genommen haben. Warum um Himmels Willen sollen die also den Riesenumweg über Epfach - Pähl (oder gar über Augsburg) - Gauting - Sauerlach - Höhenrain genommen haben, wenn es eine kürzere Möglichkeit gab?
Ich kann Dir gerade nicht ganz folgen. Welche Strecke mussten die Römer laufen?
 
Ich kann Dir gerade nicht ganz folgen. Welche Strecke mussten die Römer laufen?
Ich nehme doch durchaus an, dass sowohl die römischen Fußtruppen (das Straßennetz war wohl zunächst primär militärischen Zwecken geschuldet) - aber auch Händler und andere Reisende die Strecken überwiegend zu Fuß zurück gelegt haben. Die durchgängige Benutzung von gezogenen Karren (fahrend) oder Pferden (reitend) wird nur einem Teil der Reisenden durchgehend zur Verfügung gestanden haben :)

Zur Kaiserzeit verfügte jede Zeltgemeinschaft (Contubernium) über ein Maultier, auf dem die gemeinsame Ausrüstung der Zeltgemeinschaft mitgeführt wurde. Dies war ein Lederzelt, eine Handmühle (das Getreide wurde ungemahlen ausgegeben), evtl. zusätzliche Verpflegung sowie Schanzausrüstung für die Errichtung eines Marschlagers.
 
Ich nehme doch durchaus an, dass sowohl die römischen Fußtruppen (das Straßennetz war wohl zunächst primär militärischen Zwecken geschuldet) - aber auch Händler und andere Reisende die Strecken überwiegend zu Fuß zurück gelegt haben. Die durchgängige Benutzung von gezogenen Karren (fahrend) oder Pferden (reitend) wird nur einem Teil der Reisenden durchgehend zur Verfügung gestanden haben :)

Ja, schon klar. Aber welche Strecke genau meinst Du? Du sprichst von einem Riesenumweg, und ich weiß nicht, von wo bis wo...
 
Ich meinte die Strecke zwischen den vormaligen Provinzhauptstädten Kempten und Salzburg - gerade über Marktoberdorf - Schongau - Penzberg - Tölz - Irschenberg - Bruckmühl - Rosenheim (Innübergang);
Riesenumweg über Epfach - Pähl - Gauting oder gar über Augsburg - Gauting ...
 
Ich meinte die Strecke zwischen den vormaligen Provinzhauptstädten Kempten und Salzburg

Zur Zeit des Itinerarium Antonini war weder Kempten noch Salzburg Provinzhauptstadt.

Die Strecken, auf denen Salzburg erscheint, verbinden alle drei die rätische Provinzhauptstadt Augsburg mit Lauriacum, dem wichtigsten Militärstützpunkt der Provinz Noricum.
 
Zur Zeit des Itinerarium Antonini war weder Kempten noch Salzburg Provinzhauptstadt.

Die Strecken, auf denen Salzburg erscheint, verbinden alle drei die rätische Provinzhauptstadt Augsburg mit Lauriacum, dem wichtigsten Militärstützpunkt der Provinz Noricum.
Du meinst also, im Itinerarium Antonini sind nur die Straßen aufgeführt, die zu dessen Zeiten erstellt wurden?

Die Siedlung „Cambodunum“ wurde wohl kurz nach der Zeitenwende, also während der Regierungszeit des ersten römischen Kaisers Augustus, gegründet. Sie war das Verwaltungszentrum der Provinz Rätien, bevor im 2. Jahrhundert n. Chr. Augusta Vindelicum, das heutige Augsburg, Provinzhauptstadt wurde. Damit war Kempten aber nicht verlassen und verödet. Ab dem 3. Jahrhundert war Kempten Grenzstadt am römischen Limes und erhielt mit Cambidanum ein spätrömisches Kastell auf der heutigen Burghalde.
Auch in der Niederung der Salzach zwischen den Stadtbergen war bereits im frühen 1.Jh. eine städtische Siedlung entstanden: das römische Salzburg mit Namen Iuvavum. Um 45 n. Chr. erhielt die Stadt durch Kaiser Claudius das Munizipalrecht und hieß dann Municipium Claudium Juvavum. Salzburg war eine der wichtigsten Städte der neuen römischen Provinz Noricum und in spätrömischer Zeit von „Ufernoricum“ auf dem Weg nach Germanien. 171 zerstörten Markomannen und Quaden die Stadt weitgehend, die dann unter Septimius Severus (193–211) großteils wieder aufgebaut wurde. 241 verwüsteten Alamannen die Stadt erneut. Unter Diokletian und unter Konstantin den Großen (306–337) erlebte Iuvavum eine letzte Blüte. 488 verließ mit der Aufgabe der Provinz Noricum ein großer Teil der romano-kelischen Bevölkerung auf Befehl Odoakers die Stadt Salzburg. Damit war die Stadt aber wiederum nicht "verlassen". Vielmehr zog sich der Rest der Bewohner auf den Nonnberg und den Festungsberg, vielleicht auch auf Rainberg und Kapuzinerberg zurück.

Beide Städte waren also im 1./2. Jh. jeweils die Provinzhauptstädte von Räetien und Noricum, was zu dem Gedanken führten dürfte, dass beide Städte auch durch Straßen verbunden wurden - und zwar auf dem vermutlich kürzest möglichen Weg, den ich schon beschrieben habe und der bei Penzberg/Rain über die Loisach in die Langau führen musste.

Augsburg ist unter Kaiser Augustes (wohl bei Oberhausen) ein Militärlager als Keimzelle der späteren Stadt errichtet worden. Um 5/15 n. Chr. wurde ein neues Lager auf der Augsburger Hochterrasse errichtet. Nordöstlich des heutigen Doms entstand ein Holz-Erde-Kastell mit über 10 ha Innenfläche für eine ca. 3000 Mann starke gemischte Einheit. Hier entwickelte sich auch eine Zivilsiedlung (Kastellvicus). In Kaiser Hadrians Regierungszeit wurde die verkehrsgünstige gelegene Stadt zum Municipium erhoben, deren offizielle Bezeichnung danach municipium Aelium Augustum (oder in Kurzform: Aelia Augusta) lautete.
Damit ergaben sich neue Verkehrsströme - was aber nicht dazu führte, dass ältere Wegeverbindungen (etwa die "Direktverbindung" zwischen Kempten und Salzburg, die beide nach wie vor blühende Zivilstädte waren) aufgelassen wurden.

Von Augsburg aus führten
a) eine Straße von Partenkirchen über Oberau - Ettal - Ammergau nach Norden in Richtung Altenstadt mit Anschluss zur Via Claudia Augusta
b) eine Straße von Partenkirchen über Eschenlohe - Murnau - Eglfing - Weilheim - Raisting - Dießen westlich des Ammersees bis Augsburg
c) eine Querverbindung von Epfach (Via Claudia Augusta) über Raisting / Pähl - Starnberg nach Gauting (Via Julia)​

Vermutet wird weiter
d) eine Nord-Süd-verlaufende Straße östlich des Starnberger Sees und westlich des Kochelseemoores von Sindelsdorf nach Großweil (und wohl weier über Ohlstadt mit Anschluss an b)
e) eine Verbindung östlich des Kochelseemoores von der Langau über Benediktbeuern - Kochel (und dann, wohl mit einem Saumpfad) über Walchensee bis Wallgau - Krün - Klais / Mittenwald.
f) der weitere Bestand der vorgenannten "kürzesten Verbindung" zwischen Kempten und Salzburg, der aufgrund der Landschaftsstruktur mit Seen und Mooren weiterhin über Penzberg/Rain mit Anschluss an die Via Julia vor deren Innbrücke führen musste (!) - zumal die Allgäustraße über Kempten - spätestens nach der Aufgabe des Limesgebietes, dem so genannten Limesfall, um die Mitte des dritten Jahrhunderts – weiterhin eine der wichtigsten Verbindungen von Noricum über Raetien / Kempten nach Westen zum Bodensee und dem späteren Frankreich war (beachte die späte Reichsgrenze Donau-Iller-Rhein-Limes (DIRL) von Ulm nach Süden der Iller (Hilaria) folgend bis Bregenz).​

In diesem Kontext wird genannt:

Augsburg = Augusta Vindelicorum
27 Meilen = 40,5 km
Ambra (Schöngeising?)
40 Meilen = 60 km
Pontes Tesseninos
20 Meilen = 30 km
Parthanum (Partenkirchen?)
23 Meilen = 34,5 km
Wilten = Veldidena

Pontes Tesseninos erscheint (nur) hier als wichtige Straßenstation, wohl zwischen Schöngeising und Partenkirchen.

Es müsste im Zuge der Via Raetia daher an einem der unter a bis c genannten Straßenäste liegen, soweit nicht noch archäologische Befunde die Vermutungen zu d bis f bestätigen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Du meinst also, im Itinerarium Antonini sind nur die Straßen aufgeführt, die zu dessen Zeiten erstellt wurden?
Das kann man aus Sepiolas Ausführungen nicht herauslesen. Man kann aus ihnen herauslesen, dass die von dir als Provinzhauptstädte bezeichneten Orten zu dem Zeitpunkt keine solchen waren und dass die von dir angeführte Streckenführung sich aus dem IA nicht ergibt.

Augsburg = Augusta Vindelicorum
27 Meilen = 40,5 km
Ambra (Schöngeising?)
40 Meilen = 60 km
Pontes Tesseninos
20 Meilen = 30 km
Parthanum (Partenkirchen?)
23 Meilen = 34,5 km
Wilten = Veldidena

Kennst du von Hans Bauer Die römischen Fernstraßen zwischen Iller und Salzach nach dem Itinerarium Antonini und der Tabula Peutingeriana. Neue Forschungsergebnisse zu den Routenführungen. München 2007.?
Der sieht mit Artur Adam (1976) Ambra als Dachau an. Die Argumentation von Adam kenne ich nicht, Bauer gibt sie nicht wieder. Ich würde eher der Routenführung der mittelalterlichen Via Imperii folgen, die hier mit der römischen Via Raeti(c)a übereinstimmen dürfte, dann wäre Ambra etwa bei Landsberg am Lech gelegen.

Dass Parthanum nicht Partenkirchen sein kann, und etwa bei Gießenbach/Scharnitz gelegen haben muss, dürfte eigentlich auch mittlerweile klar sein. Es sei denn, wir unterstellten der historischen Überlieferung einen Schnitzer. Aber anonsten bekommen wir die 55 km, die zwischen beiden Stationen liegen nicht auf die 23 Meilen heruntergebrochen.
 
in dem Kontext möchte ich kurz auf die Ablösung der formalen römische Oberherrschaft durch germanische Verbündee eingehen:

Dux provinciae Raetiae primae et secundae, „Heerführer der ersten und zweiten Provinz Rätien“, war der offizielle Titel des spätrömischen Grenztruppenkommandeurs (dux limitis) der Provinz Rätien. Das Amt wurde im Zuge der von Kaiser Diokletian (284–305) begonnenen Staatsreformen um 310 eingeführt. Die Gebiete südlich der Donau wurden nach 476 noch weiter von Ravenna aus kontrolliert – nun allerdings von Odoaker bzw. den Ostgoten.

Durch diese wurden die schon zuvor wehrpflichtigen Grenztruppen der Breonen nördlich des Brenners zu einheimischen Foederaten des Ostgotenreiches. Später verbündeten sie sich mit den Bajuwaren gegen eindringende Langobarden und Slawenstämme.
Raetien war Bestandteil des ostgotischen Reiches, wenngleich sich die Reichsgrenze bis zum DIRL verschoben hatte.
Die im Wesentlichen aus Elbgermanen zusammengesetzten Alemannen ( daher ist es möglich, dass sie zu großen Teilen aus Stämmen kamen, die sich den Sueben zurechneten) besiedelten die aufgegebenen Teile der Provinz Rätien, bis zu den beiden Alemannenstürmen zunächst nur bis zur Iller, deren Grenze die Alemannen später überrannten und bis zum Lech verschoben.

Ein Konflikt mit den benachbarten Franken führte (nach Gregor von Tours) irgendwann zwischen 496 und 507 zu entscheidenden Niederlagen der Alamannen gegen den fränkischen König Chlodwig I. aus dem Geschlecht der Merowinger.

Der Ostgotenkönig Theoderich gebot der fränkischen Expansion zunächst Einhalt, indem er die südlichen Teile Alamanniens (also im Wesentlichen die Gebiete südlich der Donau und östlich der Iller) unter ostgotisches Protektorat stellte und Flüchtlinge der besiegten Alamannen unter seinen Schutz nahm.

Im Jahr 506 öffnete Theoderich die nördlichen Grenzen seiner goto-römischen Präfektur Italia den von den Franken an Rhein und Neckar besiegten Alemannen. Gemeinsam mit nördlich der Donau heimischen Thüringern hatten sie danach die „nasse Grenze“ der Italia im Norden (= Hochrhein

-Bodensee - Argen - Iller) gegen die Franken zu schützen (so Ennodius von Pavia ).
Ebenso wurden aus Böhmen stammende germanische Föderaten (Gräberfeld von Straubing) südlich der Donau um das weiter bemannte römische Legionslager von Regensburg angesiedelt, wonach sich die nach ihrer Herkunft benannten Baiuvarii von der Donau aus - den Flüssen Lech und Isar sowie den römischen Straßenverläufen folgend - weiter nach Süden ausbreiteten.
 

Während ihres Verteidigungskampfes gegen Byzanz (schon 536/537) überließ der von byzantinischen Truppen bedrängte Ostgotenkönig Witigis dann allerdings dem Frankenkönig Theudebert I. unter anderem Churrätien und das Protektorat über "die Alamannen und andere benachbarte Stämme", also das Gebiet nördlich der Donau mit der Provinz Raetien und wohl auch mit Noricum.


Die Bajuwaren lösten in fränkischem Auftrag 540 die Breonen als Wächter der Alpenpässe ab. Dies verlangte die Errichtung von Stützpunkten - also von Ansiedlungen entlang der Wege über die Alpenpässe, möglichst strategisch günstig an Engstellen, an Straßenkreuzungen oder auf beherrschbaren Hügeln gelegen. Etwa um Salzburg belegen die tradierten Ortsnamen, dass die bajuwarisch- germanischen Ortsnamen auf Hügeln liegen, während sich die romanischen Orte im Tal im Bereich von Gewässern wie Seen befinden.

In der 551 veröffentlichten Gotengeschichte, der „Getica“ (De origine actibusque Getarum) von Jordanes werden die Baioras oder Baibaros als östliche Nachbarn des „schwäbischen Landes“ (regio Svavorum): „Regio illa Suavorum ab oriente Baibaros habet. Das korrespondiert mit Venantius Fortunatus, einem aus Italien stammenden poeta doctus. Er berichtet um 576 von seiner Wallfahrt über die Alpen zum heiligen Martin von Tours im Jahre 565 und beschreibt dabei, wie er vom Inn im Land der Breonen heraufkommend die Baivaria am Lech (Liccam Baivaria/Liccam Bojoaria) durchquerte. An anderer Stelle benennt er einen Bajoarius oder Baiovarius, der bei St. Afra nahe Augsburg die Straßen nach Süden und weiter über die Alpen kontrollierte und dabei dem Reisenden „hindernd“ in den Weg treten konnte.


Im Jahr 591 wurde Tassilo I. vom Frankenkönig Childebert II. über Baiern als Rex '(König) eingesetzt. Tassilo erhielt somit eine vergleichsweise starke Stellung, gleichberechtigt zu den merowingischen Königen in Neustrien, Austrasien und Burgund (Frankenreich).



In dem Kontext ist wohl das frühmittelalterliche Gräberfeld von Sindelsdorf, Lkr. Weilheim-Schongau, Oberbayern (ca. 6.-8. Jh.) zu sehen. Zwei goldenen Körbchenohrringe mit Tüllenverschluss aus Grab 56 sind besonders bemerkenswert, denn vergleichbare Ohrringe trug Arnegunde von Thüringen. Sie war die Ehefrau des fränkischen Königs Chlotar I. (511-558) aus dem Geschlecht der Merowinger.

Eine so dokumentierte "ranghohe" Fürstin wäre nur zu erwarten, wenn die Ortschaft von besonders wichtiger (strategischer) Bedeutung wäre, also
= entlang einer wichtigen Verbindungsstraße über die Alpen (hier entlang des Kochelseemoores wie unter d) in meiner letzten Post vermutet)
= am einer strategisch wichtigen Engstelle (hier zwischen Kochelseemoor und Königs-/Weilberg)
= möglicherweise an einer Wegkreuzung (hier die vorgenannte unter f) trassierte Strecke und
= möglicherweise im Umfeld einer romanischen Restbevölkerung, die mit ihren Abgaben zum Unterhalt des Fürstensitzes beitragen konnte.
 
...

Kennst du von Hans Bauer Die römischen Fernstraßen zwischen Iller und Salzach nach dem Itinerarium Antonini und der Tabula Peutingeriana. Neue Forschungsergebnisse zu den Routenführungen. München 2007.?
Der sieht mit Artur Adam (1976) Ambra als Dachau an. Die Argumentation von Adam kenne ich nicht, Bauer gibt sie nicht wieder. Ich würde eher der Routenführung der mittelalterlichen Via Imperii folgen, die hier mit der römischen Via Raeti(c)a übereinstimmen dürfte, dann wäre Ambra etwa bei Landsberg am Lech gelegen.
….
Ja, ich kenne Bauers Werk, ich habe es in Posting #43 sogar zitiert. Auch Heydenreuter nimmt AMBRAE wohl mit Dachau an. Leider fehlt die Argumentation von Adam.

Relativ sicher scheint mir zu sein, dass AMBRAE einen Flußübergang über die Amper / Ammer bezeichnet. Für Dachau fehlt mir aber der archäologische Zusammenhang.

Die archäologisch gut nachgewiesene Via Julia quert bei Schöngeising die Amper. In oder nahe bei Dachau findet sich keine solche Straßenverbindung. Der nächste nachgewiesene (Bayerischer Denkmalschutzatlas) Verlauf einer Römerstraße von Augsburg her führt von Erweg (!) die Glonn entlang bis Kloster Indersdorf, von dort dann in östlicher Richtung nördlich von Röhrmoos / Schönbrunn vorbei zur Amper und von dieser dann die Isar ("Isartalstraße" über Niedererlbach, Gde. Buch a. Erlbach, Lkr. Landshut und Eching bei Landshut unmittelbar östlich der "kleinen Sempt" - vgl. Hübner, "Römerstraßen im Isartal") abwärts.
Nördlich von Landshut ist eine Kreuzung mit der von Regensburg südwärts bis zum Innübergang bei Rosenheim führenden Straße anzunehmen (Thomas Richter in "AUSGRABUNGEN IM BAUGEBIET ECHING „MüHLENSTRASSE“ UND DER VERLAUF DER RÖMISCHEN ISARTALSTRASSE IM LANDKREIS LANDSHUT", Vortrag des 36. Niederbayerischen Archäologentages). Dort wird auch darauf verwiesen, dass Reinecke (1918) im Landshuter Raum, etwas isarabwärts von Landshut, die Straßenkreuzung „Iovisura“ bzw. „Ad Isaram“ vermutete, an der die Isartalstraße auf die von Regensburg zum Innübergang Nord-Süd verlaufende Straße trifft (vgl. Stern in "Römerräder in Rätien und Noricum", Von Pons Aenis über Jovisura … nach Ad Castra /Regensburg" *)) .
Eine weitere Straße wird wohl die Sempt entlang in Richtung Altenerding geführt haben, das Moorgebiet zwischen Isar und Erding (Hallbergmoos, Moosinning) östlich umgehend. Auf dieser Straße dürfte dann auch Emmeram, dessen Martyrium mit Helfendorf und Aschheim bei München verbunden ist, seine letzte Reise von Regensburg in Richtung Italien angetreten haben (dazu auch Johann Auer, Altwege zischen Abens, Donau und Isar mit pdf Datei unter Hinweis auf REINECKE Das römische Kunststraßennetz in Südbayern. In: Kleine Schriften zur vor- und frühgeschichtlichen Topographie Bayerns Kallmünz, 1962, S. 59)

Ein Amperübergang bei Dachau macht auch wenig Sinn, weil sich dort östlich der Amper ein Moorgebiet (Hackermoos, Riedmoos) erstreckte. Dieses Moorgebiet reichte bis südlich über die heutige Autobahn München-Nürnberg (Eschenried) hinaus und erreichte erst in Höhe von Olching - Eichenau - Puchheim - Gröbenzell wieder dauerhaft trockeneren Boden. Die Bezeichnungen "Eschenried" und "Eichenau" sind dabei von historischem Interesse, weil Eichen in der vor allem in der sogenannten "Hartholzaue" vorkommen, einem Gebiet, das nur sporadisch überschwemmt wird. In regelmäßig überschwemmten Auenlandschaften dominieren dagegen Weichhölzer wie Erlen, Eschen und Weiden; in trockeneren Landstrichen überwachsen dagegen die Buchen nach einigen Jahrhhunderten einen Eichenwald und lassen so die lichthungrigen Eichen absterben.

Das schließt eine weitere Straße westlich der Amper über Bergkirchen in Richtung Esting / Fürstenfeld nicht aus. Dann ist man aber schon fast wieder an der Via Julia und dem belegten Amperübergang bei Schöngeising.

Den oben zitierten Johann Auer darf ich dann in unserem Kontext wieder (S. 164) zitieren:
Ergebnisse:
1. Das römische Straßennetz war wesentlich umfangreicher, als bisher immer noch angenommen wird, wobei alle Trassen äußerst gestreckt angelegt und wohl durchgehend künstlich ausgebaut waren. Es bildete, auch wenn sich die Straßen im Laufe der Jahrhunderte verzweigten, noch bis in das hohe Mittelalter die Grundlage des Straßensystems.
2. Es ist zu vermuten, daß sich die Besiedlung während der Landnahmezeit an den römischen Trassen orientiert hat.
.. womit ich unter 2. wieder zum frühbaiuwarischen Gräberfeld von Sindelsdorf komme ...


Ich sehe schon, mir bleibt nichts anderes übrig, als die archäologisch (d.h. auch durch Luftbildarchäologie) belegten römischen Straßen, die vermuteten Straßenverläufe und die gesicherten und vermuteten römischen Ortsbezeichnungen selbst in eine Karte zu übertragen. Vielleicht kommen wir der Sache dann etwas näher.

*)
In seinem Band Weitere Begehungen von römischen Straßen in Rätien, Noricum und Pannonien setzt Stern dann auf Seite 11 wieder "ad Pontes tesseninus" mit Großweil gleich und zieht eine Verbindungsstraße über Magnestsried (Ursua?) nach Schöngeising in Erwägung.
Dort wird auch die von mir angedachte Strecke von Magnetsried südlich des Starnberger Sees vorbei allerdings in Richtung Kleinhelfendorf als "Tabulalinie" skizziert
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich mache mal einen anderen Vorschlag. Dieser geht von zwei Gedanken aus:
- Zweifelsfrei lokalisiert sind die Punkte Augusta Vindelicum (Augsburg) und Veldidena (Wilten). Die Lage der Stationen dazwischen erachte ich als fraglich.
- Die im Itinerarium genannten Entfernungen zwischen den einzelnen Stationen könnten im Wesentlichen korrekt sein:
Augsburg = Augusta Vindelicorum
27 Meilen = 40,5 km​
Ambra
40 Meilen = 60 km​
Pontes Tesseninos
20 Meilen = 30 km​
Parthanum
23 Meilen = 34,5 km​
Wilten = Veldidena

Gemäß den Angaben des Itinerarium Antonini ergeben sich 110 römische Meilen zwischen Augsburg und Wilten.
Tatsächlich gibt es aus Wilten einen Meilenstein, der 110 Meilen ab Augsburg angibt:
Epigraphische Datenbank Heidelberg
Oberhalb von Zirl wurde ein Meilenstein mit der Zahl "98" gefunden:
Epigraphische Datenbank Heidelberg
Südlich von Mittenwald wurde ein Meilenstein mit der Angabe "85 Meilen" gefunden:
Epigraphische Datenbank Heidelberg
Das heißt, die Station "Parthanum" müsste südlich von Mittenwald zu suchen sein und kann demnach nicht mit Partenkirchen identifiziert werden.

Dann wäre "Ad Pontes Tesseninos" etwa bei Eschenlohe zu suchen.
also ich hab's jetzt nochmal hin und her versucht, die "klassischen Routen" über Schöngeising (= wohl Ambra), Gauting (= Via Julia) und die von dort dokumentierte Römerstraße nach Pähl - Weilheim - Eglfing - Eschenlohe - Oberau - Partenkirchen (= wohl Parthanum?) bringen kein befriedigendes Ergebnis.

Dem Vorschlag von Sepiola folgend:
Die Strecke zwischen Innsbruck über Zirl bis Scharnitz beträgt ~ 30 km, nach Mittenwald sind es gut 35 km. Parthanum müsste dann zwischen Scharnitz und Mittenwald liegen.

Dann nehme ich die zweite Etappe von Parthanum bis Pontes Tesseninos, also die besagten 30 km.

Von Mittenwald über Klais (Die Römerstraße von Klais | Bayern ) sind es alleine schon 25 km bis Partenkirchen und dann weitere 9 km bis Oberau. Wenn man einen Beginn etwas südlich von Mittenwald annimmt, dann kommt sich's mit Oberau als "Pontes Tesseninos" aus.
Von Oberau sind es allerdings weitere 21 km bis Eglfing, von Eglfing 19 km bis Pähl, von Pähl dann 24 km bis Gauting und von dort weiter 15,5 km bis Schöngeising - alles auf archäologisch bekannten Römerstraßen. Das ergibt in der Summe knapp 90 km - und nicht die 60 km, die im Itinerarium angegeben sind.
Wenn ich AMBRA mit Dachau gleichsetze, wie es hier im Thread vorgeschlagen wurde, dann wäre es noch länger.

Etwas anderes ergibt sich, wenn ich von Pähl aus nordwärts eine "Direttissima" an Erling/Andechs vorbei über Seefeld und Wörthsee / Walchstadt eine weitere Trasse unterstelle, die dann über Etterschlag und Mauern führt. Bis Grafrath am damaligen Ausfluss des Ammersees sind es dann insgesamt 26 km, bis Schöngeising '(= Ambra?) 27 km.
Mit 21 + 19 + 27 km komme ich auf insgesamt 67 km, und das ist dann etwas mehr als die angegebenen 60 km.

Die Entfernung Augsburg - Schöngeising mit 40,5 km passt auch.

Daraus ergäbe sich:
Augsburg = Augusta Vindelicorum
27 Meilen = 40,5 km
Ambra = Schöngeising (Amperübergang)
40 Meilen = 60 km
davon Schöngeising - Mauern - Wörthsee/Walchstadt - Seefeld - Erling/Andechs - Pähl 27 km
davon Pähl - Eglfing (19 km) - Oberau (21 km) = 40 km
Oberau = Pontes Tesseninos
20 Meilen = 30 km
Parthanum zwischen Mittenwald und Scharnitz
23 Meilen = 34,5 km
Wilten = Veldidena = Innsbruck

Heureka ?
 
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Du meinst also, im Itinerarium Antonini sind nur die Straßen aufgeführt, die zu dessen Zeiten erstellt wurden?

Selbstverständlich nicht! Ich weiß nicht, wie Du auf diese Idee kommst.

Wir wissen nicht, nach welchen Kriterien der Kompilator das Itinerar erstellt hat, aber es ist anzunehmen, dass er versucht hat, vor allem die wichtigen Routen aufzunehmen, während er bei den Nebenstrecken zahlreiche Lücken in Kauf genommen haben dürfte. Jedenfalls enthält das Itinerarium nur einen Bruchteil der römischen Straßen, und es gibt beträchtliche "weiße Flecken. Die wohl bedeutendste Stadt im heutigen Südwestdeutschland, Arae Flaviae - im Rang eines Municipium, wie Iuvavum - ist im Itinerarium überhaupt nicht verzeichnet. (Auf den Peutingertafeln hingegen schon.)


Auch in der Niederung der Salzach zwischen den Stadtbergen war bereits im frühen 1.Jh. eine städtische Siedlung entstanden: das römische Salzburg mit Namen Iuvavum. Um 45 n. Chr. erhielt die Stadt durch Kaiser Claudius das Munizipalrecht und hieß dann Municipium Claudium Juvavum. Salzburg war eine der wichtigsten Städte der neuen römischen Provinz Noricum und in spätrömischer Zeit von „Ufernoricum“ auf dem Weg nach Germanien. 171 zerstörten Markomannen und Quaden die Stadt weitgehend, die dann unter Septimius Severus (193–211) großteils wieder aufgebaut wurde. 241 verwüsteten Alamannen die Stadt erneut. Unter Diokletian und unter Konstantin den Großen (306–337) erlebte Iuvavum eine letzte Blüte. 488 verließ mit der Aufgabe der Provinz Noricum ein großer Teil der romano-kelischen Bevölkerung auf Befehl Odoakers die Stadt Salzburg. Damit war die Stadt aber wiederum nicht "verlassen". Vielmehr zog sich der Rest der Bewohner auf den Nonnberg und den Festungsberg, vielleicht auch auf Rainberg und Kapuzinerberg zurück.

Beide Städte waren also im 1./2. Jh. jeweils die Provinzhauptstädte von Räetien und Noricum

Ich finde keinen Hinweis darauf, dass Iuvavum jemals die Provinzhauptstadt von Noricum war. Die Provinzhauptstadt von Noricum war Virunum, in späterer Zeit dann Ovilava. (Beide Städte sind im Itinerarium durch eine direkte Route verbunden.)
 
Wir könnten also Via Raetia – Wikipedia statt
we folgt korrigieren
...
  • fehlt ab Pähl nur noch der archäologische Nachweis …
 
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