Wo lagen "Ad pontes Tesseninos"

Wie Du vielleicht bemerkt hast, ist dieser Text auf Latein abgefasst. Das Wort villa bedeutet im mittelalterlichen Latein so viel wie 'Dorf'. So wird auch Antdorf bei seiner Ersterwähnung bezeichnet: "in villa quae Anthedorf vocitatur".
https://www.dmgh.de/mgh_ss_9/index.htm#page/214/mode/1up
Wie Du mehrfach betont hast, ist das Wort "villa" über vila ins Althochdeutsche entlehnt worden. Während die "Dorf-"Namen ins 6. Jahrhundert zurück weisen. Wobei die ursprüngliche Bedeutung des Wortes "Dorf" wohl "eingefriedeter Platz" war (Irmtraud Heitmeier in "Gründerzeit …" S. 610). Und ich meine, dass der Begriff "villa" und seiner Funktion (als Herzogs-/Königsgut für Reisende) in der Übergangszeit zunehmend durch den o.g. "Dorf-"Begriff ersetzt wurde. Auch dafür könnte Sindelsdorf (Villa, genannt Sindelsdorf) ein Hinweis sein.

Die "mittelalterliche Tradition" wird es im 7. Jahrhundert noch nicht gegeben haben.
Altsächsisches Gräberfeld Liebenau – Wikipedia
Das ist bekannt und unumstritten.
Aber die Frage, wann die Bestattung im Umfeld einer Kirche zum Regelfall wurde, ist für unsere Diskussion absolut nebensächlich. Es geht um die Römerzeit und ergänzend die Übergansphase bis zur Zeit der Merowinger. Da waren Bestattungen "außerhalb der Ortschaft" sowie Hofbegräbnisse üblich.

Ich sprach von einer "mittelalterlichen Tradition" der Bestattungen im Umfeld der Kirche und nicht vom "frühen Mittelalter" oder konkret dem 7. oder 8. Jahrhundert; da hatte die Bestattung im Umfeld der Kirchen gerade erst begonnen - stark gefördert durch die Kirche, aber bei weitem noch nicht überall durchgesetzt. Hintergrund war der Volksglaube, dass man "am jüngsten Tag" sozusagen am Rockzipfel eines Heiligen hängend die Auferstehung leichter erreichen konnte. Und weil in jedem Altar eine Heiligenreliquie eingelassen war (alleine für die Späne vom hl. Kreuz sind wohl ganze Wälder vernichtet worden) war der begehrte Platz möglichst nahe am Altar der Kirche.

Eine der ersten Bestattungen im Bereich einer Kirche wird in der Heiligenlegende des Hl. Emmeram überliefert (gestorben wohl in der zweiten Hälfe des 7. Jahrhunderts), der der Legende zufolge bei Aschheim an einer dort befindlichen Kirche seine erste Grabstätte fand.
Den umgekehrten Weg - dass sich über einem Grab ein Gedenkplatz und daraus eine Kirche entwickelte, finden wir genauso - etwa mit St. Afra (Augsburg) oder den Heiligen (Xanten). Aber auch hier waren die Gräber ursprünglich noch "vor den Mauern" der benachbarten Stadt.
Und eine solche Nekropole vor der Villa finden wir auch in Sindelsdorf. Die frühbaiuwarische Nekropole findet sich im Nordwesten der Kernsiedlung, deren Grundstücksgrenzen noch im Urkataster diese Nekropole eindeutig ausklammern (Heitmeier, a.a.O. S. 612 mit Anm. 214).

Bis zur Umsetzung dieses "Kirchenfriedhof-Gedankens" hat es aber noch Jahrhunderte gedauert. Christian Later (a.a.O., S. 846 ff) zeigt auf, dass es beispielshaft in Pliening (813 anlässlich der Kirchenweihe als Pleoningas genannt) und Aschheim (S. 851) neben Reihengräberfeldern auch weiterhin Hofgrablegen gab. Aber das ist für unsere Diskussion absolut nebensächlich.

Dafür revanchiere ich mich mit einem Bohlenweg bei Murnau, der wohl 43 n. Chr. gebaut wurde und mit der Rückreise von Kaisers Claudius aus dem Britannien-Feldzug in Verbindung gebracht wird.
Riesiges Bauprojekt der Römer im Murnauer Moos entdeckt

Die „Via Raetia“ ist von Kaiser Septimius Severus erst um 200 n. Chr. - also rund 150 Jahre später - gebaut worden und verlief wohl am Ostrand des Murnauer Mooses von Eschenlohe an Weichs vorbei in Richtung Weilheim.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vorsicht. Häufig wird eine Restaurierung oder ein Ausbau einer Trasse in kaiserlicher Propaganda so behandelt, als handele es sich um einen Neubau. Wenn du also eine archäologisch nachweisbare Trasse von 43 findest und eine historische Überlieferung von 200 dann kann beides sich auf dieselbe Trasse beziehen.
 
Danke für die Information. Ich sprach von einer "mittelalterlichen Tradition" und nicht vom "frühen Mittelalter" oder konkret dem 7. oder 8. Jahrhundert
Du sprachst konkret von der Sindelsdorfer Nekropole, die bestand konkret im 6., 7. und 8. Jahrhundert:
Die Lage der Sindelsdorfer Nekropole entspricht eher der römischen Sitte, die Nekropolen vor die Stadtmauer zu legen, als der mittelalterlichen Tradition. Im Mittelalter waren die Kirchen "mitten im Dorf" und die Friedhöfe um die Kirche herum. Die vielen alten Dorffriedhöfe in Oberbayern belegen das heute noch.
Ich hatte darauf hingewiesen, dass der Vergleich mit der (späteren) mittelalterlichen Tradition in diesem Zusammenhang keinen Sinn ergibt und daher keine Schlussfolgerungen zulässt. Zum selben Zweck hatte ich einen Link zu einem sächsischen Gräberfeld gesetzt, von dem man sicher auch nicht auf "römische Sitten" schließen wird.

Dafür revanchiere ich mich mit einem Bohlenweg bei Murnau, der wohl 43 n. Chr. gebaut wurde und mit der Rückreise von Kaisers Claudius aus dem Britannien-Feldzug in Verbindung gebracht wird.
Riesiges Bauprojekt der Römer im Murnauer Moos entdeckt
Danke, der ist mir schon bekannt. Den Artikel hatte ich nicht verlinkt, da ich einen Artikel gefunden hatte, der direkt von Werner Zanier stammt (vorgestern verlinkt: https://www.badw.de/fileadmin/user_...ktuell/AA_0218/2018/AA_0218_15_Zanier_V04.pdf)
 
Vorsicht. Häufig wird eine Restaurierung oder ein Ausbau einer Trasse in kaiserlicher Propaganda so behandelt, als handele es sich um einen Neubau. Wenn du also eine archäologisch nachweisbare Trasse von 43 findest und eine historische Überlieferung von 200 dann kann beides sich auf dieselbe Trasse beziehen.
Kann - konkret sind am Murnauer Moos beide Trassen nachgewiesen
- der Bohlenweg im Südwesten nach Nordwesten führend
- die spätere Römerstraße im Osten zwischen Moosberg und Weichs

Aber das kann auch nur eine kürzere Streckenvariante im Moorbereich sein.
Du sprachst konkret von der Sindelsdorfer Nekropole, die bestand konkret im 6., 7. und 8. Jahrhundert:
...
ja genau - und damit steht die kurz vor der Gründung Benediktbeuerns geschlossene Nekropole "vor" der Ortschaft der römischen Tradition näher als der späteren mittelalterlichen Tradition. Was gibt es daran nicht zu verstehen?
 
Eigentlich gehören die Reihengräberfelder in die völkerwanderungszeitliche Tradition, sind also eher als "germanisch" anzusprechen (wenn auch diese Begriff unglücklich ist), denn als traditionell römisch. Auch die Datierung passt mit den Reihengräberfeldern der VWZ und ihrer Aufgabe Mitte des 8. Jhdts. zusammen.
 
Die „Via Raetia“ ist von Kaiser Septimius Severus erst um 200 n. Chr. - also rund 150 Jahre später - gebaut worden und verlief wohl am Ostrand des Murnauer Mooses von Eschenlohe an Weichs vorbei in Richtung Weilheim.

Vorsicht. Häufig wird eine Restaurierung oder ein Ausbau einer Trasse in kaiserlicher Propaganda so behandelt, als handele es sich um einen Neubau. Wenn du also eine archäologisch nachweisbare Trasse von 43 findest und eine historische Überlieferung von 200 dann kann beides sich auf dieselbe Trasse beziehen.

Kann - konkret sind am Murnauer Moos beide Trassen nachgewiesen
- der Bohlenweg im Südwesten nach Nordwesten führend
- die spätere Römerstraße im Osten zwischen Moosberg und Weichs

Aber das kann auch nur eine kürzere Streckenvariante im Moorbereich sein.

Der Bohlenweg durch das Moor weist nach Nordwesten, wahrscheinlich erreichte die Straße irgendwann den Lech, von wo aus sicher eine Verbindung nach Augsburg bestand.

Der Bohlenweg ist laut Dendrochronologie jedenfalls unter Kaiser Claudius gebaut worden, er kann aber nicht allzu lange bestanden haben: "Alle diese Bäume wurden im Jahr 43 n. Chr. gefällt, Hinweise auf wiederverwendete ältere Hölzer oder eine spätere Reparaturphase des Holzunterbaus fehlen. [...] Wegen des relativ starken Torfwachstums kann die Straße höchstens 30 bis 40 Jahre benutzt worden sein und muss spätestens Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. aufgegeben worden sein."

Ich möchte aber annehmen, dass doch auch nach dem Verfall des Bohlenwegs und schon vor den Straßenbauarbeiten unter Septimius Severus eine Straßenverbindung Richtung Augsburg bestand.
 
Wie Du mehrfach betont hast, ist das Wort "villa" über vila ins Althochdeutsche entlehnt worden.
Das ändert nichts daran, dass dieser Text nicht auf Althochdeutsch, sondern auf Latein verfasst wurde.
In lateinischen Texten werden nun mal lateinische Termini verwendet: Ein monasterium ist ein Kloster, ein pagus ist ein Gau oder eine Grafschaft, ein castellum ist eine Burg oder befestigte Stadt, eine villa ist ein Dorf. (Mitunter trifft man auch die Bezeichnung vicus für das Dorf.)

Und so wird z. B. in Urkunden aus Schleswig-Holstein Holstein als "pagus" bezeichnet, Travemünde als "castellum", das Kloster Preetz als "monasterium", und alle möglichen Dörfer (das Dorf Preetz, die Dörfer Stakendof, Postfeld, Schönberg usw.) eben jeweils als "villa":
- in pago Holtsacie
- castellum quod Trauenemunde dicitur
- monasterium in Poretze
- in villa Stakendorp,
- in villa Porsvelde
- in villa Sconenberch


Und wenn ein Ort als Dorf (villa) bezeichnet wird, liefert das natürlich nicht den geringsten Hinweis darauf, welche Sprache die Bewohner zu irgendeinem Zeitpunkt gesprochen haben, ob in Oberbayern oder in Holstein.
Urkundensammlung der Schleswig-Holstein-Lauenburgische Gesellschaft für Vaterländische Geschichte

Ich schreibe das deswegen so ausführlich, weil es auch schon vorgekommen ist, dass eine mittelalterliche Bezeichung "castellum" als Hinweis auf ein Römerkastell missverstanden wurde.

Zum Entlehnungszeitpunkt des Wortes wīla aus lat. villa lässt sich nur sagen, dass es zu den frühesten Entlehnungen gehören muss, bei denen lateinisches v- als deutsches w- erscheint:
lat. vallum - ahd. wal 'Wall'
lat. villa - ahd. wīla

Bei den späteren Entlehnungen ins Althochdeutsche wird das lateinische v- zu deutschem f-:
lat. viola - ahd. fīol 'Veilchen' (auch heute noch mit f- gesprochen, nicht wie "Weilchen")
lat. versus - ahd. fers 'Vers'

Dieser Wandel muss spätestens um 700 eingetreten sein, denn aus der Zeit 735/37 ist sich eine sehr interessante Schreibung für den heutigen Ort Delémont überliefert:
in figo Delomonze
Namenpaare an der Sprachgrenze

Hier sehen wir eine Zweisprachigkeit am Werk: Das lateinische vico (aus vicus) hat sich im Mund der romanischen Bevölkerung zu vigo gewandelt; dies wird von einem deutschsprachigen Schreiber als "figo" geschrieben.

Hier haben wir übrigens das seltene Beispiel eines echten Hybridnamens!
Ich würde hier auf eine romanische Siedlung mit einem deutschen Dorfchef tippen.
Der Chef hieß wohl Tello, die Siedlung Tellsberg (urkundlich 1131: Telsperc). Die romanische Bevölkerung übersetzte den Namen in ihre Sprache, wobei sie den Eigennamen Tello natürlich nicht übersetzen konnte, nur das Grundwort "-berg". So entstand der romanische Name des Orts. (Der deutsche ist auch heute noch gebräuchlich.)

Ob dieser Tello ein früher Namensvetter von Wilhelm Tell war, sei dahingestellt. Der Personenname ist in der Schweiz urkundlich und in etlichen Ortsnamen bezeugt:
ortsnamen.ch - Dällikon
ortsnamen.ch - Thalwil
ortsnamen.ch - Dallenwil
 
Irgendwie kann ich eure Diskussion über die Textpassage in villa quae Anthedorf vocitatur nicht ganz nachvollziehen.
Villa ist hier der Terminus technicus. Dass aber der Ortsname deutsch ist, steht doch bei der Endung -dorf völlig außer Frage. Was ist an mir vorbeigegangen?
 
Irgendwie kann ich eure Diskussion über die Textpassage in villa quae Anthedorf vocitatur nicht ganz nachvollziehen.
Villa ist hier der Terminus technicus. Dass aber der O
rtsname deutsch ist, steht doch bei der Endung -dorf völlig außer Frage. Was ist an mir vorbeigegangen?

Das ist eine gute Frage.

Dass die wîla-Orte auf ehemalige römische Bauten hinweisen können, hatten wir bereits besprochen. Nur gehört Sindelsdorf halt nicht dazu.

Wir haben in Sindelsdorf (763 als "villa quae dictus sindoluesdorf" - schon in der ersten Benennung kommt also der Begriff "villa" vor)

Wie Du vielleicht bemerkt hast, ist dieser Text auf Latein abgefasst. Das Wort villa bedeutet im mittelalterlichen Latein so viel wie 'Dorf'.

Und ich meine, dass der Begriff "villa" und seiner Funktion (als Herzogs-/Königsgut für Reisende) in der Übergangszeit zunehmend durch den o.g. "Dorf-"Begriff ersetzt wurde. Auch dafür könnte Sindelsdorf (Villa, genannt Sindelsdorf) ein Hinweis sein.

Das ändert nichts daran, dass dieser Text nicht auf Althochdeutsch, sondern auf Latein verfasst wurde.
In lateinischen Texten werden nun mal lateinische Termini verwendet: Ein ... castellum ist eine Burg oder befestigte Stadt, eine villa ist ein Dorf...
- castellum quod Trauenemunde dicitur
...
Ich schreibe das deswegen so ausführlich, weil es auch schon vorgekommen ist, dass eine mittelalterliche Bezeichung "castellum" als Hinweis auf ein Römerkastell missverstanden wurde.


Ich hoffe, hiermit alle diesbezüglichen Missverständnisse beseitigt zu haben.





 
Sigrid Braunfels-Esche befaßte sich in ihrem Buch „Sankt Georg“ ausführlich mit der historischen Überlieferung und der Ausbreitung im Abendland mit der Figur des Heiligen. Sie kam zu dem Entschluß, dass der Titelheilige stets an Orten auftritt, die an Römerstraßen liegen oder die selber Römersiedlungen waren.
Ich habe mir inzwischen das Buch vorgenommen. Dazu ist zweierlei zu sagen:

1. Sigrid Braunfels-Esche behauptet nicht, dass der Titelheilige stets an Orten auftritt, die an Römerstraßen liegen oder die selber Römersiedlungen waren.

2. Sie behauptet allerdings (S. 76), dass im bairischen Raum etliche der vor dem 13. Jahrhundert erwähnten Georgskirchen bereits in römische Zeit zurückreichen. Dafür liefert sie für sogar genaue Zahlen, jedoch keinen einzigen Beleg. Die einzigen namentlich erwähnten Georgskirchen, für die sie einen römischen Ursprung behauptet, liegen im Bereich der Diözese Augsburg:
"In der Stadt Augsburg liet die Georgskirche im Bereich der alten Römerstadt; in ihrer Diözese haben von 17 Orten im altbaierischen Teil 2 (Dießen und Oberpfaffenhofen) sicher ihren Georgskult schon in römischer Zeit besessen, 2 andere sehr wahrscheinlich...".

Auch sonst finde ich keinerlei Beleg für die als "sicher" behaupteten Ursprünge der Georgspatrozinien:

Dießen:
"Der Legende nach soll um 815 ein Graf Rathard in St. Georgen ein erstes Kloster gegründet haben, das 955 von den Ungarn zerstört und im 11. Jh. wiedererrichtet wurde."
Markt Diessen am Ammersee - Geschichte

Oberpfaffenhofen: "Untertägige mittelalterliche und früheuzeitliche Befunde im Bereich der Alten Kath. Pfarrkirche St. Georg in Oberpfaffenhofen und ihres Vorgängerbaus sowie Siedlung des hohen und späten Mittelalters."
http://www.geodaten.bayern.de/denkm...enkmalliste/pdf/denkmalliste_merge_188144.pdf

Augsburg:
"Nach nicht gesicherter Überlieferung soll Bischof Embrico 1070 außerhalb der damaligen Stadt bei einer Georgs-Kapelle für zwei Domkanoniker ein Oratorium errichtet haben. Daraus sei 1135 das Augustinerchorherrenstift St. Georg entstanden."
Alle Lexikonartikel

"Erwähnt sei in diesem Zusammenhang, daß bisher keine frühchristlichen Kirchenanlagen aus spätrömischer Zeit sicher für Augusta Vindelicum nachgewiesen werden konnten"
Wißner-Verlag - Bücher über Augsburg, Schwaben, Stadtführer, Musik, Geowissenschaft - Siedlungsgeschichte und Archäologie in Augusta Vindelicum/Augsburg

In Augsburg lässt sich immerhin eine römische Siedlung nachweisen und sogar eine Siedlungskontinuität bis ins Frühmittelalter wahrscheinlich machen, noch nicht einmal das ist im Fall Dießen bzw. Oberpfaffenhofen der Fall.
 
In dem Zusammenhang muss ich dann nochmals auf das Gräberfeld in Sindelsdorf (aus der ersten Hälfte des 6. Jh. bis zum frühen 8. Jh. zurück kommen. Ind der publizierten Dokumentation (Materialhefte zur Bayer. Archäologie, Band 99 stellt Barbara Wührner (S. 17 f) fest:

Jetzt habe ich den Band auch vor mir. Ich zitiere noch die Fußnoten dazu:
Vor allem die eher reduziert ausgestatteten frühen Gräber und das Auftreten von Fibeln bzw. Spatha, Schild und Lanze erst im fortgeschrittenen 6. Jh., ferner das Fehlen von Pferdegräbern sprechen für einen überwiegend an spätrömischen Vorbildern orientierten Bestattungsbrauchtum [sic!] der Bevölkerung von Sindelsdorf.
Fußnote: "Eine abweichende Interpretation schlägt M. Menke vor." (Manfred Menke hat seinerzeit die Ausgrabungen geleitet.)

Auf eine Kontinuität von Romanen im frühmittelalterlichen Bayern, insbesondere im alpinen Südbayern, weisen die zahlreichen überlieferten romanischen Ortsnamen hin.
Fußnote: "Vgl. Rettner..." (Arno Rettner, Baiuaria romana, in: Hüben und Drüben ... Liestal 2004)
Ich habe mir Rettners Aufsatz nochmal näher angesehen. Es ist schon einigermaßen dreist, mit welchen Tricks er versucht, die Anzahl der "vordeutschen" Namen hochzurechnen. Dass am Ende seiner Milchmädchenrechnungen das halbherzige Eingeständnis "Freilich liegt dem Ganzen ein methodisches Problem zugrunde..." einstreut, macht die Sache nicht besser.[/quote][/QUOTE]
 
Leider war ich jetzt eine Woche unterwegs, daher erst die später Antwort - aber dafür gesammelt:
Ja, weiter kommen wir nicht zurück.
Kein archäologischer Hinweis.
Kein Hinweis aus den Quellen.
Kein Hinweis aus der Ortsnamenkunde.

Dazu komme ich gleich der Reihe nach

zu 1:
auch Sindelsdorf liegt bei Penzberg - und wir haben dort eines der wichtigsten frühbajuwarischen Grabfelder aus der Zeit um 530 bis 720 n. Chr.,
das einen Ü
bergang von romanischen zu germanischen Bestattungsbräuchen belegt
(Im historischen Kontext:
Ausgrabungen belegen, dass die zur Raetia I gehörenden Gebiete auch weiterhin enge Verbindungen mit dem italischen Mutterland unterhielten, sicher auch deswegen, da sie zwischen 493 und 536 zum Ostgotenreich gehörten.
Der ostgotische König Theoderich setzten in der Provinz Raetia prima zur Sicherung Italiens einen Dux (deutsch: Herzog) ein. Dieser hatte aber rein militärische Befugnisse. Für die Zivilverwaltung erhielt sich das Amt des Praeses.
537 musste der ostgotische König Witiges einen Teil Raetiens prima, das Gebiet östlich des Bodensees, an den Frankenkönig Theudebert I. abtreten als Gegenleistung für dessen Unterstützung der Ostgoten gegen das Byzantinisches Reich (Gotenkrieg (535–554), Raetien war also bis dahin immer noch Teil des von den Ostgoten beanspruchten römischen Reichsgebietes)
.
Wenn Penzberg ausgeschlossen wird (Penzberg i.S. der mittelalterlichen Gehöftnamen, nicht im Sinne des heutigen Stadtgebietes) dann wäre konkreter auch Sindelsdorf denkbar.

zu 2:
wenn es keine Quellen gäbe, bräuchten wir über den Standort von "Pontes tesseninos" nicht zu diskutieren. Aber es gibt diese Erwähnung als römische Straßenstation und die u.g. erste Urkunde mit der Erwähnung von Sindelsdorf als "Villa",

zu 3:
Das ändert nichts daran, dass dieser Text nicht auf Althochdeutsch, sondern auf Latein verfasst wurde.
In lateinischen Texten werden nun mal lateinische Termini verwendet: Ein monasterium ist ein Kloster, ein pagus ist ein Gau oder eine Grafschaft, ein castellum ist eine Burg oder befestigte Stadt, eine villa ist ein Dorf. (Mitunter trifft man auch die Bezeichnung vicus für das Dorf.)

…..
Irgendwie kann ich eure Diskussion über die Textpassage in villa quae Anthedorf vocitatur nicht ganz nachvollziehen.
Villa ist hier der Terminus technicus. Dass aber der Ortsname deutsch ist, steht doch bei der Endung -dorf völlig außer Frage. Was ist an mir vorbeigegangen?
ja genau, als Villa bezeichnet, also als "(Hof-)Gut" - und eben nicht als Vicus (Dorf). Offenbar habe ich mich in den diesbezüglichen Postings nicht umfassend genug ausgedrückt, Ich muss also etwas mehr begründen.
Und damit bin ich bei Irmtraud Heitmeier in "Gründerzeit - Siedlung in Bayern zwischen Spätantike und frühem Mittelalter", S. 600 ff.
Heitmeier weist auf S. 601 u.a. am Beispiel Weil am Lech bzw. Baisweil an der Römerstraße Kempten-Augsburg auf Indizien zu einem "zäsurlosen Übergang von römischen in frühmittelalterliche Verhältnisse" hin, und kommt dann auf Groß-/Kleinweil sowie Weilheim nördlich Murnau/Staffelsee, auf Weilkirchen bei Zangberg und Weil östlich von Altomünster sowie Weilach bei Schrobenhausen, auf Weildorf (BGL) und ettliche andere Weil-Orte zu sprechen.
Als Gemeinsamkeit der hier angeführten Weil-Namen zeichnet sich also eine wichtige Verkehrslage an Straßen oder Straßenkreuzugnen ab und die Qualität als Herzogs- oder Königsgut. Weil-Namen scheinen im Frühmittelalter Domänenen zu bezeichnen, die sich unmittelbar aus römischen Strukturen entwickelten und für die Herrschaftsbildung bzw. als Ressourchen der Herrschaftsausübung keine geringe Rolle spielten....
(Heitmeier, S. 605 a.a.O.).
Wir finden einen Nachklang dieser Benennung im "Weilberg" unmittelbar südlich von Sindelsdorf und im "Königsberg", der den gesamten Bergzug als "Königsgut" ausweist. Darüber hinaus ist ja auch der nötige Konsens Herzog Tassilos für die Vergabe von Besitz in Sindelsdorf und Schlehdorf an das neu gegründete Kloster Scharnitz (763) belegt.

Auf S, 606 ff weist Heitmeier zudem nach, dass die -Dorf Namen die frühere Bezeichnung "Weil-" ersetzt haben.
Das ahd. Dorf ursprünglich nicht einfach im modernen Sinn als "ländliche Gruppensiedlung" verstanden werden darf zeigt bereits … wo der Siedlungsbefund auf eine herrschaftlich curtis hindeutet. Tatsächlich ist Dorf im Frühmittelalter inhaltlich schwer zu fassen wie das lateinische Villa. Das veranschaulichen z.B. Übersetzungspaare an der lothringischen Sprachgrenze, wo verschiedene Fälle zeigen, dass fränkisch.althochdeutsch -dorp/-Dorf gleichermaßen für alloromanisch -curtem wie galloromanisch Villa stehen kontne. Sprach- wie rechtshistorische Untersuchen machen wahrscheinlich, dass die Grundbedeutung "eingefriedeter Platz" war, was auf Einzelhof wie Gruppensiedlungen zutreffen konnte, oder - anders ausgedrückt - zeigt, dass "das Merkmal 'Gruppensiedlung' (---) kein Kriterium des frühmittelalterlichen Dornamens war. Vielmehr scheint von einer ältesten Bedeutung 'Gehöft" auszugehen zu sein, eine Bedeutung, die sich noch lange hielt …"
oder um es anders zu sagen:
der (früh-)mittelalterliche Begriff "Dorf" ersetzt den spätantiken Begriff der "Villa".

Und genauso haben wir dann auch die erste urkundliche Benennung (763) von Sindelsdorf zu lesen:
"In Villa quae dicitur (im Hofgut, das genannt wird) Sindoluesdorf" bedeutet nichts anders, also eine Konkretisierung dieses Hofgutes, etwa im Unterschied zu Groß-/Kleinweil - "Sindolfs Hofgut"; wobei der tradierte Name "Villa" durch den neueren Begriff "Dort" (mit gleicher Bedeutung) ersetzt wurde.

Der bereits mehrfach erwähnte, heute noch erkennbare quadratische Grundriss des Ortskerns von Sindelsdorf, (wie übrigens auch in Großweil, woa oder Weilheim, dort markiert durch Eisenkramergasse, Buxbaumgasse, Kirchplatz/Ledererstraße und Herzog-Chrstoph-Straße mit 575 m Umfang und 20.474 qm) dokumentiert zudem eine planvolle Anlage, kein planlos gewuchertes Haufendorf.

Das alles würde die These von Bauer/Heydenreuter stützen, wonach die "pontes tesseninos" bei Penzberg (also etwa in Sindelsdorf) zu suchen wären.

Und das "I-Tüpfelchen" sind die St. Georgskirchen
- in Sindelsdorf
- in Bichl
- in Großweil

zum Vergleich:
St. Georg (!) auf dem Kirchbichel über Oberau
BayernAtlas


St. Georg (!) in Mauern bei Grafrath
BayernAtlas
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich verstehe nicht, was der Vergleich mit früheren römischen und späteren mittelalterlichen Friedhöfen bringen soll. Warum suchst Du nicht zeitgleiche Reihengräber zum Vergleich?
Es ist doch einfach:
diese frühbajuwarischen Gräberfelder (Reihengräber) sind nicht als Hofbestattungen oder auch um die Kirchen herum angelegt, sondern außerhalb des bebauten Bereiches "auf freiem Feld".
Auch die Römer haben ihre Friedhöfe "vor" die Ortschaft gelegt, und aus den Gedächtnisorten für einzelne Verstorbene (in Tradition christlicher Martyrer) haben sich dann später auch Kirchengebäude entwickelt, die von der Ortsentwicklung (der Bebauung) langsam umschlossen wurden - im deutschen Sprachraum von Augsburg bis Xanten nachweisbar.
Genauso ist das in Sindesldorf. Einmal ist da ein Gräberfeld, das offenbar über längere Zeit auch "erkennbar" mit Reihengräbern belegt war (und eben keine Hofbestattung darstellt) und gleichzeitig ist offenkundig, dass dieses Gräberfeld "vor" bzw. "außerhalb" des Ortskernes angelegt war; der anschließende früheste (planmäßig angelegte) Ortskern nimmt das Gräberfeld offensichtlich aus.
 
Irgendwie kann ich eure Diskussion über die Textpassage in villa quae Anthedorf vocitatur nicht ganz nachvollziehen.
Villa ist hier der Terminus technicus. Dass aber der Ortsname deutsch ist, steht doch bei der Endung -dorf völlig außer Frage. Was ist an mir vorbeigegangen?

ja genau, als Villa bezeichnet, also als "(Hof-)Gut" - und eben nicht als Vicus (Dorf). Offenbar habe ich mich in den diesbezüglichen Postings nicht umfassend genug ausgedrückt, Ich muss also etwas mehr begründen.
Und damit bin ich bei Irmtraud Heitmeier in "Gründerzeit - Siedlung in Bayern zwischen Spätantike und frühem Mittelalter", S. 600 ff.
Heitmeier weist auf S. 601 u.a. am Beispiel Weil am Lech bzw. Baisweil an der Römerstraße Kempten-Augsburg auf Indizien zu einem "zäsurlosen Übergang von römischen in frühmittelalterliche Verhältnisse" hin, und kommt dann auf Groß-/Kleinweil sowie Weilheim nördlich Murnau/Staffelsee, auf Weilkirchen bei Zangberg und Weil östlich von Altomünster sowie Weilach bei Schrobenhausen, auf Weildorf (BGL) und ettliche andere Weil-Orte zu sprechen

Du musst nicht klassisches Latein der goldenen und silbernen Latinität (also dem Zeitraum zwischen Caesar/Cicero und Tacitus/Sueton) mit dem späteren Lateinischen verwechseln, vicus ist ein klassiches Wort, das sich im Vulgärlateinischen nicht als terminus technicus fortsetzt nur als Ortsname, daher auch nicht produktiv ist, villa hingegen setzt sich in vielen Sprachen als Dorf und im Falle des französischen ville sogar als Stadt fort (im Italienischen als entspricht die villa der römischen villa urbana, im Rumänischen entspricht vilă der römischen villa rustica), im Spanischen und Portugiesischen hat ein Dorf, das als villa/vila bezeichnet wird, eine bestimmte privilegierte Rechtsform. Auch das sardische bidda kommt von villa und bedeutet 'Dorf'. Die sind also produktiv.
Was heißt produktiv/nicht produktiv? Vico weist auf eine alte Benennung hin, die aus der Antike tradiert wurde, villa/vila/ville dagegen eher auf eine mittelalterliche Benennung, wenn nicht gerade eine villa rustica Grundlage der Benennung ist.

Aber das ist auch letztlich egal. Selbst wenn die villa in diesem Text ein 'Landgut' meinen würde (was anhand der Formulierung eher ferner- als näherliegend ist) und kein 'Dorf', so ist und bleibt der Begriff ein terminus technicus und kein Name. Der Name lautet explizit Anthedorf. Du kannst dir ja überlegen, welche Übersetzung du für sinnvoller hälst: in dem landwirtschaftlichen Betrieb, der AntheDORF genannt wird oder in dem Dorf, das AntheDORF genannt wird, aber wie gesagt, wie du das übersetzt, ist am Ende egal, ausweislich des Namens sprachen die Bewohner oberdeutsch, und kein alpenromanisch.
 
Auf S, 606 ff weist Heitmeier zudem nach, dass die -Dorf Namen die frühere Bezeichnung "Weil-" ersetzt haben.
Wo soll das bitte genau stehen?

Was ich da lese (und was Du nicht zitierst) ist folgender Satz: "Tatsächlich ist dorf im Frühmittelalter inhaltlich ähnlich schwer zu fassen wie das lateinische villa."
 
(Im historischen Kontext:
Ausgrabungen belegen, dass die zur Raetia I gehörenden Gebiete auch weiterhin enge Verbindungen mit dem italischen Mutterland unterhielten, sicher auch deswegen, da sie zwischen 493 und 536 zum Ostgotenreich gehörten.
Der ostgotische König Theoderich setzten in der Provinz Raetia prima zur Sicherung Italiens einen Dux (deutsch: Herzog) ein. Dieser hatte aber rein militärische Befugnisse. Für die Zivilverwaltung erhielt sich das Amt des Praeses.
537 musste der ostgotische König Witiges einen Teil Raetiens prima, das Gebiet östlich des Bodensees, an den Frankenkönig Theudebert I. abtreten als Gegenleistung für dessen Unterstützung der Ostgoten gegen das Byzantinisches Reich (Gotenkrieg (535–554), Raetien war also bis dahin immer noch Teil des von den Ostgoten beanspruchten römischen Reichsgebietes)
.
Wenn Penzberg ausgeschlossen wird (Penzberg i.S. der mittelalterlichen Gehöftnamen, nicht im Sinne des heutigen Stadtgebietes) dann wäre konkreter auch Sindelsdorf denkbar.
Du zitierst hier einen Text, den du offenbar auf Academia.ru gefunden hast, einer Wikipedia-Spiegelseite, der einen alten Bearbeitungsstand eines Wikipedia-Artikels spiegelt. Belegt ist in diesem Abschnitt gar nichts (was im Übrigen auch für den völlig veränderten gegenwärtigen Artikel gilt, in dem sich lediglich noch der erste Satz dieses Abschnitts in fast unveränderter Weise wiederfindet). Auf was für Grabungen und Grabungergebnisse sich die enge Verbindung mit dem italienischen Mutterland bezieht, wird nicht ersichtlich.

Ich will die Problematik mal an anderen BspBsp. verdeutlichen. In schwedischen Kontexten findet man immer wieder die sogenannten "Friesenkannen" (nach ihrem Herstellungsort auch Tatinger Ware). Diese wurden lange Zeit als ein Beleg für christliche Bewohner Schwedens in der Wikingerzeit angesehen, auch weil ein Brief erhalten ist, worin skand. Christen um liturgisches Gerät für christliche Rituale baten. Irgendwann stellten Archäologen aber fest, dass bis auf die Kreuze aus Zinnfolie auf den Kannen, die also durchaus für Christen als Endeabnehmer angebracht worden sein dürften, die Kannen sich sehr häufig in Grabkontexten fanden, die nicht gerade als christlich anzusprechen waren, sondern ganz in heidnischer Tradition standen. Das Kreuz war hier seiner Bedeutung entledigt, hatte nur noch Schmuckfunktion. Die archäologische Interpretation war also eine völlig andere.

Lange vor der Eroberung des gallisch-germanischen Raumes durch die Römer können wir zunächst eine sachkulturelle Mediterranisierung und schließlich eine Romanisierung feststellen. Konkret heißt das: Handelsgut aus griechischen, punischen, etruskischen und schließlich römischen Kontexten findet seinen Weg über die Flüssse Galliens und die Alpenpässe auch an Mosel und Rhein und sogar darüber hinaus bis nach Dänemark. Dieses Handelsgut findet sich häufig in Gräbern wieder (gerade metallene Gegenstände findet man fast nur in Gräbern, sofern der Boden der Erhaltung förderlich ist, weil Metall in Siedlungen, wenn der ursrpüngliche Gegenstand nichts mehr taugte, i.d.R. neu verarbeitet wurde, es war zu wertvoll, um es wegzuwerfen). In der Archäologie gibt es für Fundgut die Begriffe positive und negative Auswahl. Positive Auswahl beschreibt Gegenstände, die man in Grabontexten findet. Auch wenn sie häufig rituell zerstört wurden, findet man hier doch meist das vollständige Gerät. Negative Auswahl beschreibt Gegenstände, die in Siedlungskontexten gefunden werden, hier handelt es sich dann meist um Müll, wobei es selten passiert, dass man alle Bruchstücke eines Gegenstandes findet, ganz anders, als bei der Grabbeigabe. Ausnahmen sind katastrophische Ereignisse (etwa Pompeii).

Und schauen wir auf die Vandalen: Lange glaubte man, die Vandalen hätten alles kaputt geschlagen. Heute weiß man, dass man die Villa eines Vandalen in Karthago nicht von der eines Römers des vandalischen Karthago unterscheiden kann, zumindest nicht anhand des Figurenschmucks und der dort zu findenden Kunstgegenstände.

Was heißt das jetzt konkret? Artefakte im Gräberfeld besagen zunächst einmal nichts weiter, als dass es Verbindungen gab. Sie besagen nichts über ie Art der Verbindungen noch darüber, wer im Gräberfeld bestattet wurde. Da können uns Grabsitten weiterhelfen, aber auch die sind trügerisch. Am Ende bleiben nur Strontium-Isotopen-Analysen (SIA), die aber nur sagen können, wo jemand aufwuchs, nicht welche Identität er hatte und DNA-Analysen. Beides ist teuer und abhängig von der Güte des überlieferten Materials. Für DNA-Analysen reicht z.B. nicht, dass Knochenmaterial erhalten ist, dieses muss so gut erhalten sein, dass DNA zu isolieren ist, am besten eignen sich dafür Röhrenknochen, aber auch das ist eine Frage des Alters und der individuellen Bodenbeschaffenheit. Für die SIA gilt dasselbe, nur dass Zähne - länger überdauern als Knochen und somit die Chance für eine SIA höher ist, als die für eine DNA-Analyse.

- Beigaben (helfen am ehesten bei der Datierung, rein archäologische Methode)
- Sitten (verraten zumindest etwas mehr über kulturelle Kontexte als die Beigaben, rein archäologische Methode)
- Strontium-Isotopen (archäometrische Methode, verraten nichts über die Kultur, aber über die geographische Herkunft)
- DNA (archäometrische Methode, verrät nichts über die Kultur oder die geographische Herkunft aber über Verwandtschaftsbeziehungen)
 
wenn es keine Quellen gäbe, bräuchten wir über den Standort von "Pontes tesseninos" nicht zu diskutieren. Aber es gibt diese Erwähnung als römische Straßenstation und die u.g. erste Urkunde mit der Erwähnung von Sindelsdorf als "Villa",
Zu villa siehe den vorhergehenden Beitrag.
Der Zusammenhang zwischen der bei den Tesseninos-Brücken oder -Dämmen gelegenen Station und Sindelsdorf: Woraus ergibt der sich noch mal?


Und genauso haben wir dann auch die erste urkundliche Benennung (763) von Sindelsdorf zu lesen:
"In Villa quae dicitur (im Hofgut, das genannt wird) Sindoluesdorf" bedeutet nichts anders, also eine Konkretisierung dieses Hofgutes, etwa im Unterschied zu Groß-/Kleinweil - "Sindolfs Hofgut"; wobei der tradierte Name "Villa" durch den neueren Begriff "Dort" (mit gleicher Bedeutung) ersetzt wurde.
Nein. Es ist ein deutscher Name (Sindolvesdorf) in einem lateinischen Text, der natürlich den terminus technicus (villa) verwendet: "In dem Dorf das Sindolvesdorf genannt wird..." Alles andere ist Unsinn. Und ich sehe auch nicht, dass das, wenn das kein Unsinn wäre, in irgendeiner Art deiner Beweisführung dienen würde.

Der bereits mehrfach erwähnte, heute noch erkennbare quadratische Grundriss des Ortskerns von Sindelsdorf, (wie übrigens auch in Großweil, woa oder Weilheim, dort markiert durch Eisenkramergasse, Buxbaumgasse, Kirchplatz/Ledererstraße und Herzog-Chrstoph-Straße mit 575 m Umfang und 20.474 qm) dokumentiert zudem eine planvolle Anlage, kein planlos gewuchertes Haufendorf.
Dein Beitrag unterliegt dem Klischee, römische Siedlungen seien alle planvoll und idealiter schachbrettartig angelegt.

Korrekt ist: Offizielle Gründungen wurden in der Römerzeit planvoll, nach dem Ideal des Hippodamus von Milet angelegt. Nichtsdestotrotz gab es auch in der Römerzeit Siedlungen - und wenn Ad pontes tesseninos sich zu einer Siedlung entwickelt haben sollte, dann dürfte eher das der Fall sein - die absolut planlos entstanden. Meist waren das Handwerkersiedlungen an Fernverkehrsstraßen, die einfach entstanden, weil z.B. vor Ort der richtige Lehm für Ziegel und am besten noch ein Magerungsmaterial zur Verfügung stand. Oder der richtige Sand für die Glasproduktion. Oder, oder, oder----

Ich kenne den Ort nicht, kann aber bei einem Blick auf Google Maps jetzt nicht unbedingt deiner Behauptung folgen. Und wenn man sich den Ortsplan von 1812 anschaut, noch viel weniger:

sindelsdorf1812ortsplan.jpg


Die Parzellenstruktur der Felder auf der Karte von 1812 zeigt aber den frühmmittelalterlichen Einfluss: Lange, schmale Felder sind ein Merkmal für die Parzellierung in einer Zeit, als der Beetpflug noch verwendet wurde und gelten als prototypisch für das (frühe) Mittelalter. Die breiteren, weniger langen Fluren dagegen verweisen auf den gebrauch von Wendepflügen und somit auf eine spätere Urbarmachung. Eine planvolle Anlage ist hier nicht zu erkennen.
Also mal angenommen, es habe mal eine planvolle Anlage gegeben: Das was du im heutigen Straßenbild für deren Entsprechung hälst, gab es 1812 nicht..



Und das "I-Tüpfelchen" sind die St. Georgskirchen

Die von dir erwähnte Kirche in Oberau wird auf der Seite des Erzbistums als "vor dem Jahr 1000" bestehend beschrieben. Das ist die älteste der genannten Kirchen. Dagegen stammt die Georgskirche in Mauern aus dem 15. Jhdt. Die in Großweil wird als in ihrem Ursprung spätgotisch beschrieben, dürfte also aus derselben Zeit stammen.
Sindelsdorf? Ersterwähnung des Patroniziums 1534.
Bichl? Ersterwähnung des Ortes: 11. Jhdt., Ersterwähung des Patroniziums: 12. Jhdt.

Wofür genau sind die Georgskirchen das "i-Tüpfelchen"?
 
Zu villa siehe den vorhergehenden Beitrag.
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Ich kenne den Ort nicht, kann aber bei einem Blick auf Google Maps jetzt nicht unbedingt deiner Behauptung folgen. Und wenn man sich den Ortsplan von 1812 anschaut, noch viel weniger:

sindelsdorf1812ortsplan.jpg


Die Parzellenstruktur der Felder auf der Karte von 1812 zeigt aber den frühmmittelalterlichen Einfluss: Lange, schmale Felder sind ein Merkmal für die Parzellierung in einer Zeit, als der Beetpflug noch verwendet wurde und gelten als prototypisch für das (frühe) Mittelalter. Die breiteren, weniger langen Fluren dagegen verweisen auf den gebrauch von Wendepflügen und somit auf eine spätere Urbarmachung. Eine planvolle Anlage ist hier nicht zu erkennen.
Also mal angenommen, es habe mal eine planvolle Anlage gegeben: Das was du im heutigen Straßenbild für deren Entsprechung hälst, gab es 1812 nicht..

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In Deinem Bild hast Du mit der rechtwinkelig abknickenden Straße am oberen Bildrand die Südostecke dieses Geviertes angerissen.
...

*)
Das Geviert ist auf S. 10 [des Grabungsberichtes] im abgedruckten Urkataster erkennbar. Es zeichnet sich im heutigen Straßennetz BayernAtlas durch die Hauptstraße im Süden, die Penzberger Straße im Westen, die Franz-Marc-Straße im Osten und Norden mit einer deutlichen Abschrägung in der NW Ecke aus. Die ungefähre Seitenlänge beträgt jeweils 300 m. Aufgrund der Abschrägung beträgt die Fläche 94.000 qm.

Die St. Georgskirche markiert im Osten die halbe Seitenlänge, die zentrale W-O-Achse wird durch den Kirchenweg gebildet, der außerhalb des Gevierts im Osten durch die Reginpertstraße und im Westen in etwa (leicht versetzt) durch den "Herrenweg" weiter geführt wird.
Sindesldorf war noch bis zur Säkularisation zwischen den beiden Bistümern Augsburg und Freising geteilt. Die Grenze verlief entlang der heutigen Hauptstraße
Südöstlich davon befindet sich der ehemals zu Freising gehörende Teil, der tatsächlich ein mittelalterlich entstandenes Haufendorf darstellt und eine eigene Kirche hatte. Die Taufkapelle von St. Johannisrain gehörte zu dieser Pfarrkirche, deren Mauerreste im heutigen Pfarrhaus enthalten sind.
Die jetzige Pfarrkirche St. Georg - seit jeher (wie das benachbarte Benediktbeuern, also wohl seit der frühmittelalterlichen Bildung von Diözesangrenzen) zu Augsburg gehörend - befindet sich innerhalb des Geviertes, und zwar auf halber Höhe an der östlichen Seite.
...

Was ich da lese (und was Du nicht zitierst) ist folgender Satz: "Tatsächlich ist dorf im Frühmittelalter inhaltlich ähnlich schwer zu fassen wie das lateinische villa."
Du liest sehr selektiv. Schau z.B. auf #133 mein letztes Zitat.
Wenn Du den Beitrag von Heitmeier komplett gelesen hättest, hätte sich Dir das erschlossen.
Vorschlag:
Nochmals lesen:
den gesamten Artikel ab S. 575

Auf Seite 597 findest Du z.B. zu "Wihs" Orten, dass es sich:
… um ein sehr frühes Siedlungswort handelte, das in Süddeutschland noch im 6. Jahrhundert von 'Dorf" abgelöst wurde
oder in der Anmerkung 131:
"Es ist durch neue Wörter verdrängt worden, (…) durch -Dorf, das seit dem 7. Jahrhundert als Modewort aufkam …"
, zu einer Zeit also, in der die älteren "Wihs" und "Villa-/Weil" Bezeichnungen nurmehr weiter tradiert beibehalten wurden.
Die Weil-Orte waren demnach Orte, die sich "offenbar schon früh in Händen von Angehörigen der Oberschicht, wenn nicht sogar hochrangiger Funktionsträger" befanden.
Der Begriff des "-Weil" Ortes bezeichnet in der Tradition der Villa Rustica also einen Funktionsort. Solche hochrangigen Funktionsträger sind im Sindelsdorfer Gräberfeld explizit nachgewiesen.
Ab Seite 600 wird dann auf das "nicht sehr produktive" Wort "Villa" eingegangen, und ab S. 606 erneut weiter ausgeführt, dass die -Dorf Namen ab dem 6. Jahrhundert aufkamen
Und die gleiche Funktion haben die späteren -Dorf Benennungen (nachlesbar ab S. 606) übernommen.
 
Zuletzt bearbeitet:
In Deinem Bild hast Du mit der rechtwinkelig abknickenden Straße am oberen Bildrand die Südostecke dieses Geviertes angerissen.
Ich habe gar nichts angerissen. Das ist die Ortskarte, so wie sie auf der offiziellen Website des Dorfes im Bereich Geschichte offeriert wird. Eine rechtwinklig abknickende Straße macht noch keine römische Siedlung. Der Siedlungskern liegt südöstlich davon, also außerhalb und nicht innerhalb des Knicks. Du argumentiertest mit dem quadratischenn Grundriss des Ortskerns, an dem man noch heute erkennen könne, dass Sindelsdorf eine römische Gründung sei, also nicht, dass du mir jetzt mit einem verlagerten Ortskern kommst...

Sindesldorf war noch bis zur Säkularisation zwischen den beiden Bistümern Augsburg und Freising geteilt. Die Grenze verlief entlang der heutigen Hauptstraße
Was tut das zur Sache? Worüber diskutieren wir hier? Welche Relevanz hat die Bistumsgrenze für die Fragestellung?
Auf Seite 597 findest Du z.B. zu "Wihs" Orten, dass es sich:
… um ein sehr frühes Siedlungswort handelte, das in Süddeutschland noch im 6. Jahrhundert von 'Dorf" abgelöst wurde
Die Schlussfolgerung, die du aus der Heitmeier-Passage ziehst, ist falsch. Die Passage besagt nicht, dass in bestehenden Ortsnamen wihs durch dorf ersetzt wird. Das scheint nämlich deine Schlussfolgerung zu sein. Sie bedeutet, dass wihs bei der Ortsnamenbildung nicht mehr produktiv ist und stattdessen Dorf gebildet wird. Wenn Heitmeier Recht hat, dann kann man anhand des Namensbestandteils wihs bzw. dorf die Gründung der Ortschaft anhand ihres Namens eingrenzen in einen Zeitraum n1 vor einem Punkt im 6. Jhdt. und einen Zeitraum n2 nach einem Punkt im 6. Jhdt.

Die Weil-Orte waren demnach Orte, die sich "offenbar schon früh in Händen von Angehörigen der Oberschicht, wenn nicht sogar hochrangiger Funktionsträger" befanden.
Was nichts daran ändert, dass die -weil-Orte hochdeutsche Benennungen sind, keine romanischen. Und darauf willst du doch mit deiner Argumentation hinaus, dass es romanische Benennungen seien, oder irre ich mich da?
 
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