Deine Erinnerung lässt Dich wohl wieder einmal im Stich. Was tatsächlich unter "Römisches Flair am Harz?" veröffentlicht wurde, ist folgendes:
Während in einigen Gebieten Europas Dachziegel von der Antike bis ins Mittelalter kontinuierlich verwendet wurden, kamen sie in Nord- und Mitteldeutschland allgemein erst im ausgehenden Hoch- und im Spätmittelalter in Gebrauch. Äußerst spannend sind daher Bruchstücke frühmittelalterlicher Dachziegel, die im Bereich der Pfalz Derenburg am Harz gefunden wurden (Abb. 1).
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Um Klarheit über die Funktion und Datierung der Anlage auf dem Anisberg zu gewinnen, wurde im Sommer 2008 ein Suchschnitt im Bereich der Umfassungsmauern angelegt (Abb. 2). Der Schnitt am südöstlichen Rand der Kernburg erbrachte eine unerwartete Dichte von Befunden in außergewöhnlich guter Erhaltung (Abb. 4). Am nordwestlichen Ende des Grabungsschnittes konnten Reste der inneren, ins 10. Jahrhundert zu stellenden Ringmauer erfasst werden. Ihr war ein ca. 7,5 m breiter Spitzgraben vorgelagert. An den Graben schloss sich die äußere, wahrscheinlich ebenfalls noch im 10. Jahrhundert erbaute, polygonale Verteidigungsmauer an, die eine Breite von über 2 m aufwies (Abb. 5). Unmittelbar außerhalb des Verteidigungsringes der Hauptburg wurden umfangreiche Spuren der Vorburg-Besiedlung erfasst. In der kleinen untersuchten Fläche konnten sechs sich zum Teil überlagernde Grubenhäuser sowie Pfosten von ebenerdigen Gebäuden dokumentiert werden. Befunde und Funde zeugen von einer intensiven handwerklichen Nutzung; nachweisbar sind u. a. Eisenverarbeitung und Textilherstellung. So hatte man auch die gefundenen Dachziegel-Bruchstücke in Zweitverwendung zum Verkeilen von Webstuhlpfosten eingesetzt (Abb. 6). Einer ersten Funddurchsicht zufolge gehören die erfassten Siedlungsbefunde in das 10. und 11. Jahrhundert. Aus dem 12. bis 14. Jahrhundert stammen Bestattungen, die in die Verfüllung des Spitzgrabens eingetieft waren.
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Es ist zu vermuten, dass die polygonale Ringmauer mit den Mauertürmen von Otto III. in Anlehnung an antike römische Stadtmauern errichtet wurde - Otto III., der sich auch auf dem Palatin in Rom eine neue Pfalz erbauen ließ, wurde bereits von seinen Zeitgenossen für seine Rom-Schwärmerei kritisiert. Die gefundenen Dachziegel, die stark an römische Leistenziegel erinnern, sind ebenfalls in diesem Zusammenhang zu sehen und könnten von der Dacheindeckung eines unter Otto III. erbauten Kirchen- oder Palas-Gebäudes stammen.
Von den drei gefundenen größeren Dachziegel-Bruchstücken zeigt eines noch Teile einer Randleiste (Abb. 1). Wahrscheinlich stammen die Stücke von großen Plattenziegeln, die wie römische tegulae an beiden Längsseiten Leisten besaßen (Abb. 7).
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Zur zweifelsfreien Bestimmung des Ziegeltyps reichen die in Derenburg gefundenen Ziegelbruchstücke leider nicht aus. Eventuell hat es sich auch um tegula-Platten gehandelt, die nur an einer Seite eine Leiste aufwiesen. In jedem Fall geben die Ziegelfunde einen wichtigen Hinweis auf in antiker Tradition erbaute Repräsentationsgebäude im Kernburg-Bereich der frühmittelalterlichen Pfalz Derenburg.
Herrn Prof. R. Möller, Dresden, sei für seine ausführliche Expertise zu den Ziegelfunden aus Derenburg herzlich gedankt.
November: Römisches Flair am Harz? Vom Dach der ottonischen Königspfalz Derenburg - Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt / Landesmuseum für Vorgeschichte Halle