Greys Kampf für den Frieden

Am 25.Juli 1914 telegraphiert Grey an seinen Botschafter Buchanan in Petersburg. Grey informiert darüber, das er mit dem deutsch Botschafter die Möglichkeit eines Zusammenwirkens von Deutschland, Italien, Frankreich und England gesprochen habe, um den Frieden zu wahren, nachdem Österreich und Rußland mobilisiert hätten. Weiter führt Grey aus, das Benckendorff sich Sorgen darüber macht, das seine (Greys) Äußerungen bei Deutschland den Eindruck erwecken könnten, das England und Frankreich uneins mit Rußland wären. Grey führte daraufhin aus, das er Lichnowsky durch nichts zu verstehen gegeben habe, das wir unbeteiligt bleiben würden. (1) Grey hat also den Spieß umgedreht. Ähnlich schrieb Grey auch an Bunsen.

Benckendorff war aufgefallen, wie sehr Grey gegenüber sein Cousin Lichnowsky den Eindruck erweckt hatte, Russland würde in diesen Konflikt nicht auf die Hilfe seiner Ententepartner zählen können.

Auf welcher Seite Grey tatsächlich stand, darüber ließ er Benckendorff nicht im Zweifel: "Ich sagte, daß Frankreich und wir, so wie ich es vorschlug, Russland gegenüber nicht unbeteiligter wären als Deutschland seinen Verbündeten Österreich gegenüber unbeteiligt wäre." (2)

Eine unmissverständliche Ausführung und genau das was Benckendorff hören wollte.

Dieses Dokument, welches ursprünglich für die Publikation des britischen Blaubuchs vorgesehen war, wurd auf persönliche Weisung vor Drucklegung herausgenommen. Angeblich sollten die Gefühlen Benckendorffs geschont werden, da dieser nicht für die Viermächtekonferenz eintgetreten war.

Auch Frankreich wurde nicht in unklaren gelassen. Bievenu-Martin informierte auch entsprechend. Frankreich und Russland war also über die britische Haltung nicht in unklaren. Sir Edward Grey hat sich mit dieser Aussage natürlich sehr weit vorgewagt.

Benckendorff wollte eine deutlichere Zusage. Aber er berichtete an seinen Chef Sasonow unter dem Datum des 25.Juli 1914:

"Es war mir nicht möglich, von ihm eine formellere und direktere Zusage zu erhalten. [...] Ich kann Ihnen zwar keine formelle Versicherung englischer militärischer kooperation geben, doch habe ich kein einziges Symtom beobachtet, weder bei Grey noch dem König, dass England ernstlich beabsichtigt, neutral zu bleiben. Meine Beobachtungen führen mich zu dem entgegengesetzten Eindruck." (3)

(1) Die Britischen Amtlichen Dokumente Band 1, S. 158 f
(2) BD XI, 132
(3) Die internationalen Beziehungen im Zeitalter des Imperialismus I/5, 55, Telegramm Benckendorffs an Sasnow 25.07.194















 
Frankreich und Russland wussten also am 25.Juli 1914, das England sie nicht im Regen stehen lassen würde.

Als Lichnowsky am gleichen Tage bei Grey anfragte, ob dieser in Petersburg nicht mäßigend einwirken lassen könnte, hat dieser mit kategorischer Ablehnung, "das sei völlig unmöglich" geantwortet. (1) Was während der schweren diplomatischen Krisen 1912/13 noch so gut geklappt hatte, das Zusammenspiel zwischen Berlin und London, war für Grey jetzt völlig unmöglich.

Grey regte an, Berlin möge doch im Falle einen russischen Mobilmachung doch zusammen mit Frankreich, Italien und England, die alle Russland zuneigten, in Wien und Petersburg intervenieren.

Gleichzeitig gab seiner Befürchtung Ausdruck, in dem er zugab, das wird für Deutschland unannehmbar sein, da es dann mit seiner eigenen Mobilmachung ins Hintertreffen gerate, wie Grey gegenüber Benckendorff zugab. (2)


(1) Die internationalen Beziehungen im Zeitalter des Imperialismus I/5, 53 und 54, Telegramm Benckendorffs an Sasnow 25.07.194 und Schmidt, Frankreichs Außenpolitik in der Julikrise, S.295f

(2) 3) Die internationalen Beziehungen im Zeitalter des Imperialismus I/5, 56
 
Frankreich und Russland wussten also am 25.Juli 1914, das England sie nicht im Regen stehen lassen würde.

Da Lichnowsky angesprochen ist ein paar zusätzliche Punkte aus Lichnowskys "Wahn oder Wille" von 1915. Generell geht er ausgehend von dem Verständnis von Realpolitik in der Tradition von Bismarck sehr scharf mit der "Sentimental-Politik" des DR und von Ö-U in der Juli-Krise ins Gericht.

Aus der Sicht von Lichnowsky wurden von ihm seit November 1912 ähnliche Beschreibungen der englischen Sicht nach Berlin berichtet. "Es lag auch gar nicht im britischen Interesse, die Franzosen von dem Alpdruck zu befreien, den wir auf sie ausübten, denn er bildete die Voraussetzung für Frankreichs Unterwürfigkeit gegen England. Ebensowenig aber kann die britische Politik auf den Druck verzichten, den wir auf Russland ausüben, da sonst letzteres wieder freiere Hand in Asien bekommen und sich dort den Engländern unbequem machen würde." (S. 51)

Diese Sicht hatte Grey wenige Tage nach der Ankunft von Lichnowsky in London (Novemerb 1912) ihm deutlich gemacht.

Insofern hat Lichnowsky regelmäßig nach Berlin berichtet, dass das DR mit einer Intervention von GB rechnen muss, sofern es Frankreich angreifen würde.

Dass die Entscheidung dann in London Anfang August sehr kurzfristig im Kabinett für einen Kriegseintritt gefallen ist, zeigt, dass von einem Automatismus absolut nicht gesprochen werden kann.


Röhl, John C. G. (Hg.) (1971): Zwei deutsche Fürsten zur Kriegsschuldfrage. Lichnowsky und Eulenberg und der Ausbruch des 1. Weltkriegs. Düsseldorf: Droste.
 
Lichnowsky hatte in Berlin nicht den besten Stand. Lichnowsky wusste ja nicht einmal etwas von Benno von Siebert und war gegenüber Grey auch etwas blauäugig.

Worauf ich hinweisen wollte, ist, die wichtige Tatsache, das Grey sehr früh, eben am 25.Juli, eine klare und unmissverständliche Aussage gemacht hatte. Dadurch konnte Petersburg in der Krise anders gegenüber Österreich-Ungarn und Berlin agieren, als wenn es sich Englands nicht sicher gewesen wäre.
 
Russland hatte was es so dringend brauchte; die britische Rückendeckung für den Fall der Fälle. So konnte am 25.07. dann auch mit der sogenannten Teilmobilmachung begonnen werden.
 
Lichnowsky ...... und war gegenüber Grey auch etwas blauäugig.

Kann sein, kann aber auch nicht sein. Wer will sich da ein objektives Urteil anmaßen. Beurteilen können wir nur, was sie geschrieben haben. Und an diesem Punkt kann ich aus den Ausführungen von Lichnowsky`s eigentlich nur einen realistischen Bezug zu den Möglichkeiten von Großmachtpolitik erkennen.

Allerdings in der oben angeführten Darstellung hat Lichnowsky natürlich auch eine gewisse Form der Verteidigung seiner eigenen Rolle in London vorgenommen, verständlich angesichts der folgenden Ur-Katastrophe.

Was andere über ihn gedacht oder gesagt haben, wäre bereits kritisch zu hinterfragen in Hinblick auf die impliziten Intentionen.

Worauf ich hinweisen wollte, ist, die wichtige Tatsache, das Grey sehr früh, eben am 25.Juli, eine klare und unmissverständliche Aussage gemacht hatte. Dadurch konnte Petersburg in der Krise anders gegenüber Österreich-Ungarn und Berlin agieren, als wenn es sich Englands nicht sicher gewesen wäre.

Diese Aussage hatte er seit 1912 gemacht und das war ja der Umstand, auf den Lichnowsky hingewiesen hatte. Ansonsten fiel die Entscheidung in London im Kabinett Anfang August und da war Grey nur ein Teilnehmer und er hatte nicht automatisch die Mehrheit auf seiner Seite. Das ist irgendwo im Forum minutiös in der Abfolge der Ereignisse dargestellt worden.

In diesem Sinne mußte die deutsche Führung immer damit Rechnen, dass GB als Gegener in den krieg eintreten würde. Und gleichzeitig war für Frankreich und Russland es absolut nicht sicher, dass GB es tun würde.

Unabhängig davon ist die Frage der Annäherung von GB an das zaristische Russland und der Abschluss des englisch-russischen Marinekonvention - unter anderem - kritisch zu sehen. "Nach Ansicht der britischen Historikerin Zara Steiner hatte Grey allen Grund, die militärische Annäherung an Rußland nur widerwillig zu vollziehen, und das Ergebnis dieses Schrittes habe die schlimmsten Befürchtungen Greys bestätigt (Steiner: Britain and the Origin ...., S. 123)

Schröders fasst die Konsequnezen auf das Deutsch-Britische Verhältnis wie folgt zusammen: "Großbritannien gab den französisch-russischen Werbungen nach und zeigte sich gewillt, die Tripelentente nicht nur zu bewahren, sondern durch ein dezidiert gegen Deutschland gerichtetes Flottenabkommen mit Rußland an ihrer schwächsten Stelle auszubauen. Der Wilhelmstraße gaben die Engländer damit zu verstehen, daß sie an ihrem außenpolitischen Kurs festhalten, ja, denselben vertiefen wollten und daß an eine allgemeine Verständigung zwischen London und Berlin vorerst nicht zu denken war. Die Folgen für den deutsch-britischen „Geschäftsverkehr" waren in der Tat verheerend. Als nach dem Mord von Sarajewo eine neue Balkankrise ausbrach, kündigte die desillusionierte deutsche Führung unter anderem wegen des Rückschlags ihrer Englandpolitik das in der Vergangenheit erprobte Krisenmanagement mit London auf und stellte sich mit dem ,Blankoscheck' bedingungslos hinter den Wiener Bundesgenossen. Einen Monat später befanden sich Deutschland und Großbritannien im Krieg"

Diese Ereignisse waren nicht optimal als Vorläufer die vertrauensvolle Zusammenarbeit auf diplomatischer Ebene zu festigen. Und an dieser Entwicklung hat Grey einen Anteil.

Schröder: Die englisch-russische Marinekonvention. Das Deutsche Reich und die Flottenverhandlungen der Tripelentente am Vorabend des Ersten Weltkriegs
 
Ja, man darf auch nicht vergessen, das Grey auf deutsche Nachfrage hinsichtlich des projektierten Flottenabkommens, Lichnowky schlicht angelogen hatte. Die Enttäuschung bei Bethmann war tief, denn es war gerade er, der eine deutsch-englische Verständigung hatte erreichen wollen.

Grey hat es letzten Endes versäumt, Lichnowsky gegenüber Klartext zu sprechen will heißen "Angst zu machen", damit in Berlin die Alarmglocken läuten.
Seine Signale an Berlin waren nicht deutlich, ebenso das merkwürdige Neutralitätsangebot vom 01.August und seine nicht eindeutige Rede zwei Tage später. In dem er Neutralität vorgetäuscht hat und doch eindeutig die französisch-russische Position bezogen hatte, waren Paris und Petersburg zu einen anderen Vorgehen in der Lage, da sowohl Sasonow als auch Poincarè sich sicher sein konnten, Greys Unterstützung gewiss zu sein.
 
Auf welcher Seite Grey tatsächlich stand, darüber ließ er Benckendorff nicht im Zweifel: "Ich sagte, daß Frankreich und wir, so wie ich es vorschlug, Russland gegenüber nicht unbeteiligter wären als Deutschland seinen Verbündeten Österreich gegenüber unbeteiligt wäre." (2)

Du zitierst Allemann, Grauzone, S. 276, meine ich, und nicht BD.
Schau man sich BD XI, Nr. 132, vollständig an, sieht man, glaube ich, Grey's Lavieren deutlicher und Allemanns vermutlich etwas verkürzende Zuspitzung, hier auf einen einzigen Satz in einem längeren Text. In welchem Grey an Buchanan kabelte, was er Benckendorff (u.a.) über seine Unterhaltung mit Lichnowsky erzählt habe.

Was hat denn Benckendorff im Anschluss an die angebliche Versicherung Greys darüber an seinen Chef, Sasonow, gekabelt? Siebert endet, glaube ich, am 23.7.1914....
 
Die Quelle liegt mir nicht mehr vor; war ausgeliehen und es hatte sich ja auch niemand für interessiert.

Ja, da habe ich in der Tat die BD und Allemann durcheinander gebracht. Sorry hierfür.
 
Na, jedenfalls bietet der ganze Text Grey's an Buchanan vom 25.7.14, BD XI, Nr. 132, über die Unterhaltung mit Benckendorff anlässlichs Grey's Unterredung mit Lichnowsky, keine ausreichende Basis für den angeblichen Blancoscheck, den Grey mit seiner verklausulierten Äußerung gegeben hätte.

Allemann hat einen Satz aus Nr. 132, einen verklausulierten, lavierenden Grey-Satz, isoliert und m.E. zudem nicht zutreffend interpretiert.
Die Gegenprobe kann man behelfsweise mit Die Internationalen Beziehungen im Zeitalter des Imperialismus / Reihe 1, Band 5, 23.7.-4.8.1914, machen, hier die Kabel von Benckendorff an Sasonow. 23. + 24.7. sind keine abgedruckt, dafür passend gleich mehrere am 25.7. Benckendorffs an Sasonow, Nr. 52-56. Ich kann dort nicht erkennen, dass Benckendorff von einer Art Blancoscheck Grey's berichtet, einen solchen wahrgenommen hat oder so verstanden hat. Benckendorff hätte dies gewiss überdeutlich und sofort an seinen Chef Sasonow gekabelt.

Grey berichtet Buchanan u.a.:
"Ich sagte, daß Frankreich und wir, so wie ich es vorschlug, Russland gegenüber nicht unbeteiligter wären als Deutschland seinen Verbündeten Österreich gegenüber unbeteiligt wäre."

Diese nach mehreren Seiten deutbare, angebliche Aussage Grey's Benckendorff gegenüber lässt sich übrigens inhaltlich nicht in den genannten Kabeln Benckendorffs an Sasonow entnehmen.
 
Ähem, warum fragst du eigentlich nach dem Inhalt von Benckendorff sein Kabel an Sasonow, wenn dir dieser bekannt ist? Wie soll ich denn das bitte verstehen?

Die Aussage Grey lässt sich durchaus so deuten, wie Allemann sie interpretiert hat. Grey ist sicher nicht die Unschuld vom Lande, wie er so gerne dargestellt wird.
 
Ähem, warum fragst du eigentlich nach dem Inhalt von Benckendorff sein Kabel an Sasonow, wenn dir dieser bekannt ist? Wie soll ich denn das bitte verstehen?

Was hat denn Benckendorff im Anschluss an die angebliche Versicherung Greys darüber an seinen Chef, Sasonow, gekabelt? Siebert endet, glaube ich, am 23.7.1914....

Ich hatte zunächst in Zusammenhang mit Sieberts Veröffentlichungen zum Benckendorff-Schriftwechsel danach gefragt, innerhalb dieser Veröffentlichungen.

Die Aussage Grey lässt sich durchaus so deuten, wie Allemann sie interpretiert hat. Grey ist sicher nicht die Unschuld vom Lande, wie er so gerne dargestellt wird.
Nee...und nur, wenn man den restlichen Text auslässt und die weiteren Veröffentlichungen in IBZI, Reihe 1, Band 5, Benckendorffs an Sasonow, Nr. 52-56, als notwendige, wissenschaftlich-methodische Gegenkontrolle, wie/was Benckendorff von dieser angeblich von Grey an ihn getätigten Aussage wahrgenommen und ans Russische AA, an Sasonow, weitergegen hat, ebenfalls. Und Letzteres, Grey sei nicht die Unschuld vom Lande, habe ich weder behauptet, angesprochen, geglaubt noch interessiert dies im Zusammenhang mit einer substanziellen und leicht methodischen Recherche zu den angeblichen Äusserungen Grey's gegenüber Benckendorff als angeblicher (letzter), an Sasonow vermittelter Auslöser.

Sasonow kabelt am 25.7.14, Nr. 48, S. 46 f., hier S. 47, vor Grey's Unterhaltung mit Benckendorff und Benckendorffs diverse Kabel vom 25.7. an Sasonow, u.a., bei einer weiteren Verschärfung der Lage mit möglicherweise durch die Großmächte veranlassten Schritten würden sie [offenbar ist die russische Administration gemeint] darauf rechnen, dass England nicht zögern würde, sich definitiv auf die Seite Rußlands und Frankreichs stellen würde, um das Gleichgewicht in Europa aufrecht zu erhalten, für das es früher stets eingetreten sei. [...]

Er rechnet also damit, entlang der beiderseitigen Politik der letzten Jahre. Und nicht entlang einer formellen, konkreten einzelnen, neueren/neuesten Zusage oder Zusicherung, Grey's etwa. Die Formulierung 'darauf rechnen' zeigt auch, es gibt keinen gesicherten Automatismus, keine öffentliche und nichtöffentliche verbindliche Zusage.

Entsprechend kabelt Benckendorff am 25.7.14 an Sasonow, IBZI, R1, Bd. 5, Nr. 56, hier S. 52, u.a.:
Ich kann Ihnen zwar keine formelle Zusicherung englischer militärischer Kooperation geben, doch habe ich kein einzige Symptom beobachtet - weder bei Grey, noch beim König, noch bei irgendjemand von Bedeutung -, daß England ernstlich beabsichtigt, neutral zu bleiben. Meine Beobachtungen führen mich stark zu dem entgegengesetzten Eindruck. Mit bestem Gewissen kann ich Ihnen nicht mehr darüber sagen.
Wo bleibt da die angebliche und angeblich so eindeutig verstehbare Zusicherung Grey's an Benckendorff, siehe die bei Allemann isoliert in Übersetzung zitierte Aussage? Das wird auch in den anderen Kabeln Benckendorffs an Sasonow, Nr. 52-56, nicht besser oder anders. Wo zeigt sich die Auslösefunktion der Grey'sschen Aussage gegenüber Benckendorff bei der Weitermittlung an Sasonow?

In Nr. 91, IBZI, Band 5, schreibt Benckendorff brieflich am 26.7.14 an Sasonow, notiert u.a. (S. 87), er sei sich nicht ganz sicher, dass er [Lichnowsky] Grey's Worte so verstanden hat, wie Grey sie verstanden wissen wolle.

Eine Herausforderung, die nicht nur bei Lichnowsky bestand, offenkundig....
 
Allemanns Dissertation...zumindest engagiert..;)

  • am 24.7.14 kabelt Buchanan aus St. Petersburg an Grey (BD XI, 101). Eingangs Bemerkung, Sasonow habe ihm morgens telef. mitgeteilt, der von Österreich getane Schritt (Ultimatum an serb. Reg.) bedeute den Krieg. Buchanan kann Sasonow gegenüber nicht Hoffnung erwecken, dass brit. Reg. Solidaritätserklärung abgebe, welche Verpflichtung einschlösse, Frankreich & Russl. mit Waffengewalt zu unterstützen. Sasonow bemerkt dann, Ministerrat werde sich nachmittags mit dieser Frage befassen.
  • der russ. Ministerrat beschließt am 24.7.14 (IBZI I, Bd. 5, 19) u.a., vom Zar die Teilmobilmachung zu erbitten
  • am 25.7.14 genehmigt der Zar dies, u. d. Ministerrat setzt d. Teilmobilmachung zum 26.7. in Kraft. (IBZI I, Bd. 5, 42)
  • Allemanns Versuch, Grey eine eindeutige Blancoscheck-Äusserung/-Funktion zugunsten d. russ. Administration via Benckendorff zu unterstellen, führt zb S. 278 zu vorsätzlichen Entstellungen & Falschdeutungen, wenn A. im eingerückten Zitat den ersten Satz aus den Zusammenhang reisst & deutet. Dieser bezieht formal wie inhaltlich erkennbar auf Buchanans Austausch mit Sasonow am 24.7. Siehe erster Punkt.
Schon Allemanns Chronologie stimmt so nicht, obwohl er tageweise vorgeht.

U.a.m. ...
 
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Im Dezember 1906 schreib Grey an Roosevelt ein paar interessante Zeilen.

[...] "Nun ein paar Wort zu unserer Politik. Sie ist nicht antideutsch. [...] Nach unserer Ansicht schafft die Entente mit Frankreich für beide Länder gute und zufriedenstellende Beziehungen mit Italien und Spanien. Das bedeutet, dass Frieden und Ruhe zwischen den vier westlichen Mächten Europas gesichert sind. Um diese Grundlage zu vervollkommen, wollen wir ein Abkommen mit Russland treffen, das die altüberlieferte Feindschaft beenden und eine Versicherung dafür sein wird, dass, wenn uns auch keine enge Freundschaft verbindet, wir auf keinen Fall Schwierigkeiten miteinander haben werden.

Wenn das durchführbar ist und Deutschland diesem Abkommen zustimmt und keinen Versuch unternimmt, Unruhe zu stiften, werden wir dafür Sorge tragen, dass das Abkommen nicht zu seiner Herausforderung oder Schädigung benutzt wird.


Hervorhebungen durch meine Wenigkeit
Im Original bei Trevelyan, Grey S.147-149
 
1907 entstand ja das sehr bekannte Memorandum von Crowe. Grey war beeindruckt, es entsprach ja auch seiner eigenen Ansicht, und ließ dieses an die Herren Asquith, Haldane, Morley usw. verteilen. Der ständige Unterstaatssekretär Sir Thomas Sandersen verfasste daraufhin ein eigenes Memorandum, welches durchaus Verständnis für die noch junge Großmacht Deutschland zeigt. Das passete Grey nun aber gar nicht in dem Kram. Er war überrascht, das "Sandersen Partei für Deutschland ergriff". Das Memo von Sandersen sollte weder Lansdowne noch sonst irgendwem vorlegt werden.
 
1907 entstand ja das sehr bekannte Memorandum von Crowe. Grey war beeindruckt, es entsprach ja auch seiner eigenen Ansicht, und ließ dieses an die Herren Asquith, Haldane, Morley usw. verteilen. Der ständige Unterstaatssekretär Sir Thomas Sandersen verfasste daraufhin ein eigenes Memorandum, welches durchaus Verständnis für die noch junge Großmacht Deutschland zeigt.

Sir Thomas war im Februar 1906 aus dem Dienst im AA ausgeschieden, Grey war also 1907 keineswegs sein Chef, als Sanderson am 21.2. 1907 seinen Antwort auf das zirkulierende, 21 seitige Memo von Crowe verfasste, das Memo hatte Sanderson von seinem Amtsnachfolger Charles Hardinge erhalten.
Eine Antwort, die er wiederum auch seinem Amtsnachfolger Charles Hardinge übergab, welcher Sandersons Entgegnung auf Crowes Memo wiederum am 25.2.1907 Grey weitergab, mit der Bemerkung u.a. (BD III, S. 420):

Somewhat to surprise he has taken up the cudgels for Germany [...]

Kann man durchaus so übersetzen, was angeblich Grey über das Memo Sandersons in Deinem Beitrag #37 gesagt haben soll. Wie wäre es mit umfangreicheren Blick in die BD, Vol. 3, 420-433 ? Dort findet sich keinerlei Kommentar Greys zum Sanderson-Memo, welcher inhaltlich dem ähnelt, was in Deinem Beitrag referiert-suggeriert wird.

Das passete Grey nun aber gar nicht in dem Kram. Er war überrascht, das "Sandersen Partei für Deutschland ergriff". Das Memo von Sandersen sollte weder Lansdowne noch sonst irgendwem vorlegt werden.

Dafür schreibt Hardinge in seiner das Sanderson-Memo begleitenden Notiz an Grey weiterhin (BD III, S. 420):

I do not intend to show them to Lord Lansdowne or to do anything further with this memorandum.

Was angeblich Grey als Reaktion auf Sandersons Memo geäußert oder verlangt und angeordnet hat, stammt tatsächlich von Charles Hardinges begleitender Notiz an Grey.

Weiterhin war Henry Charles Keith Petty-Fitzmaurice, Marquess of Lansdowne, im Dezember 1905 als britischer Außenminister ausgeschieden. Grey konnte also sowieso Sandersons Memo nicht an der Verbreitung z.B. an den nicht mehr amtierenden Lansdowne hintern oder gar als vermeintlicher Chef von Sir Thomas auf diesen Druck ausüben zum gleichen Zweck.

1907 entstand ja das sehr bekannte Memorandum von Crowe. Grey war beeindruckt, es entsprach ja auch seiner eigenen Ansicht,
Hat wer behauptet oder ist es deine eigene Schlussfolgerung? Hilfreich ist der ganze Original-Kommentar Greys zum Memo., BD III, S. 420.

Wenn Du schon Allemann weiter 'ausschlachtest', siehe Tevelyan ;-), darfst Du das ruhig vermerken und auch gleich angeben, ob du die 1938 in Deutschland und mit einem Vorwort des NS nahen Historikers Karl Alexander von Müller versehene deutschsprachige Übersetzung genutzt hast.
 
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Erste Anmerkung: Allemann habe ich nicht verwendet! Also bitte keine Unfreundlichekiten in Form von Unterstellungen. Um welche Übersetzung es sich handelt, kann ich dir leider auch nicht mitteilen, da es bei Hölzle nicht dabei steht.

Sir Thomas war im Februar 1906 aus dem Dienst im AA ausgeschieden, Grey war also 1907 keineswegs sein Chef, als Sanderson am 21.2. 1907 seinen Antwort auf das zirkulierende, 21 seitige Memo von Crowe verfasste, das Memo hatte Sanderson von seinem Amtsnachfolger Charles Hardinge erhalten.

Sehr schön. War mir nicht bekannt, das Sandersen schon im Febraur 1906 aus dem Foreign Office ausgeschieden wurde. Das ändert aber nichts wesentliches inhaltliches an meinem Post.


andreassolar schrieb:
Eine Antwort, die er wiederum auch seinem Amtsnachfolger Charles Hardinge übergab, welcher Sandersons Entgegnung auf Crowes Memo wiederum am 25.2.1907 Grey weitergab, mit der Bemerkung u.a. (BD III, S. 420):

Somewhat to surprise he has taken up the cudgels for Germany [...]

Kann man durchaus so übersetzen, was angeblich Grey über das Memo Sandersons in Deinem Beitrag #37 gesagt haben soll. Wie wäre es mit umfangreicheren Blick in die BD, Vol. 3, 420-433 ? Dort findet sich keinerlei Kommentar Greys zum Sanderson-Memo, welcher inhaltlich dem ähnelt, was in Deinem Beitrag referiert wird.

Zu freundlich. Du kannst Sandersen sein Memorandum in dem Band Quellen zur Entstehung des Ersten Weltkrieges von Erwin Hölzle nachlesen. Auf Seite 46 wirst du fündig. Das gilt auch für Greys "angeblichen" Kommentar. Ich sauge mir grundsätzlich nichts aus den Fingern.

Im gleichen Band findest du auch auf das von Bezug genommene Memorandum von Crowe und zwar unter dem Datum des 01.Januar 1907.

Tja, die Britischen Dokumente würde ich sehr gerne verwenden, wenn diese bloß einmal vollständig angeboten werden würden.

Ein bisschen Nettiquette darf auch bei unterschiedlichen Ansichten und Meinungen durchaus sein!
 
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Erwin Hölzle verwendest Du noch? Meine Erwiderung basiert natürlich auf BD III, also auf den Originalen, immer mit aktuellster (engl.) Wissenschaftslit. abgeglichen. Selbst die kräftig revisionistische Publikation von Andreas Rose, Zwischen Empire und Kontinent (2011), bestätigt nicht Deine hier in #37 geposteten und von mir hinterfragten oder widerlegen Passagen.

Wenn Du solche Beiträge wie #37 hier postest, die offenkundig beachtliche Verkürzungen und nicht zutreffende Behauptungen enthalten, und Du keine Quellen angibst....sorry, das kannst Du nicht machen und auch nicht erwarten, dass ich nun versuche, mir zu überlegen, dass Du bestimmt gute Gründe dafür hast. :D

BD III enthält sowohl Crowes Memo wie Sandersons Replik, vollständig, jeweils natürlich mit Anmerkungen und 'minutes'. Crowes Memo ist beispielsweise 20 Seiten lang, gedruckt in den BD III noch etwas länger. S. 397-420. Was Du bei Hölzle lesen kannst, sind im besten Fall wohl Bruchteile davon, mit offenkundig teils falsch übersetzten oder falsch widergegebenen/zugeordneten 'minutes' usw. In einer google-Vorschau konnte ich bei Hölzle falsche Seitenangaben gerade zu Sandersons Erwiderung auf Crowes Memo finden: Hölzle gibt BD III, S. 704-707 an - so viele Seiten hat BD III gar nicht....tatsächlich ist Sandersons Memo dort S. 420-431 abgedruckt.


Weiterer Punkt: Wieso erkennst Du offenkundig nicht zutreffende Behauptungen/Darstellungen etc. nicht, wie in #37 gepostet, während ich sofort sehe, dass da einiges nicht bzw. nicht so stimmen kann? Du bist seit Jahren an diesem Thema, bilde ich mir ein, ich sporadisch auch.
 
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