Herzog Widukind

PostmodernAtheist

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Definitiv eine interessante frühmittelalterliche Persönlichkeit. Aber wie muss ich mir sein Schicksal vorstellen? Widukind würde ja getauft, hat man ihn dann in das Reich integriert oder in ein Kloster gesteckt um ihn zu beseitigen? Würde dazu gerne eure Theorien hören.
 
Für eine kritische Sicht - was für eine "Theorie" ? - wäre sicherlich relevant, dass die unkritische eine Vereinnahmung vornahm:

Der Mythos vom Herzog Widukihd" (E. Rundnagel), propagiert von der nationalsozialistischen Geschichtsauffassung als jenes ewige Leben, das dem Sachsenherzog in der deutschen Seele beschieden ist", ließ sich in der Tat trefflich zur völkischen Geschichtsklitterung und rassistischen Stimmungsmache mißbrauchen, bis hin zum Wahnwitz, in Adolf Hitler die Reinkarnation` Widukinds, des Rebellen gegen die Überfremdung durch die halbwelschen Franken und gegen die Tyrannei des Sachsenschlächters Charlemagne und seiner romhörigen Bischöfe, erblicken zu wollen.

Und Wiki als Gegenposition zu Althoff immerhin auch Freise vorschlägt.

https://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/k/keh01000843.pdf

und
https://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a142466.pdf
 
Wikipedia sagt auch was zu Enger:

Die Überlieferung zum Tod und Begräbnis Widukinds in Enger ist mit der Grabdecke aus der Zeit um das Jahr 1100 in derStiftskirche in Enger verbunden und vom Glauben her bestimmt. Man weiß nicht, wo Widukind wirklich begraben worden ist. Die GebeineWidukinds werden in einem Grab in der Stiftskirche zu Enger vermutet. Wissenschaftliche Untersuchungen in den letzten Jahren, die imWidukindmuseum Engerveranschaulicht sind, scheinen zumindest diese Vermutungen zu bestätigen, ein zweifelsfreier Nachweis steht jedoch noch aus.
Widukind (Sachsen) – Wikipedia

Sowohl die Stiftskirche als auch das Museum liegen ganz in der Nähe. Vielleicht komme ich die nächsten Wochen dazu, da mal vorbeizuschauen. Man braucht ein frisches Schnelltestergebnis. Das schränkt mich was die möglichen Tage betrifft schon ein.

Zu den Gebeinen gibt es ein interessantes Video und einen Podcast auf der Museumshomepage:

Digital | Widukind Museum Enger
 
Laut Wikipedia hat Widukind noch auf Seiten der Franken gekämpft. Aber er wurde von einem Franken erschlagen??

"Danach gibt es keine gesicherten Nachrichten mehr über Widukind. Er verschwindet aus den Quellen. Allerdings wird Widukind in der Vita Liudgeri erwähnt, der sich auf dem Weg zum Feldzug gegen die Wilzen befand, und in der Kaiserchronik, in der gesagt wird, Widukind sei von Gerold von Schwaben, dem Schwager Karls des Großen, erschlagen worden (Gerold starb selbst im Jahr 799 auf einem Feldzug gegen die Awaren). Einige Forscher wollen den Ursprung der sauerländischen Kleinstadt Balve mit Ballowa in Verbindung gebracht sehen, einer Anlage, die, ebenfalls in der Vita Liudgeri erwähnt, auf Widukind zurückgehen soll."

Widukind (Sachsen) – Wikipedia
 
Laut Wikipedia hat Widukind noch auf Seiten der Franken gekämpft. Aber er wurde von einem Franken erschlagen??

"Danach gibt es keine gesicherten Nachrichten mehr über Widukind. Er verschwindet aus den Quellen. Allerdings wird Widukind in der Vita Liudgeri erwähnt, der sich auf dem Weg zum Feldzug gegen die Wilzen befand, und in der Kaiserchronik, in der gesagt wird, Widukind sei von Gerold von Schwaben, dem Schwager Karls des Großen, erschlagen worden (Gerold starb selbst im Jahr 799 auf einem Feldzug gegen die Awaren). Einige Forscher wollen den Ursprung der sauerländischen Kleinstadt Balve mit Ballowa in Verbindung gebracht sehen, einer Anlage, die, ebenfalls in der Vita Liudgeri erwähnt, auf Widukind zurückgehen soll."

Widukind (Sachsen) – Wikipedia
Die Kaiserchronik ist als ereignishistorische Quelle doch eher zu vernachlässigen, insbesondere für Ereignisse, die ausschließlich in ihr über Dinge überliefert sind, die mehrere Jahrhunderte früher geschehen seien.
Was nun Balve mit Widukind zu tun hat, ist unklar, denn an der entsprechenden Stelle in der Vita Ludgeri wird Widukind überhaupt nicht erwähnt:

Quaedam iuvencula de villa quae Ballova vocatur ad nos a parentibus adducta est. Haec variolae infirmitatem incidens, unius oculi visum pustulis pupilam obducentibus primo perdidit; deinde post revoltum anni circulum eodem morbo alterum quoque oculum amisit. Deinde ad nostrum, ut diximus, monasterium aduccta, noctem dominicam, quae proxima erat, pervigilem duxit cum suis, atque divinam sibi misericordiam per merita sui confessoris subvenire suppliciter postulavit...
Es geht in diesem Abschnitt, von dem ich nur etwa ein Fünftel zitiert habe, um ein blindes Mädchen aus Ballova (wahrscheinlich Balve) welches in Münster sein Augenlicht wiedergewinnt. Ein Zusammenhang zu Widukind besteht nicht.

Eckhard Freise, bekannt aus Wer wird Millionär? (der erste der in der deutschen Version die Millionen-Marke geknackt hat, damals aber noch DM und auch mehrfach danach noch bei WWM aufgetreten), hat Althoffs Identifikation des monachus Widukind von der Reichenau mit dem Sachsenherzog widersprochen. Ich halte Althoffs Deutung für recht plausibel. Die Wikipediaaussage "Diese Annahme ist in der Forschung umstritten." ist zwar korrekt, aber letztlich stehen da zwei (mittlerweile emeritierte) Profs, die beide ihre wissenschaftlichen Meriten haben, mit ihren Auffassungen gegeneinander, beide mit guten Argumenten. Insofern würde ich das eher als ungeklärt als umstritten bezeichnen (sachlich bedeutet beides dasselbe, aber mir erscheint umstritten semantisch negativer, als würde die These von Althoff mehrheitlich verworfen.
 
Die Kaiserchronik ist als ereignishistorische Quelle doch eher zu vernachlässigen, insbesondere für Ereignisse, die ausschließlich in ihr über Dinge überliefert sind, die mehrere Jahrhunderte früher geschehen seien.
Was nun Balve mit Widukind zu tun hat, ist unklar, denn an der entsprechenden Stelle in der Vita Ludgeri wird Widukind überhaupt nicht erwähnt:

Quaedam iuvencula de villa quae Ballova vocatur ad nos a parentibus adducta est. Haec variolae infirmitatem incidens, unius oculi visum pustulis pupilam obducentibus primo perdidit; deinde post revoltum anni circulum eodem morbo alterum quoque oculum amisit. Deinde ad nostrum, ut diximus, monasterium aduccta, noctem dominicam, quae proxima erat, pervigilem duxit cum suis, atque divinam sibi misericordiam per merita sui confessoris subvenire suppliciter postulavit...
Es geht in diesem Abschnitt, von dem ich nur etwa ein Fünftel zitiert habe, um ein blindes Mädchen aus Ballova (wahrscheinlich Balve) welches in Münster sein Augenlicht wiedergewinnt. Ein Zusammenhang zu Widukind besteht nicht.

Eckhard Freise, bekannt aus Wer wird Millionär? (der erste der in der deutschen Version die Millionen-Marke geknackt hat, damals aber noch DM und auch mehrfach danach noch bei WWM aufgetreten), hat Althoffs Identifikation des monachus Widukind von der Reichenau mit dem Sachsenherzog widersprochen. Ich halte Althoffs Deutung für recht plausibel. Die Wikipediaaussage "Diese Annahme ist in der Forschung umstritten." ist zwar korrekt, aber letztlich stehen da zwei (mittlerweile emeritierte) Profs, die beide ihre wissenschaftlichen Meriten haben, mit ihren Auffassungen gegeneinander, beide mit guten Argumenten. Insofern würde ich das eher als ungeklärt als umstritten bezeichnen (sachlich bedeutet beides dasselbe, aber mir erscheint umstritten semantisch negativer, als würde die These von Althoff mehrheitlich verworfen.

Aber das mit dem Feldzug stimmt vielleicht? Würde mich für Widukind freuen, lässt ihn viel erfolgreicher wirken, als wenn er ins Kloster abgeschoben wurde.

"There are no contemporary sources about Widukind's life or death after his baptism. Historian Gerd Althoff assumed that he was imprisoned at a monastery—a fate that happened to other rulers deposed by Charlemagne. He tried to identify Reichenau Abbey as a likely location where Widukind may have spent the rest of his life,[4] but his results are inconclusive and widely rejected.[5] Alternatively, he may have received a position in the administration of occupied Saxony. The Vita Liudgeri biography of Saint Ludger mentions him accompanying Charlemagne on his campaign against the Veleti leader Dragovit."

Widukind - Wikipedia
 
Aber das mit dem Feldzug stimmt vielleicht? Würde mich für Widukind freuen, lässt ihn viel erfolgreicher wirken, als wenn er ins Kloster abgeschoben wurde.
Es fällt mir schwer, solche Sympathie für Warlords nachzuvollziehen. Nebenbei ist Geschichte kein Wunschkonzert.

Historian Gerd Althoff assumed that he was imprisoned at a monastery—a fate that happened to other rulers deposed by Charlemagne. He tried to identify Reichenau Abbey as a likely location where Widukind may have spent the rest of his life,[4] but his results are inconclusive and widely rejected.[5]
Das ist ja offensichtlich eine Übernahme aus der deutschen Wikipedia. Kann man ganz gut an der Fußnote erkennen, wo der Verfasser vergessen hat, "hier", "ausführlicher", "S." und "ff." zu übersetzen. Ist also keine Stütze für die Darstellung der deutschen Wikipedia sondern eine Übernahme dieser.
Wenn ich lese widely rejected - mag ja sein, dass ich das falsch verstehe - dann würde ich erwarten, da mehr als einen oder zwei Verfasser genannt zu bekommen, sondern einen ganzen Batzen an Verfassern erwarten, die Althoff widersprochen hätten. Hier werden zwar zwei Literaturangaben gemacht, aber beides ist Freise. Und somit stehen weiterhin Althoff und Freise in dieser Frage gegeneinander. Insofern haben wir damit nichts gewonnen.

The Vita Liudgeri biography of Saint Ludger mentions him accompanying Charlemagne on his campaign against the Veleti leader Dragovit."
In der Vita [Sancti] Liudgeri von Altfried kommt Wikukind einmal vor. Dragovit überhaupt nicht. Auch das Volk der Wilzen kommt (auch in der Schreibweise Wilten) nicht vor.
Zwei weitere Male kommt Widukind in der von einem unbekannten Mönch erstellten zweiten Vita Ludgeri, die aber als unzuverlässiger gilt, vor. Altfried hatte noch Zeitzeugen befragt und benannt, die zweite und dritte Vita leiten die Wahrheit aus göttlichen Wundern ab. Wenn es für diese in der deutschen wie englischen Wikipedia behaupteten Begebenheit eine Quelle gibt, dann ist das nicht die Vita [Sancti] Liudgeri.

VSL I, 18:
Cumque vir Dei Liutgerus in eadem regione annis fere septem in doctrinae studio persistere, consurrexit radix sceleris Widukint, dux Saxonum, eatenus gentilium, qui evertit Frisones a via Dei, combussitque ecclesias et expulit Dei famulos et usque ad Fleo fluvium fecit Fresones Christi fidem relinquere, et immolare idolis iuxta morem erroris pristini.

Ad hoc-Übersetzung:
Als der Mann Gottes, Lidger in dieser Region sieben Jahre im Studium der Doktrin verblieben war, stieg aus übler Wurzel Widukind der Herzog der noch heidnischen Sachsen auf, welcher die Friesen vom Pfad Gottes stieß und er verbrannte die Kirchen und vertrieb die Diener Gottes und bis zum Fluss Fle[v]o (gemeint ist hier wohl die Zuiderzee oder einer ihrer Zuflüsse) brachte er die Friesen dazu, den christlichen Glauben zu verlassen und nach alter falscher Sitte den Idolen zu opfern.
Die Idee bei Wikipedia, dass Widukind laut der Vita Liudgeri am Wilzenfeldzug Karls teilgenommen habe, ist wohl ein Missverständnis aus einer Fußnote zur zweiten Liudgersvita. Dort gibt es eine Stelle, wo von Widukind die Rede ist, die wurde von Johann Georg Eckhart in den Commentarii de rebus Franciae Orientalis et Episcopatus Wirceburgensis, Würzburg 1729 - siebzehnhundertneunundzwanzig, richtig! - in das Jahr 789 datiert, weil laut Auffassung Eckharts Liudger Karl gegen Dragovit begleitet habe. Handfeste Belege dafür gibt es aber nicht. Anhand der Urkunden Liudgers, weil das beschriebene Ereignis sich im Grenzbereich zwischen Hessen und Sachsen ereignet haben soll und Liudger 798 eine Urkunde in Minden (Minthum) verfasste, wurde dieses Ereignis später auf 798 datiert. Hatte also mit dem Wilzenfeldzug nichts zu tun.

In dieser zweiten Liudgers-Vita steht also folgendes:

Ferebant autem veracissimi viri de discipilis eius quod quodam tempore dum ad comitatum pergens per provinciales qui Hassi dicuntur, iter ageret, per orationes eius homo revixerit, qui scilicet propter furtum caballorum Widukindi Saxonum ducis, huic morti adiudicatus sit, ut un campo ad stipitem ligatus iactatis in eum sudibus acutis et lapidibus necaretur. Quod dum factum esset, corpus exanime in campo relictum est. Venit autem Liudgerus secus locum et comperto quod christianus fuerit, mittens ad Widukindum impetravit adhumandum corpus. Dehinc discerpta totius corporis membra pallio colligi iussit et inferri in tentorium suum, donec humando corpori sepulchrum pararetur. Dum ad hoc ventum esset, ut elatum de tentorio in fossam ponerent iuxta stante episcopo: "Efferte eum", ait, "e tumulo namque illi spiritus inest." Qui dum elevatus esset, respirare cepit et iterum inlatus in tentorium, oblatu potu refocilabatur, ligarique iussut vulnera eius et in tempore parvo convaluit. Stat adhuc in eo loco lapidea crux in monimentum miraculi huius ab incolis erecta, et ex nomine eiusdem viri qui Buddo vocatus est, campus ille Buddonfeld usque hodie nominatur.

ÜS/Paraphrase:
Es berichten die wahrhaftigsten Männer von seinen Schülern, dass er sich damals in das Herzogtm begab, der Weg führte durch Provinzen, welche Hessen genannt werden und durch Gebete belebte er einen Mann wieder, der nämlich wegen eines Raubzuges der Reiter des Herzogs Wiudkind zum Tode verurteilt worden war; dass er auf einem Feld an einen Pfahl gebunden mit spitzen Pfählen (Speeren?) beworfen und mit Steinen getötet würde. Dann sollte der unbelebte/entseelte Körper auf dem Feld (unbestattet) liegen bleiben. Aber es kam Liudger an dem Ort entlang und als er erfahren hatte, dass es sich um einen Christen handelte, erreichte er zu Widukind schickend, die Bestattung des Körpers.
Von nun an, befahl er, alle zerstreuten Glieder des Körpers verdeckt [? < pallio] zu sammeln und in sein Zelt zu tragen, bis das Grab für die Bestattung des Körpers bereit sei. Da kam plötzlich ein Wind auf, dass er vom Zelt in den Graben gelegt wurde, genau dort, wo der Bischof stand. "Tragt ihn", sagte er, "aus dem Grab heraus, denn der Geist ist in ihm."
Als er dann Hochgehoben war, begann er zu atmen und wurde in das Zelt getragen, er befahl, ihm ein Getränk zur Erfrischung zu reichen und seine Wunden zu verbinden und kurzer Zeit war der Mann konvaleszent. Es steht an diesem Ort ein steinernes Kreuz als Denkmal (monimentum > monumentum) des Wundern, welches von den Bewohnern errichtet wurde und vom Namen jenes Mannes, der Buddo geheißen ist, wird jenes Feld bis heute Buddonfeld genannt.
Diese Wundererzählung, in der Widukind nur neutral als Herzog bezeichnet wird, nicht gekennzeichnet wird, ob Heide oder Christ, obgleich man daraus ableiten kann, dass Liudger zu Widukind schicken konnte, um einem Christen eine christliches Begräbnis zu gewähren, dass er in dieser Fiktion bereits Christ gewesen sein soll, kann doch nicht ernsthaft datiert werden (egal ob auf 789 oder auf 798) und es versteht sich von selbst, dass aus ihr bis auf geographische Hinweise keine Schlussfolgerungen gezogen werden können. Wir erinnern uns: Es geht um einen zu Tode gemarterten Mann, der so brutal gemartert wurde, dass seine Glieder eingesammelt werden mussten, dass dieser wiederbelebt wurde. Hallelujah!
 
Ebenfalls aus der Vita secunda Sacti Liudgeri (also der zweiten Liudgersvita) stammt folgende Passage:

Ea quoque tempestate devicto sive converso Widukindo, abbas quidam religiosus Bernradh nomine occidentalibus Saxonibus a rege missus fuerat doctor.

In dieser Zeit war auch Widukind besiegt oder bekehrt, ein gewisser Abt oder religiöser Mann mit Namen Benradh (Bernhard?) wurde wurde vom König zu den westlichen Sachsen geschickt, ihr Lehrer zu sein.
Das sind alle einigermaßen zeitnahen Quellen zu Liudger, abgesehen von dessen Urkunden oder seinem Auftauchen in der fränkischen Annalistik.
Liudger starb 809.
Die VSL von Altfried (VSL(A)) stammt aus dem Jahr 839. Altfried, der ein Neffe oder Großneffe Liudgers war, hat diesen persönlich nicht gekannt und musste auf Zeugen zugreifen.
Die V-II-SL stammt aus dem Zeitraum 849 - 854.
Die V-III-SL, die in den Passagen über Widukind nur das berichtet, was VSL(A) und V-II-SL bieten, enstand nach 864, als Verfasser zeichnen die Mönche der Abtei Werden als Kollektiv. Es wird behauptet, dass sie noch Zeitzeugen befragen konnten. 53+ Jahre nach Liudgers Tod. Möglich ist das. Stellt sich halt nur die Frage nach dem individuellen Wert der Quelle.

Auf Basis dieser drei Viten, wobei V-II-SL und V-III-SL nur wenig neues Material zur VSL(A) beisteuern, ensteht dann noch in der ersten Hälfte des 12. Jhdts. eine Reimchronik.
 
--Es fällt mir schwer, solche Sympathie für Warlords nachzuvollziehen. Nebenbei ist Geschichte kein Wunschkonzert.

Nein, aber wenn nicht Sympathie könnte man wenigstens Mitleid haben, mit einem Mann der meist für die Unabhängigkeit seines Volkes/Glauben gekämpft hat und dann in ein Kloster verbannt wurde. Zum Thema Sachlichkeit brauch ich wirklich keine Belehrung.
 
Mitleid mit einem Warlord? Dein Ernst?

Nach deinem Maßstäben gehört jeder Mensch von damals eingesperrt. Die haben doch alle kein Problem gehabt von ihren "Feinden" zu rauben, sie zu massakrieren, vergewaltigen etc

Da kommt mir Widukind noch halbwegs sympathisch vor. Auch wenn man ihn natürlich kritisch sehen muss.

Aber dein Gerede vom Warlord ist quasi noch emotionaler als meine Sympathie für ihn.
 
--Es fällt mir schwer, solche Sympathie für Warlords nachzuvollziehen. Nebenbei ist Geschichte kein Wunschkonzert.

Nein, aber wenn nicht Sympathie könnte man wenigstens Mitleid haben, mit einem Mann der meist für die Unabhängigkeit seines Volkes/Glauben gekämpft hat und dann in ein Kloster verbannt wurde. Zum Thema Sachlichkeit brauch ich wirklich keine Belehrung.

Unabhängigkeit von wem? Ich denke Otto-normal-Sachse wird es herzlich egal gewesen sein, ob er nun einem sächsichen oder einem fränkischen Fürsten pro forma Untertan war, sofern sich dieser nicht allzu sehr in die eigenen Angelegenheiten einmischte.
Ich denke Ideen nationaler Unabhängigkeit gehören dann eher ins 18. Jahrhundert und folgend, denn mit Unabhängigkeit oder irgendwelchen Volksideen hat das Frühmittelalter nun herzlich wenig zu tun.

Religion? Es wurden ein paar Kultplätze vernichtet und ob es, aber nicht allein wegen der Religion, sondern auch wegen des bewaffneten Widerstans entsprechende Hinrichtungen (Verden) gab, ist ja, so weit mir bekannt umstritten und wenn dann hat man erst recht keine verlässlichen Informationen über die tatsächlichen Ausmaße der ganzen Angelegenheit.
Ansonsten braucht man nicht so zu tun, als wenn das sächsische Herzogtum ein totalitäter Überwachungsstaat gewesen wäre, und es nachdem man dem Herzog eine Kelle Wasser über den Kopf geworfen hatte, keine Möglichkeit zur Praktizierung irgendwelcher paganer Kulte mehr gab oder alles von heute auf morgen christlich geworden wäre. In Sachen Religion bedeutete die Niederlage gegen die Franken lediglich hin und wieder, wenn es mal irgendwer überprüfte dem Christengott irgendwelche Ehrbezeugungen zu machen (das sollte für sich genommen jemandem, der mit einem relativ offenen, erweiterbaren Götterpantheon hantiert, nicht so schwer fallen) und dass entsprechende andere Feierlichkeiten eben nicht mehr an den alten Kultplätzen abgehalten werden konnten, sonder irgendwo in den Wald oder nen abgelegenes Dorf verlegt werden mussten, wo nicht zu erwarten war, dass irgendwer aus Frankistan vorbeischaute.
Realiter war es das aber auch schon mit faktischen Eingriffen.

Ich denke angesichts dessen braucht man nicht viel von irgendwelchen Befriehungenn oder drückender Fremdherrschaft und nationaler Unabhängigkeit im Sinne des 19. Jahrhunderts daher zu fabulieren.

In erster Linie und da bin ich bei @El Quijote, wird man den guten Herrn Widukind als einen frühmittelalterlichen Warlord betrachten können, dem es vor allem um die eigene Machtvollkommenheit und die eigenen Herrschaftsrechte ging und der sich damit eben verkalkulierte.
Wahrscheinlich hätte er seinen Sachsen auch so einige drangsale in der Auseinandersetzung mit den Franken ersparenn können, wenn er davon von Beginn an die Finger gelassen oder sich als absehbar war, dass man auf die Mütze bekam, gestellt hätte um die Auseinandersetzung möglichst schnell zu beenden.

In dem Sinne, schließe ich mich da auch an, dass ich eigentlich kenen besonderen Grund für Mitleid sehe. Wer im Rahmen bewaffneter Auseinandersetzungen um die Macht selbst spielt, ist grundsätzlich bereit für die eigenen Ziele über Leichen zu gehen.
Das kann man zur Kenntnis nehmen, vielleicht kann man sogar jemanden, der die Courage dazu hat persönlich in bestimmten Fällen bewundern, aber Mitleid sollte man eigentlich vor allem mit solchen Leuten haben, die ohne selbst etwas dafür zu können, in eine Situation geworfen werden und dabei unter die Räder kommen. Davon kann man bei Widukind nicht sprechen, der Herr hat sich selbst ausgesucht, dass er zocken wollte.
 
Nach deinem Maßstäben gehört jeder Mensch von damals eingesperrt.
Ich habe nichts dergleichen geschrieben.

Aber dein Gerede vom Warlord ist quasi noch emotionaler als meine Sympathie für ihn.
Wattn Quatsch. Er war ein Warlord, das ist Fakt. Was an dieser Feststellung soll "emotional" sein? Wie würdest du seine jährlichen Kriegszüge und Widukinds Rolle dabei denn sonst beschreiben?

Das Wort warlord ist in den deutschen Sprachgebrauch im Zuge des post-9-11-Afghanistan-Krieges eingegangen, es hat sich seitdem als Begriff auch in der Geschichtswissenschaft etabliert, manchmal - aber nicht immer - in Opposition zum Amtsträger.

In erster Linie und da bin ich bei @El Quijote, wird man den guten Herrn Widukind als einen frühmittelalterlichen Warlord betrachten können, dem es vor allem um die eigene Machtvollkommenheit und die eigenen Herrschaftsrechte ging und der sich damit eben verkalkulierte.
Für Karl den Großen gilt natürlich dasselbe. Auch der war ein War Lord. Die Quellen zeichnen uns beide als mit einer Mission ausgestattet, was diese natürlich bewerten. Während das Mittelalter Karl als Christen als den Guten betrachtete, betrachtete es Widukind als Heiden als den perfiden.
Im Zuge des (antifranzösischen) Nationalismus und Antikatholizismus in Deutschland wurde das dann im 19. Jhdt. und frühen 20. Jhdt. umgedreht. Und gerade daraus speist sich v.a. in der älteren Literatur das Widukindbild, mit Strahlkraft bis in die Gegenwart.
 
Für Karl den Großen gilt natürlich dasselbe. Auch der war ein War Lord. Die Quellen zeichnen uns beide als mit einer Mission ausgestattet, was diese natürlich bewerten. Während das Mittelalter Karl als Christen als den Guten betrachtete, betrachtete es Widukind als Heiden als den perfiden.
Im Zuge des (antifranzösischen) Nationalismus und Antikatholizismus in Deutschland wurde das dann im 19. Jhdt. und frühen 20. Jhdt. umgedreht. Und gerade daraus speist sich v.a. in der älteren Literatur das Widukindbild, mit Strahlkraft bis in die Gegenwart.

Ich möchte demm auch ausdrücklich nicht widersprochen haben und es würde mir auch nicht einfallen, für jenen Karl für irgendwelche seiner Missgeschicke Mitleid einfodern zu wollen.
Wer ein solches Spiel beginnt oder Mitspielt muss einmal damit rechnen, dass es ihn den Kopf kosten kann, er selbst ist ja seinerseits auch bereit sich den des Anderen zu holen.
 
Und was ist mit den hohen Abgaben an die Kirche? Das wird dem normalen Sachsen schon interessiert haben und ein Grund für die vielen Aufstände gewesen sein.

Und ja ich bleib dabei, deine Abneigung ist viel größer als meine Sympathie.
 
Und ja ich bleib dabei, deine Abneigung ist viel größer als meine Sympathie.
Leider gehst du auf meine Frage nicht ein, was an dem Begriff Warlord falsch bzw. "emotional" sei. Insofern machst du es dir einfach, wenn du einfach "dabei bleibst" mir warum auch immer bestimmte Haltungen zu unterstellen, ohne dies jemals wirklich begründet zu haben.
 
Leider gehst du auf meine Frage nicht ein, was an dem Begriff Warlord falsch bzw. "emotional" sei. Insofern machst du es dir einfach, wenn du einfach "dabei bleibst" mir warum auch immer bestimmte Haltungen zu unterstellen, ohne dies jemals wirklich begründet zu haben.

Du hast Widukind als Warlord bezeichnet für den man keine Sympathie haben darf. Neutral klingt das nicht. Warlord ist für mich klar abwertend. Hab mal grad wen gefragt, der hat mir auch zugestimmt, nur um sicher zu gehen. Ist ja fast schon so schlimm wie Massenmörder.
 
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