Römerforschung in der DDR

Hättest Du diese Frage vor 25 Jahren gestellt, so wäre sie noch zu beantworten gewesen. Bekanntlich wurden parteiinterne Vorgänge nicht öffentlich gemacht.
Die Geheimhaltung galt bis 1990.

Seit 1993 können diese Vorgänge in der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv (SAPMO) erforscht werden.

Die generelle Schutzfrist wurde für diese Bestände aufgehoben, mit Ausnahme von "Archivgut, das sich auf natürliche Personen bezieht (SED-Kaderakten)":

Die Auswertung der Bestände in der SAPMO erfolgt auf der Grundlage der Bundesarchiv-Benutzungsverordnung, des Bundesarchivgesetzes (§ 2a, Abs. 4) sowie des Stiftungserlasses (§ 4), der die 30jährige Schutzfrist für die Überlieferung der Parteien und Massenorganisationen der DDR aufhebt. Lediglich für Archivgut, das sich auf natürliche Personen bezieht (SED-Kaderakten) ist eine 30jährige Schutzfrist nach dem Tod festgeschrieben (vgl. § 4, Abs. 3 des Stiftungserlasses).
https://www.bundesarchiv.de/sed-fdgb-netzwerk/benutzung.html

Vielleicht macht sich ja mal einer der Pflug-Jünger die Mühe...
 
Müller verweist hier auch auf seine Arbeit, veröffentlicht in "Das Altertum" Bd.3 Heft 4, 1957 (Akademie der Wissenschaften). Ein eventueller Fehler müsste sich dort aufklären.

Auch diesen Aufsatz habe ich inzwischen vor mir. Zusätzliche Aufschlüsse ergeben sich dadurch nicht. Das Wesentliche ist hier schon gesagt.

Kritisieren kann man an Müllers Aufsatz, dass hier mitunter Hypothesen zu felsenfesten Gewissheiten erhoben werden. Dass die Brukterer in der Ems-Lippe-Region zu suchen sind, ist z. B. nach Ausweis der Quellen sicher (und Pflugs Lokalisierung im Elster-Luppe-Gebiet haltlos), dass Germanicus "kurz vor Erreichung des Teutoburger Waldes ohne allen Zweifel bei Paderborn" stand, geht aber nicht mit derselben Sicherheit aus den Quellen hervor.
 
Hallo Opteryx,

über Google konnte ich ein wunderschönes kleines Erdlager in Spielkartenformat ausfindig machen. Die Maße betragen 75x70 m und es besitzt 2 Tore. Es wurde so angelegt, dass es von 2 Flüssen versorgt werden konnte. Römische Münzfunde aus dem Umfeld sind bekannt (Augustus, Tiberius u. Alexander Severus). Erst kürzlich wurde weiter westlich entlang des einen Flusses eine größere Anzahl römischer Münzfunde gemacht (u.a. Augustus mit AVG Gegenstempel). An dem Fundort gibt es ebenfalls ein Erdlager in dieser Größe. Dazwischen gibt es noch eins, jedoch ist dieses nur 40x40 m. Auch dort aus dem näheren Umfeld römische Münzfunde - jedoch bisher nur 2.-3. Jh. n.Chr. Es scheint so, dass es eine ganze Reihe kleinerer Lager gegeben hat. Laut den römischen Chronisten hatten die Römer in Germanien zur Bedeckung kleinere Wachposten. Wenn das Getreide runter ist, werde ich mir die Sache ansehen.

Grüße
 

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@ Opteryx,

ich habe ein wenig recherchiert. Als Vergleich habe ich mal das Erdkastell von Inheiden (ca. 0,6 - 0,7 ha), rechts im Bild, genommen. Es passt fast von der Größe her, nur ohne Innenbebauung. Die beiden Erdlager in Burgsalach/BY haben auch keine Innenbebauung. Dort geht man von einer kurzen Belegungsphase nur aus. Am Erdwerk verlief auch einst eine alte Heerstraße und lag an einer Furt. Funde wurden laut dem LDA Halle von der Steinzeit bis in das frühe Mittelalter gemacht. Der Sesterz des Alexander Severus stammte aus der benachbarten Siedlung.
 

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Hallo Opteryx,

über Google konnte ich ein wunderschönes kleines Erdlager in Spielkartenformat ausfindig machen. Die Maße betragen 75x70 m und es besitzt 2 Tore. Es wurde so angelegt, dass es von 2 Flüssen versorgt werden konnte. Römische Münzfunde aus dem Umfeld sind bekannt (Augustus, Tiberius u. Alexander Severus). Erst kürzlich wurde weiter westlich entlang des einen Flusses eine größere Anzahl römischer Münzfunde gemacht (u.a. Augustus mit AVG Gegenstempel). An dem Fundort gibt es ebenfalls ein Erdlager in dieser Größe. Dazwischen gibt es noch eins, jedoch ist dieses nur 40x40 m. Auch dort aus dem näheren Umfeld römische Münzfunde - jedoch bisher nur 2.-3. Jh. n.Chr. Es scheint so, dass es eine ganze Reihe kleinerer Lager gegeben hat. Laut den römischen Chronisten hatten die Römer in Germanien zur Bedeckung kleinere Wachposten. Wenn das Getreide runter ist, werde ich mir die Sache ansehen.

Grüße
Gratuliere! Das sieht wirklich sehr römisch aus und weniger fränkisch-karolingisch, wie man Lager an der Saale verkaufen will. Ich vermute mal, dass es um die Sache im nördlichen S.A. geht.
Grüße
 
Walter Pflug hat seine Gedanken in dem Buch "Media in Germanien" aufgeschrieben. Das Schlimme dabei ist, dass er es 1956 in der Bundesrepublik im Franz Schröter Verlag Gießen veröffentlicht hat. Das brachte nicht nur ihm Unannehmlichkeiten, die gesamte Forschung auf dem Gebiet wurde untersagt.
Ich besitze das Buch und kann nur sagen, er hat viele Dinge nicht erkannt und alles durch eine "rosa Römerbrille" gesehen.
 
die gesamte Forschung auf dem Gebiet wurde untersagt.

Was für eine Forschung wurde denn bitte untersagt?

Pflugs "Forschung" bestand daraus...
- spazierenzugehen und jeden beliebigen Wall, jede beliebige Kirchhofmauer für römisch zu halten
- die lateinischen Texte nach Belieben kreativ umzuschreiben
- Stellungen der Varus-Truppen auf Karten der Umgebung von Leipzig einzuzeichnen
- sich haarsträubende Ortsnamendeutungen auszudenken
... und derlei Scherze mehr.

Das alles war nicht verboten, und wahrscheinlich hat Pflug auch nach 1956 in diesem Sinne fröhlich weiter"geforscht".
Nur wollte halt kein Verlag solch blühenden Unsinn drucken (der "Franz Schröter Verlag" war offensichtlich eine Briefkastenfirma, die nie etwas anderes "verlegt" hat als Pflugs Büchlein.)
 
Nun ja, die Forschung der Profis wurde im Osten staatlich untersagt. Dafür waren die Amateure um so aktiver und irrten in jede erdenkliche Richtung.
Das war dann wohl aber doch ein gesamtdeutsches Problem, schaut man sich an, wer alles eine Varusschlacht vor seiner Haustür gefunden zu haben glaubte.
 
Nun ja, die Forschung der Profis wurde im Osten staatlich untersagt.

Bitte beantworte doch die Frage:
Welche Forschungen wurden untersagt?
So weit ich weiß, gab es archäologische Grabungen, wurden Funde publiziert, Dissertationen verfasst, Periodika gedruckt...

Was genau hat denn der Staat verboten?
 
Es gab kein öffentliches Verbot, aber jeder Hauptamtliche fürchtete um seine Reputation, wenn er Römerforschung a la Pflug betreiben sollte. Ein direktes Verbot ist mir nur seitens eines Mitarbeiters des Landesamtes bekannt, der den damaligen Leiter der AG beim Kulturbund, "Media in Germania", Herrn H., ausdrücklich verwarnte, weiter in dieser Richtung zu forschen.
 
Es gab kein öffentliches Verbot, aber jeder Hauptamtliche fürchtete um seine Reputation, wenn er Römerforschung a la Pflug betreiben sollte.

Kein Wunder, auch heute noch macht sich jeder lächerlich, wenn er glaubt, mit den beschriebenen Spielchen als "Forscher" reüssieren zu können:
Pflugs "Forschung" bestand daraus...
- spazierenzugehen und jeden beliebigen Wall, jede beliebige Kirchhofmauer für römisch zu halten
- die lateinischen Texte nach Belieben kreativ umzuschreiben
- Stellungen der Varus-Truppen auf Karten der Umgebung von Leipzig einzuzeichnen
- sich haarsträubende Ortsnamendeutungen auszudenken
... und derlei Scherze mehr.


Ein direktes Verbot ist mir nur seitens eines Mitarbeiters des Landesamtes bekannt, der den damaligen Leiter der AG beim Kulturbund, "Media in Germania", Herrn H., ausdrücklich verwarnte, weiter in dieser Richtung zu forschen.

Ja, das hatten wir schon mal, weiter oben in diesem Thread:
... des damaligen Vorsitzenden und "Chefideologen", Herrn H. Dieser war hundertprozentiger Verfechter der Thesen von Walther Pflug und er berichtete mir von seinen Problemen mit dem Landesamt.
Der "Chefideologe" mit seinem fanatischen Glauben an Pflugs unhaltbare Thesen wird sich alle Mühe gegeben haben, die Denkmalpfleger zu "bekehren".
Bis er ihnen mächtig auf den Zeiger gegangen ist und sich eine deftige Abfuhr geholt hat, vermute ich. In seinem blumigen Bericht werden natürlich die Denkmalpfleger die Rolle des betonköpfigen Schurken gespielt haben, stimmts?
 
So ungefähr. Aber Herr H. hatte auf seinem Weg zum damaligen Chef des LA zwei Mitarbeiter getroffen, die ihm erzählten, dass hier niemand an der römischen Gründung Merseburgs zweifele, dies natürlich nur unter vorgehaltener Hand. Eine fachliche Abfuhr war ihm sicher. Das Verbot, so seine damalige Meinung, zielte aber wohl in eine andere Richtung. Es drückte wohl die Sorge aus, dass eine mitgliedsstarke AG, die auch im Gelände aktiv war, mal auf unbequeme Erkenntnisse stoßen könnte. Und das wäre auch passiert, wenn es damals schon Satellitenaufnahmen und Luftbilder gegeben hätte. Erst Herr Meller hat ja mit der heiligen Kuh, es habe auf dem Gebiet der DDR keine Römerlager gegeben, aufgeräumt.
 
So ungefähr. Aber Herr H. hatte auf seinem Weg zum damaligen Chef des LA zwei Mitarbeiter getroffen, die ihm erzählten, dass hier niemand an der römischen Gründung Merseburgs zweifele, dies natürlich nur unter vorgehaltener Hand.

Falls Herr H. Dir da keinen Bären aufgebunden hat, hätten doch die professionellen Archäologen inzwischen genug Zeit gehabt, ihre damals geheimgehaltenen Erkenntnisse der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Es drückte wohl die Sorge aus, dass eine mitgliedsstarke AG, die auch im Gelände aktiv war, mal auf unbequeme Erkenntnisse stoßen könnte.

Eine mitgliederstarke wie vernunftresistente AG, die "im Gelände aktiv" ist? Da würden jedem verantwortungsbewussten Denkmalpfleger auch heute noch die Alarmglocken schrillen. Mit solchen Leuten muss man Klartext reden, bevor sie auf eigene Faust anfangen zu buddeln.

mit der heiligen Kuh, es habe auf dem Gebiet der DDR keine Römerlager gegeben

Diese angebliche "heilige Kuh" ist ein erfundener Popanz. Selbstverständlich war den Althistorikern der DDR bekannt, dass Drusus und Tiberius auf ihren Expeditionen bis zur Saale und Elbe vorgestoßen waren, und ihnen war auch bekannt, dass römische Heere auf ihren Expeditionen temporäre Marschlager zu errichten pflegten. Wer soll sich denn bitte mit der Behauptung "es habe auf dem Gebiet der DDR keine Römerlager gegeben" lächerlich gemacht haben? Wann? In welcher Veröffentlichung?
 
Es waren keine Archäologen, sondern Mitarbeiter des Hauses, die dieser Meinung (Merseburg) waren.
Selbst gegraben haben die AG-Mitglieder natürlich nicht, aber es konnte ihnen niemand verwehren, Grabungsbefunde auszuwerten und Vermessungen von Wällen, Gräben und Hügeln vorzunehmen.
Was die Römerlager betrifft so waren natürlich Standlager gemeint, und die offizielle Version lautete, dass es auf dem Gebiet der DDR keine Städte oder Orte gäbe, die römische Wurzeln hätten. Mal sehen, was die Untersuchungen in A. ergeben. Die aufgelassene Altstadt vor der flamischen planmäßigen Stadtgründung reicht bis in den Lagerbereich hinein. Blaugraue Keramik findet sich mittendrin. Und es scheint so, als ob eine neuzeitliche Straße direkt auf der alten Umwallung angelegt wurde. Natürlich ohne dies zu wissen.
 
Es waren keine Archäologen, sondern Mitarbeiter des Hauses, die dieser Meinung (Merseburg) waren.
Ach so, der Pförtner und der Hausmeister wahrscheinlich?
... und die offizielle Version lautete, dass es auf dem Gebiet der DDR keine Städte oder Orte gäbe, die römische Wurzeln hätten.
Das ist doch auch heute noch Stand der Wissenschaft, oder ist mir da eine sensationelle Entdeckung entgangen?
 
Leider habe ich keine Möglichkeit mehr, dies in Erfahrung zu bringen. Aber selbst Pförtner und Hausmeister geben nur das wieder, was im Haus hinter vorgehaltener Hand erzählt wird.
Die sensationelle Entdeckung steht vielleicht noch bevor, wenn die Ptolemaiosschen Ortschaften besser lokalisiert werden.
 
Aber selbst Pförtner und Hausmeister geben nur das wieder, was im Haus hinter vorgehaltener Hand erzählt wird.
:):):)
Damit sind wir wieder bei meinem vorletzten Beitrag:

Falls Herr H. Dir da keinen Bären aufgebunden hat, hätten doch die professionellen Archäologen inzwischen genug Zeit gehabt, ihre damals geheimgehaltenen Erkenntnisse der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Es gäbe natürlich noch die Möglichkeit, dass der Hausmeister dem Herrn H. einen Bären aufgebunden hat.
 
Das ist nach so langer Zeit nicht mehr rekonstruierbar. Herr H. erzählte aber noch, dass er eine aktuelle Grabung in Merseburg besichtigte. Auf seine Frage, was denn unter der letzten Schicht (Mittelalter) noch deutlich sichtbar wäre, erhielt er vom Grabungsleiter wohl die Antwort, man wisse das nicht, es interessiere auch nicht, denn er habe die Anweisung, nach dem Mittelalter aufzuhören.
 
Herr H. erzählte aber noch ...

Die Schoten, die Dir Herr H. so erzählt hat, sind wohl kaum geeignet, dem Märchen vom Forschungsverbot einen Anstrich von "Wahrheit" zu verleihen. Sogar wenn an dieser Erzählung etwas dran sein sollte, müsste man doch fragen, was da gerade konkret ergraben wurde. Möglicherweise ging es darum, mittelalterliche Fundamente freizulegen, und Herr H. versuchte den Grabungsleiter zu beschwatzen, eben diese Fundamente wegzubaggern, um zu sehen, ob da noch was drunter ist.

Die sensationelle Entdeckung steht vielleicht noch bevor, wenn die Ptolemaiosschen Ortschaften besser lokalisiert werden.
Wie sollte man die Deiner Meinung nach denn "besser" lokalisieren können, ohne sensationelle archäologische Entdeckungen?
Die entzerrte Karte des Claudios Ptolemaios
 
Es hat genau so wenig ein schriftliches Verbot gegeben, wie beim umstrittenen Schießbefehl. Wir können die damaligen Akteure leider nicht mehr befragen. Angeblich ging es in Merseburg um eine Grube, an deren Seite Steinpackungen und darunter Verfärbungen und Einlagerungen sichtbar waren. Die Erläuterungen endeten aber bei den Steinpackungen.
Was die Orte betrifft, sind natürlich flussnahe Städte mit Übergängen, wie Magdeburg, Bernburg (Waladala) und Merseburg interessant. Die Frage ist natürlich, ob überhaupt steinerne Überreste zu erwarten sind. Über abgebrochene Denkmale, deren Steine für neuere Bauten verwendet wurden, gibt es nur vage Hinweise. Wir fanden zwar solche sandsteinerne Reste, aber leider ohne Inschriften.
 
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