Die entzerrte Karte des Claudios Ptolemaios

Da wohl kaum noch gemeißelte Ortsschilder aufgefunden werden, bekommt die Lokalisierung der Tropaea Drusi eine besondere Bedeutung zur Entzerrung der Karte. Wobei eines klar sein dürfte: sie sind nicht identisch mit dem alten, von Germanen zerstörten Gedenkstein in der Nähe des Varus-Schlachtfeldes.
 
Gut aufgepasst. Die Lippe hat aber Sepiola in die Diskussion eingebracht. Seine Frage war: Warum Mosel und Lippe, die nachweislich von den Römern genutzt wurden, nicht bei Ptolemäus auftauchen.
Du warst hingegen derjenige, der Lippe und Mosel als westlich des Rheins klassifizieren wollte. Ich kann Sepiolas Argumentation nachvollziehen, dass Ptolemaios Karte nicht entzerrbar ist. Die fehlende Mosel, mit ihrer auf der Karte nicht existenten Stadt Augusta Trevorum, seines Zeichens eine der wichtigste Städte der römischen Provinz Belgica und etwa 100 Jahre nach Ptomelaios sogar Haupt- und Kaiserstadt des Gallischen Sonderreiches, sowie die fehlende Lippe, außerhalb des Imperiums aber einer der wichtigsten Flüsse als "Aufmarschroute" gegen die Germania Magna und mit Kastellen wie Aliso bis zu Varus' Zeiten, zeigen eine Willkürlichkeit in Ptolemaios Karte. Er hat das zusammengetragen, was er finden konnte, teilweise Pi mal Daumen Orte eingetragen aber er war nie vor Ort. Alle seine Informationen stammen vom Hörensagen und sind mit Vorsicht zu geniessen. Bei Orten wie "Thule" wissen wir nicht, ob sie jemals existierten oder ob es sich nicht viel mehr um einen sagenhaften Ort wie "El Dorado" oder "Atlantis" handelt.
Das ganze schmälert nicht Ptomelaios' Leistung. Dass er es geschafft hat, so eine Karte überhaupt zusammenstellen und die Grundlage für ein Koordinatensystem zu legen, ist eine große Errungenschaft. Quellenkritik ist aber auch bei seinem Werk angebracht.
 
aber dass Trier (Augusta!! Treverorum, nicht irgendein Dorf) herausgepurzelt ist, verblüfft ziemlich (da bleibe ich erstmal stur)

Die fehlende Mosel, mit ihrer auf der Karte nicht existenten Stadt Augusta Trevorum

Wer hat denn den Unsinn aufgebracht, dass Augusta Treverorum fehlen soll? Die Stadt ist bei Ptolemaios verzeichnet: "Östlich der Remer wohnen gegen Norden die Treverer; ihre Stadt heisst Augusta Treverorum".

Sie ist nur im Vergleich mit Reims und Worms etwas zu weit südlich eingetragen.

Was fehlt, ist die Mosel.

Was die Koordination von Städten mit Flussläufen betrifft, lässt sich bei Ptolemaios kein System erkennen. Bei Rhein und Donau liefert er Hinweise, bei anderen Flüssen nichts. Obwohl Augsburg (Augusta Vindelicum) und Epfach (Abodiacum) direkt am Lech liegen, lokalisiert er diese Städte ganz woanders.

Bei den Städten in der Magna Germania nimmt er keine Zuordnungen zu Flüssen vor, mit Ausnahme der Donau, und da sind die Zuordnungen zunächst etwas verwirrend. "Entlang der Donau" verortet er u. a. Zarten (Tarodunum, in Wirklichkeit an der Dreisam, die zum Rhein fließt) und Rottweil (Arae Flaviae, in Wirklichkeit am Neckar). Die Koordinaten, die er zur Donau gibt, zeigen allerdings, dass diese Orte doch ziemlich weitab der Donau liegen müssen.

Den Donauursprung verortet Ptolemaios übrigens auf einer westlicheren Länge als Rottweil, was durchaus korrekt ist (und einmal mehr die unhaltbare Schiffbarkeitsthese widerlegt).
 
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1. Zuerst möchte ich die Frage beantworten, warum ich denke, dass die Daten in Germanien andere Quellen haben. Dazu habe ich ein Bild hier angehangen. Hier sieht man, dass die Orte in Germanien andere Längen haben, und ich denke, so auch andere Quellen.

2. In Germanien gibt es ein paar Daten, die römisch sein müssen - z.B. Trophaea Drusi.

3. Zur Lippe: Kann es sein, dass die Lippe vom römischen Militär als Nachschubweg ausgebaut und genutzt wurde. Tacitus erwähnt, dass die Chauken die Brukterer schlagen und deren Land besetzen. Durch das Bündnis mit den Chauken haben die Römer bis in die 80-iger Jahre des 1. Jh. u.Z. Zugang bis zur Weser oder Aller.
 

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1. Zuerst möchte ich die Frage beantworten, warum ich denke, dass die Daten in Germanien andere Quellen haben. Dazu habe ich ein Bild hier angehangen. Hier sieht man, dass die Orte in Germanien andere Längen haben

So ganz verstehe ich nicht, was das Bild sagen soll. Die untere Hälfte zeigt offenbar einige ausgewählte Längenangaben von Ptolemaios. Die obere Hälfte zeigt vermutlich Längenangaben moderner Orte, die meisten sind mehr oder weniger falsch, völlig verkehrt sind die Daten zu Trier, Köln und Mainz.

Bei Londinium, Massilia, Augusta Treverorum, Mogontiacum und Colonia Agrippinensis ist die Zuordnung zu den heutigen Städten London, Marseille, Trier, Mainz und Köln gesichert.

Wo das antike "Luppia" lag, wissen wir nicht. Für die Lokalisierung bei Halberstadt oder Bernburg gibt es nicht das geringste quellenmäßige oder archäologische Indiz, sie ist vollkommen hypothetisch. Was sich damit beweisen lassen soll, erschließt sich mir nicht.

3. Zur Lippe: Kann es sein, dass die Lippe vom römischen Militär als Nachschubweg ausgebaut und genutzt wurde.
Wie bereits gesagt: Die Römer waren im Rahmen ihrer militärischen Expeditionen auf Lippe, Ems, Weser und Elbe unterwegs. Flüsse wurden wann immer sinnvoll als Nachschubwege genutzt, unter Tiberius auch die Elbe.
An Wasserbaumaßnahmen ist nichts bekannt, abgesehen von der Fossa Drusiana.
 
Danke für den Hinweis - leider habe ich die nächsten Wochen keine Gelegenheit, mir das Buch aus einter UB zu holen (und ich selber habe es nicht) ((da wären mir ein paar kleine Erläuterungen deinerseits hilfreich, was dort mit Klima 1 - 4 gemeint ist))

Du kannst dir ja schon mal ein Bild machen:

Ich habe mir heute von Kleineberg/Marx/Knobloch/Lelgemann und von Kleineberg/Marx/Lelgemann die Bücher Germania und die Insel Thule. Die Entschlüsselung von Ptolemaios 'Atlas der Oikumene', Darmstadt 2010 und Europa in der Geographie des Ptolemaios. Die Entschlüsselung des 'Atlas der Oikumene'. Zwischen Orhney, Gibraltar und den Dinariden, Darmstadt 2012 besorgt.
Ich muss sagen, dass insbesondere das Buch zu Germanien mich nicht wirklich überzeugen kann. Die Autoren stellen völlig korrekt die Problematik dar: Wir kennen die Ortsnamen in der Germania nicht, können also nur Orte mit Siedlungskontinuität, die Flüsse und Gebirge wirklich einigermaßen zuweisen (eine Namenskontinuität seit römischer gibt es in der Magna Germania nur bei den Flüssen, nicht bei den Gebirgen). Desweiteren müssen wir mit Abschreibfehlern rechnen, die entweder Ptolemaios oder einem seiner Kopisten passiert sind (die frühesten überlieferten Handschriften stammen aus dem 13. Jahrhundert, sind also knapp 1100 Jahre nach Ptolemaios entstanden, das Handschriftenstemma ist in zwei Linien, die Omega- und die Xi-Linie (Ω, Ξ) eingeteilt, wobei es unter den Handschriften mehr als 1000 Abweichungen, Ortsangaben betreffend gibt, die durch Lese- oder Schreibfehler, Verderbnisse, Zeilenverrutschungen oder vielleicht auch durch Ptolemaios eigene Korrekturen zustande gekommen sind).
Hinzu kommen eben verschiedene Messmethoden, nach Stadien (die unterschiedlich groß sein konnten, was Ptolemaios laut den Verfassern der Studie nicht bedacht hat), Leugen, Tagesreisen etc. Die meisten Orte in der Germania seien nur durch Ptolemaios überhaupt belegt, es gibt also keine Quelle, mit der man sie und ihre Lage irgendwie abgleichen könne.

Trotz all dieser Probleme wollen die Autoren nun die Orte wieder identifiziert haben, wobei ihnen nicht der Vorwurf zu machen ist, dass sie eine Siedlungskontinuität annehmen oder insinuieren, wie man das teilweise den Beiträgen hier im Thread entnehmen kann, dass dies im medialen Bereich germacht wurde.

Das Problem ist, dass die Methode, wie sie die Orte errechnet haben wollen, unklar bleibt. Da ich persönlich, was Mathematik angeht, geradezu ignorant bin und meine Kritik daher eher auf ein Bauchgefühl zurückgingen und weniger auf Argumente, ich mich aber nicht auf Bauchgefühle verlasse, will ich hier mal jemand geeigneteres sprechen lassen, den Professor für Historische Kartographie Gyula Pápay (Uni Rostock).

Gyula Pápay: Rezension zu: Kleineberg, Andreas; Marx, Christian; Knobloch, Eberhard; Lelgemann, Dieter: Germania und die Insel Thule. Die Entschlüsselung von Ptolemaios' "Atlas der Oikumene". Darmstadt 2010, in: H-Soz-u-Kult, 14.09.2011, <Rezension zu: A. Kleineberg u.a. (Hrsg.): Germania und die Insel Thule >.

Pápay schrieb:
Aus diesen Darlegungen geht klar hervor, warum die Verortung der antiken Koordinatenangaben in einem modernen Koordinatensystem so schwierig ist und warum die bisherigen Versuche so starke Divergenz aufweisen. Dabei werden die Schwierigkeiten durch die Annahme, dass Ptolemaios für das Gebiet Germaniens auch Karten verwendete (zum Beispiel S. 7), sogar untertrieben.
[...]
Die Lokalisierung der Orte erfolgte primär auf der Grundlage von Itinerarien, die die Ortsentfernungen beinhalteten. Diese Angaben waren unsystematisch ungenau, demzufolge lassen sich die Koordinaten von Ptolemaios keineswegs systematisch entzerren. In der vorliegenden Publikation wird trotzdem eine Methode zur systematischen Entzerrung vorgeschlagen, die sogar als „geodätisch“ bezeichnet wird (S.11).
[...]
Der Untertitel der vorliegenden Publikation ist nicht zutreffend, denn es handelt sich hier nicht um die Entschlüsselung von Oikumene-Karten, sondern um den Entschlüsselungsversuch eines Teils der ptolemäischen Koordinaten.
[...]
Die auf dem Schutzumschlag gegebene Einschätzung des Werkes steht in krassem Widerspruch zum eigentlichen Inhalt. Es wird verschwiegen, dass die sogenannten „revolutionären“ Ergebnisse viele Unsicherheiten enthalten. Die Autoren selbst stufen in der Tabelle mit den entzerrten Koordinaten auf dem Gebiet von Germania Magna 84% der Identifizierungen als unsicher ein.

Bei der Unterstreichung muss ich Pápay allerdings widersprechen. Die unsicheren Identifizierungen werden mehrfach von den Autoren angemerkt, in der Tabelle sogar extra verzeichnet und auch hinterher im Kommentar wiederum vermerkt. Was man den Autoren allerdings vorwerfen muss, ist eine gewisse Unübersichtlichkeit. Sie identifizieren Orte nämlich aufrund unterschiedlicher Methoden, einmal denen die sie "geodätisch" nennen (was nach Pápay ja nicht gerechtfertigt ist) und dann historisch-archäologischen Methoden. Das ist nicht immer deutlich vermerkt, nach welcher Methode sie einen Ort gerade identifiziert haben.

Zur eigentlichen Methodenkritik:
Pápay schrieb:
Wie bereits angedeutet, ist die Entzerrungsmethode selbst kritisch zu betrachten. Bei Entzerrung historischer Karten kann man mit der Methode der Georeferenzierung sehr gute Ergebnisse erzielen.[3] Sie lässt sich jedoch für die Entzerrung der ptolemäischen Koordinaten außerhalb des Römischen Reiches nicht verwenden, da sie das Vorhandensein einer hinreichenden Anzahl identischer Orte oder geographischer Punkte in der historischen und in der modernen Karte voraussetzt. Die Georeferenzierung wird nicht als geodätische Methode bezeichnet, noch weniger verdient diese Bezeichnung die Methode, die zur Entzerrung der ptolemäischen Koordinaten verwendet wurde. Es handelt sich dabei um die Ausgleichsrechnung, die in der Geodäsie zur Eliminierung von Messfehlern dient. Zur Entzerrung der ptolemäischen Koordinaten lässt sich diese Methode so wie in der Geodäsie nicht für die Gebiete außerhalb des Römischen Reiches verwenden, da die ptolemäischen Koordinaten hier keinen Systemcharakter aufweisen.
[...]
Ebenso ist nicht nachvollziehbar, wie die Ausgleichsrechnung konkret zur Ermittlung solcher Ortsgruppen verwendet wurde. Die Bemerkungen dafür sind zu lakonisch: „Die Suche nach Transformationseinheiten erfolgt kombinatorisch. Dabei werden die Orte eines Startgebietes so lange miteinander kombiniert, bis eine maximale konsistente Ortsgruppe gefunden wird.“ (S. 12) Es ist völlig rätselhaft, wie zum Beispiel in der Mitte von Germanien, wo die ptolemäischen Koordinaten mit großen Unsicherheiten behaftet sind, eine „maximale konsistente Ortsgruppe“ ermittelt werden konnte. Der vorliegenden Publikation wurde auch keine konkrete Berechnung beigefügt. Damit entzieht sich die angewendete Entzerrungsmethode jeglicher Überprüfungsmöglichkeit.
An einem Bsp. wird gezeigt, wie unsicher selbst als sicher ausgegeben Identifizierungen sind:
Pápay schrieb:
Celamantia gehört zu den ganz wenigen Orten in der Tabelle zu Germania Magna (S. 31), deren Koordinaten (18° 14’ und 47° 45’) als sicher bezeichnet wurden. Demzufolge wurde dieser Ort mit Leányvár (bei Komarno) identifiziert. Die archäologische Forschung schließt jedoch eine solche Identifizierung definitiv aus.[4] Dieses Beispiel belegt zugleich, dass die Identifizierungsresultate, zum Teil sogar diejenigen, die als sicher angegeben werden, mit Vorsicht zu betrachten sind.

Das Schlussresümmee:
Pápay schrieb:
Die vorliegende Publikation kann nicht den Anspruch erheben, die ptolemäischen Koordinaten entschlüsselt zu haben. Sie bereichert lediglich die bisherige Vielzahl der Identifizierungsvorschläge für Germanien und die Anrainergebiete.
 
Gut aufgepasst. Die Lippe hat aber Sepiola in die Diskussion eingebracht. Seine Frage war: Warum Mosel und Lippe, die nachweislich von den Römern genutzt wurden, nicht bei Ptolemäus auftauchen.
Das ist so nicht ganz korrekt. Du hattest eine These aufgestellt, nämlich dass schiffbare Flüsse dargestellt seine und der Kopf der Flüsse die Grenzen ihrer Schiffbarkeit darstellten, was Sepiola widerlegt hat, indem er gezeigt hat, dass bekannte schiffbare Flüsse fehlen, wohingegen nichtschiffbare Hochgebirgsflüsse in der Abhandlung vermerkt sind. Damit war deine These eigentlich widerlegt.
 
die fehlende Mosel hat mich verleitet anzunehmen, dass mitsamt dem Fluß auch die Städte an seinem Ufer fehlen.
Bevor mir das nochmals widerfährt, frage ich besser: ist Koblenz in Ptolemaios´ Karte aufgeführt?

Mittlerweile weiß man (seit 2008), dass das römische Koblenz bis in Augustus Zeit zurückreicht, ab der 2. Hälfte des 1. Jh. nach Chr. auch als Stadt bezeichnet werden kann. Der Name Castellum apud confluentes wäre freilich verräterisch, wenn er bei Prolemaios verzeichnet wäre: Confluentes meint ja die Mündung der Mosel in den Rhein.
 
Bevor mir das nochmals widerfährt, frage ich besser: ist Koblenz in Ptolemaios´ Karte aufgeführt?

Nein, Koblenz fehlt.
Ptolemaios gibt es in Teilen auf Englisch online; zu Belgica Gallia und Germania Magna (letzteres mehrsprachig) gibt es sogar Karten:
https://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/Gazetteer/Periods/Roman/_Texts/Ptolemy/2/8*.html
https://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/Gazetteer/Periods/Roman/_Texts/Ptolemy/2/10.html
Beim Drüberschauen fallen mir einige Fehlerchen auf, die Seite ist also mit Vorsicht zu genießen.

Mittlerweile weiß man (seit 2008), dass das römische Koblenz bis in Augustus Zeit zurückreicht, ab der 2. Hälfte des 1. Jh. nach Chr. auch als Stadt bezeichnet werden kann.
Jedenfalls war der Ort zu dieser Zeit ein prominenter Verkehrsknotenpunkt. Die Pfahlreste der römischen Rheinbrücke ergaben das dendrochronologische Fälldatum Winter 48/49 n. Chr.
https://userpages.uni-koblenz.de/~odsgroe/baeume97/drhroem.htm
 
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Da wohl kaum noch gemeißelte Ortsschilder aufgefunden werden, bekommt die Lokalisierung der Tropaea Drusi eine besondere Bedeutung zur Entzerrung der Karte.

Da stellen sich mehrere Fragen:

Wie lassen sich die Tropaea Drusi lokalisieren? Den einzigen (wenn auch nur beschränkt) nützlichen Hinweis für eine Lokalisierung gibt Cassius Dio, welcher berichtet, dass Drusus an der Elbe Tropaea aufstellte:
"Drusus [...] stieß, alles verwüstend, bis zur Elbe vor. Der Strom kommt aus dem Vandalengebirge und ergießt sich in großer Stärke in den nördlichen Ozean. Dieses Gewässer wollte nun Drusus ebenfalls überqueren, doch mißlang der Versuch, und er mußte sich begnügen, Siegeszeichen aufzurichten. Dann trat er den Rückzug an." (Buch 55, Übersetzung Otto Veh)
Folgt man Florus, hätte Drusus schon früher ein Siegesmal in Form eines Tumulus errichtet: "Drusus wurde in diese Provinz entsandt und bezwang als erste die Usipeter, dann überrannte er der Reihe nach die Tenkterer und Chatten. Aus den Beutestücken und Abzeichen der Markomannen errichtete er einen hohen Hügel in Art einer Trophäe. Dann griff er gleichzeitig die mächtigsten Völker, die Cherusker, Sueben und Sugambrer, an [...]" Internet-Portal "Westfälische Geschichte" / [o. D.]: Lucius Annaeus Florus: Bericht über die Varusschlacht (Lucius Annaeus Florus 2, 30, 21-39)

Daraus folgt die nächste Frage:
Hat einer der Autoren etwas durcheinandergebracht oder gab es mehrere Tropaea Drusi? Dass zwischen Chatten und Cheruskern plötzlich die Markomannen erwähnt werden, lässt mich an Florus' Chronologie zumindest zweifeln.

Nun lokalisiert Ptolemaios seine Tropaea Drusi ein kleines Stück nordwestlich der Quelle der Visurgis (im Melibocum-Gebirge, gemeint ist hier wohl die Werraquelle im Thüringer Wald), auf jeden Fall also weit weg von der Elbe. Da Ptolemaios öfter mal gröbere Fehler unterlaufen, wäre hier zu fragen: Basiert Ptolemaios' Lokalisierung auf korrekten Angaben oder nicht?

Wenn die Lokalisierung falsch ist, ist sie für eine Entzerrung nicht zu gebrauchen. Im Gegenteil: Wenn man sie zum Angelpunkt macht, würde man damit alle anderen Angaben noch mehr verzerren.
 
Vor drei Jahren hatten wir darüber schon mal diskutiert. Ich schrieb:
Wir wissen nicht, ob man Ptolemaios nur falsch berichtet oder ob er falsch verstanden hat. Auf jeden Fall schreibt er in der Mehrzahl, also Ehrenmale des Drusus. Deshalb können nicht die Altäre gemeint sein, die Drusus am Scheitelpunkt seiner Feldzüge zu errichten pflegte und von denen einer neben dem Schlachtfeld zerstört wurde. Es muss sich um ein großflächiges Objekt, möglichst mit benachbarter Siedlung oder römischen Wachposten, gehandelt haben, wenn er es unter den Städten Germaniens aufführt. Und so ein Objekt müsste eigentlich archäologisch nachweisbar sein.
 
Vor drei Jahren hatten wir darüber schon mal diskutiert. Ich schrieb:
Wir wissen nicht, ob man Ptolemaios nur falsch berichtet oder ob er falsch verstanden hat. Auf jeden Fall schreibt er in der Mehrzahl, also Ehrenmale des Drusus.
Auf jeden Fall meint er damit nicht mehrere weit auseinanderliegende Orte, sondern einen bestimmten Ort, dessen Koordinaten er angibt.
Auch Cassius Dio schreibt von τρόπαια (im Plural), die Drusus an der Elbe aufstellt, bevor er den Rückmarsch antritt.

Deshalb können nicht die Altäre gemeint sein, die Drusus am Scheitelpunkt seiner Feldzüge zu errichten pflegte

Deine Begründung erschließt sich mir nicht. Eine logische Begründung wäre: "Tropaia sind keine Altäre, deshalb können mit Tropaia keine Altäre gemeint sein." Was aber sollte das mit der Mehrzahl zu tun haben? Man kann doch an einem Ort mehrere Siegesmale und einen Altar nebeneinander aufstellen, oder nicht?

Wo steht eigentlich, dass Drusus Altäre am Scheitelpunkt seiner Feldzüge zu errichten pflegte?

und von denen einer neben dem Schlachtfeld zerstört wurde.
Du meinst den Altar, den Germanicus wieder herstellte, als er ein Kastell an der Lippe entsetzte? Dass dieser Altar neben einem Schlachtfeld gestanden haben soll, steht nirgends. Und dass dieser Altar von Drusus errichtet wurde, erst recht nicht. Vielmehr geht es um einen Altar, der für Drusus errichtet worden war (ara Druso sita).

Es muss sich um ein großflächiges Objekt, möglichst mit benachbarter Siedlung oder römischen Wachposten, gehandelt haben, wenn er es unter den Städten Germaniens aufführt.
Muss es überhaupt nicht; Ptolemaios kann die Information aus irgendeiner Quelle haben, die irgendwelche Örtlichkeiten aufführt. Ob in dieser Quelle irgendwas von einem Wachtposten oder einer Siedlung stand, wissen wir nicht, ich halte das sogar für ziemlich unwahrscheinlich.

Und so ein Objekt müsste eigentlich archäologisch nachweisbar sein.
Muss es auch nicht. Es wäre zwar wünschenswert, aber von den Örtlichkeiten der Germania, die Ptolemaios auflistet, sind ungefähr 97% archäologisch nicht nachweisbar.
 
Auf jeden Fall meint er damit nicht mehrere weit auseinanderliegende Orte, sondern einen bestimmten Ort, dessen Koordinaten er angibt.
-Auch Cassius Dio schreibt von τρόπαια (im Plural), die Drusus an der Elbe aufstellt, bevor er den Rückmarsch antritt.
Deine Begründung erschließt sich mir nicht. Eine logische Begründung wäre: "Tropaia sind keine Altäre, deshalb können mit Tropaia keine Altäre gemeint sein." Was aber sollte das mit der Mehrzahl zu tun haben? Man kann doch an einem Ort mehrere Siegesmale und einen Altar nebeneinander aufstellen, oder nicht?
-Wo steht eigentlich, dass Drusus Altäre am Scheitelpunkt seiner Feldzüge zu errichten pflegte?
-Du meinst den Altar, den Germanicus wieder herstellte, als er ein Kastell an der Lippe entsetzte? Dass dieser Altar neben einem Schlachtfeld gestanden haben soll, steht nirgends. Und dass dieser Altar von Drusus errichtet wurde, erst recht nicht. Vielmehr geht es um einen Altar, der für Drusus errichtet worden war (ara Druso sita).
-Muss es überhaupt nicht; Ptolemaios kann die Information aus irgendeiner Quelle haben, die irgendwelche Örtlichkeiten aufführt. Ob in dieser Quelle irgendwas von einem Wachtposten oder einer Siedlung stand, wissen wir nicht, ich halte das sogar für ziemlich unwahrscheinlich..
-Muss es auch nicht. Es wäre zwar wünschenswert, aber von den Örtlichkeiten der Germania, die Ptolemaios auflistet, sind ungefähr 97% archäologisch nicht nachweisbar
Bekannt ist zumindest, dass Drusus am Scheitelpunkt nach Erreichen der Elbe einen Altar errichtete. Wer den anderen, ihm gewidmeten zerstörten Altar und aus welchem Anlass errichtete, ist unbekannt. Ebenso ist unbekannt, welche Informationen Ptolemaios erhielt. Ein einfacher Altar war kein Anlass zur Aufnahme in sein Verzeichnis. Die abwertende Bezeichnung, "alter, dem Drusus geweihter Altar" weist diesem Objekt keinesfalls die Bedeutung "Tropaia Drusi" zu. Logisch ist aber, dass der zerstörte Altar auf einer Linie zum und vom Schlachtfeld gelegen haben muss, um berührt zu werden.
Diese besondere Bedeutung im freien Germanien müsste eigentlich eine Lokalisierung erleichtern.
 
Man darf aber eines folgern: die Leser des Ptolemaios wie der Karte wussten mit den Örtlichkeiten etwas anzufangen, auch 100 oder 200 Jahren nach den Ereignissen.
Das bedeutet, dass die landschaftliche Zuordnung des genannten Ortes plausibel und einfach war. Also ein Ort der mehreren Beobachtern, Kaufleuten oder Soldaten bekannt war, aus Berichten oder eigener Kenntnis. Tropaia Drusi muss an einem landschaftlich oder verkehrstechnisch markanten Ort gewesen sein.
 
Bekannt ist zumindest, dass Drusus am Scheitelpunkt nach Erreichen der Elbe einen Altar errichtete.
Mir ist es nicht bekannt. Wer schreibt denn das?

Cassius Dio jedenfalls nicht. Der schreibt, dass Drusus an der Elbe Siegesmale errichtet hat, und dass Ahenobarbus an der Elbe einen Altar zu Ehren des Augustus errichtet hat.


Die abwertende Bezeichnung, "alter, dem Drusus geweihter Altar"
Was daran soll bitte abwertend sein? Der Altar wird hier im Zusammenhang mit dem Grabhügel genannt. Der Grabhügel war nagelneu, der Altar dagegen schon älter; beide wurde von den Barbaren zerstört. Im Gegensatz zum Grabhügel wurde der Altar wiederhergestellt und mit allem Pomp wieder eingeweiht.

Logisch ist aber, dass der zerstörte Altar auf einer Linie zum und vom Schlachtfeld gelegen haben muss, um berührt zu werden.
Was für ein Schlachtfeld denn bitte? Germanicus war unterwegs, um ein belagertes Kastell an der Lippe zu entsetzen. Tacitus schreibt ausdrücklich, dass es zu keiner Schlacht kam, da die Germanen die Belagerung sogleich abbrachen. Germanicus hatte nun etwas Zeit, um Bauarbeiten ausführen zu lassen: Der Altar wurde wiederhergestellt, die Verkehrsverbindungen zwischen Aliso und dem Rhein verbessert, dann kehrte Germanicus zum Rhein zurück und schiffte sich ein.
 
Man darf aber eines folgern: die Leser des Ptolemaios wie der Karte wussten mit den Örtlichkeiten etwas anzufangen, auch 100 oder 200 Jahren nach den Ereignissen.

Woraus willst Du das denn folgern, und mit welcher Logik?

Ptolemaios schreibt über Örtlichkeiten, die er nie gesehen hat, er stützt sich oft auf Nachrichten aus zweiter oder dritter Hand. Und wer waren seine Leser? Gelehrte, die viel Zeit hatten, in der Bibliothek über dicken Schinken voller Zahlen und merkwürdiger Ortsnamen zu sitzen.

Wir wissen nur, dass drei Schriftsteller - Florus, Dio und Ptolemaios - Tropaea des Drusus in der Germania erwähnen. Jeder von ihnen hat eine schriftliche Vorlage gehabt, und diese gingen wohl ihrerseits auf andere ältere Vorlagen zurück. Möglicherweise stand ganz am Anfang ein Bericht über die Drusus-Feldzüge.

Was ist denn z. B. von der nordwestgermanischen Örtlichkeit "Siatutanda" zu halten - ein sehr lateinisch klingender Name, der aber auf Latein keinen Sinn ergibt?
"Fast allg. wird angenommen, daß es einen Ort dieses Namens nicht gab, sondern dieser Eintrag durch ein Mißverständnis von Tacitus (Tac. ann. 4,72,3) entstand, wo berichtet wird, daß die Friesen sich in den Niederlanden nahe der Zuidersee zurückzogen ad sua tutanda 'um ihr Eigentum zu schützen'." Reallexikon der Germanischen Altertumskunde

Olennius infensos fuga praevenit, receptus castello, cui nomen Flevum; et haud spernenda illic civium sociorumque manus litora Oceani praesidebat.Quod ubi L. Apronio inferioris Germaniae pro praetore cognitum, vexilla legionum e superiore provincia peditumque et equitum auxiliarium delectos accivit ac simul utrumque exercitum Rheno devectum Frisiis intulit, soluto iam castelli obsidio et ad sua tutanda degressis rebellibus.

Wenn man bedenkt, dass die alten Texte keine Leerzeichen hatten, könnte man bei flüchtiger Lektüre des Textes schon auf die Idee kommen, dass Olennius sich in einem Ort namens Flevum, die Friesen daraufhin in einem Ort namens Suatutanda verschanzt hätten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir ist es nicht bekannt. Wer schreibt denn das?

Cassius Dio jedenfalls nicht. Der schreibt, dass Drusus an der Elbe Siegesmale errichtet hat, und dass Ahenobarbus an der Elbe einen Altar zu Ehren des Augustus errichtet hat.

Was daran soll bitte abwertend sein? Der Altar wird hier im Zusammenhang mit dem Grabhügel genannt. Der Grabhügel war nagelneu, der Altar dagegen schon älter; beide wurde von den Barbaren zerstört. Im Gegensatz zum Grabhügel wurde der Altar wiederhergestellt und mit allem Pomp wieder eingeweiht.

Was für ein Schlachtfeld denn bitte? Germanicus war unterwegs, um ein belagertes Kastell an der Lippe zu entsetzen. Tacitus schreibt ausdrücklich, dass es zu keiner Schlacht kam, da die Germanen die Belagerung sogleich abbrachen. Germanicus hatte nun etwas Zeit, um Bauarbeiten ausführen zu lassen: Der Altar wurde wiederhergestellt, die Verkehrsverbindungen zwischen Aliso und dem Rhein verbessert, dann kehrte Germanicus zum Rhein zurück und schiffte sich ein.
Hier geht es nur um Begriffe. Wiki verwendet die Bezeichnung "Monument" für die Siegesmale des Drusus an der Elbe. Zum Drususaltar gibt es hier sogar einen eigenen Strang.
Natürlich ist die Örtlichkeit des Varusschlachtfeldes gemeint, welches "in der Nähe" gelegen haben muss.
 
Hier geht es nur um Begriffe.
Hier geht es nur um einen Begriff, nämlich tropaea. Mit welchen Wörtern man diesen umschreibt (Siegesmal, Siegesmonument, Siegeszeichen), ist zweitrangig.

Natürlich ist die Örtlichkeit des Varusschlachtfeldes gemeint, welches "in der Nähe" gelegen haben muss.
"In der Nähe" von was bitte?
Wir haben nicht den leisesten Hinweis darauf, dass das Varusschlachtfeld in der Nähe der Tropaea Drusi gelegen haben soll.
(Und wir haben auch keinen Hinweis darauf, dass das Varussschlachtfeld in der Nähe des für Drusus errichteten Altars gelegen haben soll, um den es hier überhaupt nicht geht.)
 
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