Die entzerrte Karte des Claudios Ptolemaios

Der Punkt ist: Ptolemaios hatte gar keine systematisch ermittelten Koordinaten. Was er bestenfalls hatte, waren einzelne Mitteilungen wie "Von X nach Y sind es drei Tagesreisen, und von Y bis zum Ozean sind es nochmals sieben Tagesreisen"; zu den meisten Orten hatte er nicht einmal das.
Und dann hat er die gesammelten Ortsnamen (darunter auch Phantomorte) nach Gutdünken auf eine Karte eingetragen.

Genau das bezweifeln eben die Autoren.

Nein, das bezweifeln sie überhaupt nicht. Das wissen sie, und das schreiben sie auch:

"Die Hauptschwierigkeit bestand dabei darin, dass die meisten Materialien, denen Ptolemaios geographische Informationen entnehmen konnte, nicht für wissenschaftliche Zwecke, sondern für praktische Bedürfnisse konzipiert waren, d. h. sie dienten vor allem der Orientierung im militärischen und zivilen Straßen- und Schiffsverkehr. Somit enthielten sie Beschreibungen von Land- und Seerouten, jedoch keine geographischen Koordinaten in Form von Längen- und Breitenangaben. Diese Koordinaten musste Ptolemaios für seinen Ortskatalog also erst ermitteln."​

Astronomisch ermittelte Koordinaten lagen Ptolemaios nur in wenigen Ausnahmefällen vor, und wenn, dann lagen diese Orte innerhalb des Römischen Reiches, nicht außerhalb. Auch darüber sind sich die Autoren im Klaren.

Dessen ungeachtet übertragen nun die Autoren die von Ptolemaios genannten Orte wiederum nach ihrem eigenen Gutdünken auf eine Karte; dabei werden dann auch archäologisch und ortsnamenkundlich bestens begründete Lokalisierungen zugunsten ihres eigenen (für den Leser kaum nachvollziehbaren Systems) leichtfertig über Bord geworfen. So wird, um noch ein weiteres Beispiel zu bringen:, etwa Tarodunum=Zarten nach Riegel in den Kaiserstuhl verlegt.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Du hast aber schon mal von Schrittzählern und so gehört?

Woran gezweifelt wird, ist, dass die Informationen nicht für die Erstellung einer Karte ausreichten und er nach Gutdünken verfuhr.

Im Allgemeinen denke ich vor dem Schreiben nach.
 
Rio, das Problem ist doch, dass selbst bekannte Orte falsch zugeordnet sind.
Wir wissen, dass selbst Orte innerhalb der Reichsgrenzen bei Ptolemaios in falscher Relation zueinander stehen, aufgrund der Ortsnamenkontinuität kann man dort rekonstruieren, welche Fehler Ptolemaios mutmaßlich begangen hat. Das funktioniert in der Germania libera schlicht nicht, weil wir die Orte schlicht nicht identifizieren können.
 
Die Bedingung, die ich nannte, hast du zur Kenntnis genommen?

Ich weiß leider nicht, worauf du dich beziehst:

Nun, bei den Entzerrungen wird immer wieder vergessen, dass Ausreißer in den vermuteten Serien stecken müssen.

mein Gehirn ist heißgelaufen.

Du hast aber schon mal von Schrittzählern und so gehört?
 
Nee, sorry, ich weiß wirklich nicht, auf welche „Bedingung“ du dich beziehst. Sag’s doch einfach und veranstalte keine Ratespiele.
 
Ich weiß leider nicht, worauf du dich beziehst:

Ich muss ebenfalls herumrätseln, was in den letzten Beiträgen gemeint sein soll. Wenn es um die Datengrundlage von Ptolemäus' Kartenwerk geht, könnte man das in dem Thread weiterdiskutieren:

Die entzerrte Karte des Claudios Ptolemaios

Unabhängig von der Problematik der Koordinaten von Mattiacum bei Ptolemäus, frage ich mich, ob überhaupt ein Ort, der bestenfalls einige Jahrzehnte existiert hat, aber über den seit mehr als 100 Jahren das sprichwörtliche Gras gewachsen sein dürfte, in dem Werk erwähnt sein wird. Es kann natürlich sein, dass in den uns unbekannten Quellen des Ptolemäus auch Unterlagen mit Koordinaten aus den römischen Militärexpeditionen um die Zeitenwende verwendet wurden. Aber das ist natürlich nur spekulativ.

Aber gibt es denn noch weitere Argumente, die für einen Ortsnamen Mattiacum für die Anlage in Waldgirmes sprechen? Sofern diese Anlage im Gebiet der Mattiaker lag, wäre der Name durchaus vorstellbar, analog zum ersten Namen Kölns als Oppidum Ubiorum.
 
Im Allgemeinen denke ich vor dem Schreiben nach.
Dann sollte es Dir ein Leichtes sein, mir zu erklären, was Du Dir bei der Formulierung dieses Satzes gedacht hast:
Du hast aber schon mal von Schrittzählern und so gehört?

Du weißt, dass sich durch Schrittzählung Wegstrecken systematisch ermitteln lassen, aber keine Koordinaten. (Es sei denn, man marschiert seine zehn Leugen immer in Luftlinie). Abgesehen davon gab es in der Magna Germania noch nicht einmal eine systematische Wegstreckenvernessung, außer vielleicht entlang militärischer Routen. Und falls es eine solche gegeben haben sollte, stand sie Ptolemaios nicht zur Verfügung, sonst hätte ihm zumindest die Straße entlang der Lippe bekannt sein müssen. Er kennt aber noch nicht einmal die Lippe, und Aliso hat er nach allem, was wir wissen, falsch lokalisiert.


Die Autoren erwähnen zwar die Bedeutung der Ortsnamenkunde für die Identifizierung antiker Orte, sie wird von ihnen jedoch sträflich vernachlässigt. Mangels grundlegender Kenntnisse auf diesem Gebiet sind sie dann auch nicht in der Lage, wissenschaftlich abgesicherte Erkenntnisse von Bullshit zu unterscheiden. Zwei Beispiele (das eine hatte ich bereits verlinkt):

Zu Tarodunum/Zarten schreiben sie, die Gleichsetzung sei "aufgrund der lautlichen Ähnlichkeit des Namens" erfolgt. Natürlich ist lautliche Ähnlichkeit kein Argument. Hier geht es aber nicht um lautliche Ähnlichkeit, sondern um genaue lautgesetzliche Entsprechung:
- Wir haben die gemanisch/althochdeutsche Akzentverlagerung auf die erste Silbe, wodurch sich die nachfolgenden Silben abschwächen bzw. schwinden.
- Wir haben die erste Phase der zweiten Lautverschiebung: Aus dem anlautenden T- wird ein Z-
- Wir haben die dritte Phase der zweiten Lautverschiebung: Aus dem inlautenden -d- wird ein -t-
- Und wir haben sogar ein urkundliches Zeugnis mit dem Beleg Zarduna aus dem Jahr 765, das haargenau die Situation zwischen den beiden Phasen zeigt.
Aus namenkundlicher Sicht haben wir also eine praktisch lückenlose Beweiskette. Auch der archäologische Befund ist überdeutlich: "Handel und Handwerk, Austausch und Produktion zeigen, dass am Ausgang des letzten vorchristlichen Jahrtausends auf dem Gebiet des heutigen Kirchzarten eine Großsiedlung überregionaler Bedeutung existierte."

Zu Carrodunum, das sie bei Rýmařov/Römerstadt lokalisieren, schreiben sie: "Ob der deutsche Name 'Römerstadt' in einem Zusammenhang mit einer antiken Siedlung steht, bleibt offen." Das bleibt beileibe nicht offen, sondern das lässt sich eindeutig klären: Der Ortsname lautete bei der Ersterwähnung 1351 Raymarstat; die Verballhornung zu Römerstadt fand erst im 16. Jahrhundert statt.
Das ist übrigens kein Einzelfall:
Es gibt übrigens auch ein Römershofen ohne -t-, auch dafür können natürlich die Römer nichts:

"Römershofen kommt übrigens nicht von den Römern, es ist also kein Hinweis auf die Antike wie man eigentlich denken könnte. Bis ins 18. Jahrhundert hat es auch nicht Römershofen, sondern Reimarshofen geheißen, das bedeutet ganz einfach die Höfe des Reimar."​
Von Winden, Bächen und Höfen
 
Ich muss ebenfalls herumrätseln, was in den letzten Beiträgen gemeint sein soll. Wenn es um die Datengrundlage von Ptolemäus' Kartenwerk geht, könnte man das in dem Thread weiterdiskutieren:

Die entzerrte Karte des Claudios Ptolemaios

Unabhängig von der Problematik der Koordinaten von Mattiacum bei Ptolemäus, frage ich mich, ob überhaupt ein Ort, der bestenfalls einige Jahrzehnte existiert hat, aber über den seit mehr als 100 Jahren das sprichwörtliche Gras gewachsen sein dürfte, in dem Werk erwähnt sein wird. Es kann natürlich sein, dass in den uns unbekannten Quellen des Ptolemäus auch Unterlagen mit Koordinaten aus den römischen Militärexpeditionen um die Zeitenwende verwendet wurden. Aber das ist natürlich nur spekulativ.

Aber gibt es denn noch weitere Argumente, die für einen Ortsnamen Mattiacum für die Anlage in Waldgirmes sprechen? Sofern diese Anlage im Gebiet der Mattiaker lag, wäre der Name durchaus vorstellbar, analog zum ersten Namen Kölns als Oppidum Ubiorum.

Ptolemäus nutzte nach gängiger Ansicht verschiedene Quellen aus verschiedenen Zeiten.

Zum Umzug der Mattiaker wurde in verschiedenen Threads schon eine ganze Menge geschrieben.
 
Du weißt, dass sich durch Schrittzählung Wegstrecken systematisch ermitteln lassen, aber keine Koordinaten. (Es sei denn, man marschiert seine zehn Leugen immer in Luftlinie). Abgesehen davon gab es in der Magna Germania noch nicht einmal eine systematische Wegstreckenvernessung, außer vielleicht entlang militärischer Routen. Und falls es eine solche gegeben haben sollte, stand sie Ptolemaios nicht zur Verfügung, sonst hätte ihm zumindest die Straße entlang der Lippe bekannt sein müssen. Er kennt aber noch nicht einmal die Lippe, und Aliso hat er nach allem, was wir wissen, falsch lokalisiert.

Das solltest du belegen, da genau solche Angaben angenommen werden. Zudem musst du daher auch das willkürliche Vorgehen belegen, von dem du oben sprachst. Bisher ist deine Begründung nur, dass du es dir nicht anders vorstellen kannst.

Warum sollte er Lager angeben, von deren Zerstörung er wusste?

Nun, die Schrittzählung, ob mechanisch oder menschlich war in der römischen Armee üblich. Wenn das in Germanien anders war, müsste auch das belegt werden.

Der Rest sind Einzelfehler, die, egal wie häufig nichts zur Methode aussagen, zumal sie mit der Grundmethode nichts zu tun haben. Den Prüfstein dafür habe ich angegeben.
 
Das solltest du belegen

Das mache ich gern, obwohl die Belegpflicht nicht bei mir liegt. (Die Belegpflicht liegt bei dem, der behaupten möchte, dass Ptolemaios für die Germania Magna systematisch erfasste Koordinaten vorlagen, die es ggf. zu entzerren gilt.)

1.
Du weißt, dass sich durch Schrittzählung Wegstrecken systematisch ermitteln lassen, aber keine Koordinaten. (Es sei denn, man marschiert seine zehn Leugen immer in Luftlinie).

Lassen sich anhand von Wegstrecken Koordinaten ermitteln? Nein.
Ist das den Autoren bewusst? Ja.

"- In Itinerarien werden zwar die Entfernungen zwischen den Orten genannt, sie enthalten aber keine Richtungsangaben zw. Aussagen über die gegenseitige Lage der Orte zueinander.
- In Itinerarien sind die Entfernungen zwischen den Orten entlang des Straßenverlaufs, nicht als geradlinige Distanzen verzeichnet."​

2.
Abgesehen davon gab es in der Magna Germania noch nicht einmal eine systematische Wegstreckenvermessung, außer vielleicht entlang militärischer Routen. Und falls es eine solche gegeben haben sollte, stand sie Ptolemaios nicht zur Verfügung, sonst hätte ihm zumindest die Straße entlang der Lippe bekannt sein müssen. Er kennt aber noch nicht einmal die Lippe...
Gibt es unter den von Ptolemaios erwähnten Flüssen einen, der mit der Lippe identifizierbar ist?
Nein.
Es kommt noch besser: Ptolemaios erwähnt einen geographischen Namen "Louppia", er hält ihn aber für den Namen einer Stadt (polis). Und falls hier ein Ort an der Lippe gemeint sein sollte, wäre die Lokalisierung wiederum total falsch, denn Ptolemaios setzt diese polis zwischen Weser und Elbe.

3.
...und Aliso hat er nach allem, was wir wissen, falsch lokalisiert.
"Nach der Angabe des Ptolemaios liegt Alisum etwas östlich von Köln. Die transformierten antiken Koordinaten weisen auf die Gegend von Bergisch Gladbach."​
Das von Tacitus erwähnte Aliso ist aber an der Lippe zu suchen, also östlich von Vetera/Xanten; Tacitus erwähnt in diesem Zusammenhang sogar ausdrücklich Straßenbauarbeiten.


Bisher ist deine Begründung nur, dass du es dir nicht anders vorstellen kannst.
Wie gesagt, habe ich ich mich schon öfter zu der Problematik geäußert. Dass es grundsätzlich nicht möglich ist, Streckenangaben aus Itinerarien in Koordinaten "umzurechnen", war auch Ptolemaios bewusst.

Mit welchen Mitteln hätten damalige Navigatoren die Länge bestimmen können?

Die erhaltenen Straßenitinerare enthalten genaue Angaben nach Meilen, Leugen oder sonstigen Maßeinheiten. Diese beruhen auf Streckenmessungen; die Straßenbauer mussten ja wissen, wo sie ihre Meilensteine aufstellen sollten.

Wenn man im Barbaricum oder auf dem Meer unterwegs war, fehlen solche genauen Entfernungsangaben, da finden wir grob geschätzte und gerundete Zahlen ("ungefähr 400 Stadien", "ungefähr 800 Stadien") oder Angaben nach Tagen ("zwei Tagesreisen").

Hier mal ein Beispiel:
Der Periplus des erythräischen Meeres von einem Unbekannten. Griechisch und deutsch mit kritischen und erklärenden Anmerkungen nebst vollständigem Wörterverzeichnisse von B. Fabricius : Dietrich, Heinrich Theodor : Free Download, Borrow, and Streaming : Internet Archive

Nach solchen Periploi hat Ptolemaios (bzw. seine Vorgänger) versucht, die Küstenlinien zu erfassen. Anhand der ungenauen Angaben zu den Küsten wurde die Lage der Küstenstädte ermitteilt, dann wurde versucht, die Lage der in den Straßenitineraren verzeichneten Orte zu erraten:

"Ferner kann man bei der Eintragung der Städte zwar die an der Küste gelegenen leichter einzeichnen, da bei ihnen durch den Küstenverlauf eine gewisse Anordnung gewahrt wird. Bei den binnenländischen Städten ist dies aber nicht mehr der Fall, da bei ihnen nirgends Angaben über ihre Lage untereinander oder gegenüber den Küstenstädten gemacht werden, ausser in wenigen Ausnahmefällen, bei welchen zufällig einmal die Länge, einmal die Breite zusätzlich bestimmt ist."


Warum sollte er Lager angeben, von deren Zerstörung er wusste?
Von der Zerstörung welcher Lager wusste Ptolemaios? Seine Weltkarte enthält Orte, die schon längst nicht mehr existierten (wie lange werden wohl die Tropaea Drusi von den Germanen gepflegt und instandgehalten worden sein?) bzw. überhaupt nie existierten, darunter sind auch "bedeutende Städte": https://www.geschichtsforum.de/them...-claudios-ptolemaios.28243/reply?quote=842218


Der Rest sind Einzelfehler, die, egal wie häufig nichts zur Methode aussagen
Die genannten Beispiele sagen sehr wohl etwas zur Methode aus. Ortsnamen werden "flankierend" eingesetzt, um unhaltbare Behauptungen zu untermauern, dabei werden auf der einen Seite wissenschaftliche Erkenntnisse unterschlagen, wenn sie der eigenen These widersprechen, andererseits wird offenkundiger Bullshit herangezogen, wenn er der eigenen These nutzt.

Diese "Methode" ist, um es deutlich zu sagen, pseudo-wissenschaftlich.
 
Gyula Pápay: Rezension zu: Kleineberg, Andreas; Marx, Christian; Knobloch, Eberhard; Lelgemann, Dieter: Germania und die Insel Thule. Die Entschlüsselung von Ptolemaios' "Atlas der Oikumene". Darmstadt 2010, in: H-Soz-u-Kult, 14.09.2011, <Rezension zu: A. Kleineberg u.a. (Hrsg.): Germania und die Insel Thule >.

"Die Autoren selbst stufen in der Tabelle mit den entzerrten Koordinaten auf dem Gebiet von Germania Magna 84% der Identifizierungen als unsicher ein."

Wenn man die (im allgemeinen gut identifizierbaren) Flüsse und die Berge abzieht (die Inseln werden wohlweislich erst gar nicht aufgelistet) und sich auf die 97 Siedlungsnamen beschränkt, sieht es sogar noch dürftiger aus. 93% dieser Namen werden als unsicher eingestuft, der klägliche Rest sieht so aus:

"sicher":
63 Asciburgium
90 Calisia
120 Arae Flaviae
135 Celamantia

"wahrscheinlich":
100 Segodunum
127 Usbium
133 Eburodunum

Schauen wir uns die vier "sicheren" an, ergibt sich folgendes:

- Asciburgium wird von Ptolemaios falsch lokalisiert, nämlich in der rechtsrheinischen Germania Magna. Tatsächlich liegt Moers-Asberg links des Rheins.

- Arae Flaviae (Rottweil) ist sicher identifiziert und von Ptolemaios einigermaßen korrekt lokalisiert, liegt aber weitab von germanischem Siedlungsgebiet.

- Calisia wird von den Autoren im Text als "relativ sicher" bezeichnet, Aus ortsnamenkundlicher Sicht ist das schlicht falsch. Die Autoren ziehen die Literatur nur selektiv heran und ignorieren die Hinweise Neumanns im 2000 erschienenen Band 16 des Reallexikons der germanischen Altertumskunde zum Stichwort Kalisia:
"In der älteren Literatur, z. B. bei Pokorny (3, 319) und Schütte (4. 34), wird Καλισία öfter mit Kalisch (a. 1108 Kalis identifiziert. Doch trifft das kaum zu, der polnische Ortsname ist gewiß wesentlich jünger als das 2. Jh. n. Chr."​

- Zu Celamantia/Leányvár bei Komárno werden keine weiteren Informationen gegeben, der Ort taucht auch im Index nicht auf. In der verlinkten Rezension lese ich dazu:
"Celamantia gehört zu den ganz wenigen Orten in der Tabelle zu Germania Magna (S. 31), deren Koordinaten (18° 14’ und 47° 45’) als sicher bezeichnet wurden. Demzufolge wurde dieser Ort mit Leányvár (bei Komarno) identifiziert. Die archäologische Forschung schließt jedoch eine solche Identifizierung definitiv aus."
Von den vier "sicheren" Identifikationen sind also zwei in Wirklichkeit unsicher oder gar falsch, die zwei übrigen Orte liegen auf römischem Reichsgebiet, nicht in der Germania Magna. Und einer von diesen beiden wird von Ptolemaios auch noch falsch lokalisiert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Durch Ptolemaios erfährt man aber auch dass die Säulen des Herakles auf Sankt Petri sind und zwar wörtlich als Säulen .Wohingegen die für die Säulen sonst gehaltenen Calpis und Abila Berge sind auf jeweils einem anderen Kontinent beschrieben.
Die lokalisierung der Insel nährt auch den Verdacht, dass Ptolemaios auch den Mythos von Atlantis mit einbezogen hat.
Und wo wir bei Herkules gerade sind, den Torre der Hercule in Galizien kann man auch schön auf seiner Karte sehen.Da er immer noch in Betrieb sein soll leuchtet er den Seefahrern fast zwei Millenias ,den Weg.
 
Zuletzt bearbeitet:
Unabhängig von der Problematik der Koordinaten von Mattiacum bei Ptolemäus, frage ich mich, ob überhaupt ein Ort, der bestenfalls einige Jahrzehnte existiert hat, aber über den seit mehr als 100 Jahren das sprichwörtliche Gras gewachsen sein dürfte, in dem Werk erwähnt sein wird.
Warum denn nicht? Ptolemaios hat nachweislich Literatur aus verschiedenen Jahrhunderten benutzt, davon war ja schon öfter die Rede: Die entzerrte Karte des Claudios Ptolemaios
Auch Kleineberg et al. schreiben nichts anderes: "Ptolemaios und auch Marinos stützten sich also häufig quf Quellen, die damals bereits mehrere Jahrzehnte, in einigen Fällen sogar mehrere Jahrhunderte alt sein konnten."

Um ein Beispiel zu nennen:
"Nun hat uns aber einzig Hipparch bei einigen Städten, und zwar im Vergleich zur riesigen Zahl von Orten, die auf einer Erdkarte eingetragen werden sollten, nur bei ganz wenigen, die Polhöhen überliefert und die auf den gleichen Breitenkreisen liegenden Siedlungen."​
Hipparch lebte ungefähr 300 Jahre vor Ptolemaios.
 
Durch Ptolemaios erfährt man aber auch dass die Säulen des Herakles auf Sankt Petri sind und zwar wörtlich als Säulen .Wohingegen die für die Säulen sonst gehaltenen Calpis und Abila Berge sind auf jeweils einem anderen Kontinent beschrieben.

Wo liest Du das bei Ptolemaios? Ich bitte um die Angabe der genauen Stelle.

Ptolemaios beschreibt zwei Säulen, in 2.4.6. den Felsen von Gibraltar (Calpe), in 4.1.6. den Monte Hacho (Abyle) auf der afrikanischen Seite.
 
Warum denn nicht? Ptolemaios hat nachweislich Literatur aus verschiedenen Jahrhunderten benutzt, davon war ja schon öfter die Rede: Die entzerrte Karte des Claudios Ptolemaios
Auch Kleineberg et al. schreiben nichts anderes: "Ptolemaios und auch Marinos stützten sich also häufig quf Quellen, die damals bereits mehrere Jahrzehnte, in einigen Fällen sogar mehrere Jahrhunderte alt sein konnten."

Um ein Beispiel zu nennen:
"Nun hat uns aber einzig Hipparch bei einigen Städten, und zwar im Vergleich zur riesigen Zahl von Orten, die auf einer Erdkarte eingetragen werden sollten, nur bei ganz wenigen, die Polhöhen überliefert und die auf den gleichen Breitenkreisen liegenden Siedlungen."​
Hipparch lebte ungefähr 300 Jahre vor Ptolemaios.
Das hatten wir doch auch letzthin bei einer Diskussion bzgl. der Datierung der Tabula Peutingeriana. Da behauptete jemand, die Karte müsse in augusteischer (? Nagelt mich nicht fest, ich weiß es nicht mehr genau) Zeit entstanden sein, weil Pompei und Herculaneum noch darauf zu sehen sein, also als terminus ante quem 79. dagegen sind aber auf der TP etliche Orte verzeichnet, die zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht existierten oder noch einen anderen Namen trugen. Auf der Karte (der TP) sind also diverse Ungleichzeitigkeiten auszumachen.

- Calisia wird von den Autoren im Text als "relativ sicher" bezeichnet, aus ortsnamenkundlicher Sicht ist das schlicht falsch. Die Autoren ziehen die Literatur nur selektiv heran und ignorieren die Hinweise Neumanns im 2000 erschienenen Band 16 des Reallexikons der germanischen Altertumskunde zum Stichwort Kalisia:
"In der älteren Literatur, z. B. bei Pokorny (3, 319) und Schütte (4. 34), wird Καλισία öfter mit Kalisch (a. 1108 Kalis identifiziert. Doch trifft das kaum zu, der polnische Ortsname ist gewiß wesentlich jünger als das 2. Jh. n. Chr."​
Da hat Neumann allerdings einen schweren Stand. Die Namensähnlichkeit übt eine nicht zu unterschätzende suggestive Kraft aus und dann liegt Καλισία auch noch wenig westlich der Weichsel (Vistula, Kalisz/Kalisch liegt etwas westlich der Warta/Warthe).
Wikipedia (dt. und pol.) nimmt die Identität als gegeben, die Website der Stadt Kalisz lässt die Geschichte der Stadt allerdings erst im 9./10. Jhdt. beginnen, soweit ich das überblicke.
 
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