Warum kein Frieden 1917?

Der vollständige Text.

Deutschland und seine Verbündeten, Österreich-Ungarn, Bulgarien und die Türkei, haben in diesem Kampf ihre unüberwindliche Kraft erwiesen. Sie haben über ihre an Zahl und Kriegsmaterial überlegenen Gegner gewaltige Erfolge errungen. Getragen von dem Bewusstsein ihrer militärischen und wirtschaftlichen Kraft, und bereit, den Kampf nötigenfalls bis zum Äußersten fortzusetzen, zugleich aber auch von dem Wunsch beseelt, weiteres Blutvergießen zu verhüten und den Gräueln des Krieges ein Ende zu machen, schlagen die vier verbündeten Mächte vor, alsbald in Friedensverhandlungen einzutreten. Die Vorschläge, die sie zu diesen Verhandlungen mitbringen werden und die darauf gerichtet sind, Dasein, Ehre und Entwicklungsfreiheit ihrer Völker zu sichern, bilden … eine geeignete Grundlage für die Herstellung eines dauerhaften Frieden…«

Den Diktatfrieden strebte die Entente an, zu der du dich konsequent nicht äußerst. Wo liest du etwas von Diktatfrieden. Ich beziehe "ihre Völker" auf die Teilnehmer der Konferenz.
 
Ich sage nicht, das Deutschland ein Unschuldslamm gewesen war. Ganz gewiss nicht. Es gab im Reich genügend Bestrebungen für einem Siegfrieden.
Eben deshalb war es für Bethmann innenpolitisch, vor allem gegenüber der OHL und der Rechten nicht gerade einfach. Er musste gewissermaßen lavieren.
 
Den Diktatfrieden strebte die Entente an, zu der du dich konsequent nicht äußerst.
weil ich das 1917 so bei der Entente nicht sehe. Man hat eigene Friedensbedingungen definiert. Die deutsche Offerte 1917 kann man hingegen schon als versuchten Diktatfriede ansehen - und das scheine nicht nur ich so zu sehen. Das erklärt auch, warum man sich in der Berliner Offerte so bedeckt hielt, was eigene Bedingungen angeht.
 
"Die Vorschläge, die sie zu diesen Verhandlungen mitbringen werden und die darauf gerichtet sind, Dasein, Ehre und Entwicklungsfreiheit ihrer Völker zu sichern, bilden … eine geeignete Grundlage für die Herstellung eines dauerhaften Frieden"
Jetzt stellt sich natürlich auch die Frage, wer sind "ihre Völker". Das kann man so lesen, dass damit die Völker Deutschlands, Ö-U und des Osmanische Reichs gemeint sind - was man dann ebenfalls als Diktatfriede der Mittelmächte ansehen kann. Verständlich, dass die Entente auf ein so hochmütiges "Angebot" sehr reserviert reagiert hat.
 
Na, das ist ja eine tolle Grundlage, weil du es nicht siehst. Ich habe die Belege für das Gegenteil zitiert und schon genannt. Aller spätesten ab April 1917 war der Diktatfrieden Programm.

Diese "eigenen Friedenbedingungen" waren 1916 vollkommen unrealistisch.

Ich habe meine Beiträge hier zusammenkopiert, damit du diese mal liest.


»…Eine Anregung ohne Bedingungen für die Eröffnung von Verhandlungen ist kein Friedensangebot. Der angebliche Vorschlag … erscheint weniger als ein Friedensangebot denn als Kriegsmanöver. Er beruht auf der systematischen Verkennung des Charakters des Streites in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft. Für die Vergangenheit übersieht die deutsche Note die Tatsachen, die Daten und die Zahlen, die feststellen, dass der Krieg gewollt, hervorgerufen und erklärt worden ist durch Deutschland und Österreich-Ungarn…
Für die Gegenwart stützt sich das angebliche Angebot Deutschlands auf eine ausschließlich europäische "Kriegskarte“, die nur den äußeren und vorübergehenden Schein der Lage und nicht die wirkliche Stärke der Gegner ausdrückt, Eine Friede, der unter solchen Voraussetzungen geschlossen wird, würde einzig den Angreifern zum Vorteil gereichen, die geglaubt hatten, ihr Ziel in zwei Monaten erreichen zu können, und nun nach zwei Jahren merken, dass sie es niemals erreichen werden.
Für die Zukunft verlangen die durch die Kriegserklärung Deutschlands verursachten Verwüstungen, die unzähligen Attentate, die Deutschland und seine Verbündeten gegen die Kriegführenden und gegen die Neutralen verübt haben, Sühne, Wiedergutmachung und Bürgschaften … Deutschland weicht listig dem einen wie dem anderen aus…«



Paul Cambon, Botschafter Frankreich in London, äußerte gegenüber seinen Sohn:" Man muß das Manöver des Kanzlers vereiteln. Hier gibt es eine schöne Partie zu spielen." Gegenüber Unterstaatssekretär Hardinge führte Cambon aus, das er das Angebot für gefährlich halte, da es in pazifistischen Kreisen und vielleicht in den Parlamenten bedauernswerte Kampgagnen hervorufe.
Cambon korrespondierte mit dem Chef der Politischen Abteilung Margerie. Cambon meinte, das man Vorschläge erwarte. Margerie kommentierte dies gegenüber Briand als unendlich gefährlich. Man würde territoriale Fragen berühren und wirtschaftliche beiseite lassen, die gleicherweise wichtig seien. Cambon dagegen hoffte, das die deutsche Regierung veranlaßt werde, die die Weigerung in Verhandlungen einzutreten, rechtfertigen. Die Note Wilson fährt Cambon fort, könnte sich in ein Angebot der Vermittlung wandeln und die Ententemächte nötigen, ihre Friedensbedinungen zu formulieren.

Paul Cambon, Correspondance, Paris 1946 III. (15.15.1916)
Paul Cambon an Briand, 13.12.1916, Notiz de Magerie für Briand

In England traf das Friedensangebot auf das neue Kabinett von Lloyd George. Neuer Staatssekretär des Äußeren war Balfour.

Balfour war zu jenem Zeitpunkt erkrankt und wurde von seinem Cousin, den Blockademinister Cecil vertreten. Cecil meinte, man könnte im äußersten Notfall darauf zurückkommen. Er war gegenüber dem deutschen Angebot zur schroffen Ablehnung entschlossen. Er hatte kurz zuvor seine Meinung klipp und klar gegenüber Lansdowne in einen Memo zum Ausdruck gebracht. Ein Frieden sei gegenwärtig nur unheilvoll sein könne denn es sei nicht mehr zu erhoffen als ein Frieden des status quo zusammen mit einem starken Anwachsen der deutschen Macht in Osteuropa. Das erklärte er dann auch dem Kriegskabinett am 15.12.1916 .

Die Gründe warum das englische Kriegskabinett eine Konferenz zur Vorbereitung der Antwort an Deutschland sind interessant. Man fürchtete, dass dies eine falsche Atmosphäre gegenüber den Krieg in den alliierten Ländern hervorrufe und irrige Hoffnungen wecke.

Rothwell, 60 (Cecil Drumommond),
Kernek, The British Governments Reaction to Peace Wilson`s Note

In einem Gespräch zwischen Cambon und dem Premier Lloyd George nannte dieser den Ton der Note Wilsons eine Art von Beleidigung. Doch man müsse antworten und das sei nicht leicht. Er (Lloyd George) wünsche eine Verständigung zwischen Frankreich und England. Von Russland war schon nicht mehr die Rede. Wenn die drei Demokratien England, Italien und Frankreich den Wünschen des Präsidenten entgegentreten, könne dieser die Dinge nicht weitertreiben. Lloyd George hat die entsprechenden Ministerien angewiesen, zu prüfen wie abhängig man bezüglich Munition und Lebensmittel abhängig von den USA sei und ob eine Verweigerung der Kredite und Lieferungen möglich sei.

Lloyd George glaubt wohl auf die USA verzichten zu können.

Paul Cambon selbst nannte Wilsons Note einen Streich, über den man mindestens sagen könne, dass er den Deutschen größtes Vergnügen bereiten würde. Die Note nannte er das lächerlichste Memorandum des Präsidenten der Vereinigten Staaten und Briands Ergüsse dagegen lang und weitläufig.

Schon erhellend, wie über die Friedensbemühungen Wilsons gedacht wurde.

Cambon, Correspondance III. S.135f

In Paris war die Friedensabsichten Wilson und Deutschlands sowieso Ende 1916 höchst unwillkommen. Ministerpräsiden Briand hatte nämlich im Sommer 1916 mehre Kommissionen eingesetzt, die sich mit den beabsichtigten französischen Annexion gegenüber dem Deutschen Reich beschäftigten.

Man muss sich das einmal vorstellen. Die französischen Truppen haben beachtliche Teile ihres eigenen Territorium verloren; eine Perspektive zur erfolgreichen Rückeroberung bestand Ende 1916 nicht. Egal, Friedensangebote werden abgelehnt; Soldaten und Zivilisten müssen weiter sterben.

Auch in Frankreich gab es eine Friedenssehnsucht der kämpfenden Truppe und der notleidenden Bevölkerung. Im Jahre 1916 musste bereits der Jahrgang 1918 zu den Fahnen einberufen werden. Verdun und die Somme haben große, blutige Opfer gekostet. Es gab Mangel an Arbeitskräften, ständig steigende Preise, wachsende Unzufriedenheit. Alles ähnlich wie in Deutschland.

Anfang 1917 hatte die Regierung die Pläne an seinen Botschafter Cambon in London übermitteln lassen, damit das ganze durchgewinkt wird. Elsaß Lothringen wurde übrigens nicht als Eroberung klassifiiert, sondern als Wiederherstellung alten Rechts.

Aber die Regierung bevorzugte an Eroberungsplänen zu arbeiten und die waren opulent.

Im Sommer 1916, 14.06. bis 17.06., fand auf Betreiben England eine Wirtschaftskonferenz in Paris statt. Hier wurde der Krieg nach dem Krieg geplant.
Selbst nach einen künftigen Friedensschluss sollte das Deutsche Reich wirtschaftlich diskriminiert und insbesondere seine Rohstoffzufuhr behindert werden. Die Wirtschaftsweltmacht Deutschland sollte gebrochen werden. Es durfte nicht sein, dass das Deutsche Reich ggf. eine stark gebeutelte Entente wirtschaftlich dominierte.

Den Westmächten ging es ganz klar darum, Deutschlands Stellung in der Welt nachhaltig zu schwäche und zwar territorial, militärisch und wirtschaftlich.


 
"Die Vorschläge, die sie zu diesen Verhandlungen mitbringen werden und die darauf gerichtet sind, Dasein, Ehre und Entwicklungsfreiheit ihrer Völker zu sichern, bilden … eine geeignete Grundlage für die Herstellung eines dauerhaften Frieden"
Jetzt stellt sich natürlich auch die Frage, wer sind "ihre Völker". Das kann man so lesen, dass damit die Völker Deutschlands, Ö-U und des Osmanische Reichs gemeint sind - was man dann ebenfalls als Diktatfriede der Mittelmächte ansehen kann. Verständlich, dass die Entente auf ein so hochmütiges "Angebot" sehr reserviert reagiert hat.


Deine Interpretation.
 
Nichts wird so heiß gegessen wie es gekocht wird. Extreme Positionen gibt und gab es auf jeder Seite. Deutscherseits bestanden Forderungen zur Annexion Teile von Frankreich, einem Großteil Belgiens und von gesamt Luxemburg und der Bildung von Deutsch-Mittelafrika.

Deine Interpretation.
Wessen sonst? Wer ist denn deiner Meinung mit "ihrer Völker" gemeint? Es bezieht sich auf das "sie", die Mittelmächte, in den Sätzen davor: Hier noch mal der Text:
"Deutschland und seine Verbündeten, Österreich-Ungarn, Bulgarien und die Türkei, haben in diesem Kampf ihre unüberwindliche Kraft erwiesen. Sie haben über ihre an Zahl und Kriegsmaterial überlegenen Gegner gewaltige Erfolge errungen. Getragen von dem Bewusstsein ihrer militärischen und wirtschaftlichen Kraft, und bereit, den Kampf nötigenfalls bis zum Äußersten fortzusetzen, zugleich aber auch von dem Wunsch beseelt, weiteres Blutvergießen zu verhüten und den Gräueln des Krieges ein Ende zu machen, schlagen die vier verbündeten Mächte vor, alsbald in Friedensverhandlungen einzutreten. Die Vorschläge, die sie zu diesen Verhandlungen mitbringen werden und die darauf gerichtet sind, Dasein, Ehre und Entwicklungsfreiheit ihrer Völker zu sichern"
 
Mehr fällt dir dazu nicht ein. Na, dann gilt das ja wohl auch für die Mittelmächte. "Nichts wir so heiss....."
 
1917 saßen Ludendorff und Hindenburg, der dem Kaiser längst die Schau gestohlen hatte, so fest im Sattel, dass sie darüber entscheiden konnten wer Reichskanzler ist.
Und die beiden haben ein glaubwürdiges Friedensangebot gemacht, während sie gleichzeitig massiv eskalieren durch den unbeschränkten U-Boot Krieg?
Hab ich was verpasst?
 
Das Nationalitätenprinzip lässt sich auch auf das Vereinigte Königreich anwenden. Irland bspw. wurde in der Folge des 1.Weltkrieges unabhängig. Schottland und Wales sehen sich ebenfalls als Nationen (Bsp. Fußball). In Frankreich gibt es baskische und bretonische Gegenden. Auch die britischen und französischen Kolonien hätte man deutscherseits beim Nationalitätenprinzip als Karte spielen können. Diese Forderung der Entente hätte zum Eigentor werden können.

Nichts desto weniger hätte auch das konkretisiert werden müssen.
Da bin ich schon insoweit bei @Turgot, dass sich von Seiten der Zentralmächte auf Basis des "Nationalitätenprinzips" nicht verhandeln ließ, so lange dazu keine Definition gefunden war, die den Bestand der Donaumonarchie und des Osmanischen Reiches garantierte.

Nichts desto weniger hätte man dies in einer Antwort anmerken und um Präzisierung dessen bitten können.

"Nationalitätenprinzip" kann ja auch so verstanden werden, dass nicht Gebiete abzutrennen, aber intern weitgehende Autonomierechte zu gewähren sind, was ein Weg ist, den GB in Sachen Irland mit der "Home rule" Gesetzgebung ja durchaus ging.
So verstanden hätte das die Zentralmächte zu inneren Reformen genötigt, aber die wären nach den sozialen Umwälzungen des Krieges ohnehin nicht zu vermeiden gewesen.

Man hätte in diesem Sinne jedenfalls rückfragen können, was denn mit "Nationalitätenprinzip" gemeint ist?
Autonomierechte für die nationalen Minderheiten oder Gebietsabtrennungen.
Auf ersterer Basis hätte man weiter verhandeln können, auf letzterer eher nicht.

Der deutsche Vorschlag war unkonkret und man rühmte sich lediglich der eigenen Erfolge. Die Entente redeten Tacheles, Ö-U wollte auch Tacheles reden. Wenn es konkret wurde, kniff man aber in Berlin. Man hätte ansonsten weiter schriftlich verhandeln können bis es zu einer Konferenz kommen konnte. Das hätte aber eine Konkretisierung der eigenen Vorstellungen bedurft. Daher ist für mich durchschaubar, dass der deutsche "Vorschlag" in der Tat ein taktisches Kriegsmanöver war.

Ob er ein reines Kriegsmanöver war, da wäre ich etwas skeptisch.
Aber jedenfalls war man nicht an Verständigung, sondern nur an "Verständigung zu eigenen Bedingungen" interessiert.
Sonst hätte man sich kaum derartig viele Hintertüren offen gelassen und konkrete Vorschläge gemacht, da stimme ich zu.
 
Nach der Installierung von Hindenburg und Ludendorff wollte Bethmann sich um den Frieden so schnell wie möglich herbeizuführen. Der einzige Weg den Bethmann sah, war der Wilson um Vermittlung zu bitten. Belgien müsse preisgegeben werden. Das war Bethmann klar. Nachlesen läßt sich dies bei Helferich, Weltkrieg Band 2, S.351 .

Zunächst musste natürlich mit den Verbündeten verhandelt werden, was nicht einfach war. Man konnte sich nicht auf die Kriegsziele einigen. Deshalb plädierte Bethmann keine Kriegsziel zu benennen. Bethmann befürchtete, die Gegner könnten sonst sofort ablehnen und natürlich machte er sich auch Gedanken um die Reaktion der innenpoltischen Gegner. Es wäre natürlich eine Möglichkeit gewesen, auf sämtliche Annexionen zu verzichten und dies auch kundzutun. Nur war dies wohl leider nicht durchsetzbar.

Nunmehr musste Bethmann verschiedene Regierungsbehörden informieren, was auch dauerte.

Am 06.12.1916 wurde Bukarest erobert und am 12.12.war es denn soweit. Die Reaktion in Deutschland war sehr poistiv, auch bei den Truppen. (Afflerbach, Auf Messers Schneide, S. 284)

Briand lehnte schon ein Tag später ab. Italien folgte am 18.Dezember. Der russische Außenminister Pokrowski lehnte am 16.12. ab. Schließlich Lloyd George am 19.Dezember. Lloyd George führte aus, die Entente halte an ihre Kriegsziele fest. (Afflerbach, Auf Messers Schneide, S.285)

Der belgische König Albert wollte das Angebot nicht so einfach abgelehnt wissen. Ein französischer Diplomat klärt dem entsetzten König darüber auf, wie unbedingt Paris am Krieg festhielt. „Selbst wenn Deutschland Elsaß Lothringen anböte und noch mehr, würde es nach meiner Meinung keinen Franzosen geben, der daran dächte die Waffen niederzulegen. (Ritter, Staatskunst, S.361).

Am 30.12.1916 wurde dann den amerikanischen Botschafter in Paris die gemeinschaftliche Note der Ablehnung der Alliierten übergeben.


Wilhelm II. war über die Ablehnung, sicher auch über die Schroffheit, empört. Daher auch die Randnotiz von Wilhelm II.

Kurt Riezler, Vertrauter des Kanzlers, meint, die Note sei grob aber nicht aus Stärke. (Riezler Tagebuch, S.391, Eintrag vom 06.01.1917)


Ich lasse einmal den Kanzler Bethmann selbst zu Worte kommen.

„Unsere Friedensaktion wurde im Laufe des Novembers vorbereitet. In der Tat konnte sie nur umgesetzt werden, wenn sich de rumänische Feldzug entschied.[…] Im ersten Eindruck wirkte unser Friedensangebot vorteilhaft auf die gemäßigten Elemente auch bei unseren Gegnern. Bei den Kriegstreibern herrschte eine gewisse Verwirrung und Beklemmung. Sonnino äußerte sich sich 13.Dezember äußerst vorsichtig, am Tag warnte Briand in der französischen Kammer vor einer möglichen „Vergiftung der öffentlichen Meinung durch unser Friedensangebot, daß er ein Manöver und plumpe Falle nannte. Am 16,12. Sprach der englische Arbeitsminister Henderson überaus ängstliche Worte, um die englischen Arbeitermassen am Kriegsgedanken festzuhalten. Obgleich der neue russische Minister Polrwosky mit aller Energie unser Angebot zurückwies, nahmen doch an 19.12., die Pariser Sozialisten eine Resolution an, die eine Ablehnung des Friedensangebotes nur für den Fall billigte, daß die beim Gegner zu erfragenden materiellen Kriegsziele vom Parlament als unannehmbar befunden werden sollten. Die offizielle Antwort der Entente, die am 30.12. bei uns eintraf, kleidete die Ablehnung in die denkbar schärfste Form. Am 26.12.wurden die Premierminister der Dominions zu einer neuen Reichskriegskonferenz nach London entboten, am 28.12. nach der Verabschiedung des Marschalls Joffre der französische Oberbefehl neu konstruiert, und am selben Tage proklamierte der Zar in einem Armeebefehl Konstantinopel als das Kriegsziel, das unter allen Umständen erreicht werden müsse. Der Ubootkriegbeschluß am 09.01.1917 war die Folge." Aus den Erinnerungen, Betrachtungen zum Weltkriege von Bethmann Hollweg.


Aus dem Tagebuch Eintrag vom 13.12.1916, des Vertrauten des Kanzlers Riezler

„Der Kanzler jetzt sehr gut. Der Eindruck der Demarche wie der Rede doch ein gewaltiger. Doch alle Vernünftigen überzeugt, das es guter Coup ist: er schlägt viele Fliegen nach innen und aussen – er kann gut pariert werden, wahrscheinlicher aber ist, das die überraschten und nach innen genierten Gegner sich auf etwas kluges nicht einiges können. Frankreich wird versuchen totzuschweigen und schnell ablehnen wollen, ehe es public wird.“

Auf deutscher Seite war schon im Vorfeld der Friedensnote lebhaft darüber gesprochen worden, wenn es nicht zu Friedensgesprächen kommt, den unbeschränkten U-Bootkrieg wieder zu aktivieren. In dieser Frage wurde gewaltiger Druck auf Bethmann ausgeübt. In der Zeit bis Ende Dezember wurde dann die Antwortnote der Alliierten auf Wilson sein Friedensnote erwartet. Die Verbündeten hofften natürlich auf eine positive Antwort.

Die Allierten lehnten bekanntermaßen recht schroff ab.
 
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@Shingami

Klar, das ist die Schwäche des Friedensangebotes; die fehlende Präzisierung. Problemstellung hierbei war, das die vier Verbündeten sich nicht einmal einig wurden, Deshalb erst einmal vage, um überhaupt anzubieten. Und wie schon von mir ausgeführt; die innenpolitische Problematik in Berlin. Die hätten laut aufgeschrien, wenn bekannt geworden wäre, das Bethmann Bernstorff in Washington hat mitteilen lassen, das man auf Belgien verzichten würde.

Aber immerhin; es wurde ein Angebot vorgelegt.
 
Man muss sich das einmal vorstellen. Die französischen Truppen haben beachtliche Teile ihres eigenen Territorium verloren; eine Perspektive zur erfolgreichen Rückeroberung bestand Ende 1916 nicht. Egal, Friedensangebote werden abgelehnt; Soldaten und Zivilisten müssen weiter sterben.

Naja, das mit der Perspektive zur erfolgreichen Rückeroberung sahen die militärischen Fachleute auf beiden Seiten zu diesem Zeitpunkt ja nun etwas anders.

Im Prinzip bemühte die Entente im Westen ja ganz ähnliche Herangehensweisen, wie Später die 3. OHL und eigentlich auch Falkenhayn, indem man glaubte durch Materialüberlegenheit die Front des Gegners an Schwachstellen zum Einbrechen zu bringen und zum Bewegungskrieg zurückkehren zu können.

An wem, wenn nicht an den eigenen Militärs sollten sich die politisch Verantwortlichen, in solchen Fragen denn orientieren?
 
Naja, das mit der Perspektive zur erfolgreichen Rückeroberung sahen die militärischen Fachleute auf beiden Seiten zu diesem Zeitpunkt ja nun etwas anders.

Im Prinzip bemühte die Entente im Westen ja ganz ähnliche Herangehensweisen, wie Später die 3. OHL und eigentlich auch Falkenhayn, indem man glaubte durch Materialüberlegenheit die Front des Gegners an Schwachstellen zum Einbrechen zu bringen und zum Bewegungskrieg zurückkehren zu können.

An wem, wenn nicht an den eigenen Militärs sollten sich die politisch Verantwortlichen, in solchen Fragen denn orientieren?

Nun ja, mit Bruchmüller hatten die Deutschen den Weg die Fronten zu durchbrechen gefunden. Und die Zivilisten, auf beiden Seiten, hätten irgendwann auch einmal feststellen dürfen, das, was die Militärs so von sich gaben, eben nicht immer der Realität entsprach.
 
Und wie schon von mir ausgeführt; die innenpolitische Problematik in Berlin. Die hätten laut aufgeschrien, wenn bekannt geworden wäre, das Bethmann Bernstorff in Washington hat mitteilen lassen, das man auf Belgien verzichten würde.

Aber immerhin; es wurde ein Angebot vorgelegt.

Ja, natürlich hätte das in Berlin und im ganzen Land bei den Annexionisten einen Aufschrei gegeben. Aber zu dem musste es doch so oder so kommen, weil die militärische Situation mit den Forderungen der Schreihälse nicht in Einklang zu bringen war.
Wo wäre denn der Unterschied gewesen, ob man den Verzicht auf Belgien nun früher oder später erklärt hätte?

Das man um den nicht herumkommen würde, musste klar sein.
 
Nun ja, mit Bruchmüller hatten die Deutschen den Weg die Fronten zu durchbrechen gefunden.

......glaubten sie. Aber evident, dass man damit im größeren Stil im Westen den Durchbruch erreichen könnte, war ja durchaus nicht.
Man hat mit diesem Verfahren Erfolge in Osten und in Italien gehabt.
Aber da hatte man auch rech deutliche Artillerieüberlgenheit und die insgesamt besser ausgerüsteten Truppen, worauf man im Westen nicht setzen konnte.
Und die Entente arbeitete mit den Tanks ja auch schon an ihrem Rezept für Durchbrüche, das ab Herbst 1916 erstmals auf den Schlachtfeldern erschien.

Ich denke an die Rezepte von "Durchbruchmüller" zu glauben, war im Kern nicht weniger vermessen, als sich den entscheidenden Durchbruch durch den Einsatz von Tanks zu versprechen.
 
Könntest du das mal erläutern. Und bitte nicht wieder die fehlende Konkretisierung oder die angebliche Falle.

Es fällt jedenfalls doch schon sehr auf, das hier überhaupt gar keine Kritik an der Entente geübt wird. Das ist schon komisch. Die haben wohl einen Heiligenschein und per se die Moral auf ihrer Seite gehabt.
 
Zuletzt bearbeitet:
......glaubten sie. Aber evident, dass man damit im größeren Stil im Westen den Durchbruch erreichen könnte, war ja durchaus nicht.
Man hat mit diesem Verfahren Erfolge in Osten und in Italien gehabt.
Aber da hatte man auch rech deutliche Artillerieüberlgenheit und die insgesamt besser ausgerüsteten Truppen, worauf man im Westen nicht setzen konnte.
Und die Entente arbeitete mit den Tanks ja auch schon an ihrem Rezept für Durchbrüche, das ab Herbst 1916 erstmals auf den Schlachtfeldern erschien.

Ich denke an die Rezepte von "Durchbruchmüller" zu glauben, war im Kern nicht weniger vermessen, als sich den entscheidenden Durchbruch durch den Einsatz von Tanks zu versprechen.

Wir kommen von Thema weg.

Ja, glaubten sie. Natürlich fehlte es an allen, um einen Bewegungskrieg auf die Schiene zu setzten. Begonnen bei Hafer für die Pferde und weiter mit der Bereifung der LKW etc. etc. . Aber der Weg, war grundsätzlich gesehen, die Lösung; zumindest temporär.
 
Das Angebot war übrigens eine Co Produktion der vier Verbündeten. Die Passage, die immer wieder kritisiert wurde und wird, das mit dem weiterkämpfen bis zu Sieg Gedröhne, das stammte von den Bulgaren, die die Passage unbedingt in der Note untergebracht haben wollten.
 
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