Bitte entschuldige meine Unwissenheit. Kannst Du bitte ein paar erklärende Worte zur erwähnten Scherbendatierung des Kölner Brandhorizontes bzw. der "Terra Sigillata-Seriation" schreiben. Beziehst Du Dich da auf die/eine Rehydroxylationsdatierung?
Nein, Seriation nennt man in der Archäologie typenbasierte Datierung, durch den Vergleich von vielen tausend Stücken, die man mit anderen Daten (Dendrochronologie, Münzdatierung etc.) kallibriert. Keramik gilt den Archäologen dabei als Leitfossil, weil leicht zu Bruch gehend und dann schwer zu reparieren. Metalle z.B. lassen sich reparieren oder wiederverwenden. Das ist bei Keramik nur bedingt der Fall.
Seriation ist eine nichtnaturwissenschaftliche Datierungsmethode. Der Schwede Oscar Montelius hat diese Methode um 1900 entwickelt.
Bislang dachte ich, das Kölner Ereignis sei hauptsächlich münzdatiert.
Nein.
Wobei die Münzen ja auch nur aussagen würden, wann dieser Brand frühestens stattgefunden haben kann?
Richtig, das ist der sogenannte
terminus post quem. Je weniger Stücke du hast, desto unsicherer ist er, je mehr Stücke du hast, desto sicherer ist er (Statistik eben).
Nehmen wir Münzen, weil auf Münzen oft das Prägedatum zu lesen ist.
Du findest ein Portmonnaie mit einer 50-Pfennig-Münze als einzigem Inhalt. Die Jahreszahl ist nicht lesbar, aber du hast die Aufschrift
Bank deutscher Länder. Dir ist klar, das Portmonnaie muss nach 1948 verloren gegangen sein. Du kannst den tpq auf den Zeitraum 1948 - 1950 festlegen. Zwar stand auf den Münzen ab 1950 regulär
Bundesrepublik Deutschland, aber auf vereinzelten Fehlprägungen findest du auch noch 1950 die ältere Umschrift. Leider - aus Fragen der Datierung des Portmonnaies - ist es so, dass diese Münzen bis 2002 im Gebrauch waren, d.h. du kannst aufgrund dieser einzelnen Münze kaum sagen, wann im Zeitraum 1948 bis 2002 das Portemonnaie verloren ging. Hast du aber ein Portemonnaie mit 100 Münzen, dann wird es statistisch
unwahrscheinlich, dass ausgerechnet die neueren Münzen fehlen und nur ältere Münzen darin sind. Natürlich kann der Zufall dazu führen, dass das Portemonnaie 2002 verloren ging und trotzdem die 100 Münzen nur aus den Jahren 1948 - 52 stammen. Aber das ist eben nicht wahrscheinlich. (Und in der Praxis könntest du ja auch untersuchen, wie alt das Portemonnie ist.) Du würdest also bei einem Fund mit 100 Münzen datiert auf die Jahre 1948 - 1952 zunächst einmal annehmen, dass dieses Portmonnaie nah an 1952 verloren gegangen ist.
Bei der Keramik-Seriation läuft das im Prinzip genauso.
Nur nebenbei, wenn Germanicus' Truppen 15 n.Chr. das Varusschlachtfeld beräumten/besuchten, was sicherlich ein paar Tage in Anspruch nahm, könnte/sollte nicht dabei auch die ein oder andere nachvarianische Münze verloren worden sein?
Theoretisch ja, ist in den vielen tausend Beiträgen dieses Threads auch schon mehrfach angesprochen worden, die Frage ist halt nur, wie wahrscheinlich so einzelne Münzverluste sind. Normalerweise führen wir unser Geld ja so mit uns, dass es uns nicht verloren geht.
Kann der Fund einer kurz nach Varus geprägten Münze also überhaupt ein k.-o.-Kriterium für eine mögliche Verortung der Varusschlacht sein?
Nein. Aber wie gesagt, es wäre nicht so wahrscheinlich. Aber natürlich kann auch ein Soldat des Germanicus bei der Nachverfolgung des Varusschlachtfelds eine Münze verloren oder auch absichtlich niedergelegt haben.