Rainer F Schmidt und seine Beurteilung von Poincarre, Buch Kaiserdämmerung

Wir wissen ja, wie das in der Praxis von 1914 bis 1918 dann tatsächlich gelaufen war. Da würde ich ganz bestimmt nicht dazu neigen, die englischen Truppen zu vernachlässigen. In Verein mit dem französischen Herr wusste man sich wohl doch erfolgreich zur Wehr zu setzen.

Ja, mit den Russen als Entlastung in Form einer zweiten Front, die Deutschland zwang seine Kräfte aus dem Westen umzudisponieren.

Was war denn von der britischen Expeditionsstreitmacht als Deutschland gezwungen war immer mehr Kräfte aus der Westfront heraus zu ziehen um im Osten Abhilfe zu schaffen, noch übrig?

Hätte Deutschland von Anfang an sämtliche Kräfte, inklusive der 1914 direkt im Osten eingesetzten gegen Frankreich werfen und diesen Druck aufrecht erhalten können, wäre das möglicherweise ganz anders gelaufen.

Die britische Expeiditonsstreitmach konnte dabei helfen den ersten deutschen Angriff abzufangen und Zeit zu kaufen, aber sie war nicht auf eine Abnutzungsschlacht ausgelegt, die Deutschland mit einem freien Rücken im Osten hätte führen können.
Und danach kam ja bei den Briten nicht mehr viel, es gab ja keine Wehrpflicht.
Freiwillige mussten ja erstmal ausgebildet werden und wenn man von Deutscher Seite her in der Lage gewesen wäre mit allen Kräften pernament Druck im Westen zu machen, hätten die Briten diese Zeit nicht gehabt.
 
Frankreich hatte bereits mit England eine Weltmacht als Verbündeten. Die stärkste Seemacht der damaligen Welt, hatte Deutschland im Weltkrieg zu spüren bekommen, und dann hatte man eine sehr beachtlich Landstreitmacht auf die Beine gestellt gehabt. England sollte hier nicht übersehen werden.

Man sollte vor allem nicht übersehen, dass die Briten die Zeit, die sie brauchten um diese Landstreitmacht aus dem Boden zu stampfen nur deswegen hatten, weil Russland erhebliche deutsche Kräfte im Osten band, die keinen Druck auf die Stellungen der Entente im Westen ausüben konnten.
 
Die fortgsetzen dt.-britischen Entspannungsbemühungen nach d. 2. Marokkokrise sahen Poincare und diverse Akteure sowohl in UK wie in Paris als Bemühungen Berlins, die Entente Cordiale zw. Paris & London zu schwächen, nachdem in d. Marokkokrise d. britische Administration klare Beistandssignale für Paris gegeben hatte.

Poincaré war von den wiederholten britischen Versicherungen nicht zu überzeugen angesichts der fortlaufenden, relativ erfolgreichen Bemühungen Berlins in London. Und tatsächlich hatten die Berliner auch dies mit bewirken wollen, nach damals bekanntem Muster.

Dies war 1912 u. a. der Anlass für Poincarè Versuche, den anderen Verbündeten , Russland, mit weiter reichenden Zusicherungen noch stärker bzw. möglichst zuverlässig an Frankreich zu binden.
 
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Eine Dis. ohne Ausgangspunkt Marokko 2 und die viefältigen Folgen & Auslösungen & Nachwirkungen scheint mir beim Fadenthema offenkundig unvollständig bzw. einseitig und bruchstüchkaft zu sein.
 
In dieser Hinsicht stellt Schmidts genannter Aufsatz ein typisches Beispiel dar, größeren Kontext auszublenden oder als blosse Tapete stehen zu lassen, wenn es das Narrativ stört.

Marokko 2? Ital-türk. Krieg? Dt-engl. DentéBemühungen u. d. Auswikungen? Der eigenständige Iswolski mit seiner offenen Rechnung und bedeutsamen Karriere & Stellung?
 
Sowohl Marokko 2 wie die anschließenden EntspannungsBemühungen Berlins mit den Londoner Akteuren waren beides u.a. Versuche, die Entente Cordiale zw. Paris & London zu schwächen, die man eben u.a. als bedrohlich wahr nahm.

Und wenn Poincaré dann die notwendigen wie auch cleveren Entspannungsbemühungen Berlins in London mit Zweifel, Angst/Vorsicht wie tiefem Misstrauen vor einer Schwächung Londoner Beistandszusagen verfolgt, und London wand sich stets vor jeder generellen und fixen Beistandsverpflichtung, wenn Poincaré daraufhin eine fixere Bündnisverpflichtung um fast jeden Preis mit dem anderen Entente-Partner avisiert....

Moskau blieb & wurde nun erst recht der wichtigste Bündnispartner...und nur via Moskau konnte London wieder/stärker in bzw. an die Entente gebunden werden...denn Moskau hatte einen Hebel, der fast alles in London überstrahlte - Persien
 
^^
Man darf nich vergessen, dass auch im frz. Außenministerium es Stimmen gab, die Poincarres Politik als extrem aggressiv beurteilt haben. Ich habe jetzt aus dem Stand leider nicht die Quelle zur Hand.
 
Man darf nich vergessen, dass auch im frz. Außenministerium es Stimmen gab, die Poincarres Politik als extrem aggressiv beurteilt haben. Ich habe jetzt aus dem Stand leider nicht die Quelle zur Hand.

Und sollte darüber hinaus vielleicht auch nich vergessen, dass das Kriegsministerium in Berlin und namentlich Kriegsminister v. Heeringen die außenpolitische und militärische Bedrohungslage so einschätzte, dass man dort meinte ohne Rüstungsprogramme im größeren Stil auszukommen, den Vorstellungen von Generalstabschef v. Moltke scharf entgegentrat und beim Kaiser letztendlich ein Zusammenstreichen der Heeresvermehrung von 300.000 Mann auf etwas mehr als 100.000 erreichte.

Vielleicht macht man sich ja mal Gedanken darüber, welche Veranlassung v. Heeringen zu diesem Handeln trieb?

Die ganze Handlungslogik setzt ja mehr oder minder voraus die internationale Situation als einigermaßen stabil zu betrachten und die Wahrscheinlichkeit eines Krieges für den Moment als eher gering einzustufen, dito eher wenig Angst vor irgendwelchen Einkreisungen oder aggressiven Franzosen zu haben.
 
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Und wenn Poincaré dann die notwendigen wie auch cleveren Entspannungsbemühungen Berlins in London mit Zweifel, Angst/Vorsicht wie tiefem Misstrauen vor einer Schwächung Londoner Beistandszusagen verfolgt, und London wand sich stets vor jeder generellen und fixen Beistandsverpflichtung, wenn Poincaré daraufhin eine fixere Bündnisverpflichtung um fast jeden Preis mit dem anderen Entente-Partner avisiert....

...und doch sah mit noch größerer Beunruhigung in Paris beispielsweise Poincare seit Mai 1912 dem kommenden Monarchentreffen von KWII und dem Zaren in Baltisch Port entgegen ( er scheint manchmal nahezu in Panik gewesen zu sein, wiederum wohl deshalb, da er gleichzeitig zu sehen glaubte, die britischen Entscheider würden sich von Berlin im Rahmen der Entspannungsbemühungen auf eine Art Neutralitätskurs abbringen lassen )...ebenfalls und auch im Fahrwasser Berliner Entspannungsbemühungen...mit allen gewollten u. ungewollten Ambivalenzen, Spekulationen.


Diese Befürchtungen und Ambivalenzen gegen- und untereinander bei den beiden Gruppen zeichnet oder unterlegt das Jahr 1912 mit seinen vordergründig so anders gelagerten Entspannungsbemühungen des Großmächtekonzertes.

Wenns nicht auch mit geholfen hätte, zum bekannten grausig-tragischen Ereignis zu führen, könnte man bei der Lektüre der Quelleneditionen, historischen Pressemeldungen und -Artikel usw. usw. schmunzeln
 
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Nochmals zu Rainer Schmidts Aufsatz in Historische Zeitschrift, in welchem er sinngemäß postuliert, Poincaré habe im September 1912 den 1914 entscheidenden Kriegssauslöse-Mechanismus erkannt, welchen er nach Ansicht von Schmidt dann entscheidend integriert und gefördert habe...ungefähr.

Natürlich fehlt bei Schmidt die Durazzo-Krise im November 1912, Serbien wollte im Rahmen des erfolgreichen Balkankriegs das albanische Durazzogebiet im Osmanischen Reich besetzten, um einen Adriahafen zu erlangen.
ÖU drohte dagegen militärisch vorzugehen - und Poincaré bemerkte entlang dem Telegramm von Iswolski an Sasonow am 23.11.1912 (Siebert, Aktenstücke, S. 590-592) am Ende, dass es in dieser sehr kritischen Zeit äußerst wichtig sei, daß Serbien sich nicht auf Ratschläge von Seiten Rußlands berufen könne, und dass es für alle klar sein müsse, dass Serbien, wenn es auf seinen Marsch nach Durazzo besteht, auf seine eigene Gefahr hin handelt.

Poincare bat Iswolski, dies Sasonow mitzuteilen.

Obwohl also im November 1912 bereits die Gelegenheit bestand, den von Poincare - nach Rainer Schmidts Aufsatz - im September erkannten Kriegsauslöse-Mechanismus für die Auslösung des angelblich von ihm gezielt anvisierten großen Krieges via Serbien-ÖU zu nutzen, tat er das nicht. Ebenso wenig ermunterte er Sasonow in irgendeiner Weise, Serbien gegen ÖU militärisch zu unterstützen bzw. eine entsprechende Zusage zu geben.
 
Nochmals zu Rainer Schmidts Aufsatz in Historische Zeitschrift, in welchem er sinngemäß postuliert, Poincaré habe im September 1912 den 1914 entscheidenden Kriegssauslöse-Mechanismus erkannt, welchen er nach Ansicht von Schmidt dann entscheidend integriert und gefördert habe...ungefähr.

Diesem sinngemäßen Postulat steht ja auch die übrige Politik Frankreichs im Bezug auf Serbien erstmal widersprüchlich gegenüber.

Wenn man sich mal von gewissen Einkreisungsnarrativen trennt, muss einem doch auch ins Auge fallen, dass der französische Entschluss 1912 Serbien aufzurüsten, obwohl man um die Probleme wegen der mazedonischen Gebiete wusste die französisch-russische Zusammenarbeit tendenziell eher belasten musste, weil die Gefahr bestand, dass die jeweiligen Schützlinge unter den Balkanstaaten aufeinander losgehen könnten, was dann ja auch passierte.


Wenn ich diesen Schritt aus dem Bauch heraus, ohne näheren Einblick in die internen Diskussionen auf französischer Seite zu haben ausdeuten sollte, würde ich sagen, dass man damit vor allem deutlich machen wollte, dass ein Versuch der Zentralmächte über einen Krieg mit Serbien den russisch-französischen Zweibund zu spalten, nicht funktionieren würde.

Ich halte das eher für eine Warnung an Berlin, als für den Versuch Österreich-Ungarn einzukreisen, zumal ob durch französische Kredite aufgerüstet oder nicht, die serbische Armee ohnehin zu klein war um aussichtsreich größere Vorstöße nach Österreich-Ungarn hinein zu unternehmen.
Dazu lagen Serbien ja auch überhaupt keine wirtschaftlich oder strategisch bedeutenden Gebiete gegenüber, allenfalls konnte das noch den Effekt haben die notorischen Streitereien innerhalb der K.u.K.-Monarchie um den gemeinsamen Etat beizulegen und dort die Militärausgaben zu erhöhen.
Traditionell blockierte ja doch eher Budapest, wenn aber an der ungarischen Grenze aufgerüstet wurde, konnte das diese Tendenz natürlich schwächen.
 
^^
Das kann man so schreiben, wenn man den serbischen Nationalismus und die rhetorischen Ausfälle komplett ausblendet. Serbien hatte mehrfach die Existenz Österreich-Ungarns in Frage gestellt. Dazu kommen natürlich auch die nationalistischen Ausfälle auf russischer Seite bei denen es ja auch immer um eine Konfrontation zwischen Germanentum und Slawentum ging.
 
Das kann man so schreiben, wenn man den serbischen Nationalismus und die rhetorischen Ausfälle komplett ausblendet.
Kann man. Man kann es allerdings auch schreiben, wenn man beides auf dem Zettel hat.

Serbien hatte mehrfach die Existenz Österreich-Ungarns in Frage gestellt.
Das hat das offizielle Serbien durchaus nicht getan.

Dazu kommen natürlich auch die nationalistischen Ausfälle auf russischer Seite bei denen es ja auch immer um eine Konfrontation zwischen Germanentum und Slawentum ging.
Die waren ja nun keine russische Spezialität, derlei fand man ja auch vor allen Dingen in Deutschland.
Nur, dass sind auf beiden Seiten die nationalistischen Schreihälse gewesen, bei denen aber nicht die Entscheidung über Krieg und Frieden lag.

In dieser Hinsicht hatten die monarchisch verfassten Staaten ja durchaus den Vorteil, dass sich die führenden Politiker weit weniger nach chauvinistischen Stimmen und deren Kunjunkturen richten mussten, als das etwa in Frankreich der Fall war.

In diesem Sinne sollte man die slawophilen nationalistischen Ausfälle in Teilen der russischen Presse und Bevölkerung nicht überbewerten.
Die waren nicht einmal wirkmächtig genug, die Deutsch-Baltischen Barone aus ihren einflussreichen Positionen in Verwaltung und Armee hinaus zu drängen.
Schau dir an, wer im ersten Weltkrieg die russischen Truppen gegen Deutschland führt.

Ohne mich allzusehr auf abgeschmackte ethno-nationalistische Narrative kaprizieren zu wollen, möchte ich doch das Slawentum eines Paul von Rennenkampf oder eines Thadeus von Sivers eher infrage stellen.

Wäre das Narrativ des ewigen Kampfes von Germanentum und Slawentum tatsächlich so wirkmächtig in der russischen Politik gewesen, hätte man diese Herren sicherlich keine russischen Armeen führen lassen und erst recht nicht gegen Deutschland.
 
@Shingami

Du hast ja gar nichts zu #92, ich meine hier meine Ausführung, das Sasonow Poincaré über die serbisch-bulgarischen Abmachungen ausgeführt.

Hätten da bei Poincaré die Glocken nicht Sturm läuten müssen?

Da wirfst du mMn zwei verschiedene Problematiken durcheinander.

Poincaré musste klar sein, dass angesichts des angeschlagenen Zustands des Osmanischen Reiches und der gegebenen Gelegenheit Russland kaum Schritte unternehmen konnte um Sofia und Belgrad zurück zu halten ohne seinen Einfluss auf dem Balkan einzubüßen.
Jedenfalls nicht in grundsätzlicher Weise.

Und weiterhin bestand die Gefahr, dass die Zentralmächte die franco-russische Allianz über eine Auseinandersetzung auf dem Balkan spalten könnten, wenn Frankreich den russischen Interessen nicht wenigstens insoweit Rechnung trug, als dass es sich bereit erklärte, wenigstens bei einem österreichischen Angriff auf Serbien Russland beizustehen.


Diese Entwicklung wird Poincaré nicht besonders gefallen haben.
Zeitgleich musste aber klar sein, dass dieser Konflikt, wenn er in einen Krieg der Zentralmächte gegen Serbien und Russland einmünden sollte und Frankreich Russland dabei nicht unterstützte, dass das Ende des russischen Bündnisses wäre und die ganze französische Sicherheitspolitik, die auf diesem Bündnis basierte über den Haufen geworfen gewesen wäre.
 
Wann wurde der Bündnisfall erweitert? 1912!

Serbien wollte ja bekanntermaßen einen Hafen an der Adriaküste. Deshalb rückten die serbischen Truppen, trotz entschiedenen Veto Italiens und Österreich-Ungarns, in Richtung Küste vor. Russland stellte sich aber erwartungsgemäß hinter Serbien und wurde hierbei

gerade durch die französische Zusage, der Bündnisfall, gestützt.
Eben nicht. Es gab keine Carte blanche u. Poincaré machte auf den Höhepunkt der Durazzokrise Ende November 1912 Sasonov via Iswolski klar, dass weder Russland noch Serbien mit seiner bzw. französischer Hilfe und militärischem Beistand rechnen können, sollten serbische Armee-Einheiten weiter auf Durazzo marschieren.

Seine Haltung dürfte wahrscheinlich auch von einer im November gegenüber serbischen Weiterungen/Verwicklungen u. kriegerischen BalkanAbenteuern wenig gewogen französischen u. europäischen Öffentlichkeit beeinflusst worden sein...
 
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Poincaré musste klar sein, dass angesichts des angeschlagenen Zustands des Osmanischen Reiches und der gegebenen Gelegenheit Russland kaum Schritte unternehmen konnte um Sofia und Belgrad zurück zu halten ohne seinen Einfluss auf dem Balkan einzubüßen.
Jedenfalls nicht in grundsätzlicher Weise.

Also, da die Gelegenheit sehr günstig war, das Osmanische Reich war ja im Tripoliskrieg gegen Italien engagiert, haben die vier Staaten des Balkanbundes ihren Krieg eröffnet mit den ganzen bekannten Folgen. Du meinst, Poincaré war der Ansicht, dass die Sängerbrücke nichts hätte tun können, um das zu verhindern?

Sasonow telegrafierte seinen Botschafter in London den folgenden Text: "Ich telegraphiere nach Sofia. Alles von Ihnen Mitgeteilte wird von uns in Betracht gezogen. Fahren Sie fort die kriegerischen Strömungen in Bulgarien zu beobachten. Es ist jedoch erwünscht den Bulgaren zu verstehen zu geben, daß wir sehr vertrauliche Nachrichten haben, die die Möglichkeit direkter Friedensverhandlungen zwischen Italien und der Türkei nicht ausschließen. Ein solches Ereignis würde einem Vorgehen der Bulgaren jeden praktischen Boden rauben und die Konjunktur nicht zum Vorteil Bulgariens wesentlich ändern. Bulgarien werde der Türkei allein gegenüberstehen."

Nachzulesen im diplomatischen Schriftwechsel Iswolskis.

Man könnte meinen, das Sasonow nicht ganz auf dem Laufenden war, denn Bulgarien beabsichtigte ja nicht allein vorzugehen.
 
Du meinst, Poincaré war der Ansicht, dass die Sängerbrücke nichts hätte tun können, um das zu verhindern?

Fragen wir mal anders:

Was hätte die Sängerbrücke denn deiner Meinung nach tun können um das zu verhindern, ohne gleichzeitig das eigene gute Verhältnis zu den Balkanstaaten vollkommen zu zerstören?

Das einzige was Russland tun konnte um die tatsächlich vom Losschlagen abzuhalten, wäre gewesen eine Garantie für den Osmanischen Territorialbestand in Europa zu proklamieren und den Balkanstaaten militärisch zu drohen.

Das St. Petersbrug diesen Schritt nicht gehen würde, musste dabei klar sein, das wäre letztenendes darauf hinausgelauaufen die Meerengen als Ziel aufzugeben und mindestens Bulgarien und Griechenland ins österreichische Lager zu treiben.
 
Hmmh, aber Deutschland hatte auf der Botschafterkonferenz in London genau das gegenüber seinen Verbündeten Wien getan; im Sinne der Erhaltung des Friedens. Warum sollte die Sängerbrücke dies gegenüber den mittleren Mächten, mit Ihnen war man ja nicht einmal verbündet, des Balkans nicht tun können?

Es stellt sich auch die Frage, ob dieser Feldzug des Balkanbundes tatsächlich auch den russischen Interessen überhaupt entsprach? Die Bulgaren sind Konstantinopel bedenklich nahe gekommen und gefiel Petersburg nicht.

Ob Griechenland und Bulgarien die "Seiten gewechselt hätten" sei dahingestellt. Es ist ja nicht so, das Bukarest und Athen Russlands Unterstützung nicht mehr nötig gehabt hätten. Es war ohnehin eine große Gemengelage an unterschiedlichen Interessen auf dem Balkan vorhanden. Beispielsweise haben die Russen Konstantinopel in den Streit mit Athen um die Inseln vor den Dardanellen unterstützt. Da hat man sich also nicht von dem Gedanken des Einflusses leiten lassen, sondern eben von den eigenen Interessen.

Jedenfalls war Petersburg sein Einfluss war wohl nicht so umfänglich wie gewünscht, denn ganz offenkundig war man über das kriegerische Vorhaben der vier Staaten des Balkanbundes nicht exakt informiert. Das geht ja aus dem Dokument an Iswolski hervor, denn dort ist nicht die Rede von Serbien, Griechenland und Montenegro, mit denen sich Sofia verabredet hatte, über das Osmanische Reich herzufallen.
 
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