War das Mittelalter ein Rückschritt?

Solltest dir den Blog mal gründlich durchsehen, vielleicht änderst du ja dann vielleicht noch deine Ansicht. Du bist bisher gar nicht auf den Inhalt eingegangen.

Hab mich wohl missverständlich ausgedrückt: Mein erster Eindruck ist, dass hier durchaus versucht wird, Wissenschaft und Ideologie auseinanderzuhalten.

Ich bezog mich ganz allgemein auf extreme Sichtweisen.
 
... aber ohne Belege ist alles nichts.
Ja, aber das Problem ist, dass Belege unterschiedlich interpretiert werden: Je nach Herkunft, Sozialisierung und Bildung haben auch Historiker Vorurteile und sind politischen und/oder religiösen Einflüssen ausgesetzt, denen sie mehr oder weniger nachgeben - sie sind ja auch nur Menschen.

Und da kommt die Deutungshoheit ins Spiel, die bis zur Renaissance und der Aufklärung eine Sache der Kirche war: Was sie sagte, war wahr, die anderen Ansichten wurden verfolgt bzw. unterdrückt, indem man sie auf den Index der verbotenen Bücher setzte, als wären sie Waffen und als solche gemeingefährlich.

Klar, manchmal musste auch die Kirche nachgeben: Dass die sog. Konstantinische Schenkung eine Fälschung war, gab die Kirche zu – aber erst 100 Jahre nachdem dies bewiesen wurde. Doch das war nicht das Ende der Fahnenstange – Zitat aus dem Link:

Seit dem frühen 17. Jahrhundert vertrat die katholische Kirche die Auffassung, die Urkunde sei zwar gefälscht, doch habe es wirklich eine Schenkung Konstantins gegeben und die Fälschung sei von den Griechen begangen worden, also nicht im Dienst des Papsttums. Erst im 19. Jahrhundert wies der katholische Gelehrte Ignaz Döllinger nach, dass die Behauptung eines griechischen Ursprungs und nachträglicher Übersetzung ins Lateinische unhaltbar ist. Der Vatikan hatte im selben Jahrhundert die Fälschung festgestellt und erkannte an, dass der Anspruch auf weltliche Macht nicht durch ein Geschenk des römischen Kaisers gerechtfertigt sein könne.

Gleichwohl war diese „Schenkung“ die Grundlage für die Vormachtstellung der Kirche gegenüber weltlichen Machthabern. Andere Schenkungsurkunden (z.B. Pippinsche Schenkung) sind verschwunden – und erlauben so manchen Historikern, sie als echt anzusehen, und anderen, sie auch als Fälschung zu betrachten; ich neige zu denen, die sie als Fälschung ansehen, denn wer einmal gelogen hat, dem glaubt man nicht mehr. Und diese Kirche hat nicht nur einmal gelogen.

Das nennt man Forschungsstand. Und der kann sich über die Jahre natürlich ändern, wenn neue Erkenntnisse dazukommen.
Ja, wenn neue Erkenntnisse dazukommen, dann hat man einen neuen Forschungsstand, der aber nicht von allen anerkannt wird: Dann gilt z.B. die neue Theorie als umstritten. Und sie ist umso umstrittener, je mehr Forscher sie ablehnen. Dann geht es wieder um die Frage der Deutungshoheit.

Auf das, was Orosios selbst schreibt, natürlich. Worauf denn sonst?
Du kannst das sicher zitieren, oder? Aber bitte auch in Deutsch oder Englisch. ;)

Bayerl definiert Frühmittelalter als "5.-10. Jahrhundert".
Na, dann fällt ihm natürlich nicht schwer, den schweren dreirädrige Pflug in den Frühmittelalter zu datieren. :D

Klingt für mich etwas großspurig, du hast ja auch gemeint Statuen von problematischen historischen Figuren umstoßen sei Geschichtsfälschung. Dabei ist es das Gegenteil.
Das ist deine Meinung, meine ist eine andere – und sowohl deine als auch meine sind umstritten.

Mein erster Eindruck ist, dass hier durchaus versucht wird, Wissenschaft und Ideologie auseinanderzuhalten.
Mein erster Blick sagte mir, da ist eine Ideologie zugange: Das Christentum. Schon auf der ersten Seite wird gesagt – Zitat:

Es ist also ziemlich verblüffend, dass dieser angeblich gelehrte Herr einen bizarren Wust von pseudohistorischen Mythen und offensichtlichen Tatsachenirrtümern zum Thema Christentum und Überlieferung des antiken Wissens akzeptiert.

Mit so abfälligen Bemerkungen wie „dieser angeblich gelehrte Herr“ (es handelt sich um A.C.Grayling) und anderen (bizarrer Wust von pseudohistorischen Mythen) wird versucht, die Gegenpositionen von Anfang an zu diskreditieren. Dieses argumentum ad hominem wird auch in diesem Forum gern angewandt, wenn die eigene Position als zu schwach empfunden.

PS: Wenn du, @PostmodernAtheist, solche Seiten in Ordnung findest – du hast sie verlinkt, also nehme ich an, dass dem so ist –, solltest du dir einen anderen Nicknamen geben.
 
Ja, aber das Problem ist, dass Belege unterschiedlich interpretiert werden: Je nach Herkunft, Sozialisierung und Bildung haben auch Historiker Vorurteile und sind politischen und/oder religiösen Einflüssen ausgesetzt, denen sie mehr oder weniger nachgeben - sie sind ja auch nur Menschen.

Forscher trainieren aber möglichst objektiv zu denken, die Position ist entweder haltbar weil du die besseren Argumente und Quellen hast, oder eben nicht.

Mit so abfälligen Bemerkungen wie „dieser angeblich gelehrte Herr“ (es handelt sich um A.C.Grayling) und anderen (bizarrer Wust von pseudohistorischen Mythen) wird versucht, die Gegenpositionen von Anfang an zu diskreditieren. Dieses argumentum ad hominem wird auch in diesem Forum gern angewandt, wenn die eigene Position als zu schwach empfunden.

PS: Wenn du, @PostmodernAtheist, solche Seiten in Ordnung findest – du hast sie verlinkt, also nehme ich an, dass dem so ist –, solltest du dir einen anderen Nicknamen geben.

Wenn die Position des Autors längst hinreilich bewiesen ist sind solche "Ad hominems" in Ordnung. Soll schließlich überzeugen. Der Autor hat den polemischen Stil gewählt weil er mit Mythen aufräumen will von angeblich rational denkenden Menschen. Er ist selber Atheist aber historisch gebildet.

Ehrlich gesagt kommt es mir so vor als ob deine Argumente so schwach sind, dass du dich über Ad hominems und "Voreingenommenheit"/Bias beschweren musst. Ist in der Regel ein Zeichen von Schwäche.

Und nur weil ich hier das Christentum widerwillig verteidige bin ich noch lange nicht nicht mehr Atheist. Ich hab diesen Namen gewählt weil ich gerne über Religion spreche und möglichst nicht den Eindruck erwecken will ich bin religiös voreingenommen. Mittlerweile würd ich ihn aber gerne ändern. Bringt ja anscheinend nichts und passende Avatare sind nicht erlaubt. Deshalb der generische Wikinger.
 
Ja, aber das Problem ist, dass Belege unterschiedlich interpretiert werden: Je nach Herkunft, Sozialisierung und Bildung haben auch Historiker Vorurteile und sind politischen und/oder religiösen Einflüssen ausgesetzt, denen sie mehr oder weniger nachgeben - sie sind ja auch nur Menschen.
Ist das denn bei der Orosius Textstelle so? Mir scheint eher, dass uns da der Wortlaut genügt und wir nicht in der Verlegenheit sind, Deutungshoheiten, berühmte Schenkungsfälschungen und Sozialisierungen bemühen zu müssen. Es genügen doch die gewohnten quellenkritischen Maßnahmen.
 
auf den Index der verbotenen Bücher
Auf dem Index librorum prohibitorum befand sich u.v.a. Heinrich Heine, was seinen Tantiemen übrigens nicht geschadet hatte (Heine verdiente recht ordentlich) --- aber diese Praxis, eine Liste anzulegen statt zu verbrennen/zerstören, hm... das wirkt nicht gerade so, als wäre die "Deutungshoheit" sonderlich wirksam gewesen.
Aber damit sind wir sehr weit weg von Spätantike und Frühmittelalter ;)
 
Wenn die Position des Autors längst hinreilich bewiesen ist sind solche "Ad hominems" in Ordnung.
Ah, so siehst du das?! Dann wundert mich nichts mehr.

Ist das denn bei der Orosius Textstelle so?
Was Orosius betrifft, schlage ich vor, uns von @Sepiola überraschen zu lassen.

Was ich meine, sind solche Aussagen:
Im Gegensatz zu Speyer und Hahn hält Rohmann (der die Quellen skeptisch beurteilt) die Zerstörung der Bibliothek durch Jovian nicht für gesichert.
Alle 3 haben wohl die gleichen Quellen zur Verfügung und trotzdem kommen sie zu unterschiedlichen Urteilen.

Auf dem Index librorum prohibitorum befand sich u.v.a. Heinrich Heine, was seinen Tantiemen übrigens nicht geschadet hatte (Heine verdiente recht ordentlich) ---
Was ist das für ein Argument? Und das in dieser Diskussion!

Andererseits sehe ich schon, dass das ein gern benutztes Argument ist, um den kirchlichen Index der verbotenen Bücher bzw. überhaupt die Zensur zu verteidigen.
 
Ah, so siehst du das?! Dann wundert mich nichts mehr.

Also ist jetzt nicht so, dass du irgendetwas geliefert hättest was unsere Perspektive wiederlegt. Forschungsstand scheint zu sein, dass die Kirche mehr getan hat um Wissen zu bewahren und kaum wenn überhaupt was absichtlich zerstört hat. Jetzt wäre es an dir das zu berücksichtigen.
 
Forschungsstand scheint zu sein, dass die Kirche mehr getan hat um Wissen zu bewahren und kaum wenn überhaupt was absichtlich zerstört hat. Jetzt wäre es an dir das zu berücksichtigen.
Was heißt hier mehr getan? Mehr als man bisher gedacht hat? Vielleicht. Vielleicht hat man aber Spuren, die für die gezielte Vernichtung sprachen, beseitigt, schließlich war die Kirche schon recht früh darum bemüht, ihre Rolle beim Niedergang des Reichs herunterzuspielen. Irgendwo habe ich gelesen, dass sich dabei der Kirchenlehrer Augustinus und der Historiograph Orosius besonders hervorgetan haben.

...jetzt bin ich gespannt, wie du diesen krassen Unsinn in meinem Beitrag nachweist... viel Erfolg
Nun, es wird von interessierten Stellen oft behauptet, ein Autor würde gar nicht so viel gelesen und so viele Bücher verkaufen, wenn er nicht auf dem Index gelandet wäre. Und dein Hinweis auf Heine, der gut verdient hatte, ging in diese Richtung – sonst ergibt die Erwähnung von Geld in diesem Zusammenhang keinen Sinn.

Aus einem anderen Faden:
Wie wichtig römisches Reich selbst für uns heute war/ist, belegen neue Untersuchungen über das römische Straßennetz – Zitat:

Entlang der Straßen, die die alten Römer in Europa anlegten, gibt es noch heute mehr Reichtum.
@Dion das hab ich auch gelesen und irgendwie kommt es mir kurios vor.
Mir erscheint das logisch, wenn auch die Methode, Reichtum einer Region mit der nächtlichen Nutzung von Licht zu messen, kurios anmutet.

Aber wenn schon die römischen Straßen auch nach 1500 Jahren einen solchen Einfluss auf unser Leben haben, welchen Einfluss hätten deren in der Spätantike und Frühmittelalter verlorene Schriften haben können?

Diese Frage kann leider niemand seriös zu beantworten.
 
Mein erster Blick sagte mir, da ist eine Ideologie zugange: Das Christentum. Schon auf der ersten Seite wird gesagt – Zitat:

Es ist also ziemlich verblüffend, dass dieser angeblich gelehrte Herr einen bizarren Wust von pseudohistorischen Mythen und offensichtlichen Tatsachenirrtümern zum Thema Christentum und Überlieferung des antiken Wissens akzeptiert.

Mit so abfälligen Bemerkungen wie „dieser angeblich gelehrte Herr“ (es handelt sich um A.C.Grayling) und anderen (bizarrer Wust von pseudohistorischen Mythen) wird versucht, die Gegenpositionen von Anfang an zu diskreditieren. Dieses argumentum ad hominem wird auch in diesem Forum gern angewandt, wenn die eigene Position als zu schwach empfunden.

Ich weiß nicht, warum die Seite deiner Meinung nach christlich ideologisch motiviert sein soll. Allerdings solltest du deine Argumentation nicht auf einer Übersetzung basieren lassen. Dort steht im Originaltext:

So it is quite startling to find that this supposedly learned gentleman accepts a bizarre grab-bag of pseudo historical myths and patent errors of fact on the subject of Christianity and the transmission of ancient learning.
Das englische supposedly (von to suppose, ‚annehmen‘) ist semantisch sehr viel breiter, als das eine Aussage bezweifelnde deutsche angeblich. Da steht im Grunde „dieser anzunehmenderweise gelehrte Herr“.
 
Mir erscheint das logisch, wenn auch die Methode, Reichtum einer Region mit der nächtlichen Nutzung von Licht zu messen, kurios anmutet.
Absolut logisch, dass Albanien oder Griechenland aufgrund ihrer römischen Vergangenheit an der Via Egnatia wohlhabender sind als Norwegen oder Schweden. In Belgien sind alle Autobahnen beleuchtet und belegt deshalb auch Rang 14 beim BIP/Kopf in Europa. Das unbeleuchtete und nicht-römische Irland hingegen ist fast doppelt so wohlhabend (pro Kopf) auf Rang 6.
 
Was heißt hier mehr getan? Mehr als man bisher gedacht hat? Vielleicht. Vielleicht hat man aber Spuren, die für die gezielte Vernichtung sprachen, beseitigt, schließlich war die Kirche schon recht früh darum bemüht, ihre Rolle beim Niedergang des Reichs herunterzuspielen. Irgendwo habe ich gelesen, dass sich dabei der Kirchenlehrer Augustinus und der Historiograph Orosius besonders hervorgetan haben.

??

Also das musst du mir erstmal zeigen. Wie sollen die sich denn besonders hervorgetan haben? Haben die auch Bücherverbrennungen durchgeführt oder wie? o_O

Klingt jetzt schon etwas nach Verschwörung. Das nicht vorhandensein der Quellen wird als Beweis genommen, dass sie besonders gut versteckt sind.

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aber diese Praxis, eine Liste anzulegen statt zu verbrennen/zerstören, hm... das wirkt nicht gerade so, als wäre die "Deutungshoheit" sonderlich wirksam gewesen.
Aber damit sind wir sehr weit weg von Spätantike und Frühmittelalter ;)
@Dion muss man dir das laut vorlesen, womöglich mehrfach? Oder erklären?

Übrigens ist der römische Index aus dem 16. Jh. hier thematisch völlig fehl am Platz, auch wenn sich später die Liste der verbotenen Schriften wie ein Who is Who der Kulturgeschichte liest :D Und bevor du mit mittelalterlichen und spätantiken Schriftenverboten anwackelst: die betrafen überwiegend als häretisch betrachtete Sachen (z.B. Arius)
 
Ach ich glaub mir ist eingefallen was Dion meinen könnte, die Heiden hatten behauptet das Reich stecke in der Krise weil die alten heidnischen Götter vernachlässigt wurden. Augustinus und vielleicht noch ein paar andere Autoren haben versucht das zu wiederlegen. Nun, da bewegen wir uns im spirituellen Bereich. Da muss man schon an Götter glauben.
 
Ja, aber das Problem ist, dass Belege unterschiedlich interpretiert werden: Je nach Herkunft, Sozialisierung und Bildung haben auch Historiker Vorurteile und sind politischen und/oder religiösen Einflüssen ausgesetzt, denen sie mehr oder weniger nachgeben

Wenn Du das ernst meinst, verstehe ich Deinen Vorwurf an @Shinigami nicht, wenn er auf die preußisch-nationalsozialistische Prägung eines Autors aufmerksam macht. Stattdessen würdest Du das dankbar zur Kenntnis nehmen und zukünftig besser aufpassen, welche Autoren Du heranziehst, um Deine Vorurteile zu bestätigen.

Mir hingegen sind politische und religiöse Herkunft eines Wissenschaftlers ziemlich schnuppe, solange sauber belegt und sauber argumentiert wird. Wenn sich Unstimmigkeiten in der Argumentation häufen, kann es manchmal aufschlussreich sein, den Hintergründen nachzugehen. In der Fachwelt ist es aber üblich, die Unstimmigkeiten objektiv zu kritisieren anstatt die jeweiligen Kollegen wegen ihrer Herkunft, Sozialisierung und Bildung zu attackieren.

Alle 3 haben wohl die gleichen Quellen zur Verfügung und trotzdem kommen sie zu unterschiedlichen Urteilen.
Was in der Quelle drinsteht, ist in der Interpretation aller drei Autoren dasselbe. Hahn weist darauf hin, dass die Quellen in vielen Punkten recht präzise sind, gibt wieder, was in den Quellen steht, und weist in der Fußnote auf einen Fachkollegen hin, der die Überlieferung kritisch sieht. Rohmann ist skeptischer und weist darauf hin, dass die Quellen verhältnismäßig spät entstanden und mit Vorsicht zu genießen sind. Was in den Quellen steht, zitiert er aber wörtlich, und das deckt sich mit dem, was bei Hahn zu lesen ist.

Ansonsten empfehle ich Dir, mal diesen Beitrag zu lesen:
Konfession, Antisemitismus und NS

Ja, wenn neue Erkenntnisse dazukommen, dann hat man einen neuen Forschungsstand, der aber nicht von allen anerkannt wird: Dann gilt z.B. die neue Theorie als umstritten.
Neue Erkenntnisse nicht zur Kenntnis zu nehmen, geht gar nicht. Jede wissenschaftliche Diskussion muss vom Forschungsstand ausgehen. Neue Theorien dürfen (und müssen!) kritisiert werden.
Dann geht es wieder um die Frage der Deutungshoheit.
Das hättest Du wohl gerne? Auf wissenschaftlicher Ebene hat niemand die Deutungshoheit, auch nicht die Mehrheit.

Du kannst das sicher zitieren, oder? Aber bitte auch in Deutsch oder Englisch.
Latein:
29 Caesar conpositis apud Thessaliam rebus Alexandriam uenit perlatoque ad se ac uiso Pompei capite anuloque fleuit; cumque se in regiam recepisset, eludebatur a tutoribus, quo minus pecuniam acciperet, templa sua astu spoliantibus, ut et regios thesauros uacuos esse ostenderent et in inuidiam Caesaris populum concitarent. 30 praeterea Achillas dux regius, imbutus semel Pompei sanguine, Caesaris quoque necem meditabatur. nam iussus exercitum dimittere, cui praeerat, uiginti milium armatorum, non modo spreuit imperium, uerum et aciem direxit. 31 in ipso proelio regia classis forte subducta iubetur incendi. ea flamma cum partem quoque urbis inuasisset, quadringenta milia librorum proximis forte aedibus condita exussit, singulare profecto monumentum studii curaeque maiorum, qui tot tantaque inlustrium ingeniorum opera congesserant.
Orosius, Book 6(b) - Latin text

Englisch:
29 After having arranged his affairs in Thessaly, Caesar went to Alexandria. Upon seeing the head and ring of Pompey that were brought to him, he burst into tears. When he had betaken himself to the royal palace, he was cheated by the keepers, who, to prevent Caesar from getting the spoils, cunningly stripped their own temples in order that they might show that the royal treasures were gone and at the same time inflame the populace against Caesar. 30 Moreover, Achillas, the royal commander, whose hands were stained with Pompey's blood, was also planning to kill Caesar. When he was ordered to dismiss his army consisting of twenty thousand armed troops, he not only scorned the order but even drew up his troops in battle array. 31 During the combat orders were issued to set fire to the royal fleet, which by chance was drawn on shore. The flames spread to part of the city and there burned four hundred thousand books stored in a building which happened to be nearby. So perished that marvellous monument of the literary activity of our ancestors, who had gathered together so many great works of brilliant geniuses.
www.attalus.org/translate/orosius6B.html

Schon auf der ersten Seite wird gesagt – Zitat:

Es ist also ziemlich verblüffend, dass dieser angeblich gelehrte Herr einen bizarren Wust von pseudohistorischen Mythen und offensichtlichen Tatsachenirrtümern zum Thema Christentum und Überlieferung des antiken Wissens akzeptiert.
Dass da öfter polemisch geschossen wird, bevor es inhaltlich zur Sache geht, finde ich auch abschreckend. Ich habe ein paar Artikel über Themen, mit denen ich mich ein wenig auskenne, überflogen, aber auf die Schnelle keinen inhaltlichen Blödsinn gefunden (dafür an einer Stelle sogar einen Hinweis auf eine historische Quelle, die ich selber nicht auf dem Schirm hatte). Es handelt sich natürlich nicht um wissenschaftliche Artikel, aber es werden in der Tat einige Mythen und Irrtümer aufgespießt und mit dem Forschungsstand konfrontiert.
 
Wenn Du das ernst meinst, verstehe ich Deinen Vorwurf an @Shinigami nicht, wenn er auf die preußisch-nationalsozialistische Prägung eines Autors aufmerksam macht. Stattdessen würdest Du das dankbar zur Kenntnis nehmen und zukünftig besser aufpassen, welche Autoren Du heranziehst, um Deine Vorurteile zu bestätigen.

Und genau das war nicht meine Intention und ich verstehe partout nicht, warum du mir eine Solche zuschreibst.

Es geht mir nicht darum Literatur grundsätzlich zu diskreditieren, sondern wie damit umgegangen wird. Und dementsprechend auch nicht darum "aufzupassen, wer zur Bestätigung irgenddwelcher Vorurteile herangezogen wird", sondern darum, wie das passiert und dass das nicht in der unkritischen Weise erfolgt, wie das bei @Dion der Fall war.
 
Dort steht im Originaltext:

So it is quite startling to find that this supposedly learned gentleman accepts a bizarre grab-bag of pseudo historical myths and patent errors of fact on the subject of Christianity and the transmission of ancient learning.

Das englische supposedly (von to suppose, ‚annehmen‘) ist semantisch sehr viel breiter, als das eine Aussage bezweifelnde deutsche angeblich. Da steht im Grunde „dieser anzunehmenderweise gelehrte Herr“.
to suppose ist zu unterscheiden von dem Adverb supposedly. Jedenfalls übersetzt leo.org supposedly konsequent mit angeblich oder vermutlich.

Absolut logisch, dass Albanien oder Griechenland aufgrund ihrer römischen Vergangenheit an der Via Egnatia wohlhabender sind als Norwegen oder Schweden.
In dem Vergleich geht es nicht um Staaten, sondern um den Vergleich unter unmittelbar benachbarten Bereichen: Auf der einen Seite die Umgebung der ehemaligen römischen Straßen, und auf der anderen Seite um die von diesen Straßen etwas weiter (60 km?) entfernten Bereiche.

Ähnliches Phänomen war auch später bei der Eisenbahn zu beobachten: Städte/Regionen, die einen Bahnanschluss hatten, prosperierten mehr als jene Städte/Regionen, die das nicht hatten; noch heute kämpfen die benachbarten Städte um ICE Haltebahnhöfe, weil diese Unternehmensansiedlungen erleichtern.

Klingt jetzt schon etwas nach Verschwörung.
Ein bisschen voreilig diese Zuschreibung, nicht?

Zum Glück hast du später noch die Kurve gekriegt:
Ach ich glaub mir ist eingefallen was Dion meinen könnte, die Heiden hatten behauptet das Reich stecke in der Krise weil die alten heidnischen Götter vernachlässigt wurden. Augustinus und vielleicht noch ein paar andere Autoren haben versucht das zu wiederlegen. Nun, da bewegen wir uns im spirituellen Bereich. Da muss man schon an Götter glauben.
Spiritueller Bereich oder nicht, sie haben versucht die Beschuldigungen zu widerlegen, indem sie die Rolle der Kirche beim Niedergang des Reiches kleingeredet haben. Das allein ist entscheidend.

Übrigens ist der römische Index aus dem 16. Jh. hier thematisch völlig fehl am Platz, auch wenn sich später die Liste der verbotenen Schriften wie ein Who is Who der Kulturgeschichte liest :D
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Ja, der Index entpuppte sich im Nachhinein als „Who is Who der Kulturgeschichte“, was Einiges aussagt über die Bestrebungen der Kirche, alle wissenschaftlichen und sonstigen Schriften, deren Inhalte konträr zu ihrer Lehre standen, zu unterdrücken. Aus ihrer Sicht war das logisch, aber sie bremste damit Fortschritt. Übrigens habe ich den römischen Index nur erwähnt, um zu zeigen, dass diese Praxis des Mundtotmachens weiterging.

Und bevor du mit mittelalterlichen und spätantiken Schriftenverboten anwackelst: die betrafen überwiegend als häretisch betrachtete Sachen (z.B. Arius)
Gut, dass du das Wort „überwiegend“ in den Satz geschrieben hast. :D

Mir hingegen sind politische und religiöse Herkunft eines Wissenschaftlers ziemlich schnuppe, solange sauber belegt und sauber argumentiert wird.
Im Prinzip mir auch, wenn auch es Absolventen von fundamentalistischen christlichen Universität gibt, die sich mit Doktortiteln schmücken und Unsägliches veröffentlichen. Und wenn wir zurückschauen, hat die Kirche immer auch Wissenschaftler finanziert, die dann Studien in ihrem Sinne anfertigten, sonst wäre eine Behauptung wie jene, die Konstantinische Schenkung wäre von der Ostkirche angefertigt worden, nicht möglich gewesen.

Außerdem gibt es auch heute Nuancen in den Formulierungen – Beispiel: Ein für die Kirche unangenehmer Fakt kann heutzutage schwerlich negiert werden. Also wird er auch von kirchennahen Wissenschaftlern genannt, aber gleichzeitig mit Umständen etc. entschuldigt werden. Das zu Unterschied zu einem kirchenfernen Wissenschaftler, der keine Scheu hat, Ross und Reiter zu nennen und/oder deren Handlungen als verwerflich zu bezeichnen.

Das zeigt: Je nach ideologischem Standpunkt des Verfassers kommt man zu unterschiedlichen Ergebnissen. Das zu negieren wird dir schwerfallen, es sei denn, du hast den Historikerstreit schon vergessen.

Auf wissenschaftlicher Ebene hat niemand die Deutungshoheit, auch nicht die Mehrheit.
In der Theorie ist das wahr, in der Praxis nicht – es kommt darauf an, was wo veröffentlicht wird. Beispiel: In Griechenland wirst du kaum eine Veröffentlichung eines griechischen Historikers sehen, die eine Mitschuld der Griechen an ihrer Vertreibung 1922 aus Kleinasien attestieren, während in der Türkei auch von Historikern gesagt wird, die Vertreibung wäre nur eine Reaktion auf die Gräuel der Griechen zuvor gewesen.

Das zeigt, dass sowohl die Herkunft als auch die Sozialisation und die Religion eine wichtige Rolle bei der Beurteilung der Vergangenheit spielen.

Vielen Dank für die Links zum Originaltext Orosius` und die Übersetzung. Allerdings hast du die Zitate an der entscheidenden Stelle abgebrochen, denn nach der zu Cäsar gehörenden Sätzen geht es weiter – Zitat (Fettschreibung durch mich):

… qui tot tantaque inlustrium ingeniorum opera congesserant. unde quamlibet hodieque in templis extent, quae et nos uidimus, armaria librorum, quibus direptis exinanita ea a nostris hominibus nostris temporibus memorent - quod quidem uerum est -, tamen honestius creditur alios libros fuisse quaesitos, qui pristinas studiorum curas aemularentur, quam aliam ullam tunc fuisse bibliothecam, quae extra quadringenta milia librorum fuisse ac per hoc euasisse credatur.

… who had gathered together so many great works of brilliant geniuses. In regard to this, however true it may be that in some of the temples there remain up to the present time book chests, which we ourselves have seen, and that, as we are told, these were emptied by our own men in our own day when these temples were plundered - this statement is true enough - yet it seems fairer to suppose that other collections had later been formed to rival the ancient love of literature, and not that there had once been another library which had books separate from the four hundred thousand volumes mentioned, and for that reason had escaped destruction.

Die entscheidende Stelle ist diese: these were emptied by our own men in our own day when these temples were plundered

Deutsch: von unseren eigenen Leuten in unserer Zeit geleert wurden, als diese Tempel geplündert wurden

Wenn da steht, dass die Buchnischen „von unseren eigenen Leuten in unserer Zeit geleert“ wurden, dann bezieht er sich auf seine Zeit und nicht auf die von Cäsar.

Damit können wir deine Aussage
Orosius äußert sich (wie schon oft geschrieben) nicht über eine Tempelzerstörung, daher kann er darüber auch kein Bedauern ausdrücken. Sein Bedauern gilt eigentlich dem Bibliotheksbrand zu Caesars Zeiten, der so viele Werke berühmter Genies (tanta illustrium ingeniorum opera) vernichtet habe.
ad acta legen.

Dass da öfter polemisch geschossen wird, bevor es inhaltlich zur Sache geht, finde ich auch abschreckend.
Dann sind wir einer Meinung. Allerdings: Wer jemand schon so anfängt, dann lese ich, im Unterschied zu dir, halt nicht weiter.
 
Im Prinzip mir auch, wenn auch es Absolventen von fundamentalistischen christlichen Universität gibt, die sich mit Doktortiteln schmücken und Unsägliches veröffentlichen.

Dann werden die aber auch schnell nicht ernst genommen und zwar weil man anhand des Inhalts merkt wo sie herkommen, nicht anders herum. Siehe Intelligent Design etc.

Spiritueller Bereich oder nicht, sie haben versucht die Beschuldigungen zu widerlegen, indem sie die Rolle der Kirche beim Niedergang des Reiches kleingeredet haben. Das allein ist entscheidend.

Also bist du jetzt ein vormittelalterlicher Heide oder was? :D

Wer jemand schon so anfängt, dann lese ich, im Unterschied zu dir, halt nicht weiter.

So war ich auch mal, bis ich dann gemerkt hab, dass man so einiges verpassen kann. Das Ergebnis sieht man hier.
 
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