Reste des Heidentums in der Folklore

Ich habe nichts anderes anzubieten als das, was der Hieronymus gesagt und seine Übersetzer dazu als Vermutung bemerkten. Beides habe ich bereits am Dienstag um 20:45 Uhr zitiert.

Manches ergibt sich eben aus dem Zusammenhang. Hieronymus wendet sich da gegen die Ansicht, dass die Epiphanie und Geburt Jesu zusammen (am 6. Januar) stattfanden und führt als „Beweis“ für die Geburt Jesu die Wintersonnenwende am 25. Dezember an, weil da „Das Licht wächst, die Finsternis schwindet. Der helle Tag nimmt zu, der Irrtum weicht, die Wahrheit rückt vor. Heute wird uns die Sonne der Gerechtigkeit geboren.“

Das wird zurecht als Versuch gewertet, Jesus anstelle von Mithras als Sonne darzustellen.
 
Das wird zurecht als Versuch gewertet, Jesus anstelle von Mithras als Sonne darzustellen.
Das hat der Übersetzer der Stelle 1914 so gesehen. Du solltest ihm nicht ganz so kritiklos folgen, denn Hieronymus kannte natürlich seine Bibel, er hat sie schließlich übersetzt und ausgiebig kommentiert. Er zitiert die alttestamentarische Bibelstelle שֶׁ֣מֶשׁ צְדָקָ֔ה Šämäš Ṣedaqah (Maleachi 3,20; Septuaginta: ἥλιος δικαιοσύνης), die er in der Vulgata (hier aufgrund einer anderen Kapiteleinteilung - bie Hieronymus endet Maleachi 3 mit Vers 18 - 4, 2) mit sol justitiae übersetzt, heran.

hebr.: Sonne der Wohlfahrt/Solidarität
gr./lat.: Sonne der Gerechtigkeit

Im Evangelium bezeichnet sich Jesus als Licht der Welt.
Es war einfach um die Jahrhundertwende en vogue, Bezüge zum Mithras-Kult zu vermuten. Das ist wissenschaftsgeschichtlich ganz interessant, das war's dann aber auch, denn am Ende hat der Kommentator einfach eine Bibelstelle, auf die Hieronymus sich bezieht, übersehen.
 
Ich habe nichts anderes anzubieten als das, was der Hieronymus gesagt
Das ist natürlich wenig bzw. nichts, denn Hieronymus hat nichts über Mithras geschrieben oder auch nur angedeutet.

seine Übersetzer dazu als Vermutung bemerkten.
... eine Vermutung, die ihrerseits auf einer neuzeitlichen Erfindung basiert.
"... the notion that Mithraists celebrated December 25th in some fashion is a modern invention for which there is simply no evidence."
(Steven Hijmans: Usener's Christmas: A Contribution to the Modern Construct of Late Antique Solar Syncretism, in: M. Espagne & P. Rabault-Feuerhahn (edd.), Hermann Usener und die Metamorphosen der Philologie. Wiesbaden, Harrassowitz, 2011. 139-152 )

Es handelt sich übrigens nur um einen Übersetzer, den katholischen Priester Dr. Ludwig Schade (1879-1937), seinerzeit Religions- und Oberlehrer in Rheinbach.
 
Wir hatten festgestellt, dass das Fest des Sol Invictus am 25.12. entweder von Aurelian oder von Konstantin begründet wurde, die Kaiser dazwischen kommen nicht in Frage. Ich versuche, 2 Argumente gegen die Annahme zu bringen, es könnte sich um Konstantin handeln:

1. Julian schreibt (wschl. am 25.12.) 362 einen Hymnos auf König Helios, den er enthusiastisch als seinen Schutzgott preist und dessen Jahrestag er feiert. Darüber hinaus wissen wir, dass er seinen Onkel Konstantin gehasst hat. Wenn dieser wirklich den Jahrestag eingeführt hätte: hätte sich Julian zu solcher Begeisterug hinreißen lassen?

2. Wichtiger ist aber Folgendes. Der Jahrestag wurde in Rom gefeiert, wie auch Julian schreibt: "...das Fest des Helios, das die Kaiserstadt durch jährliche Opfer verherrlicht." (Hymnos, 131d)
a) Konstantin kam erst nach Rom nach der Schlacht gegen Maxentius 312. Da aber scheint er schon Christ gewesen zu sein - auch wenn die Überlieferung in dieser Frage umstritten ist. Klar ist aber, dass er weder eine Siegesfeier auf dem Kapitol abgehalten hat noch die 100-Jahr-Feier der Stadt, wohl deshalb, um nicht die heidnischen Götter verehren und um keine Dankopfer darbringen zu müssen. (hierzu K. Girardet, Die K'sche Wende, S.57ff) Im Gegenteil: K. verließ Rom recht bald und brach nach Mailand auf. Richtet jemand ein heidnisches Fest ein, der andere heidnische Feste vermeidet?
b) Nochmal Julian: "...das Fest des Helios, das die Kaiserstadt durch jährliche Opfer verherrlicht." Es ist bekannt, dass K. Opfer abgelehnt, wenn auch nicht verboten hat (letzteres umstritten). Das Sol-Fest aber wurde mit Opferungen begangen. Es ist abwegig, dass K. ein solches Fest einrichten sollte, wo geopfert wurde. Auch bei seinen Decennalien 315 verweigerte K. die Opferungen.
c) Man hört nichts davon. Es ist wahr, dass der Sonntag von K. eingeführt wurde, an diesem Tag wurde aber nicht etwa der Sonne geopfert, sondern nicht gearbeitet und in die Kirche gegangen (!). Auch ist diese Einführung dokumentiert, die der Sol-Feier nicht.

Offenbar hat K. eine Zeitlang Sol und Christus miteinander identifiziert: schon 315 gibt es Münzen, die christliche Symbole enthalten (Ticinum-Medaillon) und solche, die den Sol als Gefährten des Kaisers enthalten.
 
Hat nicht schon Nero den Kult des Sol in Zusammenhang mit der Pisonischen Verschwörung* eingeführt? Wikipedia unterstützt da meine Erinnerung. 158 sei dieser Sol als Sol Invictus auf einer Altarinschrift (CIL 6, 715) belegt. Ein Altar in Rom bedeutet, dass der Kult offiziell anerkannt war, was in Rom eingeführt bedeutet. Erst recht, wenn der Rat von Priestern erwähnt ist. Und der 25. Dezember war die kalendarische Wintersonnenwende, wie heute der 21. der kalendarische Winteranfang ist und damit der Festtag des Sol Invictus.

Aurelian soll ihm einen Tempel und Spiele geweiht haben. Die Quelle bleibt Wikipedia schuldig: Sol (römische Mythologie) – Wikipedia

CIL 6, 715: Soli Invicto deo / ex voto suscepto / accepta missione / honesta ex nume/ro eq(uitum) sing(ularium) Aug(usti) P(ublius) / Aelius Amandus / d(e)d(icavit) Tertullo et / Sacerdoti co(n)s(ulibus)

*Es gibt eine Merkhilfe: Die durch zu lautes Schleichen verratene PiSONNische Verschwörung. (sch=6; L=5 nach Aimé Paris)
 
Hat nicht schon Nero den Kult des Sol in Zusammenhang mit der Pisonischen Verschwörung* eingeführt? Wikipedia unterstützt da meine Erinnerung. 158 sei dieser Sol als Sol Invictus auf einer Altarinschrift (CIL 6, 715) belegt. Ein Altar in Rom bedeutet, dass der Kult offiziell anerkannt war, was in Rom eingeführt bedeutet.
Ja, der Helios-/Sol-Kult war immer wieder von einzelnen Kaisern angeleiert worden, nicht nur von Nero, sondern auch von Vespasian, Trajan, Hadrian usw, wie die wiki schreibt. Hatte nicht auch die riesige Nero-Statue die Gestalt von Sol? Jedenfalls hat sich Konstantin, wohl als letzter Kaiser, heroisch nackt oder beinahe nackt, in Konstantinopel als Sonnengott aufstellen lassen, in einer Größe von ca. 50m, was die Nero-Statue nochmal übertrifft. (Ich habe hier direkt vor meiner Nase 50m hohe Häuser stehen: das ist gigantisch!) Irgendwo habe ich gelesen, bei K. ging es im Kult um den Sol Invictus auch mehr um den invictus und weniger um den sol. (das steht bei E. Herrmann-Otto, K. der Große, S.35) Man vermutet, dass K. schon in seiner Vision in Grand Apollo mit Sol identifziert haben soll.
Nur haben diese Kaiser-Verehrungen über die Jahrhunderte keinen echten Kult geschaffen, erst Aurelian hat das mit einem Tempel und einer Priestergilde durchgesetzt. Und Neros Kult? Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Kult eines der damnatio Unterworfenen nach dessen Tod weitergeführt wurde.

Aurelian soll ihm einen Tempel und Spiele geweiht haben. Die Quelle bleibt Wikipedia schuldig.
Genau darum geht es in meinem Beitrag: Aurelians Tempel ist per Quelle belegt, die Frage der Sol-Feier am 25.12. nicht. @Sepiola mutmaßt, ob nicht Konstantin diese Feiern gestiftet habe, ich versuche das zu widerlegen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es war nicht Neros Kult, sondern der des Sol. Und die Inschrift beweist die Existenz eines Kults samt Opferpriestern. Dazu musste der Kult offiziell eingeführt werden samt Befragung der sibbyllinischen Bücher, wodurch die Einführung als Götterentscheid galt, insbesondere, wenn es einen neuen Aspekt eines altrömischen Gottes betraf. (Die Römer waren nicht so vermessen, "neue Götter einzuführen", das ist ja nur eine Sprachvereinfachung. Offiziell wurden neue Kulte oder Riten auf Geheiß der befragten Götter eingeführt.)

Daher trifft das Canceln Neros nicht den eingeführten Kult, plakativ ausgedrückt. Die Nerostatue soll ja zudem von Vespasian in eine des Helios umgewandelt oder entsprechend umbenannt worden sein.

Es kann natürlich gefragt werden, ob Aurelian eine neue Kultform des Sol Invictus nach Vorbild aus Palmyra eingeführt hat.
 
Es war nicht Neros Kult, sondern der des Sol.
Genitivus subiectivus / g. obiectivus - Verwirrung. Ich meinte natürlich: der von Nero gestiftete Kult des Sol. Aber du meinst wahrscheinlich: selbst wenn Nero diesen Kult gestiftet hat, dann hat ihn letztlich Sol selbst eingeführt.

Es kann natürlich gefragt werden, ob Aurelian eine neue Kultform des Sol Invictus nach Vorbild aus Palmyra eingeführt hat.
So vermutet man. Aurelian soll doch, wie Zosimus berichtet, seinen Sol-Tempel mit Statuen von Helios und Bel, einem palmyrischen Gott mit Sonnen-Attributen, ausgeschmückt haben (zudem habe er zahlreiche Votivgaben aus Palymra dort gelagert). Damit beging er, wie M. Sommer das interpretiert, eine "evocatio", die Herbeirufung eines fremden Gottes einer belagerten Stadt, um ihn zu einem römischen zu machen.
Ich denke, dass auch für Aurelian das "invictus" besonders charmant wirkte. Denn zuvor hatte er andere Götter bemüht: Herkules, Mars, Viktoria, endlich auch Jupiter Optimus Maximus (mir nicht bekannt, inwieweit der vom "gewöhnlichen" Jupiter abweicht). Seit Sommer 273 aber kommt Sol auf den Münzen ins Spiel, im Sommer 273 wurde aber Palmyra endgültig von ihm zerstört.
 
2. Wichtiger ist aber Folgendes. Der Jahrestag wurde in Rom gefeiert, wie auch Julian schreibt: "...das Fest des Helios, das die Kaiserstadt durch jährliche Opfer verherrlicht." (Hymnos, 131d)

Für "Kaiserstadt" steht im Originaltext βασιλεύουσα πόλις (basileuousa polis), das kenne ich als Titel für Konstantinopel. Sollte damit zu Julians Zeit tatsächlich noch Rom gemeint sein?

Offenbar hat K. eine Zeitlang Sol und Christus miteinander identifiziert: schon 315 gibt es Münzen, die christliche Symbole enthalten (Ticinum-Medaillon) und solche, die den Sol als Gefährten des Kaisers enthalten.
... und wo Sol dem Kaiser die Victoriola überreicht, solche Münzen ließ Konstantin noch viele Jahre nach der Schlacht an der Milvischen Brücke prägen, bis 324/25. Erst im Lauf der Jahre nahm Konstantin zunehmend Rücksicht auf christliche Empfindlichkeiten.

@Sepiola mutmaßt, ob nicht Konstantin diese Feiern gestiftet habe, ich versuche das zu widerlegen.
Die Mutmaßung stammt nicht von mir.
"In der Forschung ist erwogen worden, ob es vielleicht Konstantin war, der beide Feste, das heidnische und das christliche, gleichzeitig einführte. Damit würde sich eine gewisse Parallele zur Einführung des Sonntags ergeben – beide Male hätte Konstantin Feste erfunden, deren exakte Bedeutung offen gehalten werden konnte, um inklusiv zu sein. Zuzutrauen wäre ein solches Kalkül dem hochintelligenten Kaiser, der eine religiös-politische Revolution ins Werk setzte, durchaus. Aber im Bezug auf das Weihnachtsfest ist eine solche Erwägung angesichts der Quellenlage bloße Spekulation."​
Wie ist eigentlich das Weihnachtsfest entstanden? - Universität Heidelberg
 
Für "Kaiserstadt" steht im Originaltext βασιλεύουσα πόλις (basileuousa polis), das kenne ich als Titel für Konstantinopel. Sollte damit zu Julians Zeit tatsächlich noch Rom gemeint sein?
Ich vermute schon, dass Rom gemeint ist. Im weiteren Verlauf des Textes ist immer wieder von "unserer Stadt" die Rede und u. a. davon, dass sie von einem Sohn des Ares (Mars) gegründet worden sei (mitsamt Erwähnung von "Silbia"="Silvia"), da ist also eindeutig Rom gemeint, das von Romulus, einem Sohn des Mars und der Silvia, gegründet worden sein soll. Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, dass bei der erstmaligen Erwähnung der (kaiserlichen) "Stadt" dieselbe Stadt gemeint ist wie "unsere Stadt".
 
Wurde Karneval ursprünglich am Tag/Nacht Equinox gefeiert ?
Stichwort:Gleichheitsprinzip ausgedrückt durch die Makerade;wurde es christlich bedingt vorverlegt?
 
Wurde Karneval ursprünglich am Tag/Nacht Equinox gefeiert ?
Stichwort:Gleichheitsprinzip ausgedrückt durch die Makerade;wurde es christlich bedingt vorverlegt?
Nein, dafür gibt es keine Indizien. Karnevalähnliche Feierlichkeiten gab es im Dezember und Januar. Ob hier eine direkte Kontinuität zum Karneval existiert, weiß ich nicht. Karneval ist seit dem 13. Jhdt. belegt.
 
Indizien kann man an den Narren (die im Mittelalter das Gleichheitsprinzip durch zweifarbige Kostüme darstellen) erkennen Schembartlauf
Religiösbedingte Anpassung findet man auch im Karneval in Nordafrika ;dort wird es nach dem abrahmitischen Opferfest gefeiert und aufgrund der lunaren Monatsberechnung nicht mehr am Frühlingsequinox celibriert .
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Name Karneval dürfte m.E. nach auf "Carnero" zurückgehen ,(den Sammelbegriff f. Schafe/Ziegen) eine solche archaische Form den Frühling zu feiern findet man noch auf den Kanaren Carnaval
 
Indizien kann man an den Narren (die im Mittelalter das Gleichheitsprinzip durch zweifarbige Kostüme darstellen) erkennen
Indizien wofür?

Der Name Karneval dürfte m.E. nach auf "Carnero" zurückgehen ,(den Sammelbegriff f. Schafe/Ziegen) eine solche archaische Form den Frühling zu feiern findet man noch auf den Kanaren Carnaval
Nein, es ist gut dokumentiert, dass das Wort carnaval im Spanischen eine Übernahme aus dem Italienischen ist, keine eigenständige spanische Ableitung.

Die Etymologie von Karneval ist umstritten. Die Katholische Kirche erklärte das Wort mit carne levare (vom Fleisch lassen), volksetymologisch wurde das als "tschüss Fleisch" interpretiert. Der Schweizer Kulturhistoriker Jacob Burkhardt - der tatsächlich heidnische Reminiszenzen sah - erklärte das Wort im 19. Jhdt., von carrus navalis 'Schiffswagen' > Wagen in Form eines Schiffs. Er sah einen Zusammenhang mit der Wiederaufnahme der Seefahrt nach dem Winter und dazugehörigen Feierlichkeiten, führt dafür aber auch keine Belege an.
 
Das mag wohl für den "venezianischen" Karneval in den Zentren der Kanaren stimmen aber abgelegene Orte feiern bzw. maskieren sich meist in Tierfellen ,siehecarneros ,dass diese Form älter sein muss als das eingeführte Karnevalfest aus Genua schließt man aus der Tatsache, dass es auf dem Festland ein identisches Fest gibt, siehe Bujlood .
 
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