Der Erste Weltkrieg und seine Bedeutung in der heutigen Zeit.

Unterhaltsam, wenn ignorierte Mitglieder meinen in Fettschrift ihre Meinung zur Verfassungswirklichkeit herausbrüllen müssen

Soso. Ein Zitat aus einem Wiki-Artikel durch Fettschrift und Kursivsetzung zu kennzeichnen (was ich im Übrigen bei entsprechenden Zitaten grundsätzlich tue), ist neuerdings also ein "Herausbrüllen meiner Meinung".
Meinst du nicht, dass du es gerade ein ganz kleines bisschen übertreibst mit deiner Rhetorik?


das keine Verfassung hat.

Das keine geschriebene Verfassung hat, durchaus aber gewohnheitsrechtliche Konventionen, die das substituieren. Andernfalls müsste man wohl annehmen, es handle sich um einen anarchischen Zustand, was allerdings offenkundig nicht der Fall ist.
Ach, hattest du nicht neulich als wir uns über Venizelos zerstritten hatten und du im Bezug auf Griechenland mit "Verfassungswirklichkeit" agrumentiert hattest, den expliziten Vergleich mit Großbritannien bemüht?
Schlag das vielleicht lieber noch mal nach, bevor du dich über meine Einlassung lustig machst. Könnte sich nämlich als Bumerang entpuppen. ;-)

Belustigend, wenn man meint, etwas das fast 100 Jahre zurück liegt, sei doch gar nicht so lange her.

Wenn du den den Beitrag auf den du dich beziehst aufmerksam gelesen hättest, hättest du gelesen, dass ich schrieb:

"dass lag in den 1920er Jahren noch nicht so lange zurück"

Hättest du den zitierten Ausschnitt aus dem Wikipediartikel gründlich zur Kenntnis genommen, wäre dir klar, dass dieses Zitat die Parlamentsakte 1911 zur Reform der Befugnisse des "House of Lords" behandelt und unten lediglich erwähnt wird, dass bereits 1832 ein ähnliches Vorgehen angewandt wurde.

Insofern sachlich falsch. Wir reden hier über einen Vorgang, der Anfang der 1920er Jahre gerade einmal 10 Jahre zurücklag.

Erschreckend, wenn man die parlamentarische Kontrolle einer Regierung dadurch delegetimieren will.....

Das will ich doch gar nicht. Ich bestreite nur, dass Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament alleine hinreiched ist um eine liberale Demokratie zu charakterisieren.
Und dass ich gelinde gesagt etwas irritiert darüber bin, dass versucht wird mir politische Systeme als solche zu verkaufen, in denen nicht unterhebliche Teile und wenn man die Kolonien dazu rechnet, die Mehrheit der Bevölkerung von jeglichem Einfluss auf die Wahl dieses Parlamentes de facto ausgeschlossen waren.

Du kannst ja gerne anderer Meinung sein.

und somit einem Royalismus und dem "persönlichen Regiment" das Wort reden will.

Ich habe dich bereits widerholt darum gebeten mir nicht irgendwelches Zeug in den Mund zu legen, was ich deiner Meinung nach wollte.
Ich bitte dich an dieser Stelle noch einmal darum. Was soll das denn?

Ich habe nicht irgendeinem Royalismus das Wort geredet, sondern umrissen, dass die Rolle der Monarchie z.B. in Großbritannien so rein repräsentativ nicht war und ich habe das mit einem konkreten Beispiel aus dem Jahr 1911 belegt, dass in den 1920er Jahren so lange noch nicht zurück lag, im Besonderen, wenn man bedenkt, dass während des 1. Weltkriegs ohnehin Ausnahmezustand herrschte und Konventionen dahinter zurücktraten.

Ferner habe ich, ich wiederhole mich, dargelegt, warum ich der Meinung bin, dass man die politischen Systeme der USA, Frankreichs und Großbritanniens in den 1920er und frühen 1930er Jahren, nicht als "liberale Demokratien", wie wir sie verstehen würden, auffassen kann und ich dementsprechend die Vorstellung, man habe sich von diesen Ideen abgewandt nicht so ganz nachvollziehen kann.
Wo diese Ausführungen irgendeinem "Royalismus" das Wort reden sollen weißt du allein und ich bitte dich noch einmal solch Unterstellungen zu unterlassen.
 
Ich habe nie ein Wort über "liberale Demokratien" in diesem Faden verloren. Es ging um "westliche Demokratien".

Royalismus ist es z.B., wenn ein Monarch eine Regierung nach eigenem Gutdünken einsetzen oder absetzen kann, ohne Rücksicht auf parlamentarische Mehrheiten nehmen zu müssen. An den Haaren herbeigezogene Beispiele bestätigen nicht, dass dies bspw. in Großbritannien zu Beginn des 20.Jahrhunderts der Fall war. Auch dort war die Regierung schon lange vom Parlament abhängig, imho eine westliche Demokratie. Wenn man versucht mit der Brechstange westliche Demokratien mit royalistischen Regierungsformen gleichzusetzen, muss man sich nicht wundern, wenn andere einem "royalistische Auffassungen" attestieren.
 
Ich habe nie ein Wort über "liberale Demokratien" in diesem Faden verloren
Habe ich dir auch nicht unterstellt. Ich habe den Begriff verwendet, weil mir "westlich" zu unscharf erscheint (westlich von wo aus? Und lassen sich die demokratisch-republikanischen Systeme etwa in Spanien und Lateinamerika, was von hier aus unbestreitbar Westen ist, sinnvoll mit denen der USA oder Großbritannien etc. vergleichen?).

Royalismus ist es z.B., wenn ein Monarch eine Regierung nach eigenem Gutdünken einsetzen oder absetzen kann, ohne Rücksicht auf parlamentarische Mehrheiten nehmen zu müssen.

Das nennt sich, wenn es im Rahmen einer Verfassung fixiert ist, nicht "Royalismus" sondern "Konstitutionalismus".

"Royalismus" bezeichnet eine politische Einstellung, die einen grundsätzlichen Vorrag der Institution und Person des Monarchen vor jeglicher anderen Institution postuliert.

An den Haaren herbeigezogene Beispiele bestätigen nicht, dass dies bspw. in Großbritannien zu Beginn des 20.Jahrhunderts der Fall war.

Zunächstmal sind Beispiele, nur weil sie dir nicht in den Kram passen, nicht an den Haaren herbei gezogen.

Es ist von dir postuliert worden, dass wenn es in einer westlichen Demokratie einen Monarchen gäbe, dieser ausschließlich repräsentative Aufgaben habe, kannst du wörtlich so nachlesen.
Diesen Umstand hast du als "Verfassungswirklichkeit" bezeichnet.

Der Umstand, dass im Hinblick auf die heranzitierte Parlamentsakte von 1911 betreffend der Befugnisse des "House of Lords" (und da ging es immerhin um das überkommene Vetorecht der Lords, mit dem das Oberhaus in GB bis 1911 die Verabschiedung von Gesetzen blockieren konnte, also nicht um irgendeine unbedeutende Kleinigkeit), George V. den Lords damit drohte von seinem monarchischen Vorrecht Gebrauch zu machen und im Falle einer Weigerung dem Gesetz zuzustimmen die Zusammensetzung der Parlamentskammer dergestalt zu verändern, dass sie auch ohne deren Einwilligung zustimmen würde, zeigt, dass es mit der von dir postulierten "Verfassungswirklichkeit" so weit her in Großbritannien eben nicht gewesen ist und das deine Charakterisierung der faktischen Rolle der Monarchen in einer "westlichen Demokratie" eben nicht zutreffend ist. Jedenfalls nicht für diesen Zeitraum.

Es sei denn natürlich, du wolltest einräumen, dass es sich bei Großbritannien nicht um eine westliche Demokratie handelte oder aber behaupten, dass der Akt das Oberhaus durch Androhung der Veränderung seiner Zusammensetzung, falls es nicht zustimmte de facto zu erpressen zu den repräsentativen Aufgaben eines Monarchen gehört.

Auch dort war die Regierung schon lange vom Parlament abhängig, imho eine westliche Demokratie.

Die Regierung war de facto dem Parlament gegenüber verantwortlich bis 1911 aber handlungsunfähig, wenn das Oberhaus, dessen Mitglieder mindestens zum Teil vom Monarchen ernannt wurden (und das war kein theoretisches Vorrecht, sondern fand de facto statt), sein Veto einlegte.
Mit anderen Worten: In Großbritannen war die Regierung zwar nicht in der Form dem Monarchen gegenüber verantwortlich, dafür hatte der Monarch aber die Möglichkeit jede Regierung duch Veränderungen der Zusammensetzung des "Hous of Lords" über dessen Veto-Recht, bei jeglichem Vorhaben zu blockieren.

Wenn du das eine "Demokratie" nennen willst, sei dir das unbenommen, ich halte das durchaus nicht dafür.
Von einer tatsächlichen parlamentarischen Demokratie kann man in GB seit 1911 sprechen.
Davon das es sich um ein System handelte, dass seiner Bevölkerung in irgendeiner Form gleiche Rechte und allgemeine Partizipationsmöglichkeiten zuteil werden ließ, nicht vor der Dekolonisation.

Wenn man versucht mit der Brechstange westliche Demokratien mit royalistischen Regierungsformen gleichzusetzen, muss man sich nicht wundern, wenn andere einem "royalistische Auffassungen" attestieren.

Würdest du mal bitte aufhören Gespensterseherei zu betreiben?

Auch wenn dir die historischen Begebenheiten gerade leider nicht in den Kram passen, sie haben einmal stattgefunden.

Und wenn das Intervenieren eines Monarchen durch Drohung die Zusammensetzung des Parlaments qua seiner Vorrechte zu ändern, mal eben zur Aufhebung fundamentaler Rechte einer der Parlamentskammern führt, ist das einmal ein wenig mehr als bloßes Repräsentieren.
Und um Ehrlich zu sein von der monarchischen Marotte gewisser Kaiserreiche in denen der Monarch den Reichstag einfach so oft auflösen und neuwählen lassen konnte, bis ihm das Ergebnis passte, nicht so weit entfernt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das nennt sich, wenn es im Rahmen einer Verfassung fixiert ist, nicht "Royalismus" sondern "Konstitutionalismus".
Nöö, in einer konstitutioniellen Monarchie kann der Monarch im Regelfall die Regierung eben nicht nach eigenem Gutdünken ein- oder absetzen, siehe Beispiele UK oder DK - im Gegensatz zu Griechenland unter Konstantin oder dem persönlichen Regiment von Willizwo.
Wenn mich nicht alles täuscht, hatte das House of Lords bei einer Regierungsbildung, der Exekutive, auch nie mitzureden, sondern nur legislative Kompetenzen. Da das britische Oberhaus nicht gewählt wird sondern per Geblütsrecht oder Ernennung eine immer geringere Rolle einnimmt, spielen wortreiche Ausführungen da auch keine großartige Rolle - im Gegenteil Ausführungen zum Oberhaus bestätigen eine royalistisch/aristokratische Auffassung.

Du musst nicht immer das letzte Wort haben - und damit falle ich zurück in den Shini-Ignoriermodus.
 
Nöö, in einer konstitutioniellen Monarchie kann der Monarch im Regelfall die Regierung eben nicht.....

Eine konstitutionelle Monarchie ist eine Monarchie, die auf einer konstitutionellen Grundlage, mithin also einer Verfassung beruht.
Wenn diese Verfassung dem Monarchen das Recht zubilligt nach eigenem Gutdünken eine Regierung zu ernennen oder zu entlassen, handelt es sich per definitionem um eine konstitutionelle Monarchie, auch wenn es dir nicht gefällt.
Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament ist dafür nicht obligatorisch, insofern die konstitutionelle Grundlage des Systems (Verfassung) solches nicht vorsieht.

Wenn mich nicht alles täuscht, hatte das House of Lords bei einer Regierungsbildung, der Exekutive, auch nie mitzureden, sondern nur legislative Kompetenzen.

Sofern mich nicht alles täuscht hatte es nicht einmal volle legislative Kompetenzen, insofern es, wenn mich nicht alles täuscht kein Initiativrecht hatte, was dem "House of Commons" vorbehalten war und ist.
Nichtsdesto weniger hatte es ein Veto-Recht, womit der Monarch de facto jede Regierung, die er zu seinem Missfallen ernennen musste dadurch scheitern lassen konnte, dass er die Zusammensetzung des "House of Lords" so veränderte, dass diese Regierung keine Vorlage mehr durchbringen konnte.

Damit erfüllte das "House of Lords" de facto eine dem preußischen Zensuswahlrecht und der Sperrminorität im Reichsrat vergleichbare Aufgabe, nämlich die Möglichkeit für den Monarchen jede tiefgreifende unerwünschte Veränderung, die nach dem Willen des der anderen Parlamentskammer zustande gekommen wäre, blockieren zu können.
Und wie gesagt, ob man eine Parlamentskammer dadurch beeinflusst, dass man qua monarchischer Vorrechte einfach neue Mitglieder ernennt oder damit droht, oder ob man damit droht sie aufzulösen und so lange neu wählen zu lassen, bis einem das Ergebnis passt, nimmt sich nicht viel.

In Großbritannien konnte der König die Regierung nicht ähnlich wie in Preußen anweisen dieses und jenes Vorhaben doch bitte in dieser und jener Form einzubringen.
Er konnte der Regierung aber sehr wohl bestellen lassen, dass sie vielleicht erwägen sollten solches zu tun, weil sich sonst nämlich die Zusammensetzung des Oberhauses so ändern und das Veto-Recht des "House of Lords" in einer Weise greifen würde, dass sie nichts mehr zustande brächte.

Da das britische Oberhaus nicht gewählt wird sondern per Geblütsrecht oder Ernennung eine immer geringere Rolle einnimmt, spielen wortreiche Ausführungen da auch keine großartige Rolle -

Ehm, verzeihung, dieses vollkommen unbedeutende Oberhaus hatte bis 1911 zufällig ein Veto-Recht mit dem es Beschlüsse des Unterhauses aufheben konnte.
Und der Stein des Anstoßes, warum es überhaupt eine Debatte darum gab das abzuschaffen, war der Umstand, dass es davon Gebrauch machte, was 1910 als unzeitgemäß betrachtet wurde.

Von Bedeutungslosigkeit dieser Institution kann also bis 1911 keine Rede sein, auch wenn auch das dir nicht in den Kram passt.

im Gegenteil Ausführungen zum Oberhaus bestätigen eine royalistisch/aristokratische Auffassung.

Aha. Wenn man die historischen Tatsachen referiert, die 1910/1911 eine Rolle spielten und darauf hinweist, dass entsprechende Kompetennzen nicht im Rahmen der von dir imaginierten "Verfassungswirklichkeit" ruhen gelassen wurden, sondern de facto eingesetzt wurden, ist das die Bestätigung einer "royalistischen Gesinnung".

Ich lasse das mal unkommentiert.

Du musst nicht immer das letzte Wort haben

Ich reiße mich auch durchaus nicht darum, du könntest das ganz einfach vermeiden, wenn du es unterlassen würdest mir in hahnebüchender Weise irgendwelche skurrilen monarchischen Ideologien zu unterstellen.
 
Ehm, verzeihung, dieses vollkommen unbedeutende Oberhaus hatte bis 1911 zufällig ein Veto-Recht mit dem es Beschlüsse des Unterhauses aufheben konnte.
Ehm Verzeihung, legislative Beschlüsse des Unterhauses, also Gesetzesbeschlüsse. Bei der
Regierungsbildung hatte das Oberhaus nicht mitzureden - und darum ging es. Schon vergessen?
Wenn diese Verfassung dem Monarchen das Recht zubilligt nach eigenem Gutdünken eine Regierung zu ernennen oder zu entlassen, handelt es sich per definitionem um eine konstitutionelle Monarchie, auch wenn es dir nicht gefällt.
Wie man in der konstitutionellen Monarchie Dänemark beispielsweise wunderbar sehen kann, dass dort ständig die Regierung nach Gutdünken vom Monarchen ausgetauscht wird, weil er ja das Recht dazu hat. Du drehst dich im Kreis und scheinst es nicht mal zu merken.

Ich reiße mich auch durchaus nicht darum, du könntest das ganz einfach vermeiden, wenn du es unterlassen würdest mir in hahnebüchender Weise irgendwelche skurrilen monarchischen Ideologien zu unterstellen.
Dann unterlass doch einfach deine hanebüchenen royalistischen Behauptungen.
 
Ehm Verzeihung, legislative Beschlüsse des Unterhauses, also Gesetzesbeschlüsse. Bei der Regierungsbildung hatte das Oberhaus nicht mitzureden - und darum ging es. Schon vergessen?

Der Umstand, dass das Oberhaus, in letzter Instanz also der König keine eigene Regierung ernennen konnten, ist vor dem Hintergrund, dass er über das Oberhaus jede ihm nicht genehme Regierung de facto handlungsunfähig machen konnte inwiefern von Bedeutung?
Ja, der Monarch konnte nicht seinen eigenen Kandidaten ernennen. Er konnte dem Unterhaus aber bestellen, dass er jeden ihm nicht genehmen Kandidaten schon beim Haushaltsentwurf durchfallen lassen konnte.

Wie man in der konstitutionellen Monarchie Dänemark beispielsweise wunderbar sehen kann, dass dort ständig die Regierung vom Monarchen ausgetauscht wird, weil er ja das Recht dazu hat. Du drehst dich im Kreis und scheinst es nicht mal zu merken.

Wer im Glashaus sitzt.............

PS. ich habe mir die Freiheit genommen den Stuss jetzt mal zu melden.
 
Die Deutschen haben letzten Endes den Neutralitätsbruch begangen.
Eben – und jetzt soll das nicht mehr zählen?

Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg hat in den ersten Kriegstagen im Reichstag sinngemäß gesagt, dass man in der Notwehr sei und deswegen die deutschen Truppen Luxemburg besetzt und vielleicht schon belgisches Gebiet betreten hätten. Aber dieses Unrecht würde man wieder gutmachen, sobald man siegreich sein werde.

Aber aus dem Sieg wurden nichts und Deutschland musste den Schaden dennoch wiedergutmachen –> Versailler-Vertrag.

Und von einer Notwehr konnte nicht die Rede sein, denn Frankreich bewegte sich nicht und die Engländer hatten sowieso keine Lust an einem Krieg auf dem Kontinent, aber durch den Einmarsch der deutschen Truppen ins neutrale Belgien – samt der dabei verübten Gräueln gegen die Zivilbevölkerung – wurden sie dazu gezwungen.

Was gibt es da noch zu diskutieren? Weil seinerzeit (1915) und auch später einige Historiker meinten, sich in den Dienst des Vaterlands stellen zu müssen und die Ablehnung Großbritanniens einer Forderung Deutschlands, sich in einem ev. Krieg neutral zu verhalten, als Grund anzugeben, das neutrale Belgien unter Bruch des Völkerrechts zu überfallen?

Das ist nichts als Rechtfertigung eines Angriffskrieges im Nachhinein.
 
Eben – und jetzt soll das nicht mehr zählen?

Behauptet wer? Die Zeilen vorher hast du auch gelesen? Die sind nämlich auch nicht so ganz ohne Bedeutung.

Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg hat in den ersten Kriegstagen im Reichstag sinngemäß gesagt, dass man in der Notwehr sei und deswegen die deutschen Truppen Luxemburg besetzt und vielleicht schon belgisches Gebiet betreten hätten. Aber dieses Unrecht würde man wieder gutmachen, sobald man siegreich sein werde.

Ja, die Deutschen wussten wenigstes was sie da taten und haben das vor der Welt auch zugegeben. Die Alliierten zogen es im Fall Griechenlands mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen.

Was gibt es da noch zu diskutieren?

Jede Menge.
 
Und von einer Notwehr konnte nicht die Rede sein, denn Frankreich bewegte sich nicht und die Engländer hatten sowieso keine Lust an einem Krieg auf dem Kontinent

Ganz so einfach ist das nicht.
Der Punkt ist, dass die russische Generalmobilmachung Deutschland keine andere Wahl ließ als ebenfalls zur Generalmobilmachung überzugehen, was wiederrum Frankreich zwang nachzuziehen, zumal die Deutsche Mobilmachung gemäß dem Schlieffenplan erfolgte, nach Moltke auch gar nicht anders erfolgen konnte, was im Hinblick auf Taktung der Züge, Frontnahe Depots etc. mindestens teilweise auch einsichtig ist, dieser konzentrieerte Aufmarsch im Westen auf Frankreich aber bedrohlich wirken musste.

In dem Augenblick in dem Frankreich und Russland mobilisierten, musste Berlin handeln, weil man wusste, dass man nicht genug Truppen hatte um die eigene Landesgrenze in einem potentiellen Zweifrontenkrieg gegen beide Nachbarn zu verteidigen, wenn diese voll mobilisierten.

In dem Augenblick in dem man beiden erlaubte an der eigenen Grenze aufzumarschieren, hätte man sich vollständig dem Goodwill der Russen und Franzosen ausgesetzt keine Feindseeligkeeiten zu beginnen und das vor dem Hintergrund der französischen Revanchegelüste.

Das sich in dieser Situation die deutsche Regierung selbst in massiver Gefahr sah und für sich beim Handeln geegen Westen "Notwehr" in Anspruch nahm, kann ich durchaus nachvollziehen, zumal man wie gsagt von deutscher Seite her Frankreich einen Vorschlag zur Lokalisierung des Konflikts und zur Vermeidung von Kampfhandlungen im Westen gemacht hatte, den Paris rundheraus abgelehnt hatte.
Insofern Frankreich nicht bereit war der deutschen Seite zu garantieren, nicht gegen Deutschland aktiv zu werden, wenn dieses in Westeeuropa niemanden angriff, durfte man in der Reichsleitung durchaus annhmen, dass Frankreich zum Krieeg gewillt war und nur auf Zeit spielte um die russische Mobilisierung anlaufen zu lassen, bevor es dann selbst losschlug.

Nein, dass in dieser Situation die deutsche Regierung im Westen loszuschlagen befahl, lässt sich durchaus mit einer vorhandenen Zwangslage begründen.
Das Problem lieegt viel mehr darin, dass zuvor der Plan über Luxemburg und Belgien zu gehen überhaupt gefasst wurde und dass intern alle anderen Pläne verworfen worden waren und vor allem liegt das Problem auch darin, dass die Militärs die zivile Reichsleitung nicht auf die prekäre militärische Situation hingewiesen und diese zu äußerster Mäßigung in der vorangegangnen Krise aufgrufen hatte.

So gesehen war Bethmann-Hollweg zu diesem Zeitpunkt nicht zu beneiden, weil er als Zivilist keinen Einblick in die militärischen Planungen hatte, als Verhandlungen noch möglich waren, weil die Militärs die zivile Reichsleitung seheendden Auges in diese Zwangslage hineinstolpern ließen, statt zu intervenieren und weil sein Chef der Kaiser daran versagte den Wahnsinn der Scharfmacher rechtzeitig zu beenden.
 
Wo und wann genau wollten denn die Deutschen nicht von dem Bruch des Völkerrechts in Form des Bruchs der belgischen Neutralität nichts mehr wissen? Bethmann hatte es doch schon vor ganzen Weltöffentlichkeit zugegeben. Die Kompensation bzw. Entschädigung für Belgien war meiner Erinnerung nach doch Eupen Malmedy.
 
Ich darf daran erinnern, dass durch den VV und die entsprechenden folgenden Regelungen auch Belgien reparationsberechtigt war, sowohl in finanzieller Hinsicht als auch im Betreff auf Sachgüter u.a. Reparationskohle, denn die belgischen Minen waren zu nicht unerheblichen Teilen von der deutschen Seite vor dem Rückzug oder beim Rückzug sabotiert worden und die Instandsetzung dauerte.
In diesem Zusammenhang und im Zusammenhang mit der Nichterfüllung hatte sich auch Belgien mit einem Kontingent von 8.000 Mann den Franzosen bei der Ruhrbesetzung angeschlossen.

Es gibt kein wie auch immer geartetes Vertragswerk dass postullierte das Belgien mit Eupen-Malmedy abgefunden sei und keinen weiteren Anspruch auf Reparation habe, der Versailler Vertrag legte das Gegenteil fest.

Insofern von Deutscher Seite gegen die Reparationen im Allgemeinen polemisiert und die überfallenen Länder dabei nicht ausgenommen wurden, kommt das einer Ablehnung der eigenen Verantwortung für die dortigen Zerstörungen gleich, die man durchaus sehr kritisch betrachten darf.
 
In den Artikeln 32,33 und 34 des VV war festgelegt worden, das Belgien Eupen und Malmedy, Gebiete die Preußen 1815 erhalten hatte, als Kriegsentschädigung zuerkannt werden müssen.

Belgien hätte auch gern St. Vith bekommen, musste sich aber mit Eupen und Malmedy begnügen. Das Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung war hier nicht von Relevanz.
 
Hier die Artikel 32 bis 34 des Versailler Vertrages:

Artikel 32

Deutschland erkennt die volle Souveränität Belgiens über das ganze streitige Gebiet von Moresnet (das sogenannte "Neutral-Moresnet") an.

Artikel 33

Deutschland verzichtet zugunsten Belgiens auf alle Rechte und Ansprüche auf das westlich der Straße Lüttich-Aachen liegende Gebiet von Preußisch-Moresnet. Die am Rande dieses Gebietes verlaufende Strecke der Straße fällt an Belgien.

Artikel 34

Deutschland verzichtet außerdem zugunsten Belgiens auf alle Rechte und Ansprüche auf das gesamte Gebiet der Kreise Eupen und Malmedy.
Während sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags werden von der belgischen Behörde in Eupen und Malmedy Listen ausgelegt; die Einwohner dieser Gebiete sind berechtigt, darin schriftlich den Wunsch auszudrücken, daß diese Gebiete ganz oder teilweise unter deutscher Souveränität verbleiben.
Es ist Sache der belgischen Regierung, das Ergebnis dieser [engl. Text: dieser öffentlichen] Äußerung der Bevölkerung zur Kenntnis des Völkerbundes zu bringen, dessen Entscheidung anzunehmen sich Belgien verpflichtet.
 
Was gibt es da noch zu diskutieren?
Jede Menge.
So? Dann beantworte doch bitte die gestellte Frage, warum die Regierung Bethmann Hollweg meinte, sich in Notwehr zu befinden - etwa
Weil seinerzeit (1915) und auch später einige Historiker meinten, sich in den Dienst des Vaterlands stellen zu müssen und die Ablehnung Großbritanniens einer Forderung Deutschlands, sich in einem ev. Krieg neutral zu verhalten, als Grund anzugeben, das neutrale Belgien unter Bruch des Völkerrechts zu überfallen?
Aber bitte ziehe hier nicht die Russlandkarte, denn die Mobilmachung Russlands geschah nachdem in zwei deutschen Presseorganen* berichtet wurde, dass die deutsche Mobilmachung eine beschlossene Sache sei.

* Im Extrablatt der Chemnitzer Volksstimme vom 28. Juli 1914, einem Dienstag, stand – Zitat: "Wie wir aus absolut sicherer Quelle erfahren, steht das Eingreifen Russlands in den österreichisch-serbischen Konflikt unmittelbar bevor. Deutschlands Antwort wird die sofortige Kriegserklärung sein. Die Mobilmachung in Deutschland erfolgt wahrscheinlich schon morgen, ohne allen Zweifel noch im Laufe dieser Woche."

Und am 30. Juli 1914 gegen 14:30 hat der gewöhnlich gut unterrichtete Berliner Lokalanzeiger ein Extrablatt mit der Schlagzeile „Die Entscheidung ist gefallen!“ herausgebracht - Zitat:in dem er die falsche Nachricht verbreitete, Kaiser Wilhelm II. habe die sofortige Mobilmachung der deutschen Truppen befohlen.
(…)
Bis heute ist unklar, inwieweit diese Falschmeldung Einfluss auf die Entscheidung von Zar Nikolaus II. hatte, am gleichen Nachmittag für das Russische Reich die Generalmobilmachung zu erklären, was dann unmittelbar den Ausbruch des Ersten Weltkriegs veranlasste.“


Und selbst wenn man eine Mobilmachung gewöhnlich mit eigener Mobilmachung beantwortet, so bedeutet das noch nicht den Krieg – und das vor allem nicht mit einem Angriffskrieg gegen das neutrale Belgien.
 
In den Artikeln 32,33 und 34 des VV war festgelegt worden, das Belgien Eupen und Malmedy, Gebiete die Preußen 1815 erhalten hatte, als Kriegsentschädigung zuerkannt werden müssen.

Ja, dass sie Teil der Kriegsentschädigung waren, was man unter dem Gesichtspunkt des Selbstbestimmungrechts sicherlich kritisieren kann, legte aber durchaus nicht fest, dass Belgien damit abgefunden sei und keinen Anspruch auf weitere Entschädigung mehr habe.

Unter dem Gesichtspunkt konstruktiver Problembehandlung wäre hier auch zu hinterfragen, was der Umstand, dass die Ostgrenze des Landes um 30 Km nach Osten verschoben worden war die Bewohnern z.B. von Ypern in ihrer Not nutzen sollte?
 
Ja, dass sie Teil der Kriegsentschädigung waren, was man unter dem Gesichtspunkt des Selbstbestimmungrechts sicherlich kritisieren kann, legte aber durchaus nicht fest, dass Belgien damit abgefunden sei und keinen Anspruch auf weitere Entschädigung mehr habe.

Immerhin sind wir uns jetzt schon einmal einig, das Eupen und Malmedy in Versailler Vertrag zu gunsten Belgien abgetreten werden musste. Alles andere steht im Vertrag nicht zu lesen.
 
So? Dann beantworte doch bitte die gestellte Frage, warum die Regierung Bethmann Hollweg meinte, sich in Notwehr zu befinden - etwa Aber bitte ziehe hier nicht die Russlandkarte, denn die Mobilmachung Russlands geschah nachdem in zwei deutschen Presseorganen* berichtet wurde, dass die deutsche Mobilmachung eine beschlossene Sache sei.

* Im Extrablatt der Chemnitzer Volksstimme vom 28. Juli 1914, einem Dienstag, stand – Zitat: "Wie wir aus absolut sicherer Quelle erfahren, steht das Eingreifen Russlands in den österreichisch-serbischen Konflikt unmittelbar bevor. Deutschlands Antwort wird die sofortige Kriegserklärung sein. Die Mobilmachung in Deutschland erfolgt wahrscheinlich schon morgen, ohne allen Zweifel noch im Laufe dieser Woche."

Und am 30. Juli 1914 gegen 14:30 hat der gewöhnlich gut unterrichtete Berliner Lokalanzeiger ein Extrablatt mit der Schlagzeile „Die Entscheidung ist gefallen!“ herausgebracht - Zitat:in dem er die falsche Nachricht verbreitete, Kaiser Wilhelm II. habe die sofortige Mobilmachung der deutschen Truppen befohlen.
(…)
Bis heute ist unklar, inwieweit diese Falschmeldung Einfluss auf die Entscheidung von Zar Nikolaus II. hatte, am gleichen Nachmittag für das Russische Reich die Generalmobilmachung zu erklären, was dann unmittelbar den Ausbruch des Ersten Weltkriegs veranlasste.“


Und selbst wenn man eine Mobilmachung gewöhnlich mit eigener Mobilmachung beantwortet, so bedeutet das noch nicht den Krieg – und das vor allem nicht mit einem Angriffskrieg gegen das neutrale Belgien.

Zur besseren Übersicht einmal die Daten der einzelnen Mobimachungen:

25. Juli Serbien ordnet die Mobilmachung an
26.Juli (offiziell) Russland beginnt mit der Kriegsvorbereitungsperiode
27.Juli England stellt die vorgesehene Demobilmachung seiner gesamten Flotte nach der Probemobilmachung ein.
28.Juli Kriegserklärung Österreich-Ungarn an Serbien
29.Juli England erläßt die sogenannten Warnungstelegramme für Herr und Marine
29.Juli Montenegro befiehlt die Mobilmachung
30. Juli Russland befiehlt die Mobilmachung
30. Juli Frankreich befiehlt die Aufstellung des Grenzschutzes gegen Deutschland
31.Juli Österreich-Ungarn befiehlt die Alarmierung des Grenzschutzes gegen Russland
31.Juli Deutschland erklärt den Zustand der drohenden Kriegsgefahr
31.Juli Belgien ordnet die Mobilmachung an
01.August Frankreich ordnet die Mobilmachung an
02.August England macht die Flotte mobil
02.August Deutschland ordnet die Mobilmachung an
04.August England macht das Heer mobil
 
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