Partisanenkrieg im Ersten Weltkrieg?

Geben kriegs- & völkerrechtliche Fragen Auskunft über das Ausmaß und die Art und Weise des belgischen Widerstands 1914? U
Sie geben insofern Auskunft, indem man damit definieren kann, über was genau geredet wird. Über Freischärler, Franctireure, Partisanen, ziviler Widerstand, Milizen? Das auszudifferenzieren ist essentiell für die Beantwortung der Frage und wurde mMn gerade auf dem Symposium eher vernachlässigt.

Wie viel Zeit braucht man denn um so etwas zu organisieren? Sicherlich kaum mehr als ein paar Tage, die hatten die Bewohner der Grenzgebiete sicherlich nicht, der Rest des Landes hingegen schon.
Gut, in größeren Städten im Hinterland wie Lüttich ist das vorstellbar. Aber wir befinden uns damit im spekulativen Bereich und dort befinde ich mich nicht gern. Es fehlt der Nachweis.
 
Der völkerrechtliche Aspekt ist sicher interessant bei der internationalen Wahrnehmung der deutschen Handlungen in Belgien.
Denn die negative Haltung des DR zum Völkerrecht war ja vorher schon bei den Verhandlungen 1899 und 1907 auffällig.

Inwiefern negative Haltung zum Völkerrecht an und für sich und inwiefern in einer Form, die unter den Großmächten insgesamt auffällig wäre?
 
Inwiefern negative Haltung zum Völkerrecht an und für sich und inwiefern in einer Form, die unter den Großmächten insgesamt auffällig wäre?
Ich beziehe mich da auf die Friedenskonferenzen 1899 und 1907. Bei diesen hat das DR die geringste Bereitschaft gezeigt Zugeständnisse zu machen und ist weitgehend der Einstellung des Kaisers gefolgt, welche sich in einer seiner Randbemerkungen findet:
"Damit er [Nikolaus II] sich nicht vor Europa blamire, stimme ich dem Unsinn zu! Aber werde in meiner Praxis auch für später mich nur auf Gott und mein scharfes Schwert verlassen und berufen!"
(zitiert durch Payk - Frieden durch Recht? - S.67)
Gut beschrieben ist die Verweigerungshaltung des DR auch bei: Dülffer - Regeln gegen den Krieg.
Schon vor dem Ausbruch des Krieges hatte das DR den Makel als Verächter des Völkerrechts zu gelten.
 
Es fehlt der Nachweis.
Das ist der springende Punkt, auf den die Historiker immer wieder hinweisen. Aber hier geht ein Historiker (Keller) darüber hinweg und sagt: Das und jenes ist widerrechtlich Geschehen, aber die Belgier haben alle Beweise vernichtet, doch wir haben zum Glück unser Weißbuch, die Aussagen darin müsse man ernst nehmen. Dass sich die deutsche Generalität angesichts der Gräuel in Beweisnot befand als sie die Zeugenbefragungen veranlasste, und dass den befragten Soldaten klar war, dass sie sich selbst belasten würden, wenn sie zugaben, Zivilisten ohne triftigen Grund erschossen und Dörfer und Städte niedergebrannt zu haben, ist bei Keller keine Erwähnung wert.

Dieses Vorgehen ist eines Historiker unwürdig, eigentlich müssten alle Historiker jetzt aufstehen und sagen: Das ist keine Arbeit, über die es sich zu diskutieren lohnt.
 
Schon vor dem Ausbruch des Krieges hatte das DR den Makel als Verächter des Völkerrechts zu gelten.

Ganz vorsichtig hierzu:

Inwiefern unterscheidet sich die deutsche Haltung zum Völkerrecht in praxi von dem, wie die anderen Mächte damit umgingen?
Andere Mächte mögen sich schneller bereitgefunden haben den entsprechenden Abkommen zuzustimmen, waren dann aber auch sehr schnell bereit diese souvrän zu missachten.

Die Art und Weise etwa, wie die Briten teilweise im 2. Burenkrieg mit der Bevölkerung der Südafrikanischen Republik und des Oranje-Freistaats umgingen und die Art und Weise wie von britischer Seite hier auf zivilen Widerstand reagiert wurde, war dem, was die Deutschen 1914 in Belgien taten durchaus nicht unähnlich, die zivilen Verluste auf Seiten der Burenrepubliken überstiegen die militärischen um das 4-5 Fache.

Damit das ganze nicht nicht in einem dumpfen whataboutims verkommt:

Ich würde sagen in praxi hielt es keine der europäischen Mächte, auch nicht die USA, auch nicht Japan für notwendig, die kriegsrechtlichen Konventionen, auf die man sich geeinigt hatte, auch in der kolonialen Sphäre zur Geltung kommen zu lassen.
Mit dem traurigen Höhepunkt der internationalen "Intervention" in China, bei der man sich beim Missachten jeglicher Reschtsgepflognheiten noch gegenseitig unterstützte.

Ich beziehe mich da auf die Friedenskonferenzen 1899 und 1907. Bei diesen hat das DR die geringste Bereitschaft gezeigt Zugeständnisse zu machen und ist weitgehend der Einstellung des Kaisers gefolgt, welche sich in einer seiner Randbemerkungen findet

Naja, die Geringste Bereitschaft kann ja schon einmal insofern nicht sein, als dass es eine ganze Reihe von Staaten gab, die die Novellierung der HLKO im Gegensatz zu Deutschland 1907 zunächst mal nicht ratifizierten darunter unter anderem Italien und das Osmanische Reich.


Im Übrigen zum Völkerrecht, gehört ja nicht nur der Landkrieg, sondern letztendlich auch Seekrieg und auch hier gab es ja Bestrebungen mit der Londoner Seerechtsdeklaration 1909 eine zum Landkrieg analoge, völkerrechtliche Ordnung auf die Beine zu stellen.
Diese scheiterte wohl ganz maßgeblich daran, dass sich das Britische Oberhaus schlicht weigerte eine Ratifikation der Konvention zuzustimmen.


Insofern um nicht missverstanden zu werden, ich sehe wohl die Geringschätzung, die von deutscher Seite dem Völkerrecht in dieser Zeit entgegengebracht wurde.
Ich sehe nur ehrlich gesagt nicht unbedingt den Unterschied zu anderen Akteuren, die ebenfalls ganz schnell abwiegelten, wenn sie meinten, dass etwas ihre Handlungsfreiheit in ihren Interessengebieten beschnitt oder die ganz einfach mal ganz souverän missachteten, was eben beschlossen wurde (in der kolonialen Spähre meinte ja ohnehin niemand sich an Recht und Gesetz halten zu müssen).
 
Das und jenes ist widerrechtlich Geschehen, aber die Belgier haben alle Beweise vernichtet, doch wir haben zum Glück unser Weißbuch, die Aussagen darin müsse man ernst nehmen.
Darf ich anmerken, dass ich es für äußerst interessant finde, dass du die festgehaltenen Aussagen der Soldaten zum Thema Partisannkrieg von vorn herein in Bausch und Bogen als unglaubhaft verwirfst, während du aber gleichzeitig bereit bist, auf die Aussagen beteiligter Soldaten eine Aklage gegen Teile der Generalität (Fall Stenger) abstützen zu wollen, respektive sie hier sogar als Beweis anführen möchtest?

Scheint mir ein sehr interessanter Vorgang, für eine per se unglaubwürdige Quellengattung. ;-)
 
Na gut, dann im Ernst: Muss die Heldenverehrung und der Kniefall vor renommierten Historikern hier soweit gehen, dass diskutiert wird, dass sie das , was sie gesagt haben bestimmt gar nicht gesagt haben, oder anders gemeint haben oder wir wahrscheinlich nur zu dumm sind, es zu verstehen?

Diese seitenlange Schönrednerei dieses revisionistischen Werks und seiner durchaus nicht unbekannten Claqueure nervt zusehends.
 
Na gut, dann im Ernst: Muss die Heldenverehrung und der Kniefall vor renommierten Historikern hier soweit gehen, dass diskutiert wird, dass sie das , was sie gesagt haben bestimmt gar nicht gesagt haben, oder anders gemeint haben oder wir wahrscheinlich nur zu dumm sind, es zu verstehen?

Dann würde mich doch mal interessieren, wo ich mich in irgendeiner Weise zu Krumeich geäußert habe, die man als "Heldenverehrung" auffassen könte.

Es scheint dir entgangen zu sein, dass ich der Kritik von @Ugh Valencia an der Benutzung des Begriffs "Heimtücke" in #575 ausdrücklich im Grundsatz zugestimmt habe.

Ich habe hierzu ausdrücklich als Antwort an Ugh geschrieben:

Ich bin mir darüber hinaus auch gar nicht sicher, ob Krumeich hier tatsächlich "Heimtücke" im juristischen Sinne meinte oder ob er den Begriff einfach nur als ausschmückendes Adjektiv verwendet hat.

So oder so, würde ich deine Kritik an der Verwendung dieses Begriffs im Grundsatz teilen, weil man sicherlich davon ausgehen kann, dass ein Großteil der involvierten Soldaten jedenfalls nicht als arg- und wehrlos gelten kann und es sich somit falls im juristischenn Sinne zu verstehen jedenfalls um eine unzulässige Generalisierung handelt.

Im Fall, dass es hier nicht explizit um den juristischen Begriff ging, wäre noch immer zu monieren, dass sich daraus eine unnötige und nicht unbedingt sachdienliche Parteinahme für die deutschen Soldaten ableiten ließe, die sicherlich jedenfalls so nicht sein muss und der Sache einer möglichst nüchternen unpolitischen Betrachtung keinen guten Dienst erweist.

Das ist sicherlich jedenfalls suboptimal und da hätte man von jemandem, der so lange im Geschäft ist mehr Fingerspitzengefühl erwarten dürfen, insofern würde ich dir im Grunsatz zustimmen.

Kannst du auf Seite 29 in #575 gerne nochmal nachlesen.


Ich weiß ja nicht, wie deine Definition unktitischer Heldenverehrung aussieht. Aber wenn diese Äußerung von dir als unkritische Heldenverehrung Krumeichs verstanden wird, fürchte ich, dass du mit dieser Meinung ziemlich allein darstehst.

Diese seitenlange Schönrednerei dieses revisionistischen Werks und seiner durchaus nicht unbekannten Claqueure nervt zusehends.

Und jetzt würde ich denn auch gerne wissen, wo ich bittesehr deiner Meinung nach Keller schönrede.
Ich habe mehrfach klar und deutlich geschrieben, dass ich mit seiner These eins zentral durch die belgische Regierung organisierten Partisanenkrieges alles andere als d'accord bin und seine Argumentation für dürftig/unzureichend/nicht überzeugend halte.

Wenn dich der Austausch zum Thema so sehr nervt, warum beteiligst du dich dann daran?
 
Scheint mir ein sehr interessanter Vorgang, für eine per se unglaubwürdige Quellengattung
Einmal geht es um das Weißbuch von 1915, dessen Wahrheitsgehalt man durchaus anzweifeln kann. Es wurde im Krieg von der Armee aus Propagandagründen herausgebracht.
Der Fall Stenger wurde hingegen vor dem Reichsgericht 1921 verhandelt. Dort kann man eine größere Neutralität erwarten. Auch wenn Stenger freigesprochen wurde, so wurden belastende Stimmen gegen ihn zumindest protokolliert. Ich wage zu bezweifeln, dass man im Weißbuch von 1915 Stimmen finden kann, die belastend für deutsche Militärs sind.
Man kann nicht einfach mit der groben Kelle über die Quellengattung "Aussagen deutscher Soldaten" drüber gehen, sondern muss abwägen wann sie, wo, wem gegenüber und unter welchen Bedingungen getätigt wurden.
 
Wenn dich der Austausch zum Thema so sehr nervt, warum beteiligst du dich dann daran?

Und das Thema den Schönrednern überlassen?

Ich weise gerne nochmal darauf hin, dass sich erstens die deutsche Reichswehr im ersten Weltkrieg schwerster Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung Belgiens schuldig gemacht hat, völlig unabhängig von der Existenz oder Nicht-Existenz "heimtückischer Freischärler" und zweitens, dass es keinerlei Beleg dafür gibt, und dieser auch durch Kellers Buch offensichtlich nicht erbracht wird, dass ein irgendwie gearteter von der belgischen Regierung organisierter Partisanenkampf existierte.
Die Behauptungen von "neuen Erklärungen" und andere Formulierungen der oft genug genannten Historiker erscheinen dadurch in einem äußerst seltsamen Licht.
 
Man kann nicht einfach mit der groben Kelle über die Quellengattung "Aussagen deutscher Soldaten" drüber gehen

Dann würde ich mir wünschen, dass Freund Dion von genau dieser Praxis Abstand nehmen würde.

Das mir durchaus bewusst ist, das Aussage eines Soldaten nicht gleich Aussage eines Soldaten ist, kannst du an meinen Ausführugen zum Weißbuch im Vergleich zu nicht für die Veröffentlichung bestimmten Kriegstagebüchern entnehmen.
Anderen muss man vielleicht erst noch bewusst machen, dass solche Argumentationen nicht viel taugen und ich würde es sehr begrüßen, wenn man zur einer sachlichen Debatte zurückkommen würde.
 
Ich weise gerne nochmal darauf hin, dass sich erstens die deutsche Reichswehr im ersten Weltkrieg schwerster Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung Belgiens schuldig gemacht hat

Warum meinst du eigentlich mir klar machen zu müssen, das Wasser nass ist?

Habe ich im gesamten Faden irgendeinen Beitrag verfasst, der die deutschen Verbrechen geleugnet oder den deutschen Umgang mit der belgischen Zivilbevölkerung für rechtens befunden hätte?
Ich meine nicht.

völlig unabhängig von der Existenz oder Nicht-Existenz "heimtückischer Freischärler" und zweitens, dass es keinerlei Beleg dafür gibt, und dieser auch durch Kellers Buch offensichtlich nicht erbracht wird, dass ein irgendwie gearteter von der belgischen Regierung organisierter Partisanenkampf existierte.

Und habe ich in irgendeinem Beitrag behauptet, dass Keller mit seinen Einlassungen irgendwas bewiesen hätte, dass ich der Meinung wäre, seine These vom zentral gesteuerten Franctireurkrieg würde irgendwas taugen?
Ich meine nicht.
Ich meine allerdings im vorlestzten Beitrag und meinen übrigen Einschätzungen zu Keller in diesem Faden das Gegenteil bekundet zu haben.

Die Behauptungen von "neuen Erklärungen" und andere Formulierungen der oft genug genannten Historiker erscheinen dadurch in einem äußerst seltsamen Licht.
Und habe ich für diese Formulierungen und Behauptungen irgendwo offen partei ergriffen? Ich meine nicht. Ich habe lediglich zu verstehen gegeben, dass ich es für legitim halte, wenn sich Hitoriker in diesem Sinne äußern.
Das bedeutet nicht, dass ich das in jedem Fall nachvollziehen könnte oder dem Zustimmung zollen würde, ich bin nur nicht bereit dazu jemanden für den Umstand zu verdammen hierzu eine persönliche oder fachliche Meinung zu haben, die mit meiner nicht unbedingt deckungsgleich ist.

Was also willst du eigentlich von mir?
Wenn dir bestimmte Positionen in der Diskussion gegen den Strich gehen, dann wende dich doch bitte an Diejenigen, die diese Positionen auch tatsächlich vertreten haben.
 
Was also willst du eigentlich von mir?

Warum fühlst du dich von allem angesprochen? Mir geht es um den ganzen Faden hier, das ist eine Diskussion, kein Dialog. Eine Diskussion, in der ich sicher nicht mit allem einverstanden war, was du beigetragen hast, aber mich nicht unbedingt darauf beziehe. Es gibt hier genug andere Beiträge von anderen Teilnehmern, die in eine seltsame Richtung gehen.
 
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