Ein bisschen Vorgeschichte(n) italienisch-türkischer bzw. Lybischer Krieg 1911-1912

Interessant finde ich, das die damaligen internationalen Betrachter des Geschehen praktisch wenig bis gar nicht von meiner eigenen Einordnung abweichen. Ich finde das durchaus nicht einseitig.
 
Unter anderem ist dem Tagesbericht vom 26.09.1911 dann das Folgende zu lesen: " Marquis di San Giuliano habe die meinerseits vorgebrachten Bedenken einer möglichen Rückwirkung auf dem Balkan reichlich erwogen, doch glaube der Minister, daß so eine Gefahr nicht bestehe, zumal es Italien es sich anlegen sein lassen werde, die Aktion auf das Mittelmeer zu beschränken." (1)

Hier wird beispielsweise von einer Rückwirkung auf dem Balkan gesprochen. Das ist etwas anderes als ein italienischer Angriff auf Albanien und darüber hinaus auch kaum misszuverstehen.
 
"Der Libyenkrieg ließ in seinem weiteren Verlauf die militärische Schwäche des Osmansischen Reiches offensichtlich werden. Die Balkanstaaten fühlten sich ermutigt, die Türkei anzugreifen und ihr die Reste des europäischen Territoriums abzunehmen." (1)

Ebenfalls ein unmissverständlicher Hinweis, der meine These stützt.

Ich zitiere hier aus Krethlow seinen Werk, Generalfeldmarschall Colma Freiherr von der Goltz Pascha.

"Auf dem Balkan wurde inzwischen erkennbar, das Serbien, Montenegro und Bulgarien vom italienisch-türkischen Krieg profitieren wollten, um sich auf Kosten des Sultanstaates weiter auszudehnen." (2)

Diese Ausführung stützt meine These ebenfalls sehr nachdrücklich.

(1) Afflerbach, Falkenhayn, S.78
(2) Krethlow, Generalfeldmarschall Colma Freiherr von der Goltz Pascha., S. 365
 
Zuletzt bearbeitet:
Speziell für @shingami

Ich bevorzuge es, Diskussionen dort zu führen, wo sie hingehören.

Hier der Beitrag, der aufzeigt, das ich mit meiner Meinung über den italienische Feldzug nicht alleine dastehe:

Ein bisschen Vorgeschichte(n) italienisch-türkischer bzw. Lybischer Krieg 1911-1912

Hier die deutlichen, nicht misszuverstehenden Ausführungen, bezüglich der Staaten des Balkanbundes:

Ein bisschen Vorgeschichte(n) italienisch-türkischer bzw. Lybischer Krieg 1911-1912

Ein bisschen Vorgeschichte(n) italienisch-türkischer bzw. Lybischer Krieg 1911-1912

Quellenangaben sind auch dabei. Es ist ein Sache, eine Meinung nicht zu teilen, eine ganz andere aber dafür sich aber in ein Forum zu begeben, um über die Meinung des Diskussionspartner, selbst keine Quelle zu benennen, herzuziehen, das ist einzigartig. Ich hoffe nur, das dieses Beispiel hier keine Schule macht.
 
Der Faden nennt sich

Ein bisschen Vorgeschichte(n) italienisch-türkischer bzw. Lybischer Krieg 1911-1912​


Die Vorgeschichte(n) des Libyschen Krieges enthält viele Perspektiven; ein paar Gesichtspunkte, die in der einschlägigen wissenschaftlichen Lit. zu diesem Krieg öfter oder fast immer genannt werden, soweit in der kurzen Recherche greifbar, werden unten aufgeführt.

Teil 1

  • Spätestens mit Vollendung der Italienischen Einheit ab 1870 entstanden weit verbreitete Vorstellungen eines neuen Römischen Imperiums als Erbe des antiken Römischen Reiches. Welches u.a. erneut das zentrale Mittelmeer sowie die 'Vierte Küste' direkt gegenüber Süditalien/Siziliens beherrschten sollte, mithin vor allem die Provinz Tunesien des Osmanischen Reiches. Tausende italien. Siedler nahmen dort Land, ließen sich nieder, ital. Firmen dominierten schließlich das Gebiet wirtschaftlich - in zunehmender Konkurrenz mit franz. Firmen und Bestrebungen. Die diplomatisch mit Einverständnis der Großmächte sowie militärisch durchgesetzte franz. Errichtung eines Protektorats 1881 vergiftete über mehr als 10 Jahre das Verhältnis zwischen den franz. und ital. Administrationen, forcierte Roms Beitritt in das Zweierbündis und weckte das Interesse der römischen Administration am einzig noch 'freien' Gebiet unter der formalen Osmanischen Oberherrschaft in Nordafrika, nach antiker römischer Tradition im Königreich Italien 'Libyen' genannt. (Q: Bruce Vandervort, A Military History of the Turco-Italian War (1911-1912) for Libya and its Impact on Italy’s Entry into the First World War, in: Vanda Wilcox (Hrsg.), Italy in the Era of the Great War (2018), S. 14-29, S. 15.)

  • Zuvor hatte der Berliner Kongress 1878 im Nachgang des russ.-osmanischen Krieges diverse informelle Absprachen, formelle Abkommen und weitere, nach Ende des Kongresses fortgesetzte informelle Absprachen bewirkt und eingeleitet hinsichtlich der Neuordnung Europas. ÖU konnte so mit britischer Unterstützung Bosnien besetzen, GB in Übereinkunft mit der osmanischen Regierung Zypern, die tunesische Provinz des Osmanischen Reiches wurde in informellen Gesprächen (GB, auch Dtl.) der franz. Reg. als Einflussgebiet zugebilligt (Nachbarland Algerien war schon länger franz. annektiert worden)

  • Bereits Ende 1884 begannen in Rom ernsthaftere Besetzungs-Planungen für 'Libyen', da die ital. Regierung Bestrebungen der franz. Regierung wahr genommen hatte, nach Tunesien nun auch in Marokko zunehmend Einfluss aufzubauen in Perspektive, dort ebenfalls ein franz. Protektorat zu errichten (Q: Bruce Vandervort, S. 15).
    Womit sie in Konkurrenz mit neuen Ambitionen der ital. Regierungen trat, die ihrerseits auch Marokko als neues lohnenswertes Objekt ital. Einflussnahme gesehen hatte, nach der 'Tunis-Niederlage'.

  • Dass es intensive Bemühungen der franz. Administration hinsichtlich Marokkos gab, war offenkundig und spiegelte sich unter anderem in einer Bemerkung des britischen Premierministers Salisbury während eines Gesprächs mit dem dt. Botschafter in London, Graf Hatzfeldt, im Februar 1887 wider (Telegramm vom 5. Februar 1887, Dt. Botschaft an das Dt. AA in Berlin), in welchem Salisbury meinte, Hatzfeld möge Bismarcks Aufmerksamkeit auf Marokko lenken, und Salisbury habe ganz vertraulich hinzugefügt, daß ein weiteres und ernstliches Vorgehen Frankreichs dort in seinen Augen für England ein Kriegsfall sein würde. (Q: GP 4, S. 303, # 884)

Teil 2


  • In dem Zusatzvertrag Dt. Reich-Königreich Italien vom 20. Februar 1887 werden die Ansprüche der ital. Reg. wg. Marokko und Tripolitanien anerkannt. (Q: Alfred Pribram, The secret Treaties of Austria-Hungary 1879-1914, Vol. 1 (London 1920), S. 110-115, S. 114)

  • In der britisch-italienischen Übereinkunft vom 12. Februar 1887 werden die ital. Ansprüche auf die nordafrikanischen Küstengebiete anerkannt, und speziell nochmals in 'Libyen'. (Q: Alfred Pribram, The secret Treaties, S. 96 f.)
    Die Verständigung wird wesentlich von Bismarck gefördert.

  • Dieser britisch-italien. Mittelmeerentente tritt Ende März 1887 die ÖU-Regierung bei, wiederum von Bismarck gefördert.

  • 1900, 1901 und 1902 gab es zw. franz. und ital. Reg. Absprachen/Verständigungen wg. Marokko und Libyen, wobei die ital. Seite die Ansprüche von Paris hinsichtlich Marokko nun anerkennt, Paris umgekehrt jene der ital. Reg. auf Libyen ebenfalls. Vor allem die Visconti Venosta-Barrère Übereinkunft (1901) stellte den Zusammenhang her zwischen einer 'Modifikation' der politischen oder territorialen Integrität Marokkos und einem entsprechenden Recht der ital. Regierung, entsprechend ihren Einfluss in Libyen 'weiter zu entwickeln'. Oder einfacher: Die italien. Regierung ist nur dann frei, nach Libyen zu gehen, nachdem 'Frankreich' nach Marokko gegangen ist. (Q: Timothy Childs, Italo-turkish Diplomacy and the war over Libya 1911-1912, 1990, S. 4 f.).
Was natürlich in der 2. Marokko-Krise 1911 wirksam wurde, nachdem franz. Truppen Teile Marokkos besetzt hatten.​

Die Prinetti-Barrère Erklärung vom 30.6.1902 zwischen ital. und franz. Regierung stellte dann fest, dass beide Parteien unabhängig voneinander in Marokko bzw. ‚Libyen‘ tätig werden können (Q: Timothy Childs, Italo-turkish Diplomacy, S. 6 f.)​


  • In einer Geheim-Erklärung vom 30. Juni 1902 anerkannte die ÖU-Regierung gegenüber der ital. Regierung die Ansprüche der italien. Reg. hinsichtlich Tripolitaniens und der Cyrenaika. (Q: Alfred Pribram, The secret Treaties, S. 233.)

  • in der Geheimübereinkunft/Notenaustausch von Racconigi am 24.10 1909 zw. russ. und italen. Regierung wurden die italien. Ansprüche auf Libyen anerkannt (Q: Timothy Childs, Italo-turkish Diplomacy, S. 10)

Die aktuell damals nach Marokkokrise 2 angesichts der kürzlich überwundenen großen Krise daraus vielfach empfundene Rücksichtslosigkeit der ital. Administration im militärischen Vorgehen ergibt sich nachvollziehbar aus damaligen Situation. Ein Allgemeinplatz, der hier nicht weiter und erneut abgebildet werden braucht, speziell, wenn die Vorgeschichte, der Zweck des Faden, erneut ausgeblendet wird.

Viele Entscheider in den Administrationen der Großmächte lehnten das ital. Vorgehen ab damals unmittelbar nach der Beendigung der II. Marokkokrise - keine Neuigkeit.
Und keine der bzw. die Großmächte versuchte(n) (nicht) mit massiven Mitteln die weitere Kriegsführung Roms zu unterbinden oder stellte ein Ultimatum.

Der römische 'Alleingang' ist selbstverständlich nicht die Folge feststehender, unveränderlicher negativer Charaktereigenschaften Italiens oder römischer Entscheider oder der italienischen Politik generell, isolierte, kontextfreie feststehende negative Eigenschaftszuschreibungen, wie sie vielfach auch dem ehemaligen Dt. Kaiserreich nach 1918 zugeschrieben wurden, vermeiden wir natürlich.

Ein Versuch der Vertiefung:
Wenn, dann wollte sich vor allem das jungtürkisch geprägte Regime unausgesprochen nicht mehr und erst recht nicht von der italien. Reg., welches wohl Italien ebenfalls als Großmacht 2. Ranges betrachtete, vorführen lassen. Das war zuvor schon dadurch sichtbarer geworden, dass die osmanische Verwaltung vor Ort unter jungtürkischer Zentralregierung einen Kleinkrieg gegen die ital. Einflussnahme verstärkte oder gar initiierte - obwohl das, was die ital. Regierung in Tripolitanien förderte, damals politisch-imperial gesehen absolut business as usual gewesen war. Siehe Tunesien, siehe Marokko, siehe Ägypten; Fälle, die allerdings v o r der Machtübernahme durch das jungtürkische Regime begonnen hatten bzw. durch geführt worden waren.

Ein wichtiges Ereignis, welches die Bereitschaft zum Widerstand, zur Gegenwehr von Seiten des Regimes in Konstantinopel anscheinend erheblich förderte, war die von Vertretern der ital. Reg. Anfang Oktober 1911 der Osmanischen Reg. gegebene Absichtserklärung, 'Libyen' nach Besetzung staatsrechtlich annektieren zu wollen. Das ging, auch nach Gepflogenheiten unter den Großmächten damals, gar nicht. Zumindest nicht so. Und davon hatte auch San Giuliano abgeraten, allerdings konnte er sich im Kabinett gegen Giolitti und den ital. König nicht durchsetzen.
 
@andreassolar
Einmal mehr ignoriert du Fragen anderer User. Du hoppelst einfach weiter und hinterlässt eine Baustelle nach der anderen und spielst dich gleichzeitig auch noch als Oberlehrer auf. Ich erinnere dich einmal an die folgenden, immer noch ausstehenden Fragen:

dekumatland schrieb:
eine weitere, von mir interessehalber schon zweimal gestellte Frage, ist ebenfalls noch offen: ob die franz. Militärmission zu Anlage moderner Festungsbauten nach franz. Mustern geführt hatte.

und

Turgot schrieb:
Ich fasse einmal zusammen, wo du noch alles Antworten, ich meine es sind noch mehr, dazu müsste ich nachsehen, schuldig bist:

Die Quellen hinsichtlich der Verträge von Eydoux.
Die Frage hinsichtlich Schmidt nicht beantwortet.
Die Frage hinsichtlich der Großen Politik nicht beantwortet.

Dann sind da noch die ganzen offenen Fragen in #324 und #342 im Faden zu Poincarés Besuch in Petersburg zu nennen.

Vielleicht könnte ja einmal ein Moderator auf dieses sehr unübliche Diskussionsverhalten von @andreassolar mit einen entsprechenden Hinweis etwas bewirken.
 
Die nachgefolgt wiederholt kontextreduzierten oder kontextlosen Beiträge zum Fadenthema der Vorgeschichte des Krieges können zu einem vereinfachten Abbild führen, welches den komplexen Beziehungen und Interaktionen sowie Traditionen und Interessen weniger angemessen ausfällt.

Ein Auszug aus den BD, Band III, deutschsprachige Ausgabe:

Arthur Nicolson, Algeciras (Marokko-Konferenz), an Edward Grey, 25.1.1906, Nr. 256, Anm. S. 379 f.:
[...]​
Der Plan, Italien hereinzuziehen, wirft die interessante Frage auf, wieweit dies Land hinsichtlich Marokkos durch die 1900 mit Frankreich getroffene Vereinbarung gebunden ist. Wir sind nie vom genauen Inhalt dieser Vereinbarung unterrichtet worden, die der Marquis Visconti Venosta zustande gebracht hat und die eine Folge des englisch-französischen Abkommen über die Abgrenzung der beiderseitigen Interessensphären in Afrika nach dem Zwischenfall on Faschoda war. Aber aus einer veröffentlichten Unterredung mit Herrn Delcassé, über die 1902 in der italienischen Presse berichtet wurde, geht klar hervor, daß sowohl Marokko wie Tripolis den Gegenstand der französisch-italienischen Vereinbarung bildete. Herr Rouvier [franz. Premierminister, Anm. von mir] äußerte kürzlich die Erwartung, daß der Marquis Visconti Venosta [Vertreter der ital. Regierung in Algeciras, Anm. von mir]‚ den Geist dieser Abmachung gemäß‘ handeln würde.

Die Anmerkung wurde von Crowe und Edward Grey am 26.1. angefertigt.
Und spiegelt gut die komplexen Beziehungen, Interessen, Folgen und Interaktionen wieder.

Selbstverständlich "ging die ital. Regierung in der Algeciras-Konferenz leer aus".
 
Es war anscheinend u.a. die dt. Reichsleitung, die sehr starken Druck auf König & Regierung in Rom ausübten wg. Marokko & Co., wg. der Ansprüche Roms aus der franz.-ital. Vereinbarung von 1900, die Berlin auf d. AlgecirasKonferenz 1906 negierte.
Vgl. BD III, # 325, 3.3.1906.
 
Für @shingami

Marokko war der Auslöser für die aggressive italienische Politik gegenüber Konstantinopel. Jetzt wollte Italien sich auch eben sein Stück Kuchen sichern, bevor nicht mehr vorhanden ist. So weit alles bekannt.

Problem war bloß, Anspruch bzw. Wunsch der italienischen Regierung und die raue Wirklichkeit. Zuletzt bei Adua 1896 zu beobachten. Und Italien war bereit das enorme Risiko in Kauf zu nehmen, die sein militärisches Vorgehen gegen Tripolis für den Balkan bedeuten würde. San Giuliano war sich der Gefahren absolut bewußt. Er schrieb an König und Ministerpräsident am 28.07.1911. Er räumte die Wahrscheinlichkeit ein, das der Schaden, den das Osmanische Reich erleiden würde, die Völker des Balkans zu Aktionen gegen das Osmanische Reich verleiten würde und das eventuell Österreich-Ungarn fast schon zwingen würde, auf dem Balkan einzugreifen. (1)

Damit ist meine These endgültig bestätigt.

(1) Clark, Schlafwander, S.324
 
Es war anscheinend u.a. die dt. Reichsleitung, die sehr starken Druck auf König & Regierung in Rom ausübten wg. Marokko & Co., wg. der Ansprüche Roms aus der franz.-ital. Vereinbarung von 1900, die Berlin auf d. AlgecirasKonferenz 1906 negierte.
Vgl. BD III, # 325, 3.3.1906.

Hervorhebung durch mich. Nach Meinung von dem britischen Botschafter Everton waren die Deutschen der Meinung der Vertrag zwischen Frankreich und Italien bezüglich Marokko sei durch die Beschickung der Konferenz von Algeciras hinfällig. Was hat das für eine Relevanz von das aggressive Ausgreifen Italiens im Jahre 1911?

Worum ging es eigentlich? Kontext? Dieser wurde leider nicht erwähnt.

Es ging um die italienische Unterstützung für die deutsche und österreichische Position auf der Konferenz. Der deutsche Botschafter Monte berichtet unter dem Datum des 03.03. und 07.03.1906 in Summe von seinen fruchtlosen Bemühen. So wollte Monti erreichen, das Venosta entsprechende Anweisungen erhält; dies wurde von Guicciardini mit dem Hinweis abgelehnt, da Venosta für die Konferenz freie Hand erhalten habe und nur als Richtschnur seines Verhalten Italiens Stellung im Dreibund und den Mittelmeerabmachungen mitbekommen hat.

GP Band 21/1, S.246f und 257
 
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Der Faden nennt sich

Ein bisschen Vorgeschichte(n) italienisch-türkischer bzw. Lybischer Krieg 1911-1912​

das stimmt, und zwar ganz dezidiert für die Beiträge #1-#5 - - danach folgen Abschweifungen deinerseits, u.a. darüber, dass Clark nichts tauge. Angesichts der Tatsache, dass das abdriften in "kontextlose" Bereiche von dir begonnen wurde, wirkt deine Mahnung, sich wieder dem Thema zu widmen, sehr ... absonderlich.

in den per deepl übersetzten Passagen Ein bisschen Vorgeschichte(n) italienisch-türkischer bzw. Lybischer Krieg 1911-1912 finden sich viele pathetische Formulierungen ("unsere ( = italienische) nationale Selbstachtung", "nationale Würde" etc) - war das der Stil der Zeit?
 
.a. darüber, dass Clark nichts tauge.

Es könnte bei Lektüre der betreffenden Zeilen von @andreasslar der Eindruck entstehen, das Clark "Geschichtsklitterung" betreibe.

Christopher Clark erhielt im Oktober 2010 erhielt Christopher Clark das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, da seine Forschungen einen wichtigen Beitrag zu den deutsch-britischen Beziehungen geleistet haben.

2013 wurde ihm Clark der Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch für sein Werk Die Schlafwandler verliehen.

2014 erhielt er den Arenberg-Preis.

2015 wurde Clark für seine „Verdienste um die britisch-deutschen Beziehungen“ zum Ritter geschlagen.[

2015 wurde er korrespondierendes Mitglied der philosophisch-historischen Klasse im Ausland der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

2019 wird Clark Mitglied des Ordens Pour le Merete für Wissenschaft und Künste.

2022 erhielt Clark die Karlsmedaille.

2022 Christopher Clark der Bayrische Buchpreis und noch im gleichen Jahr durch Bundespräsident Frank Walter Steinmeier das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern verliehen.


Wer so mit Ehrungen überhäuft wurde, ist wohl kaum jemand, der sich daran macht, Geschichte zu verfälschen.
 
Noch etwas zu der oben in die Diskussion gebrachte Konferenz von Algeciras.

Die deutsche Diplomatie konnte sich bei ihrem Wunsch/Willen nach italienischer Unterstützung auch durchaus auf dem Dreibundvertrag berufen. Es gab dort ein Bestimmung, die dahin ging, in der sich die Partner in gemeinsam interessierenden Fragen internationale Unterstützung zusagen.
Und Italien hatte kein Interesse an der Tunifizierung Marokkos.

im September 1905 war Tittoni in Deutschland zu Besuch. Über die anstehende Konferenz, beispielsweise mögliche auftretende Probleme, wurde nicht wirklich eingehend gesprochen.

Tittoni fuhr mit erfreulichen Gefühl nach Hause, zwischen Deutschland und Frankreich sei ja bereits im Vorfeld alles ausgehandelt, während Bülow und Holstein glaubten, das Italien Deutschland auf der Konferenz unterstützen werde.

Konferenzbevollmächtigter wurde Visconti-Venosta; ein Cousin Tittonis. Venosta wollte und hat Deutschland nicht unterstützt, deshalb die "Pressionen" von Monte. Venosta wollte vermitteln; nicht Deutschland unterstützen. Das war der Stein des Anstoßes.Italien wollte nicht Partei ergreifen, was für Rom sicher nicht einfach war, da beide Blöcke Gefolgschaft forderten.

Der Beauftragte Österreich-Ungarn Welsersheimb hatte den Auftrag bekommen, Deutschland zu unterstützen, aber nach Möglichkeit einen Ausgleich herbeizuführen.

Venosta hatte hingegen von San Giuliano freie Hand erhalten. Venosta riet davon ab, Berlin den Inhalt der französisch-italienischen Vereinbarungen über Marokko mitzuteilen; das wäre aber bestimmt loyaler und wohl auch klüger gewesen.

So ist Bülow nach vor Konferenzbeginn klar geworden, das die Konferenz eine Pleite werden zu drohte.

In Berlin war man ziemlich wütend auf Italien, wurde doch in Algeciras die eigene Isolierung offenkundig, stand doch zu befürchten, das nun auch noch England sich mit Russland arrangieren würde, und dann noch der eigene, nicht treue Verbündete. So empfanden die deutschen Staatsmänner. Man gab den Italienern die Schuld an der Pleite von Algeciras.

Ich denke, so kann #51 verstanden und auch eingeordnet werden.
 
Damit ist meine These endgültig bestätigt.
Nicht annähernd.

Denn selbst wenn es denn zuträfe, dass San Giuliano dies dem König schriftlich mitgeteilt habe (geht das aus dem Schreiben wörtlich hervor, oder ist das Interpreation seitens Clark? Ich habe das nicht vorliegen, kann es daher nicht verifizieren), wäre das der Beleg, dass San Giuliano das so auf dem Schrim hatte.
Deine Einlassung, dass mehr oder weniger ganz Europa diese Gefahr gesehen habe, wäre dadurch nicht belegt.
 
Das ist wohl schon lächerlich. Erstens wofür? Zweitens ein Kleinstaat stellt im Zeitalter des imperialismus gegenüber einer Großmacht den Anspruch auf Kompensation. Ernsthaft jetzt?
1. Für den erlittenen Nachteil des Anwachsens der Macht eines anderen Akteurs und dafür das ohne Gezeter hingenommen zu haben, wofür sonst?

2. Ja, soll schon vorkommen. oder warum war man seitens Sardinien-Piemont anno 1860 pampig auf die Franzosen und gegenüber Wien, weil man Nizza und Savoyen an Frankreich abtreten musste, als Kompensat dafür aber nur die Lombardei von Frankreich übertragen bekam, statt wie erwartet die Lombardei und Venezien (dessen Eroberung man im Krieg gegen Österreich zuvor wegen der internationalen Verwicklungen nicht realisieren konnte)?

Artikel 25 des Berliner Vertrages:
Die Provinzen Bosnien und Herzegowina werden von Österreich-Ungarn besetzt und verwaltet werden.
Eben. Nicht annektiert.
Folglich stellte die Annexion einen Eingriff in die Souveränität des Osmanischen Reiches und eine Grenzverschiebung dar.

Serbien hatte null Ansprüche. Österreich-Ungarn besaß defacto die Provinzen schon; auch wenn dies Belgrad nicht passte.
Etwas verwalten zu dürfen und etwas zu besitzen, sind nach wie vor zwei verschiedene Dinge.

Wenn bestellte Verwalter sich den Besitz dessen, was sie da verwalten sollen anmaßen, nennt man das für gewöhnlich Diebstahl.

Vor so einen Schritt hatte Aehrenthal die Italiener eindringlich gewarnt.
Womit also geklärt wäre, dass er italienische Ambitionen auf dem Schirm hatte, womit so lange er sich auf Andeutungen beschränkte ohne die Balkanstaaten als Akteure klar zu bennenen nicht so einfach festzustellen ist, ob er da an die oder italien dachte.

Ich zitiere den italienischen Außenminister: Er wisse, "das Österreich wirklich nur die Erhaltung und Ruhe und den Frieden im Balkan und namentlich in Albanien anstreben." Nachzulesen in der GP. Und das aus dem Munde von San Giuliano. Das wird auch dem anderen Großmächten bekanntgewesen sein. Ergo kamen nur die Staaten des Balkanbundes in Frage.
Was bedeutet, dass er nicht der Meinung war, dass sich Österreich besonders um die Balkanstaaten sorgte, denn wenn er der Meunung war dass es den Österreichern namentlich um Ruhe und Frieden in Albanien ginge, ist Bulgarien als potentieller Interessent raus.
Bei Überlegungen einzig wegen Albanien konnte es offensichtlich nicht um die Befürchtung einer Konzertierten Aktion der Balkanstaaten oder aller Staaten der späteren Balkanliga gehen.

Albanien lag offensichtlich außerhalb der Interessensphäre Sofias.

Der deutsche Botschafter Marschall führte aus. "Die Türkei könne nicht längere Zeit hindurchmit einer europäischen Großmacht in Kriegszustand sein, ohne das fast naturgemäß der Balkan und Albanien in Brand gerieten." Ebenfalls nachlesbar in der GP, Band 30.
Ja, womit wir wieder bei Andeutungen sind.

Was genau meint "in Brand geraten"? Aufstände? Interventionen auswärtiger Mächte, wenn ja welche? Wieder einmal eine nebulöse Andeutung, in die man viel hinein interpretieren kann, die aber die Befürchtung einer orchestrierten Aktion namentlich der Balkanstaaten gegen das Osmanische Reich nicht belegt.

Der österreichisch-ungarische Botschafter habe Sasonow versichert, das Wien aufrichtig die Erhaltung des Status Quo wünsche. Sasonow befürchtete für den kommenden Frühling Unruhen in Albanien und die Intrigen von Montenegro. Er glaube aber nicht, das Österreich-Ungarn diese Ereignisse hervorrufen werde, denn das wäre das Ende des Dreibundes, die Erschütterung des ganzen politischen Systems in Europa und würde ein Konflikt mit Italien bedeuten.
Unruhen in Albanien sind nach wie vor etwas, unter dem man alles Mögliche verstehen kann.
Auch irgendwelche montenegrinischen "Intrigen" sind jetzt nicht klarer Ausdruck der Befürchtung eines Krieges aller Balkanstaaten gegen das Osmanische Reich.

Nein, das war viel zu gefährlich. Das hätte möglicherweise Krieg mit Österreich-Ungarn bedeutet. Ich glaube nicht, das die Italiener dermaßen verrückt gewesen wären. Der Dreibund wäre im Eimer und der ganze Balkan wäre in Brand gesetzt.
Wenn du doch davon ausgehst, dass Österreich-Ungarn die Balkanstaaten in Schach halten musste, hätte es für einen Krieg mit Italien gar keine Kapazitäten gehabt.
Krieg mit Italien hätte die Bindung der K.u.K.-Kräfte im Westen bedeutet und Russland damit die Chance gegeben hinsichtlich des Osmanischen Reiches Fakten zu schaffen.
Von dem her konnte Rom durchaus damit rechnen dass Wien sich wahrscheinlich nicht auf einen Krieg einlassen würde und Berlin ohnehin nicht (jedenfalls nicht wegen Albanien).

Die Haltung der Westmächte war demgegenüber eine andere Frage.

Das ist zwar richtig, aber eben ein vollkommenes unrealistisches Szenario.
In meinen Augen gar nicht so unrealistisch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nicht annähernd.

Doch. Du hat doch immer den Beleg dafür angefordert, das die Gefahr, das der Balkan in Brand gesteckt werden könnte von einer Aggression der Staaten des Blaknabundes ausginge. San Giuliano hat in dem genannten Schreiben an seinem König diese Gefahr eingeräumt und sogar noch erweitert, nämlich das Österreich-Ungarn eingreifen könnte. Deutlicher geht es nun nimmer mehr.
 
. Für den erlittenen Nachteil des Anwachsens der Macht eines anderen Akteurs und dafür das ohne Gezeter hingenommen zu haben, wofür sonst?

War Serbien als Kleinstaat in der Position einer europäischen Großmacht eine solche Forderung zu präsentieren? Wohl eher nicht. Das wurde wahrscheinlich eher als Frechheit/Unverschämtheit wahrgenommen. Und nach dieser Logik hätte Serbien ja nach den Balkankriegen an Österreich-Ungarn Kompensation leisten müssen.

2. Ja, soll schon vorkommen. oder warum war man seitens Sardinien-Piemont anno 1860 pampig auf die Franzosen und gegenüber Wien, weil man Nizza und Savoyen an Frankreich abtreten musste, als Kompensat dafür aber nur die Lombardei von Frankreich übertragen bekam, statt wie erwartet die Lombardei und Venezien (dessen Eroberung man im Krieg gegen Österreich zuvor wegen der internationalen Verwicklungen nicht realisieren konnte)?

Ist hier nicht das Thema.

Folglich stellte die Annexion einen Eingriff in die Souveränität des Osmanischen Reiches und eine Grenzverschiebung dar.

Ja und wurde dafür wurde entsprechend entschädigt! Ich erlaube mir hier einmal den Hinweis, das Österreich-Ungarn im Gegensatz zu Italien kein aggressiven, rücksichtslosen Krieg gegen das Osmanische Reich geführt hat. A pro pro, du bist wieder bei einen deiner Lieblingsthemen, nämlich die Annexionskrise, wo du bis heute immer noch keinen Faden zu eröffnet hast. Ich habe mit erlaubt, das nunmehr für dich zu übernehmen.

Womit also geklärt wäre, dass er italienische Ambitionen auf dem Schirm hatte, womit so lange er sich auf Andeutungen beschränkte ohne die Balkanstaaten als Akteure klar zu bennenen nicht so einfach festzustellen ist, ob er da an die oder italien dachte.

San Giuliano jedenfalls hatte sie klar auf dem Schirm. Österreich-Ungarn plante kein aggressives, militärisches Eingreifen.Ich weiß, es fällt dir außerordentlich schwer einzuräumen, das du mit deiner These falsch liegst.

enn du doch davon ausgehst, dass Österreich-Ungarn die Balkanstaaten in Schach halten musste, hätte es für einen Krieg mit Italien gar keine Kapazitäten gehabt.
Krieg mit Italien hätte die Bindung der K.u.K.-Kräfte im Westen bedeutet und Russland damit die Chance gegeben hinsichtlich des Osmanischen Reiches Fakten zu schaffen.
Von dem her konnte Rom durchaus damit rechnen dass Wien sich wahrscheinlich nicht auf einen Krieg einlassen würde und Berlin ohnehin nicht (jedenfalls nicht wegen Albanien).

Die Haltung der Westmächte war demgegenüber eine andere Frage.

Du spekuliert wieder. Es gab zwischen Österreich-Ungarn und Italien Abmachungen bezüglich Albanien. Italien wäre nicht so verrückt gewesen, Österreich-Ungarn so herauszufordern, wo die italienische Armee schon in Nordafrika überfordert war.
 
a, womit wir wieder bei Andeutungen sind.

Was genau meint "in Brand geraten"? Aufstände? Interventionen auswärtiger Mächte, wenn ja welche? Wieder einmal eine nebulöse Andeutung, in die man viel hinein interpretieren kann, die aber die Befürchtung einer orchestrierten Aktion namentlich der Balkanstaaten gegen das Osmanische Reich nicht belegt.
Andeutungen sind immer noch besser als Spekulationen.

Und wenn man nicht verstehen möchte, dann versteht man auch nicht. Bei näherer Betrachtung des Untersuchungsgegenstandes, gibt es dafür nur eine Antwort. Den Zeitgenossen war das durchaus klar.

Was Brand bedeutet, das liegt doch nun wirklich auf der Hand. K R I E G.
 
Der Brand wurde dann auch tatsächlich am 08.Oktober 1911 durch die Kriegserklärung Montenegros an das Osmanische Reich ausgelöst. Ein paar Tage später folgten die Kriegserklärungen Serbiens, Bulgariens und Griechenlands. Die Staaten des Balkanbundes machten rasch Fortschritten.

Während der Balkankrieg tobte, konnte Iswolsky hocherfreut seinen Außenminister die hinlänglich bekannten Ausführungen, hinsichtlich der Ausdehnung des Bündnissfalles, von Poincaré seinem Außenminister melden.
Aber nicht nur die Russen wurden mit solchen starken Aussagen beglückt. Auch die italienische Regierung wurde über den italienischen Botschafter in Paris entsprechend informiert.

Die Russen waren natürlich erfreut.

Am 23.November 1911 diskutierten der russische Kriegsminister Suchomlinow mit seinem Chef des Generalstabes, Außenminister Sasonow und Ministerpräsident Kokowzow über die Idee einer Teilmobilmachung
Im Verlauf des Gesprächs wurde aber klar, das bereits eine Teilmobilmachung den Krieg unausweichlich machen würde, da diese automatisch eine Generalmobilmachung der Mittelmächte zur Folge haben würde.
Nach außen hin könne Russland so den Schein wahren, das es lediglich gegen Österreich-Ungarn in dem Krieg ziehen wolle. Dieses mal blieb die Büchse der Pandora noch verschlossen, im Juli 1914 dann nicht mehr.
Aber die Blaupause für 1914 war erstellt und man wusste um die gewaltigen Folgen.

Russland agiert keineswegs als neutraler Staat in den Balkankrieges. So wurde beispielsweise den montenegrischen Truppen, Geschütze, Munition etc. über Odessa geliefert, damit Scutari eingenommen werden konnte.

Jedenfalls stieg Serbien mit dem "Sieg" im zweiten Balkankrieg dann zur Mittelmacht und regionalen Macht auf. Montenegro wurde eine serbischer Satellit, die meisten Makedonien mussten nun unter serbischer Herrschaft leben. Aber das war alles nicht ausreichend für Belgrad. Angestrebt wurde ein großserbisches Reich durch Eingliederung von Bosnien und der Herzegowina, was eine Herausforderung der Monarchie war. Untertstützt wurden die Serben von Petersburg, denn an der Stelle dessen russischen Protegé war Sofia durch Belgrad verdrängt worden.

Die alten Fronten in Südosteuropa hatten sich durch die Balkankriege verkehrt. Der Westen mit Serbien vor der Haustür der Monarchie geriet unter russischen Einfluss.

Verständlicherweise war man am Ballhausplatz über die Entwicklung, eben des aggressiven serbische Nationalismus, der vor allem auf die Minderheiten in der Monarchie, Serben,Kroaten, Slowenen und Bosnier zielte, ziemlich beunruhigt.
 
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