Na, ich weiß ja nicht!
Was wird uns denn da erzählt? Eine junge Frau schmeißt ein Baby einen Wasserfall herunter und beichtet anschließend die Tat. Eine junge Frau heiratet, die Ehe steht unter keinem guten Stern, der Ehemann hat offenbar homoerotische Neigungen zu einem Freund namens Lenz. Der bringt sich um, was eine größere Sünde ist als Mord. So sagt jedenfalls der Pfarrer, während die Kindermörderin errettet wird, denn sie hat ja gebeichtet.
Die unglücklich verheiratete Frau versucht mehrfach, ihn zum Sex zu bewegen, doch der will nicht. Frau verfällt in Depressionen, verletzt sich selbst, macht keine Hausarbeit mehr. Depressionen werden schlimmer, Frau versucht sich umzubringen, schluckt Rattengift, stirbt aber nicht, ruft nach Priester zum beichten, Priester nicht da. Ehemann schlägt vor gemeinsam zu beichten, Frau hat Angst wegen Suizidversuch in die Hölle zu kommen.
Ehe total im Arsch, Ehefrau funktioniert nicht mehr, Ehemann gibt Ehefrau zurück an Schwager und Schwiegermutter, Diagnose: Vom Teufel besessen.
Ehefrau sieht keinen Ausweg mehr, erinnert sich an Schicksal der Kindsmörderin, die zu Beginn das Baby in den Wasserfall schmeißt. Frau trifft Kindergruppe im Wald. Sie lockt einen Jungen in den Wald und schneidet ihm die Kehle durch. Frau wird verhaftet, eingesperrt, beichtet die Tat, will Vergebung. Beichte und Vergebung wird gewährt, Frau wird hingerichtet, Kamera hält überall genau drauf.
Eigentlich wäre das Schicksal von Kindsmörderinnen, das Schicksal von Mädchen und jungen Frauen, die durch eine repressive Sittengesetzgebung, durch Stigmatisierung, soziale Ächtung so weit gebracht wurden, dass sie zu Täterinnen wurden, ein Thema, das Beachtung verdient.
Nur wenige Delikte polarisieren so sehr wie Kindstötung, der Mord an einem Kind ist so ziemlich die ekelhafteste Tat, die man nur begehen kann. Andererseits sind da die rigorosen Sittengesetze des 18. Jahrhunderts. Goethe hat als junger Assessor den Fall des historischen Frankfurter Gretchens miterlebt. Das Schicksal der Susanna Margaretha Brandt ist stellvertretend für so viele.
Sie wurde als Dienstmädchen schwanger, es drohte ihr Entlassung und Stigmatisierung, und in ihrer Verzweiflung sah sie schließlich keinen anderen Ausweg, als ihr eigenes Baby, dass sie heimlich entbunden hatte, zu töten.
Einerseits ist da die Tat des Kindsmords, andererseits sind da die enorm repressiven Sittengesetze und die sozialen Umständen, die junge Frauen im 18. Jahrhundert zu solchen Taten trieben. Aus diesem Spannungsfeld hätte sich eine gute Geschichte erzählen lassen, als Zuschauer könnte man mit einer solchen Täterin Mitgefühl haben, und wenn man die Tat auch nicht rechtfertigen kann, so könnte man doch die Motive von Täterinnen, die ja auch Opfer der repressiven Gesetze waren, nachvollziehen.
Das aber fällt bei dieser Geschichte schwer, es hat der Film keinen Plot, keine Handlung, keinen roten Faden, kein Anliegen. Er hat auch keine Charaktere, die zur Identifikation einladen. Man weiß am Ende, weshalb Agnes den Jungen tötete. Die Tat war eigentlich ein Suizid. Die Suizid-Kandidatin hatte Angst, in die Hölle zu kommen. Deshalb brachte sie den Jungen um, denn wenn man die Tat nur beichtet, kommt man wenigstens nicht dafür in die Hölle.
Der Film suggeriert, dass diese hanebüchenen Motive im 18. Jahrhundert ein häufiges Phänomen gewesen seien. Im Grunde habe es sich bei Kindsmörderinnen um Suizid-Kandidatinnen gehandelt, die leider nicht selbst Hand an sich legen konnten- da sie Angst hatten, sonst in die Hölle zu kommen.
Wenn der Streifen seinen Zuschauern allen Ernstes diesen Bullshit als historische Tatsachen verkaufen will, muss er das Publikum für sehr dumm halten.