Generisches Maskulin im Semitischen

Clemens64

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1. Pl. nikhtov - wir schreiben (arab. naktubu)
2. Pl. m. tikhtevu - ihr schreibt (Männer) (arab. taktubūna)
2. Pl. f. tikhtovna - ihr schreibt (Frauen) (arab. taktubna)
3. Pl. m. yikhtevu - sie schreiben (Männer) (arab. yaktubūna)
Randfrage: Wie wird denn mit gemischtgeschlechtlichen Gruppen umgegangen? Gibt es da so etwas wie ein generisches Masculinum?
 
Gibt es da so etwas wie ein generisches Masculinum?
Ja. Vermutlich ist deswegen auch im Althebräischen die dritte Person Plural feminin nicht nachgewiesen. Wobei Sepiola oder Ravenik bestimmt eine Stelle in der Bibel einfällt, in der Frauen im Plural als (zumindest grammatische) Akteure vorkommen.
 
Die semitischen Sprachen sind den indoeuropäischen Sprachen in manchen Dingen nicht unähnlich. Die Konjugation der Verben ist recht ähnlich (wobei es in den semitischen Sprachen nur AK (Affixkonjugation, Perfekt ~ Vergangenheit) und PK (Präfixkonjugation, Imperfekt ~ Präsens/Zukunft) gibt. (Grammatikalisch korrekt wäre zu sagen: abgeschlossene (perfectus) und nicht abgeschlossene (imperfectus) Handlung.), außer eben, dass es viel weniger Formen gibt - eben nur zwei, von denen dann noch Apokopat, Konjunktiv und Imperativ abgeleitet werden, dafür eben die Unterscheidungen männlicher und weiblicher Formen in der zweiten und dritten Person Singular und Plural.

Deklination: Als Kasus kennt das Semitische Dativ und Genitiv, als Numerus Singular, Dual (zumindest das Arabische) und Plural. Der Dual ist uns ja unbekannt.
Allerdings gibt es in der Morphologie erhebliche Unterschiede, da das Semitische mit Radikalen arbeitet (im obigen Beispiel k-t-b bzw. kh-t-v (die phonetische Doppeldeutigkeit (kein offizieller Ausdruck), die das Hebräische hier kennt, kennt das Arabische nicht, im Hebräischen kommt es auf bestimmte Faktoren an, ob bestimmte Laute (Begadkefat: ב – ג – ד – כ – פ – ת) mit Dageš geschrieben werden oder ohne, das gibt es im Arabischen nicht.) wohingegen das Indoeuopäische mit Morphemen arbeitet, die allerdings auch Allomorphe haben können.

schwimmen = schwimm- = Grundmorphem/Lexem -en = grammatikalisches Morphem (z.B. Infinitiv, oder 1./3. Person Plural)
Allomorphe: schwamm- , schwämm- , -schwomm-



ב ohne Dageš (Dagesch) "v"
בּ mit Dageš "b"
ג ohne Dageš [ɣ] "ḡ" (selten gebraucht)
גּ mit Dageš "g"
ד [ð] "ḏ" (selten gebraucht)
דּ mit Dageš "d"
כ ohne Dageš [ḫ] bzw. [x] (wie dt. „ch“ in Bach)
כּ mit Dageš [k]
פ ohne Dageš "f"
פּ[ mit Dageš "p"
ת ohne Dageš [θ] "ṯ"(wie engl. „th“ in think) – daher auch die sephardische Form Schabbat gegenüber der aschkenasischen Form Schabbes
תּ mit Dageš "t"
 
Diese Radikale bestehen also aus Konsonanten. Google erklärt mir: Die arabische und die hebräische Schrift haben keine Vokale, "da sie auf Konsonantenwurzeln basieren, aus denen durch Hinzufügen von Vokalen verschiedene Wortbedeutungen entstehen." Ok, aber wäre das Lesen nicht einfacher, wenn man mit den Vokalen auch gleich noch die Wortbedeutung mit erfassen könnte? Warum ist das für semitische Sprachen nicht naheliegend?
 
Diese Radikale bestehen also aus Konsonanten. Google erklärt mir: Die arabische und die hebräische Schrift haben keine Vokale, "da sie auf Konsonantenwurzeln basieren, aus denen durch Hinzufügen von Vokalen verschiedene Wortbedeutungen entstehen."

Ich würde das als nur halbrichtig bezeichnen. Es gibt Aleph/Alif, das ist zwar eigentlich kein Vokal, trägt aber immer einen, wenn nicht andere Regeln greifen, i.d.R. [a]. Dann gibt es Waw (arab. "wau", hebr. "waf", das ist ein Halbvokal, kann als [ū] bzw. [ō] bzw. [w] und im Hebräischen in Endstellung auch [f] sein (das dürfte dem Aschkenasischen geschuldet sein, Annahme von mir, als Semitistik- Dilettant). Und dann gibt es nach ya/jod, das ebenfalls ein Halbvokal ist und sowohl für [ī], als auch für [j] stehen kann.


Ok, aber wäre das Lesen nicht einfacher, wenn man mit den Vokalen auch gleich noch die Wortbedeutung mit erfassen könnte? Warum ist das für semitische Sprachen nicht naheliegend?
Wenn du daran gewöhnt bist, ohne Vokale zu lesen, fällt dir das gar nicht so auf, solange du nicht ein mehrdeutiges Wort hast.
 
Ich vermute mal, eine Konsonantenschrift hätte im Griechischen schlecht oder gar nicht funktioniert, und deshalb wurde um die Vokale erweitert.
 
Ds knnst d nr lsn wl d ds sprchwrt knnst:
vn d hnd n dn mnd
Wie kommt man vom Hund in den Mond?
Ich bin den Griechen dankbar.
 
Ds knnst d nr lsn wl d ds sprchwrt knnst:
vn d hnd n dn mnd
Wie kommt man vom Hund in den Mond?
Ich bin den Griechen dankbar.
Nun, auch die semitischen Sprachen haben ihre Vokalzeichen. Sie sind halt nicht obligatorisch und historisch sekundär entwickelt. Aber es gibt eben im Arabischen die Langvokale als Buchstaben (eben Alif, Waw und Ya) und die Kurzvokal Fatha (kurzes a*), Kasra (kurzes i*)und Damma (kurzes u*)(außerdem Sukun ("Nullvokal") und Taschdid (Verdopplungszeichen)).
Im Hebräischen gibt es die Landvokale, plus der Vokalzeichen (das ist eine ganze Reihe mehr als im Arabischen).

*Gilt für Hocharabisch, in den Dialekten sind a/i oft eher e und u eher o.
 
Ds knnst d nr lsn wl d ds sprchwrt knnst:
vn d hnd n dn mnd
Wie kommt man vom Hund in den Mond?
Ich bin den Griechen dankbar.

Ich vermute (@El Quijote möge mich ggf. korrigieren), dass in den semitischen Sprachen solche falschen "Zwillinge" (Hand/Hund, Mond/Mund) seltener sind und die Verwechslungsgefahr verhältnismäßig gering.
Mit der arabischen Schrift habe ich mich nie näher beschäftigt, beim Hebräischen ist es so: Wenn ich das Wort kenne, weiß ich, wie es ausgesprochen ist; wenn ich es nicht kenne, muss ich raten. (Also im Grund dasselbe Problem wie beim Englischen.)

Schriftsysteme sind oft auf die Eigenheiten der jeweiligen Sprache optimiert. In der mongolischen Schrift wird dasselbe Vokalzeichen für die beiden Laute a und e verwendet, ein zweites Vokalzeichen für die Vokale o und ö, ein drittes für die Vokale u und ü. Das stört nicht weiter, denn im Mongolischen gibt es eine ausgeprägte Vokalharmonie. In einem Wort kommen entweder a, o, u vor oder e, ö, ü, dazu können manche Konsonanten nur in Verbindung mit der ersten oder der zweiten Kategorie auftreten.
Als die Mandschus die Schrift für ihre Sprache übernahmen, deren Vokalsystem ein anderes ist, schufen sie diakritische Zeichen, um a und e und alle anderen Vokale in jeder Position unterscheiden zu können. Die Mongolen sahen keinen Anlass für eine solche "Verbesserung".
 
Ich vermute (@El Quijote möge mich ggf. korrigieren), dass in den semitischen Sprachen solche falschen "Zwillinge" (Hand/Hund, Mond/Mund) seltener sind und die Verwechslungsgefahr verhältnismäßig gering.
Das kann ich mit letzter Sicherheit leider weder bestätigen noch verneinen. Ich würde dir aber mit gutem Gefühl Recht geben. Zumindest würden die Worte sehr wahrscheinlich derselben "Familie" angehören, wie in meinem stets verwendeten Bsp. madrasa und mudarrisa. Beides, Schule und Lehrerin, geht auf die Vokabel darasa (DRS) 'lernen, studieren' zurück.

Im Prinzip ist aber Clemens' Bsp. ganz gut: Er sagt ja, ich könne vn dr hnd n dn mnd ....nr lsn wl ich ds sprchwrt knn, sonst würde ich
vielleicht statt Hand Hund und statt Mund Mond lesen.
Mal abgesehen von grammatischen Feinheiten, die Clemens ignoriert - "von der Hund" geht nicht - beschreibt das aber genau, wie die semitischen Schriften unvokalisiert funktionieren: Als geübter Sprecher weiß man einfach, was zu erwarten ist.

Alif/Aleph
Aleph () und Alif (ا) stehen am Wortanfang, wenn ein Wort mit einem Vokal einsetzt. Im Arabischen kann alif auch für das lange ā stehen.
أَ - Alif mit Hamza und Fatha = kurzes a am Wortanfang
إِ - Alif mit Hamza und Kasra = kurzes i am Wortanfang
أُ
- Alif mit Hamza und damma= kurzes u am Wortanfang.
 
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