...und Varus wird immer weiter geschlachtet

sepiola:
1. Er wusste es selbst nicht so genau.
2. Er wollte seine Darstellung nicht mit gar zu vielen unnötigen Details überfrachten.

Warum beschreibt Tacitus Idistaviso relativ genau und andere Orte nicht?Das ist doch der Punkt, der nicht zu ermitteln sein wird.
Außer Hineindeuten bleibt nichts übrig.
 
sepiola:
1. Er wusste es selbst nicht so genau.
Doch, er wusste es. Wir können davon ausgehen dass er gute Quellen hatte.

2. Er wollte seine Darstellung nicht mit gar zu vielen unnötigen Details überfrachten.
Tacitus hat einen knappen Stil, mit sehr eleganten adverbialen Bestimmungen und mit Umklammerungen. Es hat schon seinen Grund, dass unsere Lateinlehrer selber ein spürbares Vergnügen beim Vortragen und Erläutern hatten.

Anders als Cassius Dio schmückt er weniger aus, sondern verdichtet, kondensiert das Material, und gelangt so zu den Aussagen, die ihm wichtig sind: Er ist ja keineswegs unparteiisch.

Warum beschreibt Tacitus Idistaviso relativ genau und andere Orte nicht?Das ist doch der Punkt, der nicht zu ermitteln sein wird.
Außer Hineindeuten bleibt nichts übrig.
Idistaviso ist nur eine Wiese, die er beschreibt, um den von ihm gewünschten Effekt beim informierten Leser zu erreichen: Er erklärt die Topographie nicht, um den Leser das Schlachtfeld wiederfinden zu lassen, sondern um die Besonderheiten und Kausalitäten der Schlacht zu erläutern.

Haud procul Teutoburgiensi saltu, das ist nur ein minimal erforderlicher Verweis auf einen topographisch oder verwaltungstechnisch definierten und bekannten Ort.

Ähnliches gilt auch für die Pontes longi oder den Angrivarierwall.

Tacitus' Stil glitzert scharf wie die Klinge eines Skalpells im Licht der OP-Lampe.
 
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Doch, er wusste es. Wir können davon ausgehen dass er gute Quellen hatte.
Das ist die Frage. Delbrück argumentierte (basierend auf einer älteren Arbeit) - u.a. auch mit Verweis auf die geographischen Unzulänglichkeiten der Darstellung -, dass Tacitus als Quelle für Germanicus' Feldzüge möglicherweise ein (heute verlorenes) Heldenepos über Germanicus verwendet habe. Ganz unplausibel finde ich das nicht, da seine Darstellung tatsächlich Elemente enthält, die gut einer "epischen" Darstellung entnommen sein könnten wie etwa das Gespräch zwischen Arminius und Flavus.
 
ElQuijote hatte -Beitrag 514- eine Wiese nicht beschrieben
Woher weiß man, warum Tacitus Kausalitäten bei Idistaviso beschrieben hat?Steht asein Motiv irgendwo?Und schon nehme ich ein verlorenes Heldenepos als Grundlage? Als Annahme vielleicht gerade noch
 
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El Quijote, ich habe gesagt, was Du nicht gemacht hast, aber dargestellt, wie Idistaviso verortet werden kann;auch aus heutiger Sicht.

Die Vermutungen und herleitungen zu Isistaviso habe ich teilweise gelesen, aber es haben schon so viele Leute versucht, etwas aus dem Namen herzuleiten...da ich kein Sprachkundler bin,habe ich aufgegeben.

Warum Tacitus gerade da konkreter wird....darüber könnte man sinnieren....wie war das vor einigen Beiträgen:wir können nicht wissen, welche Motive er hatte, aber die Annäherung daran ist nicht verboten.Konnte er auch nicht wissen, daß jemand nach 2000 Jahren nachfragt.
Reine Dramaturgie a la Pardela ist natürlich auch möglich, ausschließen kann ich nichts.

Zu Beitrag 522- ich habe sepiola sehr unglücklich nicht als Zitat erfaßt, meine Schuld. die genannte Alternative stammt nicht von mir.
 
Entschuldigung Pardela, Du betreibst keine reine Dramaturgie. Aber Du erklärt, daß Tacitus auch aus dramaturgischen Gründen......
 
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Nein, am 15. März feierte Germanicus kein Schlachtfest.

Vielleicht empfing er an diesem Tag im heimischen Mogontiacum, mit Blick auf das Drususdenkmal am anderen Ufer, während er Seehasenzungen löffelte, etwas gelangweilt den Chef der Classis germanica, der ihm mit leichtem Augenrollen versicherte, dass die neuen Flachbodenschiffe der rheinischen Flotte selbstverständlich alle Tests bestanden hätten, wie ihm der verantwortliche Herr Granum nivalis aus der Gens Innocentia hoch und heilig versprochen habe, und selbstverständlich auch jedes barbarisches Wetter auf der Nordsee aushalten würden...
 
Doch, er wusste es. Wir können davon ausgehen dass er gute Quellen hatte.
Oh ja, er hatte fantastische Quellen. Er hatte die Protokolle der cheruskischen Generalstabsbesprechungen auf seinem Schreibtisch liegen, daneben die Generalstabskarten der Germania Magna im Maßstab 1:200.000 und nicht zuletzt das Traumtagebuch des Germanicus zur Hand, in dem nachzulesen war, wovon der Feldherr Nacht für Nacht geträumt hat.
Und dann hat er sich leider alle Mühe gegeben, sein Material so wirr und unverständlich aufzubereiten, dass Historiker seit Generationen auf Zigtausend Seiten versuchen, das tatsächliche Geschehen zu enträtseln und wir im Geschichtsforum uns in Zigtausenden Beiträgen die Finger wundtippen.

Die Schlachtszenen sind so eindrücklich und farbig gestaltet, dass sich mir immer wieder der Vergleich mit den Schlachtszenen aus einem Hollywoodschinken aufdrängt: Der Feldherr hält seine Ansprache, die Trompeten schmettern, die Kavallerie stürmt los, man sieht Infanteristen in Schlamm und Blut waten, man sieht verwundete Pferde zusammenbrechen, aber wie die Aufmarschwege auf der Landkarte aussehen, erfährt man nicht.


Anders als Cassius Dio schmückt er weniger aus, sondern verdichtet, kondensiert das Material

Im Ernst?

Was schreibt denn Dio über die Feldzüge des Germanicus?

Einen einzigen Satz (Übersetzung Goetz-Welwei):

"Weil Germanicus aber neue Unruhen (der Soldaten) befürchtete, fiel er in Feindesland ein, wo er sich einige Zeit aufhielt, indem er die Truppen zugleich in Aktivität hielt und in reichlichem Maße aus der Beute versorgte."
 
Warum beschreibt Tacitus Idistaviso relativ genau und andere Orte nicht?Das ist doch der Punkt, der nicht zu ermitteln sein wird.

Er erklärt die Topographie nicht, um den Leser das Schlachtfeld wiederfinden zu lassen, sondern um die Besonderheiten und Kausalitäten der Schlacht zu erläutern.

Ach, Tacitus findet auch auch an anderer Stelle Gelegenheit für geographische Exkurse, und das an Orten, wo nicht einmal eine Schlacht geschlagen wird.

Auch für eine Beschreibung der Flotte ist genügend Platz, alles fürs Schlachtgeschehen völlig irrelevant:

"Tausend Fahrzeuge schienen genug und wurden eiligst gebaut. Ein Teil kurz, d.h. mit verhältnismäßig geringem Raum zwischen Vorder- und Hinterteil, und mit weitem Bauch, um desto besser den Wogendrang auszuhalten. Andere mit flachen Kiel, um dem Grund näher kommen zu können, ohne Schaden zu nehmen. Ein größerer Teil vorn und hinten mit Steuern versehen, um durch einen schnellen Wechsel der Ruder mit diesem oder jenem Ende des Schiffes landen zu können. Viele hatten Brücken, um Geschütze darüber hinzuschaffen, in gleicher Weise geeignet, Pferde und Lebensmittel aufzunehmen. Durch die Segel beweglich und schnell durch die Ruder machte sie vollends die muntere Kriegerschar zu einem imposanten und schreckenerregenden Anblick.

Als Sammelplatz wurde die batavische Insel angewiesen, wegen ihrer bequemen Landungsplätze und weil sie die Möglichkeit bot, dort alles Nötige einzuschiffen und so den Krieg an seinen Schauplatz zu tragen.

Der Rhein nämlich, der bis dahin in einem durchgängigen Bett fließt oder nur mäßig große Inseln einschließt, teilt sich beim Eintritt ins Batavergebiet in zwei Ströme, von denen der eine, der Germanien streift, Namen und Heftigkeit der Strömung bis zur Einmündung in den Ozean beibehält. Der andere – dem gallischen Ufer entlang – fließt breiter und in sanfterer Strömung, von den Anwohnern dort nicht mehr Rhein, sondern Waal genannt; bald vertauscht er auch diesen Namen mit dem der Maas, und ergießt sich durch deren ungeheuere Mündung in denselben Ozean."[/quote]

 
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