1.WK - Einfluss Englands auf die Schweiz ?

Genau das ist der Zweck von Belagerungen und Embargos.
Ich bin ein Freund der präzisen Verwendung von Sprache und wenn ich aushungern schreibe, dann meine ich aushungern und nicht verhungern lassen.
Ist zwar OT hier, aber wie bewertest Du in dem Zusammenhang deiner Begriffserklärung den Umstand, daß die Fernblockade der Engländer noch bis Sommer 1919 aufrecht erhalten wurde?
 
Laut Statistik waren das Werkzeugmaschinen, Textil- und Dynamomaschinen, Verbrennungsmotoren. Denk an die Sulzer-Dieselmotoren für den Schiffsbau und so...

Danke für den Hinweis.

Wiki schreibt: "In den 1940er Jahren wurden die Tochterunternehmen in Ludwigshafen verkauft sowie die übergeordnete Gesellschaft aufgelöst und neue Auslandsmärkte gesucht."
Ich denke, mit neuen Auslandsmärkten war nicht Deutschland gemeint.
http://de.wikipedia.org/wiki/Sulzer_AG#Krise_der_1930er_Jahre
 
Dann ist es aber die Schuld der eigenen Führung, wenn diese nicht einlenkt und um Waffenstillstand für Friedensgespräche bittet. Es ist ja nicht so, dass plötzlich, von heute auf morgen alle Vorräte verbraucht wären. ich dachte das wäre auch implizit deutlich geworden!

Kommt ja nicht eines Tages ein Mitarbeiter des Reichsernährungsministeriums in den Kornspeicher und stellt fest "upps, wir haben ja gar keine Vorräte mehr..."

Ich finde es ganz schön happig, das dur der deutschen regierung die Schuld an der Aufrechterhaltung der britischen Seeblockade gibst. Die Allierten wußten doch zu jenen Zeitpunkt noch gar nicht exalt, was sie alles genau wollten. Es ist auch festzuhalten, das die deutsche Regierung den amerikanischen Präsidenten um Vermittlung einess affenstillstandes gebeten hatte und nicht um eine Umwandlung in eine bedingunslose Kapitulation. Das Vorgehen Wilsons war m.E. wenig seriös und dann hat man sich diese Waffenruhe auch noch sehr sehr teuer bezahlen lassen.


[FONT=&quot] Da wären beispielsweise die Übergabe von 5000 Kanonen (davon 2500 schwere und 2500 Feldgeschütze), 25000 Maschinengewehre, 3000 Minenwerfer, 1 700 Jagd- und Bornbenabwurfflugzeuge, in erster Linie alle Apparate D 7 und alle für nächtlichen Bombenabwurf bestimmten Flugzeuge.[/FONT] [FONT=&quot] [/FONT]
[FONT=&quot]Des Weiteren Räumung der linksrheinischen Gebiete durch die deutschen Armeen. In den geräumten Gebieten durften Lebensmitteldepotss nicht geräumt werden. 5 000 gebrauchsfertige Lokomotiven und 150000 Eisenbahnwagen. Gute Voraussetzung um Lebensmittel zu verteilen.[/FONT]
[FONT=&quot] [/FONT]
 
Zuletzt bearbeitet:
Offenbar schreib ich Chinesisch! Hier wurde ein ganz normales Kriegsmittel, nämlich dass der Wirtschaftsblockade und dem Versuch der Abschnürung des Gegners von Nachschub skandalisiert. Meine Reaktion darauf: Das ist humaner als das gegenseitige Abschlachten, weil es den Gegner auf andere Weise in die Knie zwingt, ohne ihn zu töten. Daraufhin hat mir Stephan eine Diskussion ums Verhungernlassen (wovon gar nicht die Rede war, sondern vom Aushungern!) ans Bein gehängt. Mittlerweile werden da offenbar Sachen hineininterpretiert, über die ich nur noch erstaunt bin

Wenn eine Wirtschaftsblockade Erfolg hat und es dem einen im Krieg befindlichen Land A gelingt, das Land B so in die Knie zu zwingen, die Führung des Landes B aber diesen Sachverhalt zwar erkennt, aber nicht anerkennt, dann ist die Führung des Landes B in erster Linie dafür verantwortlich, dass ihre Bevölkerung leidet. Im Falle des Ersten Weltkriegs war das der deutschen Führung offenbar sehr wohl klar, da sie die Lebensmittelzuteilungen entsprechend reduzierte. Aber da man ja nach dem Separatfrieden von Brest-Litowsk glaubte wieder Oberwasser zu haben, hat man eben nicht reagiert.

Dass die britische Führung die Blockade bis zur Unterzeichnung der Vorortverträge im Sommer 1919 aufrecht erhalten hat, dazu habe ich mich mit keinem Wort geäußert. Komisch, dass das so verstanden wird.
 
Offenbar schreib ich Chinesisch! Hier wurde ein ganz normales Kriegsmittel, nämlich dass der Wirtschaftsblockade und dem Versuch der Abschnürung des Gegners von Nachschub skandalisiert. Meine Reaktion darauf: Das ist humaner als das gegenseitige Abschlachten, weil es den Gegner auf andere Weise in die Knie zwingt, ohne ihn zu töten. Daraufhin hat mir Stephan eine Diskussion ums Verhungernlassen (wovon gar nicht die Rede war, sondern vom Aushungern!) ans Bein gehängt. Mittlerweile werden da offenbar Sachen hineininterpretiert, über die ich nur noch erstaunt bin

Wenn eine Wirtschaftsblockade Erfolg hat und es dem einen im Krieg befindlichen Land A gelingt, das Land B so in die Knie zu zwingen, die Führung des Landes B aber diesen Sachverhalt zwar erkennt, aber nicht anerkennt, dann ist die Führung des Landes B in erster Linie dafür verantwortlich, dass ihre Bevölkerung leidet. Im Falle des Ersten Weltkriegs war das der deutschen Führung offenbar sehr wohl klar, da sie die Lebensmittelzuteilungen entsprechend reduzierte. Aber da man ja nach dem Separatfrieden von Brest-Litowsk glaubte wieder Oberwasser zu haben, hat man eben nicht reagiert.

Dass die britische Führung die Blockade bis zur Unterzeichnung der Vorortverträge im Sommer 1919 aufrecht erhalten hat, dazu habe ich mich mit keinem Wort geäußert. Komisch, dass das so verstanden wird.


Warum denn gleich so pampig? Gibt kein Grund dafür!

Das von dir genannt Mittel, hier die britische Fernblockade, ist aber merkwürdigerweise durchaus bis heute umstritten. Siehe hierfür beispielsweise Schröder, Die Uboote des Kaisers.

Abschlachten? Es ging wohl vielmehr darum einen Frieden nach den eigenen Vorstellungen zu diktieren. Um nichts anderes. Die Allierten hätten, wenn sie nur gewollte hätten, schon früher Frieden haben können, aber sämtliche Fühler wurden zurückgewiesen, weil man eben den bedingungslosen Frieden wollte. Und dafür war man eben bereit praktisch unzählige Soldaten zu verheizen. Mit humanitären Überlegungen hatte diese Aufrechterhaltung der Blockade nichts zu tun

Das die Deutschen nicht besser waren und in Brest und Bukarest schändliche Diktatfrieden abgeschlossen haben, ist mir sehr wohl bekannt. Nur, die Deutschen und auch die Österreicher waren zu einen Verhandlungsfrieden bereit, die Allierten nicht; selbst nicht nach den schlimmsten Niederlagen und waren auch absolut verständnis- und rücksichtlos gegenüber ihren russischen Verbündeten. Mit italien ist man nach dem Kriege auch nicht zimperlich umgegangen.

Vielleicht liegt es daran, das du missverstanden wurdest, weil du dich einfach missverständlich ausgedrückt hast.:winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
Offenbar schreib ich Chinesisch! Hier wurde ein ganz normales Kriegsmittel, nämlich dass der Wirtschaftsblockade und dem Versuch der Abschnürung des Gegners von Nachschub skandalisiert. Meine Reaktion darauf: Das ist humaner als das gegenseitige Abschlachten, weil es den Gegner auf andere Weise in die Knie zwingt, ohne ihn zu töten. Daraufhin hat mir Stephan eine Diskussion ums Verhungernlassen (wovon gar nicht die Rede war, sondern vom Aushungern!) ans Bein gehängt. Mittlerweile werden da offenbar Sachen hineininterpretiert, über die ich nur noch erstaunt bin. ...

und

Vor einem Widerspruch sollte man sich zumindest mit einigen Fakten beschäftigen.

Guter Hinweis! Und wenn das ernsthaft macht - nicht nur semantisch mit Wiktionary oder Duden - stellt man zweifelsfrei fest, dass "Aushungern" in die Kategorie KRIEGSVERBRECHEN fällt - und zwar des Aushungernden und nicht des Ausgehungerten!

"Aushungern" richtet sich wahllos (und vor allem) gegen die Zivilbevölkerung und verstößt damit sowohl gegen die Genfer Abkommen als auch gegen Art. 6 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR). siehe auch: Fälle zum Völkerrecht oder zur Behandlung der Zivilbevölkerung in der ZDv 15/2 - Kapitel 5 (S. 40).

Und bevor noch mehr über ein "humaneres Aushungern" fabuliert wird, sollte man zuerst über dessen Auswirkungen auf schwangere Frauen und bleibende gesundheitliche Schäden ihrer ungeborenen Kinder nachdenken.
 
Mit italien ist man nach dem Kriege auch nicht zimperlich umgegangen.
Wobei ich mit Italien kein Mitleid habe. Die Kriegsschuldfrage dreht sich immer um den Sommer 1914, aber Italien ist trotz der Möglichkeit umfangreiche Kriegsziele durch Verhandlungen zu erreichen und trotz absolut ungenügender Rüstung in fast schon verbrecherischer Art und Weise (man denke nur an das Vorgehen gegen kritische Stimmen im eigenen Land) in den Krieg eingetreten.

Für die Schweiz bedeutete dies die Einschließung durch Konfliktparteien, d.h. auch über Italien lief kein neutraler Handel mehr ab. Zusätzlich wurde die Schweiz so zu militärischen Aktionen gezwungen, die bewaffnete Neutralität auch an der Grenze zwischen Österreich und Italien zu demonstrieren (Umbrailpass).

Der Londoner Vertrag von 1915 war auch noch nicht geheim genug, es folgte noch ein britisch-italienischer Geheimvertrag. Die darin festgehaltenen Versprechen an Italien demonstrieren deutlich die Haltung der Alliierten Mächte und die ungleiche Behandlung der Kriegsziele Deutschlands und Italiens.
 
Es ging wohl vielmehr darum einen Frieden nach den eigenen Vorstellungen zu diktieren. Um nichts anderes. Die Allierten hätten, wenn sie nur gewollte hätten, schon früher Frieden haben können, aber sämtliche Fühler wurden zurückgewiesen, weil man eben den bedingungslosen Frieden wollte. Und dafür war man eben bereit praktisch unzählige Soldaten zu verheizen.
Die Friedensunwilligkeit der Alliierten würde ich auf eine falsch verstandene Verantwortung zurückführen. Angesichts der bereits gebrachten, bis dahin unvorstellbaren Opfer glaubte man seiner Bevölkerung nur eine Niederlage des Deutschen Reiches präsentieren zu können. Ansonsten wäre man unglaubwürdig geworden. Dabei war die eigene Propaganda nicht unwesentlich, schließlich hatte man einen "Mongolensturm" aufzuhalten. Wie kann man sich mit entmenschten Bestien, die Frauen an Kirchentüren kreuzigen und vieles mehr, an einen Verhandlungstisch setzen? Das wäre unvorstellbar und der Untergang des Abendlandes.
Ich würde sagen: Die Alliierten, von sich selbst getrieben, konnten gar nicht anders, als nur eine totale Niederlage Deutschlands akzeptieren.
 
Guter Hinweis! Und wenn das ernsthaft macht - nicht nur semantisch mit Wiktionary oder Duden - stellt man zweifelsfrei fest, dass "Aushungern" in die Kategorie KRIEGSVERBRECHEN fällt - und zwar des Aushungernden und nicht des Ausgehungerten!
Lass doch bitte die Wortverdrehungen. Denn das habe ich nie behauptet, ich sprach über die Führung!
Von der völkerrechtlichen Seite her mag das Aushungern von Zivilbevölkerungen ja mittlerweile als Kriegsverbrechen angesehen werden, die Genfer Konventionen galten jedoch während des Ersten Weltkrieges noch nicht.

Und daher sehe ich das weiterhin so, dass wenn die Führung eines unterlegenen Landes einen im Grunde verlorenen Krieg* weiter führt (dass Krieg per se eine pervertierte menschliche Daseinsform ist, darüber sind wir uns, glaube ich, einig?), obwohl dies nicht nur zum Schaden der Soldaten sondern auch zum Schaden der Zivilbevölkerung ist, dann ist die Führung dieses Landes in die Verantwortung zu nehmen

Und bevor noch mehr über ein "humaneres Aushungern" fabuliert wird,
Auch hier wieder Wortverdrehung. Ich habe keine Graduierung des Aushungerns von inhuman nach human vorgenommen, sondern das Aushungern und explizit NICHT das Verhungernlassen als die in einem Krieg humanere Möglichkeit der Kriegsführung dargestellt. Ich gehe dabei natürlich davon aus, dass die Führung auf die drohende Notlage entsprechend reagiert und diese nicht ignoriert.

Nun sollten wir uns fragen, ob z.B. der Fall Bengazi, den du ja zitierst, wo innerhalb weniger Stunden für die Zivilbevölkerung kein sauberes Trinkwasser mehr zur Verfügung stand mit einer Wirtschaftsblockade vergleichbar ist, bei der die Staatsführung über Monate im Voraus erkennen kann, dass es, wenn es so weitergeht, einfach nicht mehr passt und eben die Waffen streckt.

*Es ist dabei egal, wie tief ins Feindesland die eigene Armee dabei vorgestoßen war (Legende vom Dolchstoß).
 
Wortverdrehungen?

Schau'n mer mal. Die ursprüngliche, beanstandete Formulierung war:
Die Verbindung vom Gebrauch von Gutmensch und solchen Ressentiments, lässt schon aufhorchen.
Unabhängig davon, ob die Geschichte stimmt: Den Gegner durch Hunger zur Aufgabe zu zwingen ist sehr viel humaner, als sich gegenseitig zusammenzuschießen. Auch heute noch gibt es Handelsembargos, die sich mehr oder weniger gut durchsetzen lassen.
In Absatz 2 wird Hunger ganz ohne Wenn und Aber (und ohne Vorsilbe!) und im Präsens als humanere Waffe im Vergleich zum gegenseitigen Zusammenschießen angeführt. Dass es bei "Hunger" um eine, für die Betroffenen besonders grausame und deshalb zu Recht geächtete Form der Kampfführung handelte und handelt, scheint keine Rolle zu spielen.
Also erfolgte meinerseits ein Hinweis auf auf die potentiellen realen Auswirkungen dieser geächteten Form der Kampfführung. http://www.geschichtsforum.de/699318-post12.html
Die erstaunliche Replik:
Dann ist es aber die Schuld der eigenen Führung, wenn diese nicht einlenkt und um Waffenstillstand für Friedensgespräche bittet. Es ist ja nicht so, dass plötzlich, von heute auf morgen alle Vorräte verbraucht wären. ich dachte das wäre auch implizit deutlich geworden!
Kommt ja nicht eines Tages ein Mitarbeiter des Reichsernährungsministeriums in den Kornspeicher und stellt fest "upps, wir haben ja gar keine Vorräte mehr..."
Nun, das ist die Sicht des Täters: man macht sich nicht die Finger schmutzig und bekommt wahrscheinlich die Ergebnisse seiner "Bemühungen" nicht einmal zu Gesicht. Kann man also prima politisch verkaufen - zumindest der eigenen Bevölkerung. Letzlich stellt sie aber die Verantwortlichkeiten auf den Kopf und ist daher abzulehnen.
Darauf wies auch ein Mitforist hin.
http://www.geschichtsforum.de/699335-post14.html

Es folgt eine semantische Auslassung über die Bedeutung des Wortes "Aushungern"
http://www.geschichtsforum.de/699337-post15.html
die unter humanitären Aspekt nur als Ansammlung von Euphemismen betrachtet werden kann. Das gilt natürlich auch für so schön unblutige Worte wie "Wirtschaftsblockade" oder "Embargo" - klingt doch alles so steril und sauber. Nur die Realität sieht dann wohl etwas schmutziger aus.

Die Sicht des Täters wird weiterhin energisch vertreten und der Begriff des "Aushungerns" verharmlost:
Offenbar schreib ich Chinesisch! Hier wurde ein ganz normales Kriegsmittel, nämlich dass der Wirtschaftsblockade und dem Versuch der Abschnürung des Gegners von Nachschub skandalisiert. Meine Reaktion darauf: Das ist humaner als das gegenseitige Abschlachten, weil es den Gegner auf andere Weise in die Knie zwingt, ohne ihn zu töten. Daraufhin hat mir Stephan eine Diskussion ums Verhungernlassen (wovon gar nicht die Rede war, sondern vom Aushungern!) ans Bein gehängt. Mittlerweile werden da offenbar Sachen hineininterpretiert, über die ich nur noch erstaunt bin
Wenn eine Wirtschaftsblockade Erfolg hat und es dem einen im Krieg befindlichen Land A gelingt, das Land B so in die Knie zu zwingen, die Führung des Landes B aber diesen Sachverhalt zwar erkennt, aber nicht anerkennt, dann ist die Führung des Landes B in erster Linie dafür verantwortlich, dass ihre Bevölkerung leidet. Im Falle des Ersten Weltkriegs war das der deutschen Führung offenbar sehr wohl klar, da sie die Lebensmittelzuteilungen entsprechend reduzierte. Aber da man ja nach dem Separatfrieden von Brest-Litowsk glaubte wieder Oberwasser zu haben, hat man eben nicht reagiert.
Dass die britische Führung die Blockade bis zur Unterzeichnung der Vorortverträge im Sommer 1919 aufrecht erhalten hat, dazu habe ich mich mit keinem Wort geäußert. Komisch, dass das so verstanden wird.
Was natürlich zu einer entsprechenden Replik meinerseits, in Hinsicht auf den Begriff des "Aushungerns" führte.
http://www.geschichtsforum.de/699443-post27.html
Die Antwort darauf:
Lass doch bitte die Wortverdrehungen. Denn das habe ich nie behauptet, ich sprach über die Führung!
Von der völkerrechtlichen Seite her mag das Aushungern von Zivilbevölkerungen ja mittlerweile als Kriegsverbrechen angesehen werden, die Genfer Konventionen galten jedoch während des Ersten Weltkrieges noch nicht.
Und daher sehe ich das weiterhin so, dass wenn die Führung eines unterlegenen Landes einen im Grunde verlorenen Krieg* weiter führt (dass Krieg per se eine pervertierte menschliche Daseinsform ist, darüber sind wir uns, glaube ich, einig?), obwohl dies nicht nur zum Schaden der Soldaten sondern auch zum Schaden der Zivilbevölkerung ist, dann ist die Führung dieses Landes in die Verantwortung zu nehmen
Auch hier wieder Wortverdrehung. Ich habe keine Graduierung des Aushungerns von inhuman nach human vorgenommen, sondern das Aushungern und explizit NICHT das Verhungernlassen als die in einem Krieg humanere Möglichkeit der Kriegsführung dargestellt. Ich gehe dabei natürlich davon aus, dass die Führung auf die drohende Notlage entsprechend reagiert und diese nicht ignoriert.
Nun sollten wir uns fragen, ob z.B. der Fall Bengazi, den du ja zitierst, wo innerhalb weniger Stunden für die Zivilbevölkerung kein sauberes Trinkwasser mehr zur Verfügung stand mit einer Wirtschaftsblockade vergleichbar ist, bei der die Staatsführung über Monate im Voraus erkennen kann, dass es, wenn es so weitergeht, einfach nicht mehr passt und eben die Waffen streckt.
*Es ist dabei egal, wie tief ins Feindesland die eigene Armee dabei vorgestoßen war (Legende vom Dolchstoß).
Es ist traurig, dass anscheinend immer noch nicht erkannt wurde, dass "Hunger" eine geächtete Kampfform ist - vergleichbar dem Einsatz von Giftgasen, Dum-Dum-Geschossen oder Streubomben, denn die entsprechende potentielle Einlassung "mag ..." wird mit der Ergänzung "die Genfer Konventionen galten jedoch während des Ersten Weltkrieges noch nicht" zur Concessio.

Ferner wird außer Acht gelassen, dass auch schon die Haager Landkriegsordnung den Einsatz von Waffen, die "unnötige Leiden verursachen", verbot.

Es folgt unverständlicherweise eine nochmalige Bestätigung der Tätersicht.

Folgte man dieser Logik wäre die Frau also selber schuld, wenn ... , warum trägt sie auch so einen kurzen Rock?

Und auch Samuel Maharero und Jakobus Morenga stünden auf einmal in der Verantwortung für den Völkermord an den Herero und Nama - mussten sie doch wissen, dass ein Aufstand letzlich militärisch sinnlos wäre - und hätten ihn folglich unterlassen müssen.

Diese Denkweise ist geeignet Täter aus ihrer Verantwortung zu entlassen und daher abzulehnen Punkt!

Was das "humanere Aushungern" betrifft, das ist schlicht die Kurzform für "humanere Form der Kampfführung durch Aushungern". Die angebliche Wortverdrehung hat also ebenfalls nicht stattgefunden.

Bleibt noch der besternte Abschluss der "Argumentation" mit einer Allusion in eine bestimmte Richtung, ganz wie im ersten Absatz des ersten Zitats in diesem Beitrag!
 
Was das "humanere Aushungern" betrifft, das ist schlicht die Kurzform für "humanere Form der Kampfführung durch Aushungern". Die angebliche Wortverdrehung hat also ebenfalls nicht stattgefunden.
eine allgemeine Bemerkung, die nicht direkt mit dem Thema 1.WK zu tun haben:
was überlebt man eher: ein paar Wochen strenge Diät plus paar Tage richtig Kohldampf oder ein von Bleikugeln verursachtes Loch im Bauch?

das "aushungern" ist nach meiner Kenntnis kaum je "auf die Spitze getrieben" worden*) (oder gibt es irgendeine Burg, irgendein Kastell oder irgendeine Festung, die erst erobert war, nachdem sämtliche Verteidiger verhungert waren?) - ja im Mittelalter gab es sogar noch die Verschärfung durch Durst, indem man bei Belagerungen nicht nur den Nachschub des Verteidigers abschnitt, sondern auch noch versuchte, dessen Zisternen zu vergiften (indem man Kadaver und Müll katapultierte)

umgekehrt ist mir allerdings aus keiner einzigen Belagerung bekannt, dass der Angreifer jemals nach abgeschlossener Zirkumvallation gesagt hätte "ach wie unfair, die haben hinter ihren Mauern nichts mehr zu knabbern, also schicken wir denen mal paar Wagenladungen Vorräte", und das scheint zu keinem Zeitpunkt irgendwelche moralischen Bedenken verursacht zu haben.
___________
*) wohl Leningrad - das waren die Nazis, die immer wieder inhumane Maßnahmen ergriffen
 
eine allgemeine Bemerkung, die nicht direkt mit dem Thema 1.WK zu tun haben:
was überlebt man eher: ein paar Wochen strenge Diät plus paar Tage richtig Kohldampf oder ein von Bleikugeln verursachtes Loch im Bauch?

das "aushungern" ist nach meiner Kenntnis kaum je "auf die Spitze getrieben" worden*) (oder gibt es irgendeine Burg, irgendein Kastell oder irgendeine Festung, die erst erobert war, nachdem sämtliche Verteidiger verhungert waren?) - ja im Mittelalter gab es sogar noch die Verschärfung durch Durst, indem man bei Belagerungen nicht nur den Nachschub des Verteidigers abschnitt, sondern auch noch versuchte, dessen Zisternen zu vergiften (indem man Kadaver und Müll katapultierte)

umgekehrt ist mir allerdings aus keiner einzigen Belagerung bekannt, dass der Angreifer jemals nach abgeschlossener Zirkumvallation gesagt hätte "ach wie unfair, die haben hinter ihren Mauern nichts mehr zu knabbern, also schicken wir denen mal paar Wagenladungen Vorräte", und das scheint zu keinem Zeitpunkt irgendwelche moralischen Bedenken verursacht zu haben.
___________
*) wohl Leningrad - das waren die Nazis, die immer wieder inhumane Maßnahmen ergriffen

Gegenfrage:
Gibt es irgendeine Burg, irgendein Kastell oder irgendeine Festung, die erst erobert war, nachdem sämtliche Verteidiger erschossen worden waren?

Lieber ein Kopfschuss als 60 Tage dahinsiechen!

Mit theoretischen Extremen kann man immer alles und nichts belegen. Es gibt aber leider quer durch die Jahrhunderte zahlreiche reale Ereignisse:

Limerick 1650/51
ca. 5.000 tote Zivilisten durch Hunger und Krankheit
die "militärische" Verluste waren "nur" halb so hoch.

Paris 1870/71
Sind die Verluste unter der Zivilbevölkerung durch die deutsche Beschießung, die sich auf die militärischen Anlagen konzentriert, verhältnismäßig gering, fordern Hunger, Kälte und Krankheiten ungleich mehr Opfer. Im Durchschnitt sind pro Woche etwa 800 bis 1000 Tote zu beklagen. Bis in die zweite Januarhälfte hinein erhöht sich deren Zahl auf 5000.
Syrien 2014
Vermutlich 39 Hungertote im in Damaskus von Regierungstruppen eingeschlossenen palästinensischen Flüchtlingslager.

Da sind Formulierungen wie "Diät" oder "richtig Kohldampf" wohl unangebracht!
 
Lieber ein Kopfschuss als 60 Tage dahinsiechen!
ein Kopfschuss wird zumeist nicht überlebt, das unterscheidet ihn gravierend von einer (wenn auch nur knapp und nicht für alle) überstehbaren Hungerzeit.

bzgl. der Belagerung von Paris (wo Bismarck dafür sorgte, dass das Militär nicht die gesamte Großstadt zusammenschoss) stellt sich die Frage: wie viel Zivilbevölkerung überlebte die Drangsal der Belagerung? Keiner, oder doch recht viele?
 
Da sind Formulierungen wie "Diät" oder "richtig Kohldampf" wohl unangebracht!
ein weites Feld... es gibt in der Literatur auch satirische, sarkastische, zynische, komische Verarbeitungen von Krieg (Soldat Schwejk, Catch 22), es gibt nicht nur moralisierende Betroffenheitsdarstellungen. So gräßlich es ist, so sehr es auch gilt, das zu vermeiden, aber noch ist die Welt nicht so weit fortgeschritten, dass Krieg überall gänzlich verschwunden wäre. Und weil das so ist, gibt es nach wie vor sämtliche mit Kriegszuständen verbundene Begleitumstände. Und die sind häßlich.
 
Liebe Forumskollegen,

versucht doch bitte ein wenig höflicher miteinander umzugehen und dann vielleicht auch zum Thema zurückzukehren. Dankeschön.
 
Ich finde, wir haben uns ein wenig von der Eingangsfrage entfernt:

Das ist so.

Die falschen Prämissen der Ausgangsfrage wurden allerdings oben richtig gestellt, insbesondere der Unsinn über die Außenhandelsströme korrigiert.

Die Verhandlungen der Entente-Mächte mit diversen Neutralen sind seit den Publikationen der 1920er, und durch umfassende Studien in den letzten 3 Jahrzehnte bis ins Detail bekannt, somit seit 90 Jahren keineswegs durch "Siegergeschichtsschreibung", Verschwörungsjunkies oder gar die "dunkle Seite der Macht" verschwiegen worden. Es bedurfte auch keiner Jedi-Ritter, um die Stoffströme und den Verlauf der politischen Gespräche oder den mittels diverser Drohungen ausgeübten Druck aufzuklären.

Bis auf wenige materielle Ausnahmen versorgte sich das deutsche Reich (in großem Umfang auf mittelbar bzw. derivativ aus den USA) über die neutralen europäischen Länder in den Jahren 1914/16, mit vervielfachten Importmengen.

Der auswärtige Handel ist im StatJBDR mit Berichtsjahr 1915 (nicht: Edition!) auch ausgeblendet worden, aus gutem Grund. Hilfreich sind hier aber die Detailstudien der Drittländer.

Anfällig für dunkles Gemurmel kann man eigentlich nur sein, wenn die Kenntnisse zu den Zusammenhängen fehlen.
 
Schau'n mer mal. Die ursprüngliche, beanstandete Formulierung war:
Den Gegner durch Hunger zur Aufgabe zu zwingen ist sehr viel humaner, als sich gegenseitig zusammenzuschießen. Auch heute noch gibt es Handelsembargos, die sich mehr oder weniger gut durchsetzen lassen.
In Absatz 2 wird Hunger ganz ohne Wenn und Aber (und ohne Vorsilbe!) und im Präsens als humanere Waffe im Vergleich zum gegenseitigen Zusammenschießen angeführt...

Das Problem ist, dass du nur selektiv liest. Ich will hier das Hungern nicht verharmlosen, aber gehungert hat sicher schon jeder von uns, freiwillig oder unfreiwillig. Es war nur vermutlich nie für einen von uns lebensgefährlich. Dies nur um die semantische Spannbreite des Worfeldes Hunger zu verdeutlichen, welches du nach wie vor eng umgrenzt auf das Verhungern (lassen) reduzierst.
Richtig ist, ich habe nicht explizit das Wort aushungern benutzt, aber für hungern gilt das gleich wie für aushungern: Es bedeutet nicht verhungern (lassen). Was du nach wie vor überliest ist das zur Aufgabe zu zwingen, was dem Aushungern entspricht. Siehe auch die drei zitierten Lexika, die belegen, dass Aushungern als Lexikonwort genau der Bedeutung entspricht, in der ich sie hier verwendet habe. Und ich bleibe dabei, das Reich hätte frühzeitig erkennen müssen, dass es den Krieg wirtschaftlich längst verloren hatte, als es im Feld noch pari-pari stand und die Waffen strecken müssen. Es hätte trotz Blockade niemand Hungers sterben müssen, wenn das OHL nicht so versessen darauf gewesen wäre, den Krieg gegen alle Wahrscheinlichkeit doch noch zu gewinnen.

Mit theoretischen Extremen kann man immer alles und nichts belegen.
Die Frage ist eben auch, ob die Extreme, mit denen du so arbeitest, sich auf die Situation des Reiches 14 - 17/18/19 übertragen lassen.
 
Nun ja, die Allierten haben aber gleich im Vertrag von Versailles festgestellt, dass das Deutsche Reich und seine Verbündeten die Alleinschuld an dem Weltkrieg hätten.

Hier einmal die Artikel 231 bis 233 im Klartext:

Artikel 231.
Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären, und Deutschland erkennt an, daß Deutschland und seine Verbündeten als Urheber für alle Verluste und Schäden verantwortlich sind, die die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben.


Artikel 232.
Die alliierten und assoziierten Regierungen erkennen an, daß die Hilfsmittel Deutschlands unter Berücksichtigung ihrer dauernden, sich aus den übrigen Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags ergebenden Verminderung nicht ausreichen, um die volle Wiedergutmachung aller dieser Verluste und Schäden sicherzustellen.

Immerhin verlangen die alliierten und assoziierten Regierungen und Deutschland verpflichtet sich dazu, daß alle Schäden wieder gutgemacht werden, die der Zivilbevölkerung jeder der alliierten und assoziierten Mächte und ihrem Gut während der Zeit, in der sich die beteiligte Macht mit Deutschland im Kriegszustand befand, durch diesen Angriff zu Lande, zur See und in der Luft zugefügt worden sind, sowie überhaupt alle Schäden, die in der Anlage I näher bezeichnet sind.
In Erfüllung der von Deutschland bereits früher bezüglich der völligen Wiederherstellung und Wiederaufrichtung Belgiens gegebenen Zusage verpflichtet sich Deutschland noch über den an anderer Stelle in diesem Kapitel vorgesehenen Schadensersatz hinaus, und als Folge der Verletzung des Vertrags von 1839, alle Summen zu erstatten, die Belgien von den alliierten und assoziierten Regierungen bis zum 11. November 1918 entliehen hat, nebst 5 v. H. Zinsen aufs Jahr für diese Summen. Der Betrag dieser Summen wird durch den Wiedergutmachungsausschuß festgestellt, und die deutsche Regierung verpflichtet sich, sofort eine entsprechende Ausgabe von besonderen Schatzscheinen auf den Inhaber, zahlbar in Mark Gold am 1. Mai 1926 oder nach Wahl der deutschen Regierung am 1. Mai eines der 1926 vorausgehenden Jahre, zu veranstalten. Unter Berücksichtigung obiger Bestimmungen wird die Form dieser Schatzscheine durch den Wiedergutmachungsausschuß festgesetzt. Die Schatzscheine werden dem Wiedergutmachungsausschuß ausgefolgt, der zur Entgegennahme und Empfangsbestätigung im Rahmen Belgiens ermächtigt ist.

Artikel 233.

Der Betrag der bezeichneten Schäden, deren Wiedergutmachung Deutschland schuldet, wird durch einen interalliierten Ausschuß festgesetzt, der den Namen "Wiedergutmachungsausschuß" trägt und in der Form und mit den Befugnissen, wie nachstehend und in Anlage II bis VII ausgeführt, gebildet wird.

Dieser Ausschuß prüft die Ansprüche und gewährt der deutschen Regierung nach Billigkeit Gehör.
Die Beschlüsse dieses Ausschusses über den Betrag der oben näher bestimmten Schäden werden spätestens am 1. Mai 1921 aufgesetzt und der deutschen Regierung als Gesamtbetrag ihrer Verpflichtungen bekanntgegeben.

Zu gleicher Zeit stellt der Ausschuß einen Zahlungsplan auf, der die Fälligkeitszeiten und die Art und Weise vorschreibt, wie Deutschland vom 1. Mai 1921 an seine gesamte Schuld in einem Zeitraum von 30 Jahren zu tilgen hat. Sollte jedoch im Laufe dieses Zeitraums Deutschland mit der Begleichung seiner Schuld im Rückstande bleiben, so kann die Zahlung jeder Restsumme nach Gutdünken des Ausschusses auf spätere Jahre verschoben werden oder unter Bedingungen, die die alliierten und assoziierten Regierungen entsprechend dem in diesem Teile des gegenwärtigen Vertrags vorgesehenen Verfahren festsetzen, eine anderweitige Behandlung erfahren.


Diese Bestimungen implizieren doch die Alleinschuld des Deutschen Reiches und seiner Verbündeten und die Allierten wußten doch genau, das dies so nicht zutreffen war.


Der Versailler Vertrag wie auch die Verträge von Trianon und Sevres und Brest- Litowsk und Bukarest war schon ein Friedensdiktat, und ich denke, in diesem Punkt dürfte allgemein Konsens herrschen. Die Sieger diktierten den Frieden, begründeten ihn mit der Alleinschuld der Mittelmächte und griffen damit der Geschichtswissenschaft voraus. Die Alleinschuld Deutschlands aber wurde (nicht nur in Deutschland) durchaus nicht akzeptiert, schon gar nicht von der Mehrheit deutscher Historiker, und von daher kann gar keine Rede davon sein, dass die Sieger nicht nur den Frieden diktierten, sondern auch die Geschichte (um)schrieben.
 
Der Versailler Vertrag wie auch die Verträge von Trianon und Sevres und Brest- Litowsk und Bukarest war schon ein Friedensdiktat, und ich denke, in diesem Punkt dürfte allgemein Konsens herrschen. Die Sieger diktierten den Frieden, begründeten ihn mit der Alleinschuld der Mittelmächte und griffen damit der Geschichtswissenschaft voraus. Die Alleinschuld Deutschlands aber wurde (nicht nur in Deutschland) durchaus nicht akzeptiert, schon gar nicht von der Mehrheit deutscher Historiker, und von daher kann gar keine Rede davon sein, dass die Sieger nicht nur den Frieden diktierten, sondern auch die Geschichte (um)schrieben.

Ja, in Deutschland wurde diese Feststellung der Alliierten nicht akzeptiert. Wie sollte sie auch unter Berücksichtigung des Glaubens an den Verteidigungskrieg?

Aber der Rest der Welt sah das wohl schon so und in diesem Sinne wurde mit dem Versailler Vertrag durchaus Geschichte geschrieben und zwar die der Sieger. Man tut sich ja bis zum heutigen Tage recht schwer damit, das neben Deutschland eben auch andere, nämlich die Franzosen, Briten und Russen eine erhebliche Teil der Schuld auf sich geladen haben.
 
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